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Sächsische Volkszeitung : 15.10.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-10-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192410154
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19241015
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19241015
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-10
- Tag 1924-10-15
-
Monat
1924-10
-
Jahr
1924
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 15.10.1924
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Nr. L40. Seite « M ittwoch de» 1ö. Oktober 1S2-1 Der Geist -er Gemeinschaft V»m Dälererbe aus Deutschlands grdtzler Jett Bon Friedrich Muckermann S I. An Nie WWen 8WM! Der Notstand weiter Kreise der katholischen Jung lehrer schast ist erst letzthin wieder aus dem Plauener Kcnho- Ukenlatz Gegenstand ernstester Erörterungen gewesen. Nun mehr richtet der katholische Zunglehrerdund des Deutschen Reiches an alle katholischen Junglehrer nachstehenden Aus ruf: ..Wie kommen wir aus dem Elende und der Not heraus?" Diese Frage werfen ivir so oft iiii Hinblick auf die Tatsache aus, daß über 32 00V Lehramtsbewerber und -de Wer ber! n neu stellenlos sind. Bisher sind alle Mittel, die Parla ment und Regierung zur Behebung der Not anwandten, noll- ständig unzureichend geblieben! lieber diesen oder jenen beschei denen „Anfang" ist man nicht hinausgekomme». Die Not der Stellenlosen ist eine doppelte, eine wirtschaft liche und eine seelische! Hunger und Berufsentfremdung! Wir müssen beide Uebelstände gleich stark bekämpfen! Gewiß soll zuerst die wirtschaftliche Existenz sichergestellt werden, aber mit ihrer Sicherung muß die Sorge um die Erhaltung und För derung des Berusswillens und des Berufsgeistes innig verbun den sein. Seit Jahr und Tag mühen mir uns ab das Los unserer Stellenlosen zu bessern. Wir scheuen keine Arbeit, keine Mühe! lind siehe da! — Es ist Tatsache, daß die Stellen losen selbst nur in verhältnismäßig geringer Zahl „Mitarbeiten". Auf diese Klage stößt man immer wieder! So ergibt sich vieler orts dos eigenartige Schauspiel, daß Lehrer, die fest im Amt stehen, ihre ganze Kraft, ihr Geld und ihre Zeit den Stellenlosen widmen, und diese selbst — stehen abseits, kümmern sich nicht um die für sie bestehenden Organisationen, lassen andere für sich arbeiten und beklagen sich, daß für sie nichts „erreicht" wird. Es liegt uns f->rn, verallgemeinern zu wollen! Tausende Stellenloser machen es aber so! In dieser beklagenswerten Er scheinung liegt die tiefste Ursache für die Trostlosigkeit der Lage der Stellenlosen. Das gilt im besonderem Maße für unsere katholischen stellenlosen Lehrer, die die große Masse der Stellenlosen bilden. Und gerade sie müßten doch mit Rücksicht auf die Erhaltung des katholischen Berufs- und Erzieheridealis mus restlos aus innerem Drange heraus den Weg in die katho lische Organisation geradezu suchen! Es ist uns klar, daß die große wirtschaftliche Not vielen die Lust und Freude an der kulturell eingestellten Organisation zu ertöten droht. Aber damit ist noch lange nicht erwiesen, daß „neutral" gerichtete Organisationen mehr für die wirtschaftlichen Belange erreicht Hütten. Im Gegenteil! Die Stärke und Durchschlagskraft der Wirtschaftshilfe kulturell eingestellter