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Nummer 21 - 24. Jahrgang ünial ivS.htl. BrzugsvreiS: f. Januar LR.-M anöschsi «cstellgeld. Bcrechnung Vrr «nzct-», na» Rent-.Mark. Preise: Dir cingr)paltenc Petitzeil» go L». f. Familten-« u. Verein»änz.. Gesuche 20 Dt» Petit-Reklame,eil« mm breit. 1 .kt. Offertengebühr für «elbstabholer 21) H. bei Uebersendung d. d. Lost .mtzsrdem Bort». i"schlag. Preis s. V. Linzelnummer lg Rentea-Pscnnig. «eschäktlicher Teil: Joses Fohmann. Dresden. kokinann.ktice«» ii A->r I » UlnsprniliSv^lle , ! da» dasseade » , 8I»oc»>1>a ! » ! »lac i-ri Bolir ! , DreSd«»-N. » » Ol'iiscb.ilnsMN » -LaUcnhaus- F SttcklWe Dienstag, 27. Januar 1926 Im Falle böherer Gewalt erlischt lebe Berpflichtuna auf Lieferung sowie Lrsüllung o. «»,..Aufträgen ff Leistung v. Schadenersatz Für undeutlich u. d. Fernipr übermittelte Anzeigen übernebmen wir keine Ver, antwortung. Uuverlang» eingesandte u. mit Rückport) nicht versehene Manuskripte werden nicht aufbewahrf Sprechstunde der Redaktion S bis 6 Uhr nachini/tags Hauptschristletter: Dr. IosesLllbert. DreSde«, ttvKIfkIlj Xübel ^iotwnnssstr. 13 .Vl'v8l!vn. iSktitiütt-fteve der Sächsischen Bolks,ett»ug »nd Drillt »ud «Verlag, Taxonta-Buchdruikeret GmbH. Lrerden-21. I«. Holbeinstrahe es. ger„r»i 32722, Pasl- ickeMoiNoDreSden 147M Kür ckristlicke Politik unä Kultur Vtedaktton der Sächsischen Voil-,k,mnn Dresden - A. iS Holbctnslrake SS aernrn- S272S and 3«3« Zur seelischen Seite -er Arbeiiersrage Von Universitätsprofessor Dr. G. Briefs, Freiburg. Wer vor dem Kriege Friedrich Engels Buch über die Lage der arbeitenden Klassen, in England 1815 zuerst erschienen, las, konnte mit Recht den Eindruck haben, daß diese furchtbare Ge stalt der Arbeiterfrage, vor allem auch der Frauen- und Kinder arbeit, das Wohnungsclend, die Verheerungen der Arbeitslosig keit, die sittliche Verwilderung, die empörende Unbiloung Ver arbeitenden Klassen, der schamlose Lohndruck, — Erscheinungen seien, die der Vergangenheit angehörten, deren Wiederholung geradezu unmöglich, schien. Ein abgeschlossener Akt der mensch lichen Tragödie! Und doch ivar unsere Zeit mit diesen Geschehnissen und Zuständen eng verbunden. Jene Jahre des mit proletarischem Elend erfüllten Aufstiegs des Hochkapitalismus l>atten in der Seele der Arbeiterschaft ihren Nachhall hinterlassen, eine mit Empörung und Zorn gemischte Erinnerung, die sich von Genera tion zu Generation forterbte, gewiss blasser werdend, aber leben dig. Marxens und Engels Schilderungen jener Jahrzehnte pro letarischen Leidensweges in England, dem klassischen Lande des durchbrechenden Hochkapitalismus, wurden die Träger der Tra dition. Der englische Arbeiter vergas; viel schneller, was seine Väter und Großväter erlitten, als es der deutsche Arbeiter tat: der deutsche Arbeiter, dessen Ahnen nichts dem Schrecken jener englischen Vergangenheit Aehnliches erlebt hatten. Im Guten und im Bösen leidet der deutsche Mensch an den Dingen von gestern und ehegestern. an Schuld und Frevel, an irgendwo in der Welt verletzter Gerechtigkeit — auch der deutsche Arbeiter. Ein allsehendes Auge würde jene „Geladenheit" der deutschen Arkeiterseele deutlich analysieren können auf Wirkungen, die aus der eigenen Not und der eigenen Daseinsschwsre stammen und jene, die Nachhall der Geschichte des englischen Proletariats von zwei und drei Generationen waren. Ein Teil der Arbeiterfrage ist traditionsgebundenes Er leben. Ein Teil der