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Sächsische Volkszeitung : 08.10.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-10-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192410084
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19241008
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19241008
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-10
- Tag 1924-10-08
-
Monat
1924-10
-
Jahr
1924
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 08.10.1924
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Nr. 221. Seile 2 Dtlivoch, den 8. OKI oder 1924. Tagesneuigkeiten Wnpfangsvorbereilungen für I. R. NI in Amerika ^ Ueber die amerikanischen Vorbereitung«» siir den Empfang ÜS Zeppelin-Luftschiffes wird anS Washington gemeldet, das, oie Wsahung des Flughafens Lakehurst verstärkt worden sei, um selbst M schlechter Witterung eine sichere Landung t" gewährleisten, ikypitän George Steel, oer jetzt in Friedrichshafen weilt und M der Ueberfahrt teilniinmt, ist zum Kommandeur des Flug hafens ernannt worden und wird dieses neue Amt sofort nach keiner Ankunft übernehmen. DaS Oberkommando für Z. R. 3 «ach seiner Uebergabe au oie amerikanische Regierung wird dein öch gleichfalls in Friedrichshofen aushaltenden Kapitän Jakob «lein übertragen werden. Gleichzeitig mit der Abfahrt des keppclins aus Friedrichshasen wird die Shenandoah aus Lake- churst zu einem großen Flug nach der pazifischen Küste auf- 'steigen. Die vorgesehene Strecke beträgt rund 10000 Kilometer, nno wenn der Flug erfolgreich verläuft, wäre damit eine neue Höchstleistung für Fernflüge lenkbarer Luftschiffe aufgestellt. UnweNerfchS-en In Südfrankreich Aus Südfrankreich werden starke Ueberschwemmun- gen gemeldet, die auf die heftigen Regengüsse der letzten Tage zurückzuführen sind. Ganze Ortschaften sind Überschuß»,mt. Der Verkehr ist teilweise unterbrochen. In den französischen Alpen fällt Schnee. Besonders schwer scheinen die neuen Wetterschüden im Teil der Loire zu sein, wie aus folgender Meldung hervorgeht: Ein uiiverlMtnismäßig früher Sch nee fall hat im De^xrrte- rnent Loire eingesetzt. Die Berge im Quellgebiet« der Loire sind tief herab verschneit. Ueber die Täler geht ein sintflut- artiger Regen nieder, man befürchtet eine grotze Ueberschivem- inuug. Die Loire steigt täglich etwa 30 Zentimeter. Ihre sämt lichen Nebenflüsse führen Hochwasser und schon jetzt sind weite Strecken des Loirclales überschwemmt; so namentlich die Gegend von St. Eiienne, wo die Bahnstrecke unter Wasser liegt, und der Verkehr unterbrochen ist. Da die Weinlese noch nicht begonnen hat, sind die Bewohner in grotzer Besorgnis wegen der zu erwartenden schweren Schäden. Nächtlicher Mord auf einem Gule Ein geheimnisvolles grauenhaftes Verbrechen passierte in der Nacht zum Sonnabend auf dem Gute Ferdinand felde bei Britz nahe Eberswalde. In der Nacht wurde der Besitzer des Gutes, der 35jährige Landwirt Hans Heymann, der mit seiner Familie im Gutsgebäude schlief, durch Anschlag des Wachthundes geweckt. Da er Einbrecher vermutete, ging er in den Hof. um »achzusehcn. Kurz darauf hörte die Gattin hintereinander zwei Schüsse fallen. Sie eilte ihrem Gatten nach, konnte ihn jedoch nicht entdecken, bemerkte aber, daß die nahe gelegene Scheune lichterloh brannte. Dem alarmierten Guts personal gelang es leider nicht, das rasch um sich greifende Feuer zu löschen. Das Gebäude brannte mit den aufgestapelten Getreidevorräten bis auf die Grundmauern nieder. Am Morgen fand man in den Trümmern des abgebrannten Gebäudes einen Schädel und einige Knochen, in welchem man die Ueberreste des »imgekommenen Gutsherrn vermutet. Die verständigte Polizei nahm sofort die Nachforschungen auf. Allem