Organisationen liegt gerade darin, daß sie eine stärkere Unter st ützung sowohl im katholischen Volke als auch bei den weltanschaulich positiv gerichteten Parteien in den Parlamenten bis hinab in den Ge- mcinderat des Dorfes finden. Dabei wollen wir nicht einmal betonen, daß echte und wahre Wirtschaftshilfe gerade im Nähr boden katholischer Lebensauffassung ihre stärksten Wurzeln hat. Die sittliche» Triebe zur Bruderhilfe können nirgendwo stärker sein, als in einer Gemeinschaft wahrer Tatkatholiken! Daß in einer solchen Gemeinschaft die seelische, die Berussnot der Stel lenlosen ihre größte Linderung zum Besten des Einzelnen und nicht zuletzt der Schule erfährt, wer wollte das leugnen? Daher ergeht an die Tausende katholischer stellenloser Jung lehrer wie auch an die Tausende noch nicht fest angestellter Junglehrer der Ruf, sich persönlich restlos einzustellen in die Gemeinschaft des katholischen Jungleh rer- bundes. Vereinigt bis auf den letzten Mann wollen wir gemeinsam ringen mit den Mächten wirtschaftlicher und see lischer Not Gemeinsam wollen wir diese größten Feinde der Schule, diese größten Feinde unseres Volkes niederringe»! Und opfern! Für diese unsere Organisation muß jeder alles tun, um sie lebensfähig zu erhalten und darüber hinaus sie in die Lage zu versetzen, ohne Hemmnisse finanzieller Art überall dort für ihre Mitglieder zu wirken, wo die Stunde es erfordert! Da darf es kein kleinliches Zurückhallen, wj„ „wenn" und „aber" geben! Wenn jeder stellenlose und jeder noch nicht fest angestellte Lehrer unser Werkblatt hält, wenn ferner jeder nur 1 Mark für seine Organisation zu opfern bereit ist, dann kann in viel großzügiger Weise gearbeitet werdm, dann bringt uns die eigene Kraft aus der Not und dem Elende heraus! Wir sprechen es Klipp und klar aus: entweder er kennen die Stellenlosen das Gebot „ihrer" Stunde und rossen sich zu dieser Art von Selbsthilfe auf, oder sie geben sich selbst der Resignation und der Lauheit gegen ihr eigenes Geschick und damit der dauernden Verelendung preis! Stellenlose! Wir rufen Euch alle aus! Tretet unserem Bunde bei! Aber auch alle im Schuldienste stehenden Jung lehrer sollten unserm Bunde beitreten. Gerade auch deren Be lange werden durch den Bund gefördert und vertreten. Uno auch alle älteren Lehrer rufen wir zum Beitritt auf. Wer fest ange stellt ist im Schuldienste, der sollte in der Gemeinschaft des Iung- lehrerverbandes tätig mithelfen an der Behebung der Not unserer Standesjugend und an der Erreichung unserer idealen Ziele. Jeder Lehrer, der ein Herz für die Junglehrer hat, und die Bestrebungen des Iunglehrerbundcs billigt, sollte diesem Bunde als tätiges Mitglied beitreten! Der Bundesbeitrag ist außerordentlich gering. Er beträgt für solche Mitglieder, die im Schuldienste beschäftigt sind oder sonst im Erwerbsleben stehen vierteljährlich 1 Mk., für Erwerbs lose und Seminaristen vierteljährlich 0,20 Mk., zuzüglich eines kleinen Ausschlages sür> die Gruppe und für Portoauslagen. Kaum einer veberschrtft begegnet man-in den ernsteren Zeitungen von heute so oft als der: „Das Vaterland über die Partei" oder „Erst das Ganze, dann der Einzelne" oder „Die tvmmen wir zur neuen Volksgemeinschaft?" Bekanntlich spricht man erst von der Sonne, wenn Wolke» davorstehe-r und um so öfter, je weniger