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Sächsische Volkszeitung : 25.01.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192501255
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19250125
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19250125
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-01
- Tag 1925-01-25
-
Monat
1925-01
-
Jahr
1925
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 25.01.1925
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Uonntag, den 25. Januar 1825. Nr. 20. Seile , Tagesneuigkeiten Ein „Lionzernkrach" in Dresden Dresden. 24. Januar. Nach Meldungen hiesiger Blätter hat jetzt auch Dresden seinen Krcditskandal. Der Großkaufmann Kurt A. Nitzsche, früher Generaldirektor der Chemnitzer Pögowerke. A.-G., ist seit Ende voriger Woche unter Hinterlas sung großer Verbindlichkeiten verschwunden. Er dürste sich aus hintcrlassenen Briesen zu schließen, nach Südamerika gewendet haben. Der Zusammenbruch soll sich aus sämtliche „Nitzsche- werke" erstrecken, zu dcneu die folgenden gehören: die Mercantil Union G. m. b. H., die Exportgeschäfte hauptsächlich nach Süd amerika betrieb, wo sie eigene Niederlassungen l>atte, ferner die Opifex G. m. b. H.. die Spielwaren ausführte, weiter die Nitzsche u Gahrig Diehimportgesellschast. die von der Dresdner Handels bank übernommen wird, und endlich die Vertretung der Fovd- schen Automobilwerke, die von einer anderen Firma iibernommen wird. Die Bau- und Kolonialgesellschaft, die Kreuzturm-Kos- mctik. die Werkstätten für Reklame und Kunstgewerbe „Werku". Ferner gab Nitzsche „Den Getreuen Eckart" heraus. Außerdem gehört nach dazu die Helingsche Verlagsanstalt G. m. b. H., die aber vor einiger Zeit von den Nitzscheschen Unternehmungen los gelöst wurde und selbständig ist. Sie wird auch von dem Zusam menbruch in keiner Weise berührt. Proteste von Wechseln über große Summen sollen den An stoß zum Zusammenbruch gegeben haben. Der Telunion-Sachsen- dlenst erfährt dazu, daß die Summe der Passiven 500 000 Mark übersteigen soll, denen nennenswerte Aktiva nicht gegenüber stehen. Die heulige Sonnenfinsternis Neuqork, 24. Januar. Zur Beobachtung der Sonnenfinster nis am 24. Januar sind die weitestgehenden Vorbereitungen sei tens der wissenschaftlichen Institute getroffen. Der Zeppelin „Los Angeles" tritt heute abend eine 24stündige Fahrt nach Nan- tucket an. An Bovd befinden sich Astronomen der Washingtoner Seesternwarte, die eventuell über den Wolken die Sonnenkorona studieren und photographische Ausnahmen machen wollen. — Die Spannung auf die Sonnenfinsternis ist am Vorabend in Neu- york auf das Höchste gesteigert. Spaltenlange Artikel in den Ze-itunaen stellen alle anderen Geschehnisse in den Hintergrund. Den Höhepunkt erreichte die Aufregung, als der Führer der „Los Angeles". Kommandeur Klein, die Mitteilung machte, daß das Luftschiff heute nacht von Lakehurst nach Neuyork fliegen und in erleuchtetem Zustande über der Stadt kreuzen wird, um Be obachtungen zu machen. Verkostung -es Sprttfchiebers Kopp Rotterdam. 