Anschein nach liegt ein Verbrechen vor. Es ist noch sestzustelle», ob ein oder mehrere Täter in Frage kommen, ferner ob Heymann schon durch die Schüsse getötet und der Brand erst nachher angelegt wurde, oder ob Heymann in der angezündeten Scheune seinen Tod gefunden hat. Sollte der erstere Fall in Frage kommen, so müßte der Mörder den Leichnam in die Scheune getragen und diese dann angesteckt haben, um die Spuren des Mordes zu verdecken. Unzivcifelhast wurde die Identität Heymanns mit der verkohlten Leiche erkannt. Mann nimmt an, daß cs sich um einen politischen Racheakt handelt. Heymann ging ohne Schußwaffe nach dem Hof. Seine sämtlichen Schußwassen wurden auch bei der Durchsuchung seiner Räume gefunden, so daß es sich also nur um Schüsse der Eindringlinge handeln kann. f DI« Opfer des Erdbebens von Erzerum. Nach einer Mel dung aus Konstantinopel sind in dem Bezirk Erzerum während der letzten Erdbeben 200 Personen getötet morden. Ferner sind 600 Stück Vieh umgekommen. 3872 Wohnungen wurden völlig zerstört und 2500 beschädigt. f Eisenbahnunglück in Natal. Reuter meldet aus New- Eastle (Natal): Ein schweres Eisenbahnunglück ereignet« sich bei Durban. Der non dort akgehende Postzug geriet auf ein Nebengleis und stieß mit einem dort stehenden Eütcrzug zusammen. Der erste Wagen des Postzuges wurde vollständig zertrümmert. Vier Personen wurden getötet, neun zehn schwer verletzt. 's Autounfall bei Glasgow. In der Gegend von Glasgow hat sich ein schweres Autounglück ereignet. Ein Auto omnibus, in dem sich 20 Personen befanden, rannte gegen eine Mauer und wurde vollkommen zerstört. 10 Personen wurden mehr oder weniger schwer verletzt. s Selbstmord am Grabe Heines. Aus Paris wird ge meldet: Gestern wurden die Friedhofswächter des Mont martre-Friedhofs durch einen Schuß aufgeschrcckt. Bei ihrem Rundgange entdeckten sie auf dem Grabe Heinrich Heines die Leiche eines jungen Mannes, der sich durch einen Schuß in die rechte Schläfe getötet hatte Aus den Papieren ergab sich, daß es sich um den Studenten Alfons Baus aus Knitteljeld in der Tschechosloivakei handelt. f Ein Riesenbetrug. Aus Kempten (Allgäu) wird gemeldet: Ein junger Bankbeamter in Kempten namens Barziel übernahm in Ulm -in glänzend gehendes Butter- und Käsegeschüst und bezog seine umfangreichen Waren aus Kempten. Er bezahlte mit gefälschten Akzepten und bewilligte den Lieferanten be deutende Ueberpreise, während er die schuldig gebliebene Ware in Ulm weit unter Tagespreis verschleuderte. Mit dem Erlös kaufte sich der Betrüger zwei Autos, verschaffte sich Auslands papiere und verschwand mit rund 100000 Goldmark angeblich nach Italien. Eine Reihe von Leuten büßten durch ihn ihr ganzes Vermögen ein. 1' Tod in dcn Wellen. Auf der Uuterelbe stieß bei Ochken- wärder das Segelboot eines Hamburger Kaufmanns mit einem Schleppdampfer zusammen und kentert«. Alle drei Personen sielen ins Wasser. Es gelang nur oem 12jährigen Sohne des Kauf manns, sich zu retten, während dieser und seine Frau den Tod in den Wellen fanden. f Todessturz eines Motorradfahrers. Bei dem vom Motor sportklub Halle am Sonntag veranstalteten Automobil- und Motorradrennen stürzte der Motorradfahrer Da n d a u - Witten berg einige hundert Meter nach dem Start so unglücklich, daß er sich eine Gehirnerschütterung zuzog, an deren Folgen ec auf dem Transport nach dem Krankenhause verstarb. ß Großfcuer. In der Nacht zum Sonntag brach, wahrschein lich durch Kurzschluß verursacht, in den Fabrikanlagen der Bay rischen Motorenwerke Feuer aus, das zwei Werkstätten tu der nördlichen großen Halle der Wecke vernichtet«. T«r ver ursachte Schaden wird auf 55000 Mark geschätzt. ß Schweres Jagdimglück. Auf der Jagd iu der Flur Rebke bei HeIin stebt