die Wolken weichen. Genau so verhält es sich mit der Volksgemeinschaft. Man muh so hiiusig davon reden, weil sie gänzlich entschwunden sck-eint. Denkt man iiber den Sinn dieser Ueberschriften nach, so enthalten sie im Grunde alle zusammen nichts anderes, als den nüchternen Gedanken: Soll d>e Gemeinschaft lebe», so muh die Partei und der Einzelne ihr Opfer bringen. So wie es Heinrich Lersch, der Arbeiterdichter, gesungen: „Deutschland soll leben, auch wenn nur sterben müssen." Es liegt auf der Hand, daß von dem Augenblick an ej» Volk und ein Staat dem Untergänge znneigen, wo sie es nicht mehr fertig bringen, die Interessen der Sondergruppen den großen Sorgen der Gemeinschaft untirznordnen. Kein Zufall daher, wenn tiefsinnige Dichter wie Hölderlin tue Volksgemeinschaft als eine Opsergemeinschast aufsassen. Aehn- l>ch enrpfindet das Volk, wenn es davon spricht, es müsse etwas geopfert werden auf dem Altar des Vaterlandes. Als wäre das Volk eine einzige große Gemeinde, und ats wölbte sich iiber ihr der Dom des Landes, und als wäre völkisches Leben nichts an deres als ein ständiges Opftrn am Altar, der inmitten aller steht. Heute könnte cs e'nem wohl begegnen, dah man ausge sucht würde, spräche man vom „Altar des Vaterlandes". Staat und Volk sind ein Begriss geworden, der sich geradezu in sein Gegenteil verkehrt hat. Von der Staatskrippe, spricht man, zu deren Nähe ninn sich drängen muh, wie ein Schmarotzer zu der Tafel des Reichen. Von gedeckten Tischen spricht man, an denen die Parteien sitzen. Von der größten Tasche auch wohl, aus oer man nehmen muß, solange etwas drui ist. Das Vaterland be- zahlt's ja.... In der Tat, nur rn der Phantasie der Dichter scheint der Altar des Vaterlandes noch zu bestehen, der doch wahri'-ch w'eder in der Wirklichkeit des Lebens aufgerichtet werden muß, soll Deutschland nicht zugrunde gehen. Es sind also im Opfergedanken enthalte» die Grundlagen des völkischen Seins. Ein Volk ohne Opfergesi»- »nng ist wie ein Baum ohne Triebkraft, wie ein Springbrunnen lohne Wasserdruck, wie sine Herde ohne Herdentrieb. Es wird auseinanderlausen, sobald das Interesse aufhört, das mainmo- nistische, das etwa eine Handelsgesellschaft zusammenhält. Statt Deutsches Vaterland werde» wir bester sagen „G. m. b. H. Deutschland," wenn vom Interesse das wahre völkische Ioeal getrennt wird, und dieses Ideal wiederum wird nichts als eine schillernde Seifenblase sein oder gar oie schöne Hülle eines ge meinsamen Geschäftsgeistes, wenn nicht die Opserkraft vorhan den, die Tag snr Tag ihr Kreuz ans sich nimmt und die'em Ideal zustrebk. Frage ich nun: Wer leistet am meisten für das Vaterland, so lautet die unwillkürliche Antwort: Wer am mei sten dafür zu opfern weiß, lind frage ich weiter: Welche Welt anschauung steuert am besten bei zur Erhaltung der Vo'ksge- ineiuschast, dann muß ebenfalls die Antwort laute,,: Jene Welt anschauung, die am vorzüglichste,, den Opfergedanken vfi-gt, den ethischen Kerugedanken alle.r vaterländischen Gefühle. W>e überwältigend Schönes läßt sich hier sagen vom K a t h v l > z c s m u s! Welchem Mensche» gibt er den Preis? Dem mit Reichtum gesegneten, wie cs etwa der Liberalismus getan? Oder dem „schönen Menschen", wie ihn der deutsche tlassische Idealismus verherrlicht hat? Nein, nicht diesen, son