24. Januar. Einer der Urheber der Sprit- Ichiebunge». deren Nusdeckung seinerzeit so großes Aufsehen er regte. vielleicht der Haupturheb-r. war ein 28 Jahre alter, auS Metz gebürtiger Kaufmann Franz Ko pp, der sich auch Dr. Kopp nannte. Dieser betrieb in Verlin-Tempelhof eine Parfüme- ricfabrik. In Verbindung mit dem „Generaldirektor" Hermann Weber ans Schlachten,ee und zwei noch flüchtigen Apothekern Rüben und Salomom bezog er Pom Monopolamt Sprit, der ver gällt iverden und zur Herstellung von Essenzen, Riechstoffen und anderen chemstchen Sachen dienen sollte. Durch Bestechung von Beamten erhielt die Gesellschaft aber nicht vergällte,», sondern reinen Sprit. Bezahlt wurde nur für vergällten Sprit, und so erbeutete die Gesellschaft, die den reinen Sprit weiterverschob. mehrere Millionen. Als das Finanzamt diese Schiebungen a»k- beckte, war Kopp bereits verschwunden. Di« Spuren Kopps führ ten nach Holland, gingen aber dorr zunächst verloren. Die we- teren Ermittlungen ergaben, daß er sich nach London gewandt chatte und daß er zwischen London und dem Haag ständig hin und her pendelte. ES wurde weiter ermittelt, daß er vom Haag aus öfter Rotterdam besuchte, und daß er hier die erbeuteten Kapitalien deponiert hatte. Gestern gelang es, als er vom Haag m feinen Geldangelegenheiten wieder nach Rotterdam kam, ihn fest zun eh men. Er wurde von der holländischen Poli zei ins Gerichtsgefängnis gebracht. Sein Depot wurde sofort gesperrt und sichergestellt. Das Auslieferungsverfahren ist be reits in die Wege geleitet. Das Urteil im Kermann-Prozetz Weimar. 24. Januar. Im Hermann-Prozeß wurde ge stern in später Abendstunde nach dreitägiger Verhandlung das Urte» gefällt. Unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils sprach die Strafkammer den früheren Minister Hermann von der Anklage der Urkundenfälschung frei und verurteilte Kunze zu Kote! fi Kote! «1er Leipzig desuchenliea «Lthoiiilea Nile Zimmer mir »alt- amt lvsrmwsller so vsaer lNäAiA ttonserenrMe ürAenhof ° ülprig Der Barmakausschuh Dorbereilung -er pariameniarifchen Aniersuchung sv Berlin, 24. Januar. Der Reichstagsausschuß zur Untersuchung der Kreditgewäh rung durch Netchsstellen, der sogenannte „Burma t-Aus- schu tz", trat gestern unter dem Borsitz des Abg. Saeger (Soz.) zu seiner ersten öffentlichen Sitzung zusammen. Ihre Ausgabe war die Formulierung der Beweissätze, die die Grundlage der weiteren Verhandlungen des Ausschusses bilde» sollen. Abg. Dr. Pfleger (Bayer. Vp.) betonte, der Ausschuß müsse darauf Rücksicht nehmen, daß in der gleichen Angelegen heit Strafverfahren schweben, und daß vom preußischen Land tag ein Ausschuß zur Untersuchung der Geschäfte der Preußischen Seehandlung eingesetzt ist. Ei» Gegeneinanderarbeiten der beiden Ausschüsse oder eine Störung des Gerichtsverfahrens müsse ver mieden werden. Eine weitere Schwierigkeit für die Ausschuß tätigkeit liege darin, daß verschiedene sehr an der Sache betei ligte Personen in Hast sind. Der Redner machte dann eine Reihe von Vorschläge» für die praktische Weiterarbeit des Ausschusses. lieber die an der Affäre beteiligten Firmen liegt dem Ausschuß folgende Ausstellung vor: 1. Iwan Kutisker: Deutsche Merkantilbank Oberhausen, 2. Oberhausener Volksbank A.-G., Oberhausen, 8. Mechanische Treibriemenweberei und Ledertreibriemenfabrik A.-G., Berlin- Tempelhof, 4. Bankhaus E. v. Stein, Berlin, Iägerstraße, 5. I. Kutisker, 6. I. B. Kutisker u. Co., 7. I. W. Kutisker, Ge sellschaft m. b. H., 8. Gustav Blau u. Co., G. m. b. H.. 9. Scharlach u. Eo.. A.-G., 10. Deutsche Kredit- und Grundstück.-A.-G. (früher Scharlach u. Co.), 11. Hugo Hecht. 12. Holzmann u. Co., 13. Amag, Berlin, Wilhelmstraße, 14. Elma-Schokoladenfabrik, Berlin, 15. Nadiofunk G. m. b. H., 16. Stern u. Co.. Speditions gesellschaft. 17. Osthandelsgescllschaft, Breslau. 18. Berliner Likörfabrik, A.-G., 19. Courier-Druckerei, Berlin-Wilmersdorf, 20. Union-Piano-G. m. b. H.. 21. Westdeutsche Textilfabrik, 22. August Pieck, Berlin, 23. Verwaltungsgesellschaft, 24. I. A. Ku tisker Finanzicrungsgesellschast, 25. Matega (Maschinentechnische Aktiengesellschaft). 