Arbeiterfrage ist Nicht-Vergessen-Können. Ein Teil der Arbeiterfrage ist verletzter Gerechtigkeitssinn, ver letztes Bewußtsein der Menschenwürde. Ein Teil der Arbeiter frage ist tiefes Mißtrauen gegen jene gesellschaftlichen Schichten, die vor Generationen den Menschen mit der Arbeitskraft und den „Händen", ja sogar mit den „Unkosten" verwechselten: die unter Leugnung jeder moralischen Verpflichtung und Mitver antwortung für den Arbeiter, ihn nur als Betriebsmittel mit lästigen Nebeneigenschaften — nämlich der Nebeneigcnschaft, Mensch zu sein — betrachteten. Und wo irgendein Geschehnis, ein Vorfall auch nur entfernt an diese Dinge von früher er innerte, da treten auch noch für den Arbeiter von heute, der durch die Schule des Marxismus gegangen ist. die Schatten der Vergangenheit hervor und bestätigen ihm, daß alles noch so ist wie früher, daß zwischen Kapital und Arbeit nur eine seelische Haltung möglich ist: Haß und Mißtrauen. Ein Psychoanalytiker würde sagen, hier liege ein nicht abreagierter Reflex vor. Man unterschätze diese Seite der Arbeiterfrage nicht. Wer in der bolschewistischen Literatur zu Hause ist, sieht eine am Marxschen Schrifttum groß gewordene Haltung von Menschen unserer Tage, an der sich die furchtbare Wirklichkeit der bolschewistischen Methoden entzündet. Der Mann, der 1883 auf dem Londoner Friedhdf beerdigt wurde, lebt in der Saat seiner Idee und in der Schilderung des proletarischen Elends seiner Zeit noch heute ein zerstörendes, rächendes Leben. Man versteht, daß diese Seite der Arbeiterfrage mehr die Frage des Seelsorgers oder des Pädagogen als die des Prole tariats selbst ist. Und jeder Seelsorger im weitesten Sinne des Wortes steht hier vor einem überaus schweren Fall. Der vor liegende seelische Komplex ist eine Massenerscheinung, ansteckend, vererblich: ein Komplex, der aus mehr oder weniger vermeid lichen tagtäglichen Vorfällen im Arbeiterlebcn neue Nahrung und neue Verhärtung findet: ein Komplex, der mit gewisser Zwangsläufigkeit die Erlebnisse des Arbeiterdaseins auf sich zieht und aus seiner Bestimmtheit erklärt und belichtet — man lese z. B. Levensteins Arbeiterfrage (München 1322) und man begreift, wie schwer die Vergangenheit des Arbeitcrschicksals auf der Gegenwart ruht. Das ist auch der tiefere Sinn ienes Wor tes von Paul Lensch (Am Ausgange der deutschen Sozialdemo kratie, 1919): „Die Sozialdemokratie ist mit der Mentalität einer unterdrückten Klasse zur Herrschaft gelangt: in dieser Mentalität steckte gewiß mancher Druck aus deutschen Zuständen und Verhältnissen, aber auch ein gerütteltes Maß seelischer Belastung aus der entfernteren Vergangenheit des Proletariats. Ich würde es verstehen, wenn von Arbeiterseite gesagt würde: „Gewiß spricht diese Vergangenheit in unser heutiges Fühlen. Werten und Verhalten hinein. Aber wir wollen auch, daß cs so sei. Die Erinnerung an die Vergangenheit ist der feste Kitt des Proletariats in der Gegenwart, sie hält die Arbeiterschaft wach, vorsichtig, in gesundem Mißtrauen: auf dieser Erinnerung beruht ein gut Teil Werbekraft der politischen und gewerk schaftlichen Tradition, auf die wir nicht verzichten können, weil sie ein Signalzeichen für die Gegenwart und eine Brücke für die Zukunft ist." Bei dieser seelischen Haltung kann naturgemäß nicht das aüAommen, was die Voraussetzung jeder friedlichen Beredung und jede» dauernden Zufammenarbeitens zwischen Arbeitgeber »md Arbeitnehmer Ist: Das Vertrauen in den guten