dern dem heroischen Menschen, dem Menschen, der rpsern kan». Weder der geniale Feldherr, noch der lorbeergekrönte Dichter, noch der epochemachende Gelehrte oder Erfinder, »ei», der Heilige steht vor de», Auge katholischer Sehnsucht und katholischen Verlangens nud katholischer Verehrung. So groß ist uns diese Tastache, daß jemand opfern kann, daß jem.rnd sei» Leben lassen kann für eine Idee, daß wir bei einem Men sche» außer der Gnade Gottes, die ihn hierzu gestärkt hat, alles, aber auch alles vergessen können, was ihn sonst groß and beachtenswert erscheinen läßt. Von St. Elisabeth, von Hein rich II., von Bonisatius und von so vielen deutschen Männern »nd Frauen, u, denen wir die Zierden und Höhepunkte des deutschen Katholizismus sehe», pflegen wir nicht zu sagen: Sie waren Fürstinnen oder Kaiser oder Erzbischöfe, nein in erster Linie und vor Krone und Pallium betrachten wir an ihnen den Sternenglanz der Helligkeit, der leuchtend über ihren Stirnen schwebt. ES gibt keine Weltanschauung, die hierin so unnachsicht- Iedes Mitglied erhält dann regelmäßig unsere Schriften usw. Helfet mit! Es geht um Euch! Einigkeit macht stark! Anschriften an: Kcithol. Iunglehrerbund des Deutschen Reiches, Bezirks Obmcmnschaft Breslau. Alsons Nowack, Breslau 6, Frankfurter Straße 11. W HvV»Li»in»«r Li tu, t, F 6L Osrasprsoixn 1109 ü/kskiuksktur- un?1 Wle-Mren. StiMMne l'ch konsequent ist, wie eben die katholische Religion. Nie hat s«e sich auch nur irgendwie darauf eingelassen, etwa die Ethik von der Religion zu trenne» und damit sowohl die EtkÄ als auch d>e Religion zu entkräften. Nein, alle ihre religiöse« Schriften sind voll von den Gedanken der Selbstüberwindung, voll von oer Gesinnung des Opfers. Eine Methodik ist i» dieser Richtung von ihr entwickelt worden, der keine modern« Pädagogik auch nur annähernd Vergleichbares an die Seit« stellen kann. Schönstes Symbol einer Zeit, die noch leben konnte für eine Idee und für die Allgemeinheit: Die Namen der Mei ster unserer unsterblichen Dome und unserer unvergleichliche« mittelalterlichen Altarbilder, zum große» Teil sind sie ver gessen. Diese Meister wollten das Werk, nicht sich Sie woll ten d»e Gemeinschaft, nicht die eigene Person. Sie wollte« Religion und Volk — es war für sie noch eines — nicht aber Künstlerruhm und irdische Unsterblichkeit. Dazu tritt noch eine zweite Erwägung, ebenso einleuchtend wie die erste. Die katholische Kirche ist auch eine Gemeinschaft. Eine Gesellschaft, unabhängig aus ihrem Gebiet und nur Gott verantwortlich, genau wie oer Staat. Ihr göttlicher Stifter hat gewußt, daß eine Gemeinschaft vom Opfer lebt. So hat er den Altar in ihre Mitte gestellt und über den Altar und mitten in sein strahlendes Geheimnis hinein das Kreuz. Ein« Opserfeier wie wir sie haben, kennt keine von uns getrennt« christliche Gemeinschaft in Deutschland. Es ist aber diese Opfec- feler nicht bloß eine mit CH real und Lichtergtanz umrahmt» Zeremonie, es ist die heilige Milte all unseres religiösen Lebens« Sonntag für Sonntag wenigstens tritt jeder Katholik in de« Bannkreis dieser seiner Altäre. Sonntag für Sonntag — io sollte es doch sein — wird er Teilnehmer an dieser Opferhand- lung. Sem ganzes Wesen muß ja, wen» er nur in etwa inner lich dabei ist, durchdrungen und durchflutet werden von