2. Barmat-Konzern: 1. Schneider u. Co., Heidelberg, 2. Deutsche Merkurbank, A.-G., 3. Depositen- und Handelsbank in Berlin, 4. Berlin-Burger Eisenwerke. 5. I. Roth A.-G., Berlin, 6. Amäxina-Konzern, 7. Eisen-Mathes. A.-G.. 8. Aktien gesellschaft Chromo, 9. Bremer Privatbank, 10. Preußische Hypo thekenbank. 3. Kellner-Konzern: 1. Walter Kellner, A.-G., Maschinen fabrik in Barmen, 2. Textilwerke Mann u. Reinhardt, A.-G. in Barmen, 3. Lippische Werke, A.-G., Detmold (Metall- und Holzwaren). 4. Jakob Michael: 1. Beer, Sondheimer u. Co.. Frankfurt a. M.. 2. Industrie- und Privatbank Jakob Michael. — Inzwi schen sind noch weitere beteiligte Firmen ermittelt worden. Abg. Engberding (D. Vp.) begründet einen Antrag seiner Freunde, in dem die Neichsregierung ersucht wird, dem Untersuchungsausschuß eine Aufstellung der eingeräumten Kre dite zugehen zu lassen. Die gestern im Reichstag gegebene Be gründung für die Kreditgewährung an die Barmats usw., daß in jener Zeit die Lieferung von Fett und anderen Lebensmitteln sehr willkommen gewesen sei. bezeichnet Abg. Engberding nicht als durchschlagend. Abg. v. Dewitz (Deutsch». Dp.) beantragt die Abgrenzung des Arbeitsgebiets des Ausschusses auf eine Reihe an ihm formu lierter Fragen. Namens der Sozialdemokraten stellt Abg. Aufhüuser (Soz.) einen Antrag, der sich dadurch von dem der Volksportei unterscheidet, daß er die Untersuchung der Geschäfte aller Fir men gleichmäßig vornehmen will, während die Volkspartei die Untersuchung in den Fällen Barmat. Kutisker und Michael zeit lich begrenzt, in den übrigen Fällen auch die Zeit nach der Mark stabilisierung begrenzt vornehmen will. Unter den in dem sozial demokratischen Antrag genannte» Netchsstellen seien auch di« Anstalten der Sozialversicherung zu verstehen. Nach weiteren Bemerkungen der Abgg. Hugo (D. Vp.) und Leopold (Deutschnat) änderte Abg. v. Dewitz (Deulsch- nat.) seine Richtlinien dahin, daß geprüft werden soll, welche Beamten oder mit staatlicher Verantwortung bekleideten Personen im Rahmen der gestellten Fragen politisch be lastet sind. — Mit dieser Aenderung wurden die Richtlinien gegen die Stimme des Kommunisten angenommen. Einstimmig wurden der Vorsitzende und die Schrislsührer ermächtigt, ständig beim Staatsanwalt Informationen über den Fortgang des Verfahrens gegen Barmat und Kutisker einzuholen. Die Anträge der Deutschen Bolkspartei und der Sozial demokraten ivnrden in folgender Weise kombiniert: Die Reichsregierung zu ersuchen, 1. dem Untersuchungsausschuß eine Aufstellung zngehen zu lassen: a) über alle Kredite, die von de» Reichsministerien, der Reichsbank, der Reichskredit- und Kontrollstelle und sonstigen Reichsstellen an die Barmats, Kutisker und Michael seit dem 1. Oktober 1923 eingeräuint worden sind, sowie über sonstige Kredite der genannten Stellen, mit deren Gewährung die Be dingung oder Empfehlung zur ganzen oder teilweise» Verwen dung zugunsten von Barmats, Kutisker oder Michael verknüpft.' war: b) über alle sonstigen Kredite, die seit dem 1. November ein geräumt worden sind. 2. Die erbetenen Aufstellungen sollen nicht nur die au Bar mat, Kutisker und Michael persönlich gegebenen Kredite enthal ten, sondern auch jede Kreditgewährung an G e s e l l s ch a s t e n. Perjonenvereiuigungen und Unternehmungen, die den Barmats, Kutisker oder Michael gehören oder gehört haben oder von ihnen kontrolliert wurden oder in denen