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Nummer 227 - SS. Jahrgang 6mal wöchtl. Bezugspreis: f. September 2 R.-M. ausschl, Bestellgeld. Berechnung der «nzetgeu nach Rent.-Mark. Preise: Die eingespaltene Petitzeil« SV f. Familien« u. Bereinsanz., Gesuche 2V H. Die Pettt-Reklamezeil« 8g mm breit, 1 Osfertengebühr für Selbstabholer 2V H. bei Uebersendung d. d. Post außerdem Porto« zuschlag. Preis f. v. Einzelnummer 1v Renten-Pfennig. Geschäftlicher Teil: Josef gohmann. Dresden. sittklWe Dienstag, 30. Sept. 1924 Im Falle höherer Gewalt erlischt sede Verpflichtung! auf Lieferung sowie Erfüllung v. Anz.-Aufträgen Leistung v. Schadenersatz. Für undeutlich u. d. Fernipr«/ Nberinittelte Anzeigen übernehmen w'r keine Vev« antwortung. Unverlangt etngesandte u. mit Rückporttl nicht versehene Manuskripte werden nicht ausbewahrk Sprechstunde der Redaktion S bis 6 Uhr nachmittags, tzauptschriftleiter.- Dr. JosefAlbert. Dresden« volfszmung Tageszeitung für chviftliche Politik und Geschäftsstelle der Lächsische» svolkS»«t»n«a und Gruit »nd Verlag , Saxouta-Vuchdruilerei <LmbH„ Dresden-A. IS. Solbsinstrabc 46, Fcnmif S27L2, Polt- ichelNoiitoDrcsde» 14797 MnPIliilig Md M« - Ae MI1 »er Mil' M « Ml Redaktion der Sächsischen ^»ollszeltuna Dresden-^ iO v>olk>eiiiitrakrl6 ^ernni' "2728 »,,d 'Vd- ' Der Kacholikenkag in Plauen Feflfahrl nach Plauen Dresden—Plauen, 27. September. Regenwolken, Regentropfen, Regenosützen — das war die Begleitmusik, als wir uns nach Plauen, dem gastlichen Orte des 6. Sächsischen Katholikentages in Marsch setzten. Höhnisch plätscherten die Wasser der Weiheritz und all der anderen Kin der des Erzgebirges, die tiefblauen Berge rauchten und schweiß triefend trug uns der Zug höher und höher. Man hatte Zeit, seinen Gedanken nachzuhängen. Vor zwei Jahren war es. Derselbe Zug, derselbe Weg, ldasselbe Wetter, hie uns zum Ka tholikentag nach Chemnitz führten. Ein Glück, daß die Eisen bahn erfunden war, ehe man den Katholikentag „erfand." An allen Wänden würdige Beweise des Maschinen- und Zivilisa- tionszeitalters — „Schönberg Labinet — der deutsche Sekt" — Meyer-Liköre — Hirsch-Liköre — Waldorf-Astoria-Zigaretten usw. — Für gewöhnlich findet man daran nichts. Gewohntes Milieu! Ebenso die rauchenden Schlote, die hämmernden Fa briken und die hastenden Menschen, an denen das Dampfroß vorüberjagt. Fleisch von deinem Fleisch — Bein von deinem Bein! Bei der Katholikentagsfahrt kommen andere Gedanken. Auch da freut man sich an der herbstlich satten und bunten Pracht der Natur: sa mehr noch als sonst, weil man heute über die Sorgen und Geschäfte des Alltags hinausschaut. Wie reich hat Gott doch gerade unsere sächsische Heimat mit seinen Gaben ausgestattet. „O Vaterland, wie bist du schön, mit deinen Saa- tenseldern, mit deinen Tälern, deinen Höh'n und deinen Eichen wäldern." Und vorübeo-geht es an Dörfern und Städten, an so vielen Orten, wo sich der Kirchturm nur noch schüchtern und zaghaft inmitten von Riesenschlotcn zum Himmel emporragt. Um riesenhafte Fabrikkomplexe und staunenswerte Industrie anlagen gruppieren sich hier die Ortschaften, und die schweren schwarzen Rauchfahnen sind dem Blau des Himmels Feinde. Ehemnitz-Hauptbahnhof! — Man wird der Träumerei ent rissen. Auch dieses Erzgebirge hat seine Sonncnmenschcn, die die Sonne des Lebens, den Christusglauben in ihrem Herzen haben, deren Blick und Streben auch durch die Rauch- und Regenwolken zu den Sternen zu dringen weiß. Wie gern denkt man an den Chemnißer Katholikentag vor zivei Jahren zurück! Die Heerschau der Katholiken der Erzgebirgs-Diaspora. Und wie sie uns empfangen haben! Der Münstersche Dom prediger Dr. Donders, die imposanten Fesisäle und Festesstunden! Unvergeßliche Eindrücke! Dürfen wir Gleiches erwarten, wenn wir uns diesmal noch weiter in die Diaspora des