jene« Liebe, die kein Ziel mehr kennt, als zu verbluten im Dienste gött licher Liebe. Und wiederum so zentral, so alles andere in den Schatten stellend ist djeser Gedanke, daß sozusagen kein ande rer neben ihm aufkommen kann. Wer wird es an der Koin- niunionbank gewahr, wer neben ihm kniet? Ob cs die Herrin ist oder die Magd, der Stahlkönig oder sei» letzter Arpe '.er, eS spielt keine Rolle. Glieder sind sie oes Leibes Ehrftii und weiter nichts. Was sie außerdem sind, mag wichtig sein drau ßen »i der oberflächlichen Welt, hier ist es voltlonimen neben sächlich. Es gibt kein menschliches Zeremoniell mehr, kein Ein andergrüßen und scheues Ausweichen, es gibt nur eins: Eine Gemeinde von Opfernde». Und von dieser Gemeinde, wenn wir einmal die menschliche Seite sehen und das Wirken Got tes, das sich doch in ihr entfaltet, außer acht lasten, von der Gemeinde der Opfernden lebt die katholische Gemeinschaft. Opftr- gei'st trieb und treibt ihre Missionare in alle Lande, Opfergeist drängt so viele zum schweren Dienst am Heiligtum, Opfergeist füllt ihre Klöster. Wir leben nicht von Kapital, nicht von Pro- teltion, nicht von gnädiger Duldung Nein, ans dein Ovfer leben wir, in dem wir Gnade und Kraft emvfangen, und dar um sind mir unüberwindlich, uno darum wird unsere Gemein schaft dauern, darum werden wir länger sein, als alle Kul turen, die rings um uns blühen und sterbe», denn wir haben das immer lebendige Geheimnis der Genieinschast, den Opsergeist. Und dann erst, ja, dann müssen wir sterben, sterben wie alle anderen Gemeinschaften, wenn jemals, was nie geschehen wird, der Christnsruf zum freiwilligen Opfer in der Menschheit nicht mehr zünden wird... Es ahnt wohl die Menschheit, wo diese unsere Gehclinnisie liegen. Sie hat es ost geäußert, daß man n»S eines nicht nachmachcn wird, das ist die Barmherzige Schwester... in der Tat, sie ist der schönsten Blume» eine, die aus dem Opfer großer Liebe wuchs So sehr pflegen wir den Opfergedanken, daß man »nS schon den Borwurf gemacht hat, wir wären weit- und '»!!»» vernclneiio. Mit Fakiren u»d Fanatiker» hat man uns ver glichen und gar nicht erfaßt, daß wir, die wir das Opier wol len, eben darum das Leben wollen! Stirb und werde, es ist »i der Tat ein tiefes Worl. Gerade umgekebrt verne neu oie das Leben, die das Opfer scheuen. Und unser Volt wftd io wenig wie irgendein anderes Auferstehung feiern, wenn e> nicht wieder eine Opsergemeinschast wird, in der einer für alle lebt und alle für einen, weil jeder bereit ist, für den anderen zu sterben. Nehme sch nun einmal an, es wäre» alle Katholiken nur in etwa von dem Opfergeiste durchdrungen, der Kern und Stern ihrer Religion ist, wie anders wäre die Welt! Unser Volk wäre gerettet! Die geistige Kraft einer Minorität dieser Art würde so überragend sein in ein-e entnervten Zeit, daß iie wie eine feste Säule das Dach des Hauses tragen könnte. Was aber gänzlich unverständlich, was geradezu eine Sünde am deut schen Volk bedeutet, das ist eine Staatsweisheit, die einer Religion, die solches snr das Ganze zu leisten vermag, das Leben erschwert. Die an katholischen Forderungen hermn- kncinsert, als handelte es sich n,n Zugcständn je an Hergelaufene und Schädlinge, die man am liebsten jenseits der Grenzen wüßte. Im Staatsinteresse schon ninß ej„e Religion