eine von ihnen als Direktor, Leiter oder Aufsichtsrat tätig ist oder war. — Die gewünschten Aufstellungen sollen insonderheit Aufschluß oeben: a) über die jeweilige Höhe und Art der Kredite, b) über das Datum der Einräumung und Zurückzahlung der Kredite, c) über die ver einbarten Bedingungen, d) über die Sicherheiten sür Kredite, e) etwaige Referenzen und Auskünfte, auf Grund deren die Kredite gegeben worden sind, f) Angaben derjenigen beamteten Personen oder Parlamentarier oder sonstige» Personen, die sich für die Gewährung der Kredite verwendet haben, g) ob und welche Gegenleistungen Vermittler von irgendwem erhalten haben. Einstimmig angenommen wurde der Antrag der Deutschen Volkspartei und der Sozialdemokraten auf Nachprüfung der Warengeschäfte. Ein Antrag Schreck (Soz.) wurde mit der Einschränkung angenommen, daß Abg. v. Graefe und der frühere Abg. Kunze zur Vorlegung ihres Materials anfgefordert werden sollen. Der Vorsitzende wurde ermächtigt, den Termin der nächsten Sitzung selbst zu bestimmen. » Der Untersuchungsausschuß des preußischen Landtages über die Kreditgewährungen der preußischen Staatsbank an auslän dische Konzerne wird sich am Sonnabend im Landtag konsti tuieren. Der Ausschuß ist eingesetzt auf Grund des Antrags Winckler (Dnatl.) zur Prüfung der Frage, ob und inwieweit bei Gewährung der Staatsbankkredite an die Kutisker-, Barmat- und Michael-Konzerne politische Momente oder unlautere Beeinflussungen mitgewirkt und im öffentlichen Leben stehende, besonders beamtete Personen sich direkte oder indirekte Burteile verschafft haben. Den Vorsitz führt Abg. Dr. Leidig <D. Vp.). Der Ausschuß wird nach seiner Konstituierung sofort in die materielle Beratung eintreten. Der Montag wird vor aussichtlich sitzungsfrei bleiben. Dienstag und Mittwoch soll weiterberaten werden Man nimmt, wie wir hören an. daß die Beratungen bis dobin soweit gediehen sind, daß Beschlüsse gefaßt werden können. In der folgenden Woche wird dann voraussicht lich der Ausschuß weiter tagen. 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis. Die Mitangeklagten wurden ebenfalls freigesprochen. FuhbaN in Dresden Die Punktkämpfe nehmen am heutigen Sonntag in Dresden ihre Fortsetzung. Recht offen ist noch die Meisterschastsfrage. da drei Vereine mit gleichen Punktzahlen au der Spitze stehen. Die Kämpfe beginnen nachmittags 2 Uhr aus den Plätzen der erst genannten Vereine. Guts Muts gegen D. S ,C. Die Lilien treten gegen einen ihrer gefiirchtetsten Gegner an. Die D. S. C.er werden sicherlich die zwei verlorenen Punkte gegen die Veilchen aufholen wollen. Es kommt jedenfalls zu einem äußerst hartnäckigen Kampf, der für den Platzbesitzer recht bedeutungsvoll ist. Dresdensia gegen Brandenburg. Der Gaumeister spielt an der Iohann-Georgen-Allee und hat eine Niederlage wettzumachen. Bei nur einigem Kombinations spiel sollte ihm das gelingen. Die Gelben geben jedoch immer einen gefährlichen Gegner ab, und darf Brandenburg das Spiel keineswegs leicht nehmen. R. B. C. gegen Sportverein 06. Die Zitronen müssen nach Radebeul und haben dort keine» leichten Stand. Beide Mannschaften wollen nach Möglichkeit noch ihren Tabcllenstand verbessern. Ein unentschiedenes Re sultat würde zurzeit am besten beide Mannschaften kennzeichnen. V. f. B. gegen Sportges. 1893. Die Turner empfangen die Leute aus dem Iägerpark. In letzter Verzweiflung werden die Eottaer ankämpsen: aber die 93er werden wenig Erbarmen haben und das bessere Ende be halten wollen. B.