Willen und We M M über« Sie Mlekleii iiiilMleli Berlin, 26. Januar. Nach dem „Temps" wird die Antwort der Verbündeten auf die deutsche Note über die Nichträumung Kölns der deutschen Negierung morgen überreicht werden. Die Antwortnote wird sich darauf beschränken, die Auslegung des Artikels 429 des Friedensvertrages, nach der die weitere Be setzung Kölns zum Vertrag im Widerspruch steht, entschieden zurückzuweisen. Der endgültige Bericht der Interalliierten Mi- litärkontrollkommission über die Abrüstung Deutschlands wird der Botschafterkonferenz nicht vor Ansang Februar übergeben werden. London, 26. Januar. Nach dem Berichterstatter des „Daily Telegraph" ist die Ueberreichung der Zwischennote noch heute zu erwarten. Die Note enthalte wenig mehr als eine formelle Bestätigurrg der deutschen Antwort auf die letzte alliierte Note. Sie betone von neuem die Tatsache, daß vor Eingang des end gültigen Berichtes der Kontrollkommission keine endgültige Ent scheidung von den Alliierten getroffen werden könne. Gerücht weise verlautet, daß die Note außerdem eine kurze Zurückwei sung der vor kurzem dargelegten deutschen Argumente enthalte. Tatsächlich scheine die britische Regierung die französische These angenommen zu haben, daß die Besetzung der ersten Zone auto matisch fortdauern solle, bis Deutschland zeigen könne, daß cs seine Entwasfnungsoerpflichtungcn erfüllt habe, wobei es eher Deutschlands Sache sein soll, den Beweis dafür zu lie fern, als Sache der Alliierten. Die aufeinanderfolgende Räu mung der ersten und zweiten Zone werde so mehr zu einem Gnadenakt als zu einer Verpflichtung (!) — (Man wird gut tun, den wirklichen Inhalt der Note abzuwarten. D. Red.) Berlin, 26. Januar. Das „B. T." hatte aus Washington gemeldet, -er Berliner Vertreter ausländiscl>er Zeitungen, Nob. Dell, hätte Mitteilungen über die Vorgeschichte der Räumung der Kölner Zone gemacht, wonach die englische Regierung die Absicht gehabt hätte, Frankreich vorzuschlagen, am 10. Mai gleichzeitig die Kölner Zone und das gesamte Ruhr gebiet zu räumen. Außenminister Dr. Strescmann habe aber dieses Kompromiß abgelehnt und überhaupt vor den Neuwahlen Verhandlungen über gegenseitige Zugeständnisse nicht führen wollen. Die „Zeit" bemerkt dazu, in den Behauptungen des Herrn Dell sei tatsächlich nur das eine richtig, daß eine private Konversation über einen derartigen Kompromißnorschlaa statt- gesunden habe und daß Dr. Stresemann den Vorschlag nicht ab gelehnt, sondern keinen Zweifel darüber gelassen habe, daß er seinen ganzen Einfluß einsetzen würde, um den Vorschlag, falls er offiziell der deutschen Negierung gemacht werde, zur An nahme zu dringen. NIMM illib MMIM« Genf. 26. Januar. Zu der Tagung der ständigen Mi lt t ä r k o m m l I s i o n am 5. Februar, die n. a. die Frage prüfen toll, wie den NachforschnngSf.mmnsji.one» des Völker bundes in Teutjchland, Oesterreich, Ungarn und Bulgarien die freie Durchführung ihrer Ausgaben gesichert werden könne, er fährt inan folgende Einzelheiten: Die Frage war bisher schon jm November von de» Mstirär- kommissionen und im Dezember vom VölkerbnndSrat unter fol genden Gesichtspunkten geprüft worden: 1. diplomatische Lot rechte und Jmmnnität für die Mitglieder der NachforjchungSkoni- missioncn, 2. Erleichterungen für oie InoestigalionSkommisiio- nen, 3. p r a t t i s ch c G a r a n t i e. Zu Punkt 1 steht der Völker- bnndsrat auf dem Standpunkt, daß Art. 7 des Vvlkerbundpaktes, der schon ganz allgemein den Völkerbundsbeamtcn diptomatischi Vorrechte znerkennt, sich auch auf di- Mitglieder der Nachfor- ichungSroniniissionen bezieht.