begünstigt werden,"die wie keine andere der Gegenwart jene Gedanken »nd jene Gesinnungen pflegt, die Leben oder Untergang des Volles bedeuten Ob das neue Deutschland je diese Wahrheit saften wird?... Es liegt in ihr das Schicksal unserer Zukunft! Einträglicher RSlselhan-el Eine Fundgrube der artigsten Schwänke aus den Blüte zeiten deutschen Humors ist das Büchlein Heinrich Mahrs „Der Narren da um" jHerder, Freiburg i.Br. Gebunden G-M. 3,70). Auch diese belustigende Reiseuntcr- haltung ist daraus entnommen. Von Basel fuhren elf Personen in einem Schiff, das mit allen Kommlichkeiten versehen war, den Rhein hinab. Ein Jude, der nach Schalampi wollte, bekam die Erlaubnis, sich i» einen Winkel zu setzen und auch mitzufahren, wenn er such gut aufführen und dem Schiffer achtzehn Kreuzer Trinkgeld geben wolle. Nun klingelte es zwar, wenn der Jude an die Tasche schlug, allein es war doch nur noch ein Drcibatzenstück darin, denn das andere war ein messingener Knopf. Dessenungeachtet nahm er die Erlaubnis dankbar an. Denn er dachte: Auf dem Wasser wird sich auch noch etwas erwerben lassen. Es ist ja schon mancher aus dem Rhein reich geworden. Im Anfang und von dem Wirtshaus „Zum Kopf" weg ivar man sehr gesprächig und lustig, und der Jude in seinem Winkel und mit seinem Zwerchsack an der Achsel, den er ja nicht ablegte, mutzte viel leiden, wie man's manchmal diesen Leuten macht uad versün digt sich daran. Als sie aber schon weit an Hüningcn und -an der Schustcrinscl vorbei waren und an Mä^rt und an dem Meiner Klotz und St. Veit vorbei, wurde einer nach dem andern still, und sie gähnten und schanteti den langen Rhein hinunter, bis wieder einer anfing: „Mausche", fing er an. „weißt du nichts, daß uns die Zeit vergeht? Deine Väter müssen doch auch auf allerlei gedacht haben, in der langen Wüste." — Jetzt, dachte der Jude, ist es Zeit, das Schoflem zu scheren, und schlug vor, man sollte sich in der Reihe herum allerlei kuriose Fragen vor- legen, und er wollte mit Erlaubnis auch mithalten. Wer sie nicht beantworten kann, soll dem Aufgeber ein Zwölfkreuzer stück bezahlen; wer sie gut beantwortet, soll einen Zwölfer be kommen. Das war der ganzen Gesellschaft recht, und weil sie sich an der Dummheit oder an dem Witz des Juden zu belustigen hofften fragte jeder in den Tag hinein, was ihm einfiel So fragte z. B. der erste: „Wie viele weichgesottene Eier konnte der Riese Goliath nüchtern essen?" — Alle sagten, das sei nicht zu errate», und bezahlten ihren Zwölfer. Aber der Jude sagte: „Eins, denn wer ein Ei gegessen l)ai, itzt das zweite nicht mehr nüchtern." Der Zwölfer war gewonnen. Ter andere dachte: Wart', Jude, ich will dich aus dem Neuen Testament fragen, so soll mir dein Dreibätzner nicht ent gegen. „Warum hat der Apostel Paulus den zweiten Brief an die Korinther geschrieben?" Der Iud sagte: „Er wird nicht bei ihnen gewesen sein, sonst hätt' er's ihnen mündlich sagen können" Wieder ein Zwölfer. Als der dritte sah. datz der Jude in der Bibel so gut be schlagen war, fing er's aus eine andere Art an: „Wer zieht sein Geschäft in die Länge und wird doch zur rechte» Zeit fertig?" Der Iud sagte: „Der Seiler, wen» er fleißig ist." Der vierte: „Wer bekommt noch Geld dazu und läßt sich dafür bezahlen, wenn er den Leuten etwas weismacht?" Der Iud