-Klasse. Rasensport gegen 04 Freital: Favorit gegen Fortuna: Sport lust gegen Guts Muts Meißen; Südwest gegen Sportbrüder; 08 Meißen gegen 05 Eintracht. Hz. Inventur Eigentlich war Ich ja gar nicht deswegen in die Stadt ge kommen. Sondern, wenn Sie's nicht weiter sagen, kann ich's ruhig verraten: Die weißen Verkehrslinien wollte ich besichtigen, die der Magistrat neulich eingeführt hat. Und endlich hatte ich sie auch gesunden — das heißt, wenigstens ein Stück davon. Unter dem Pferd des Polizisten nämlich, der am Eingang der Echloßstraße Wache hält. Dort ist noch anderthalb Meter Ver kehrslinie kostenfrei zu besichtigen. — Das also hatte ich mir vorgenommen, und ich stand schon vor dem Gaul — da lenkte ein Auflauf am anderen Ende des Marktes meine Aufmerksamkeit ab. Sicherlich, es ging dort sehr bewegt zu, und ich konnte nur vermute» Nicht wahr," wandte ich mich an den berittenen Ordnungsmann, „da drüben veranstalten die Kommunisten eine Frauendemonstration?" — „Nee," bemerkte der in jeder Beziehung von oben herab, „dort hat bloß Renner Inventur-Ausverkauf". Ich war aber noch nicht halb über den Platz, da traf ich Bubt, meinen Intimus, und wir begrüßten uns mit gebotener Herzlichkeit. „Wo haben sie denn dich losgelassen?" fragte ich. — „Oh," erzählte er ganz begeistert „ich komme vom Inventur- Ausverkauf. Nicht von Renner, Inventur ist jetzt überall. Du hast doch dein bißchen Latein noch nicht vergessen? Invenio, in- veni, inventum... finden heißt das. Wer sucht, der findet. Und ich habe gefunden." „Ja. hast du dich schon wieder verlobt?" fragte ich entsetzt. „Unsinn," lachte er, „eine Zuckerdose habe ich mir gekauft. Weißt du, so mit den Tüten ging das nicht weiter. Wenn man jemanden zum Tee den Zucker bloß in der Tüte anbietet, dann senkt er. man ist ein Prolet. Aber jetzt habe ich eine Dose — eine feine Dosei — und weißt du. was sie kostet? — Fünfzehn Pfennige!" Er enthüllte das Wunder. „Siehst du," erläuterte er, „sie schaut ja ein bissel krumm aus, aber symmetrisch ist sowieso nicht modern. Und der Deckel paßt auch nicht ganz, auf die Art aber kann man einen Löffel in die Dose stecken, ohne daß der Deckel Schwierigkeiten macht. Und luftdicht schließen soll so so'n Ding gar nicht — eine Zuckerdose ist doch kein Unterseeboot!" „Eine Sensation in Preisen und Waren!" stand da an einem Schaufenster zu lesen. Ich glaube sogar an zwei Sensationen: Die erste, wenn die Käufer(innen) die Preise hören, die zweite, wenn sie die Ware zu Hause auspacken. Es ist kein bloßer Zufall, o meine Freunde, daß die Inventur-Ausverkäufe gerade in eine Jahreszeit fallen, in der man während der Hauptgeschäfts stunden künstliches Licht benötigt... Wir empfehlen hier zwei Geschichten zur Beherzigung, die den Vorzug haben, wahr zu sein: eine für Käufer und eine für Verkäufer. — Für Verkäufer: In Kattowitz war ein weiter oft- wärts geborener Andersgläubiger, der verkaufte Textilien, zu mal schöne, neue Sonntagsanziige für Bergarbeiter (dort Berg mainskis) genannt). Seine Anzüge waren fabelhaft billig — eine Sensation in Preisen. Aber, o Unglück, ein Mann kam im Schacht zu Tode, seine Kameraden mußten ihm die letzte Ehre erweisen. In den schönen neuen Anzügen. Leider, es regnete. Und am nächsten Tage waren sämtliche Hosen um eine Handbreit zu kurz. Nun, dies geschah in einem Land, wo noch die Einfach- beit der Sitten mit schöner Treue bewahrt wird. Die entrüsteten Kunden zogen dem billigen Inventur-Verkäufer vor den Laden und redeten ihm freundlich zu. Wobei er ebensoviel Handbreit, als sämtliche Hosen zu kurz