- Tabei wird die These vertrete-», daß die Mächte, die die Friedensverträge »»terzejchnete», damit auch die Verpslichkniig zur Innehaltung des betreffenden Artikels des Völkerbnndpaktes übernommen Hütten. Punkt 2 wll da durch geregelt werden, daß die Mitglieder der Nachforschungs- kommissionen außer dem Diplomatenpaß im Namen des Lötker- bnndsrates vom Generalsekretär des Völkerbundes eine besonders Ausweiskarte erhalten. Ti: Hauptsorge verursacht Punkt 3. Hier ist noch keine Lösung gesunden worden und die Arbeit der ständigen Militärkoinmission im Februar dürste aus erhebliche Schwierigkeiten stoßen. MiiItlM Io» Me« Paris, 26. Januar. „Chikago Tribüne" teilt mit. daß sich der Präsident der Internationale» Handelskammer Booth gestern in Neuyork nach Europa eingeschisft hat, um sich nach London und Paris zu begeben. Er erklärte, daß er mit dem französischen Minister Elemente! bezüglich der französischen Schulden an Amerika verhandeln werde. Man habe bereits zu viel Zeit mit der Erörterung dieser Frage verloren. Er hasse, dem sranzösischen Finanzminister die Haltung der Vereinigten Staaten begreiflich machen zu können. London, 26. Januar. Die „Morningpost" meldet an-S Washington: Ter amerikanische Botschafter in Paris sei angewiesen worden, zu versuche», bestimmte französische Vor- Ichläge für die Fundierung der französischen Schulden zu Sc hatten, da Clementels inoffizielle Vorschläge keine ErörternngS- grnndtage bildeten. Präsident Cvolidge'mißbillige weiterhin eine Aktion des Kongresses, da er der Ansicht sei, eine derartige Ent- ichließnng werde die Reibung vermehren und leine praktischen Ergebnisse zeitigen. In Washington herrsche die Ansicht vor, daß alle weiteren inoffiziellen Beiprechungen nur eine we'tecs Zeitvergeudung sein würden. Paris. 26. Januar. „Ere Nvnvelle" beschäftigt sich in eine»! vsfiziöscn Artikel mit den dentsch-französ'schen Wirtschaft-?- Verhandlungen. Tas Blatt stellt fest, dast Frankreich nicht von wnrven. „^niiaiiipgeani vepaupvr, 01. Ver handlungen würden auf drei Monate unterbrochen, um beiden Ländern Gelegenheit zu geben, ihre Zollsätze uniznändern. Paris, 26. Januar. Ab 1. Februar wird der Einzelpreis der sranzösischen Zeitungen von 15 aus 20 Cent erhöht. Abrüstung — oder: Der Nachtwächter vvn Stelniglwolmsdors Aus Bautzen wird geschrieben: Wie Amlshauplmann Tr. Iungmaiin in der letzten Bezirksausschutzsitzung mitteille, sind dem Bezirke außerordentlich viel Arbeitsleistungen erwachsen durch die lästigen Berichte für die Kontrollkommis sionen des Friedensvertrages, deren eine auch den Bezirk der Amtshauptmamischast Dresden bereist hat. Dabei stellte er fest, daß die Iirtcralliierte Kommission sich sogar für die Zahl der Nachtwächter im Bezirke interessiert und. lange Zeit darüber verhandelt hat, ob Steinigtivoimsdorf (ein kleines Gebirgsdorf) schon vor dem Kriege einen Nachtwächter gehabt habe. die „hintergcdankenfreie" Gesinnung des Arbeitgebers. Wer das Schicksal der Arbeitsgemeinschaft in Deutschland kennt, weiß, daß sie letzthin am Mangel dieser Voraussetzungen zu grunde gegangen ist. Mer die Kämpfe zwischen der marxisti schen Orthodoxie und dem Revisionismus über Gewerkschaften, Tarifverträge, Arbeitsnachweise, Arbeitskammcr, Generalstreik usw. versoigt hat, weih, wo die tiefere Wurzel dieser Auseinan dersetzungen