sagte: „Der Bleicher." Unterdessen näherte man sich einem Dorf, und einer sagte: „Das ist Bamlach." Da fragte der fünfte: „In welchem Manat essen die Bamlacher am wenigsten?" Der Iud sagte: „Im Hornung, der hat nur 28 Tage." Der sechste sagt: „Es sind zwei leibliche Brüder, und doch ist nur einer davon mein Vetter?" Der Iud sagte: „Der Vetter ist Eures Vaters Bruder. Euer Vater ist nicht Euer Vetter." Ein Fisch schnellte in die Höhe so fragte der siebente: „Welche Fische haben die Augen am nächsten beisammen?" Der Iud sagte: „Die kleinsten." Der achte fragt: „Wie kann einer zur Sommerszeit im Schatten van Bern nach Basel reiten, wenn auch die Sonne noch so heiß scheint?" Der Iud sagt: „Wo kein Schatten ist, muß er absteigen und zu Fuß gehn." Fragt der neunte: „Wenn einer im Winter van Bern nach Basel reitet und hat die Handschuhe vergessen, wie muß ers angreisen, daß es ihn nicht an die Hand friert?" Der Iud sagt: „Er muh aus der Hand eine Faust machen." Fragt der zehnte: „Warum schlüpft der Küfer in die Fässer?" Der Iud sagt: „Wenn die Fässer Türen Hütten, könnte er aufrecht hineingehen." - Nun war noch der elfte übrig Dieser fragte „Wie können fünf Personen süns Eier teilen also, datz jeder eines bekomme und doch eins in der Schüssel bleibe?" Der Iud sagte: „Der letzte muß die Schüssel samt dem Ei nehmen, dann kann er es darin liegen lassen, solang er will." Jetzt war die Reihe an ihm selber, und nun dachte er erst einen guten Fang z» machen Mit vielen Komplimenten und spitzbübischer Freundlichkeit fragte er: „Wie kann man zwei Forellen in drei Pfannen backe», also, daß in jeder Psnnne eine Forelle liege?" Das brachte abermals keiner heraus, und einer nach dem andern gab dem Hebräer einen Zwölfer. Der Hausfreund hätte das Herz, allen seinen Lesern, von Mailand bis nach Kopenhagen, die nämliche Frage auszugeden und wollte ein hübsches Stück Geld daran verdienen. Denn als die elf verlangten, er solle ihnen für ihr Geld das Rätsel auslösen, wandte er sich lange bedenklich hin und her, zuckte die Achseln drehte die Augen: „Ich bin ein armer Iüd", sagte er endlich. Die andern sagten: „Was sollen diese Präambeln? Heraus mit dem Rätsel!" — „Nichts für ungut", ivar die Ant wort; „atz ich gar ein armer Iüd bin." Endlich »ach vielem Zureden, datz er die Auflösung nur hcraussagen sollte, sie woll ten ihm nichts daran übelnehmen, griff er in die Tasche, nahm eine» van seinen gewonnenen Zwölfern heraus, legte ihn auf das Tischlein, so im Schiffe war. und sagte: „Daß ich's auch nicht weiß. Hier ist mein Zwölfer!" Als das die andern hörten, machten sic zwar große Augen und meinten, so sci's nicht gewettet. Weil sie aber doch das Lachen selber nicht verbeißen konnten und waren reiche und gute Leute, und der hebräische Reisegefährte hatte ihnen van Kleinkcms bis nach Schalampi die Zeit verkürzt, so ließen sie es gelten, und der Iud hat aus dem Schiff getragen — das soll mir ein fleißiger Schüler im Kops ausrechncn: Wieviel Gulden und Kreuzer hat der Jude aus dem Schiss getragen? Einen Zwölfer und einen messingenen Knopf hatte er schon. Elf Zwölfer hat er mit Erraten gewonnen, elf mit seinem eigenen Rätsel, einen hat er zurückbezahlt und dem Schisser achtzehn Kreuzer Trinkgeld entrichtet.
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