geworden waren, auf seine eigenen Hosen zugemessen bekam. Für Käufer: Ein Schotte, der vor und im Kriege an einer deutschen Universität Lektor der englischen Sprache gewesen war. kam zum ersten Male nach Beendigung der Feindseligkeiten in seine Heimat zurück. Er wollte irgendeine Kleinigkeit kaufen, der Preis erschreckte ihn. „Oh," sagte er. „das ist zu teuer." In den langen Jahren der Abwesenheit aber war ihm wohl manche Feinheit der Sprache verloren gegangen, so gebrauchte er „dear" (über teuert) für „expensive" (zu teuer für mich). Der Per. Käufer, der nicht schlecht beleidigt war und auch vielleicht auch einen fremdartigen Akzent aus der Sprache des anderen herans- hörte, begehrte auf: „Oh. you are a German, you want something sor nothing!" (Sie sind ein Deutscher. Sie wollen etwa» für nichts!) Die schöne Moral ober Nutzanwendung ist hiernach leicht zu ziehe». Mit ihr werden beide Teile auch diese Tage über stehen. Auf der Tagung der Privatbankiers konnte man am Sonn tag höre», daß es der Wirtschaft augenblicklich reckt gut geht. Wenn so ei» Mensch aus der „breiten Masse des Volkes" — wie z. B. ich — das las. daun dachte er gewiß: „Ja, die Kapitalisten, die haben's. Wir können uns inzwischen das Hungertuch Höker hängen lassen..." Na, nur man sachte. Wenn man seine Hühneraugen und Rippen daran setzt und sich in das Gewühl der Kaufhäuser wagt, sieht man doch auch recht viel „breite Masse", die offenbar trotzdem alledem kaufkräftig ist. Hand auss Herz — so schlecht geht's uns allen nicht mehr. Die Arbeit der letzten Negierung hat uns alle, auch die Aufge werteten und Erwerbslosen aus dem Dreck der Inflation heraus- geholt. Aber nur keine Bange, vielleicht kommt es auch wieder einmal umgekehrt. Wir haben ja inzwischen eine neue Ne gierung... - Marabu. — Ueberschüssige Frauen und überschüssige Männer. In Europa gibt es mehr Frauen als Männer: in den anderen Erd teilen ist das Gegenteil der Fall. Aus 1000 Männer kommen in Europa 1024 Frauen, in Afrika 990. in Amerika 977, in Asien 944, in Australien 812. Unter allen Ländern Europas hat Nor wegen verhältnismäßig die meisten Frauen: 1069 aus 1000 Männer. Es folgen England mit 1059 Frauen, die Schweiz mit 1956, Spanien mit 1044, Portugal mit 1041. Deutschland, Oester reich und Ungarn mit 1035, Dänemark mit 1032, Rußland mit 1022, Frankreich mit 1008. Die anderen Staaten Europas Huben weniger Frauen als Männer. So hat Italien nur 989 Frauen auf 1000 Männer. Belgien 985 und die Balkanstaaten etwa 950, In Afrika haben einige Staaten, darunter Aegypten, mehr Frauen als Männer, in den meisten afrikanischen Staaten abe^ haben die Männer das Uebergewicht: aus Mauritius, Reunion usw. übersteigt die Zahl der Männer die der Frauen sogar um dos Doppelte. Die meisten Frauen findet man inWestindienj 20 v H. mehr als Männer. In Ekuador kommen a»f 1000 Männer 1129 Frauen, in Martinique 1091, in Kolumbien 1058; Salvador ist der einzige Staat der Welt, wo die Zahl der Männeij und der Frauen gleich ist. In den Vereinigten Staaterz kommen nur 978 Frauen aus 1000 Männer, in Peru und in Kanada 976, in Argentinien 942, in Brasilien 988, in Uruguay 934, in Japan 971, in Britisch-Indien 944, in Sibirien 932. in Zentralasien 909, in Kaukasien 898, in Ceylon 877, in Hongkong — 375. Es ist also — so resümiert die Zeitschrift „Gentilissima", der wir diese Daten entnehmen — nicht richtig, daß. wie immer wieder behauptet wird, auf der Erde weit mehr Frauen leben als Männer. ^
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