liegt. Die doktrinären Widerstände gegen die Gc- werkschastspoiitik erhielten ihre psychologische Durchschlagskraft für große Teile der Arbeiterschaft am Mangel der oben geschil derten Voraussetzungen jeder Vertragsberedung und Zusammen arbeit zwischen Kapital und Arbeit. Diese Stellungnahme wurde in besonderer Weise verfestigt dadurch, daß eine Theorie der Notwendigkeit einerseits der kapitalistischen Ausbeutungs- und Untevdrückungsmethoden, andrerseits des proletarischen Miß trauens- und des Klassenkampfes unterbaut wurde: Mag der Kapitalist als Individuum noch so humane Anwandlungen haben, die Produktionsverhältnisse, insbesondere seine Klasscnlage be stimmten sein Handeln in einer den Interessen des Proletariats zuwider laufenden Weise. Andererseits nötigen die Produktions verhältnisse und die proletarische Klasscnlage das Proletariat grundsätzlich dazu, beim Klassenkampf zu verbleiben und jede Abschwächung der sozialen Gegensätze als eine Beeinträchtigung proletarischer Interessen zu begreifen. So verkittet sich das politische und gewerkschaftliche Inter esse eines großen Flügels der Arbeit rbewegung cngstens mit der doktrinären Anschauung der Massen nnd wird in dieser Gestalt zu einem toten Gewicht der sozialen Befriedung. In diesem Sachverhalt drückt sich die Tatsache aus. Laß die Arbeiter schaft noch nicht das richtige Maß an Selbstwcrtgefühlcn und Selbstsicherheit gefunden hat. Sie geht ihren Weg mit starken Ausschlägen zur ressentimentgesättigten Ucbcrwertung einerseits und zu ungenügender Selbstwertung andrerseits. Damit fehlt ihr die innere Freiheit gegenüber den Frage», die ihr wirtschait- liches, soziales und politisches Geschick betreffen. Hier lieg! viel leicht der auffallendste Gegensatz zwischen der Geistesversassung des englischen und des deutschen Arbeiters Der deutsche Ar beiter schleppt viel zu innerer Belastung gewordenes Schicksal mit. der englische steht seelisch und geistig freier >m Rahmen seines Lebens und seiner Zwecke. Man vergleiche die Haltung der englischen Gewerkschaften und der englischen Arbeiterpartei mit der Haltung der deutschen Gewerkschaften und der deutschen politischen Arbeiterbewegung und man fühlt den großen Unter schied. In Deutschland hat die wirtschaftliche und soziale Aus einandersetzung die falsche Würde des Weltanschaulichen an sich, in England ist sie Verhandlung oder Kampsobjekt van Ver tragsparteien und nichts weiter. Das soll keine Verurteilung des Weltanschaulichen sein und kein Lob des Geschäftsgeistes. Aber cs ist doch sestzustellen, daß das Wcltanfchonliche zum fal schen Schein und zur falschen Würde wird, wenn es in die ver kehrte Ebene cinspielt, ebenso wie der Geschosi-gcist da unwürdig ist. wo er die ihm entsprechende Ebene überschreitet. Lohn- und Arbeitszeitsragen haben nun einmal nicht die Dignität des Welt- anschaulichen, also ist cs verfehlt, sie ihnen umzuhängen. Andrer seits ist die Arbeiterbewegung als Ganzes nicht ohne weitan- sämuliche Hintergründe, ja sogar ein gelchichisphilosophifches Broblem: daher ist es verfehlt, sie nur als eine. Messer- und Gabelfrage anzusehen. Liegt nach letzterer Hinsicht die Schwäche der englischen Arbeiterbewegung, so nach ersterer die der deut schen. Merkwürdigerweise gehen beide an der Tatsache vor bei. daß die konkreten Probleme der Arbeiterfrage stärkste sittliche Seiten haben. Der größte Flügel der deakfHen Ar beiterbewegung verpaßt diese sittliche Seite des PvOfims im