kam der Gastwirt Folge ins Stolpern. Dabei entlud sich sein Gewehr und die ganze Schrotladung drang oem Landwirt Spierling aus nächster Nähe in die Brust. Spierling ist ialsbald gestorben. ß Die Hochzeitsfeler in Sibyllenort. Am Sonnabend fand in Sibyllenort die Hochzeit der Prinzessin Anna mit dem Erz herzog Franz statt. Kurz vor 10 Uhr begab man sich in feier lichem Zuge nach der in eine Kapelle umgestalteten, schon dicht mit den Gästen und sonstigen Geladenen gefüllten Bibliothek. Der Gesang des Mauritiuschores aus Breslau leitete die Feier Ein Proteskanl über Hannover! Der Deutsche Katholikentag in Han nover hat weit über das katholische Lager hinaus Beachtung gesunden. Von ganz besonderem Interesse ist ein Aufsatz der „Welt am Montag", der zeigt, daß es auch im protestantischen Lager weite Kreis« gibt, die mit offenen Augen durch die Welt gehen uist> nicht alles durch die Brill« des evangelischen Bundes sehen. Wir bringen den Aussatz nachstehend zum Abdruck. Im vorwiegend protestantischen Hannover hat vor einigen Woche» die 63. Generalversammiung der Katholiken Deutsch lands — der Katholikentag stattgefunden. Au gleicher Zeit tagte im vorwiegend katholischen München der Evangelische Bund. Sind auch die beiden Versammlungen an Umsang und Bedeutung nicht miteinander zu vergleichen — der Katholiken, tag hat eine jahrzehntelange Tradition und war von 70 000 Menschen besucht, -er Evangelische Bund ist «ine verhältnis mäßig schwache Organisation — so sind doch beide Tagungen richtunggebend für die Wege der Konfessionen, und da man so wohl in Hannover wie in München zu den aktuellen Tages fragen der Politik ausgiebig Stellung nahm und insbesondere den Standpunkt des Christentums dem Pazifismus gegenüber zu präzisieren versuchte, verdienen die Erzeugnisse beider Ta gungen hier wohl eine kurze Betrachtung. Der Protestantismus hat. es ist siir einen Protestanten schmerzlich, das vor aller Oeffentlichkeit seststellen zu müssen, eine schwere, geradezu vernichtende moralische Nieder lage erlitten. Unendlich vieles trennt mich vom katholischen Glauben, daß aber das Evangelium des Friedens und der Liebe in Hannover rein erklang, während es in München eine schrille Dissonanz ergab, muß jeder objektive Beobachter zugeben. Der Hannoverschen Tagung wohnte ich persönlich bei, die Münchener k-nue ich aus den ausführlichen Zeitungsberichten, die in ihrer Ucbereinstimmung leider keinen Zweifel darüber zulassen, daß sie die Vorgänge richtig wiedergeben. In Hannover huldigte man Papst Pius XI., iu München Ludcndorff. In Hannover bekannten sich die deutschen Katho liken nicht zum „Staat, wie er ist", der Deutschen Bolkspartei, nicht zu dem „in der Republik geeinigten deutschen Volke" des Herrn Iarres, sondern zur Republik selbst, für die einer ihrer Besten, Matthias Erzberger, gefallen ist, in deren Dienst Wirih. Fehrenboch und Dr. Marx ihre beste Kraft verbrauchten. In München begeisterte man sich sür einen Vortrag des Sludienpro- fessors Höfler über „Protestantismus und völkische Bewegung", steigerte sich in einen künstlichen Rausch hinein, als Ludendorsss Begrüßungsdepesche verlesen wurde, und vergaß nicht, einen Bund völkischer Pastoren zu gründen. Das ist der Unterschied. Hier l>at eine große Glaubens gemeinschaft ein Bekenntnis abgelegt zu dem Staat, der den Frieden will, zu dem Staat, der, wenn auch nur gezwungen, als erster mit der Abrüstung Ernst machte, dem der „Frieden aus Erden" mehr ist als eine bloße Redensart. Dort begibt sich eine andere Glaubensgemeinschaft unter den Schutz des Haken kreuzes und der Revancheredner und jubelt den Hospredigeru zu, die im Kriege di« halbe Welt annektieren wollte» und heute nichts Besseres zu tun wissen als gegen den Staat zu wüten, dessen Angehörige sie sind. Man hat mit berechtigter Spannung einem Referat ent- gegengesehen, das von dem Rheinländer Ioos auf dem Katho likentag gehalten wurde und das Thema „Jugend — Nationalis mus — Pazifismus" zum Gegenstand hatte. Es mar ein starkes Bekenntnis zum Frieden und gegen den Nationalismus, aus das der Redner 5000 Zuhörer der verschiedensten Länder u. Stämme zu einen verstand, und der jubelnde Beifall, der den Aus führungen am Schlüsse folgte und sie schon vorher häufig unter- brachen hatte, mag den anivesenden Deutschnationalen durch Mark und Bein gegangen sein, denn er galt ganz gewiß nicht dem Bürgerblock und auch Herrn Stegerwald nicht. Die nächste Etappe der Katholiken Deutschlands heißi: Europa. Wie die nächste Etappe des Evangelischen Bundes heißt, das soll unsere Sorge nicht sein. Eine Sache, siir die Erich Ludendorff eintritt, ist, das lehrt das historische Beispiel, noch immer schief gegangen, gleichgültig, ob sie Weltkrieg, Kapp oder Hitler-Putsch hieß, und die Hoffnung, daß ein großer Teil der vernünftigen Protestanten eines Tages die Hos- und Feld prediger von den Kanzeln und aus den Kirchen jagen wird, in denen sie mehr Stahlhelmfahnen weihen als Gläubige erquicken, braucht man noch nicht auszugeben Leonhardt German. ein. Der ehemalige Kronprinz von Sachsen vollzog die Trauung und zelebrierte ein Hochamt, bei dem der Mauritiuschor eine Messe von Palestrina in kunstvollster Form zu Gehör brochle. Hierauf ergriff Kardinal Fürstbischof Dr. Bertram das Wort, gab dem jungen Paar eine» in die Mauer Seiner Titularkirche S. Agnese in Rom eingegrabenen Spruch „Semper in pace gaude" auf den Weg und erteilte ihm und allen Anivesenden den päpstlichen Segen. Das deutsche Tedeum beschloß die kirch liche Feier. Das Neuvermählte Paar nahm daraus die Glück wünsche entgegen. f Lawinensturz im Tal von Susa. Aus Turin wird ge meldet: Eine Abteilung Alpenjäger, die in dem Tal von Susa militärische Uebungcn abhielt, wurde von einer niedergehenden Lawine verschüttet. Bisher konnten die Leichen eines Offiziers und eines Soldaten geborgen werden. Döbeln. 7. Oktober. Der Bezirksarbeitgeberverband und der Bezirkswirtschaftsverband für das süchiische Baugewerbe, sowie der Dezirksverband Sächsischer und Reußischer Bauimum- gen hielten am Sonntag und Montag ihre Hauptversam.nl ingeu in Döbeln ab. Zur ersten Hauptversammlung am Sonntag war das Wirtschaftsministerium durch den Döbelner Amtshaupt mann Dr. Drechsel und das Arbeitsministerium durch Re gierungsrat Lüttich vertreten, das Submissionsamt durch Nc- gierungsbaurat Mühlner. Der Deutsche Arbeitgeberbund und der Deutsche Wirtschaftsverband für das Baugewerbe waren durch ihre Syndici vertreten. Nach den Begrüßungsreden hielt Syndikus Berger einen Vortrag über den Zusammenbruch und Aufbau des Baugewerbes. Seine Ausführungen sanden ihren Niederschlag in folgenden Entschließungen: Die Zwangswirtschaft im Wohnungswesen hat weder die Wohnungsnot zu beseitigen, noch den Wohnungsbau auf eine ge sunde Grundlage zu stellen vermocht, wohl aber hat sie beträcht lich unproduktive Unkosten verursacht, die zur Belebung des produktiven Wohnungsbaues weit zweckmäßiger verwendet wer den sollen. In dieser fordert der in Döbeln tagende Sächsische Baugewerbetag: 1. Der Nealkredit ist wieder aufzurichten. Das verschwundene Bcrtrauen der Sparer ist durch eine gerechte Lösung der Auswertungsfrage, durch Sicherung der Wertbestän digkeit und durch steuerliche Erleichterungen der dem Hypothe kenmarkt bezw. dcn Sparkassen und den Nealkrcditinstitutcn zugefiihrten Ersparnissen wieder zu erwerben. 2. Die Zwangs- wirtschaft im Wohnungswesen ist nach einem unverzüglich sesl- zustellenden Plan abzubauen und zwar so, daß am 1. April 1925 die freie Wirtschaft auf diesem Gebiete hergestellt wird. Der Anfang ist mit der Freilassung der großen Wohnungen und der gewerblich verwerteten Räume zu mache». Bis zum 1.4.1925 Ist eine fortschreitende Mieterhöhung bis zu dem den derzeitigen Baukosten entsprechenden Stande durchzufiihren. 3. Der Mie terschutz ist auf das durch soziale Rücksichten gebotene Matz zu beschränken. Mieter, deren Einkommen eine gewisse Min destgrenze überschreitet, sind mit sofortiger Wirkung vom Mieter schutz auszunehmen, so daß der Mietpreis ihrer Wohnungen bis zur Friedensnüete gesteigert wird. Der sich ergebende Mehr erlös ist zum Teil den Hausbesitzern siir Erneuerungsarbeiten zu überlassen, teils zur Förderung dos Wohnungsbaues durch Kre ditgewährung zu verwenden. 4. Die nach dem I. Juli 1918 neu errichteten Wohnungen sind von jeder Zwangsivirtschatt un bedingt freizulassen. Soweit durch Neu- und Ilmbau ohne öffent liche Mittel Wohnraum gewonnen worden ist, sind diese Bauten oder Bauteile auf eine längere Reihe von Jahren von Vor- mögens- und Ertragssteuern zu befreien. In einer weiteren Entschließung Uber die Mietsteuer wird diese als ei» Volksopfer bezeichnet, das nur gerechtfertigt erscheint, wenn der Ertrag bei sparsamster Verwendung im weitesten Umfange auf dem Gebiet verwendet wird, das er be lastet. In dieser Erwägung fordert der in Döbeln versammelte Sächsische Baugewerbetag: Die Bereitstellung eines weit größeren Anteiles des Mietssteuerertrages für Zwecke des Woh nungsneubaues und der baulichen Erhaltung vorhandener Wohn gebäude. Die Verwaltung des Mietsteuerertrages durch die unteren Verwaltungsbehörden ist im ganzen Land einheitlich zu gestalten. Die Verteilung der Hypotheken aus der Mietzins steuer ist in die Hände der bewährten Realkreditinstituie zu legen. Hypotheken aus Mitteln der Mietzinssteuer müssen allen Kreisen zur Äerfügung stehen, die sich mit Wohnungsbau be fassen, öffentlich rechtlichen Körperschaften und deren Regie bautenbetrieben jedoch nur so weit, als die zur Verfügung stehenden Gelder bei Privatunternehmen oder Baugenossenschaf ten zu den gleichen Bedingungen nicht untergebracht werden können. Bauten öffentlich rechtlicher Körperschaften dürfen aus Mitteln der Mietzinsstcuer nur finanziert bezw. bestehen werden, wenn sie in freiem Wettbewerb ausgeschrieben und vergeben werden, und wenn jede Gewährung von Löhnen in tariflich nicht gedeckter Höhe an die beschäftigten Arbeiter ausgeschlossen Ist. Die Entschließung zur Reichs Handwerksordnung lautet: Das sächsische Baugewerbe stellt mit Befremden fest, daß die aufeinander folgenden Entwürfe einer Rrichshand- werksordnung die gebotene Rücksichtsnahme auf die Belange de. Baugewerbes immer mehr vermissen lassen. Das Baugewerbe kann nur einem solchen Organlsationsgesetz zustimmen, das die Einheit des Baugewerbes iu organisatorischer Beziehung nicht behindert. Der Sächsische Baugcwerbetag erwariet auf das bestimmteste, daß die Reichsregierung das Baugewerbe nicht ohne ausdrückliche Bestimmung seiner beruflichen Organi sationen auf die Liste der unter die künstige Reichshandwerks ordnung fallenden Gewerbe setzen wird. Mit gleicher Bestimmt heit erwartet der Sächsische Baugewerbetag von den Organi sationen des Handwerks, daß sie das Baugewerbe bei der Ver tretung seiner Forderungen zur Neichshaudwerüsv'd'nmg nach- drücklichst unterstützen. Das Baugewerbe ist genötigt, seine künftige Stellung zur Handwerkerorganisalion v"m Grade dieser Unterstützung abhängig zu machen. Bei der Erneuerungs- wahl des Vorstandes wurde Hosziminermeister Noa ck , Dresden, als 1. Vorsitzender wiedergcwählt. als Kassierer Bürouorsland Lieb scher Dresden, und zwar an Stelle des Herrn Wrichard, Dresden, der zum Ehrenmitglied des Vorstandes »raannt wurde. Als nächster Tagungsort wurde Auerbach bestimmt. Das Vermögen der KohenzoNern Die kommunistische Fraktion des Preußischen Landtages legt einen Antrag vor, wonach das gesamte Vermögen t.r Hohenzollern in den Besitz des preußischen Staates übergehen soll. Jede weitere Unterstützung an die Hohenzollern habe zu unterbleiben. Die in Preußen wohnenden Hohenzollern sollen nach denselben Grundsätzen behandelt werden, die für die Tr- werbslosen in Preußen gelten. Die beschlagnahmten Schlösser und Villen sollen in Kindergärten umgewandelt werden oder in Erholungsstätten für Kriegsverletzte. Alle Gegenstände Kunst- lerischen und historischen Wertes sollen den staatlichen Museen einverleibt werden. * Reichsbankausweis. Die letzte Septemberwoche brachte im Zusammenhang mit den Ansprüchen zum Vierteljahres- Wechsel und den Erleichterungen im Diskontverkehr siir die Reichsbank eine Vermehrung ihrer gesamten Anlage von 2061.9 Trillionen Mark auf 2302,4 Trillionen Mark, also um 210,5 Trillionen Mark, ivährend andererseits sich gleichzeitig die Summe der aus dem Portefeuille der Bank weiter diskontierten Wechsel um 45 Trillionen Mark auf 171.7 Trillionen Mark ver minderte. Im einzelnen erhöhten sich die Ausleihungen im Papiermarkgeschäft, im Wechsel- und Lombardverkehr zusam- mcngenommen um 87,9 Trillionen Mark auf 950,5 Trillionen Mark und im Rentenmarkgeschäft um 151,9 Millionen Renten- mark auf 1273,6 Millionen Rentcnmark. An ;>apicrnen Zah lungsmitteln flössen insgesamt rund 443 Trillionen Mark neu in den Verkehr, und zwar vermehrte sich der Umlauf an Reichs danknoten um 268,5 Trillionen Mark auf 1520,5 Trillionen Mark. 'An Rentenbankscheinen sind 174,2 Millionen Renten- mark aus dem Bestand« der Neichsbank in den Verkehr ge flossen. Der Bestand der Reichsbank an fremden Geldern ver minderte sich um 225,3 Trillionen Mark auf 670,1 Trillionen Mark. Der Goldbestand stieg weiter um 17,8 Millionen Mark auf 577,9 Millionen Mark. Der Bestand an Scheidemünzen sank um 6,3 Trillionen Mark auf 21,7 Trillionen Mark. Aufstieg des Abendlandes Zwischen Zeitz und Leipzig liegt ein Dutzend Bierdörfer und eine Bahnstrecke. Diese Bahnlinie ist zur Uebung in Demut und Geduld sehr zu empfehlen, denn der Zug hält in jedem der besagten Bierdörfer. Wenn man die Haltezeiten zusammen- rechnet, findet man, daß sie länger als die eigentliche Fahrtzeit. Aber am Sonntag ist diese Fahrt doch ganz unterhaltsam. In fast jeder dieser Ortschaften liegt nämlich das Tanzlokal in der Nähe der Bahnstrecke .so daß der arme Reisende etivas von der Musik profitiert. Grad ein Jahr ist's her, da fuhr ich Sonntags dies« Streck«. Damals klang es mir auf jeder Sta tion unermüdlich entgegen: „Wir versaufen unsrer Oma sein klein' Häuschen, sein klein' Häuschen, sein klein' Häuschen, Wir versaufen unsrer Oma sein klein' Häuschen, und die erste und die zweite Hypothek!" Das war damals. Hsuie aber führt mich die Eisenbahn wieder den gleichen sonntäglichen Weg. Auch l)eute tanzt alles. Aber die Melodie ist eine ander« geworden. Immer wieder tönt es mit lautem Entzücken: „Ein jeder liebt den Klapperstorch, ein jeder hat ihn gern, well er den Menschen Kinder bringt au, weiter, weiter Fern'!" Man lauscht zunächst erstaunt, dann mit Andacht. Schließlich lassen sich di« Tränen der Rührung nicht mehr zurückhatten. Welch ein Weg von dem Wunsche, das Häuschen der Om« zu versaufen, bis zur liebevollen Verherrlichung des Klapper storches! Kein Zweifel: Di« Moral ist auf Goldmarkbasts umgestellt worden. Das Abendland ist im Ausstiege begriffen. Sevvl Tchlundrich.
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