Erzgebirges „hineinwagen?" Hinein bis in die Metropole des Vogllandcs? Ich muß schon sagen, daß mir die Leute nicht gerade ans Herz gewachsen sind, die hier van einem „Wagen" sprechen. Nach allem, was man in den letzten Wochen von Plauen aus erfuhr, waren dort mutige Katholiken an der Arbeit. Und das mußte genügenk Unsere Fahrt war kein „Wagnis", sie war nichts als Pflicht. » Plauen — Oberer Bahnhof! Schwere Wolken hängen Uber dem Städtchen. Regen und immer noch Regen. Aber doch frohe Gesichter. Eine flotte Iungmannschaft stürzt sich hilfsbereit auf die neu angekommenen Gäste, um sie ihrer Lasten zu erleichtern und ihnen den Weg zu weisen, in das gastlich Städtchen, die seine gepriesene Schönheit noch schüchtern und bescheiden unier dem Regenkleid verbarg. Doch entmutigen konnte uns das Wetter nicht. Der ungetrübte Freitag konnte nicht trügen. Sagt doch eine bombensichere Bauernregel: Wie -er Freitag, so der Sonntag! So soll der Sonnabend seinen Eigenwillen haben. Trifft man doch auf den Straßen schon so manchen alten Kaiholikentagskämpen, der noch niemals fehlte! und mochte die „Hochgebirgsluft" des Vogtlandcs sich noch so unangenehm bemerkbar machen, sie konnte nicht verhindern, daß wir Gäste in kurzer Zeit in Plauen „warm" wurden. War doch die Stimmung in der Bevölkerung allgemein eine tolerante, ja weithin eine freundlich«. Davon wollen wir dank. Kar Notiz nehmen. Was der Ortsausschuß an unsäglicher opfervoller Arbeit -«leistet hat, hatte man noch nicht einmal ahnen können. Nur vom hervorragenden Presseausschuß hatte man vorher durch die „Sächsische Bolkszeitung" erfahren. Ueberraschungen hatte man angekündigt. Die Tatsachen Ubertrafen alles. Was man auf dem Festplatze an Vorbereitungen sah, rief nicht nur Ueberraschung, sondern Staunen und Bewunderung in höchstem Maße hervor. Die bisherigen Katholikentage haben Hervorragenldes in jeg- slcher Beziehung geleistet. Aber was Plauen schon in äußerer Aufmachung, auf dem Festplatz und in der Festhalle auf vorge schobenstem Posten der Diaspora geschaffen hat, iidertrifft nicht nur alle Erwartungen, sondern fast alles bisher auf sächsischen Katholikentagen Gebotene. Nur Großzügigkeit, gepaart mit Stärkstem Gottvertrauen konnte einen äußeren Rahmen schaffen, »er allein genügt haben würde, alle Kleingläubigen und Vor sichtigen eines besseren zu belehren, die sich nach Plauen zu fahren „gefürchtet" haben sollten. Da ist an allererster Stelle die FesthaUe zu nennen, die am Sonnabendnachmittag Ihre Pforten erstmalig zur geschlossenen Mitgliederversammlung geösknet hatte. Eine Exerzierhalle? Wahrlich, wenn man nicht wüßte, daß man auf dein Kasernengelände des ehemaligen Infanterie-Regiments Nr. 134 steht, man würde den früheren Zweck der Halle kaum er raten. Was künstlerischer Feinsinn und karholische Liebe zu geben vermag, das hat man an diesen Raum gewendet, der in diesen Tagen den Mittelpunkt des katholischen Lebens der Diözese Meißen bildet. Schwer nur läßt sich der Eindruck be schreiben. Wohin das Auge schaut, wohltuendes Grün von Girlanden, die dem Raum schon allein eine feierliche Stimmung verleihen. In der Mitte, gegenüber dem Eingang, auf hohem Podium ein herrlicher Altar, überspannt von einem präch tigen Teppich als Baldachin, in künstlerisch abgetönten Farben. Von dem Braun und Violett als Grundton heben sich kunstvolle Altarspitzen ab, Schöpfungen des Hauses Adolf Schwarz. Plauen, dessen Chef den Vorsitz im vorbereitenden Ortsausschuß in groß zügigster Weise geführt hat. Prächtige Teppiche, Erzeugnisse der weltbekannten Firma Claviez, Adorf, schmucken stimmungsvoll den iveiten Raum. Der stilvolle Altar wird überhöht von einem prachtvollen Bild der heiligen Familie, über dem die päpstliche Tiara thront. Konnte man ein herrlicheres Sinnbild finden? Im Zeichen der Jugend steht der ganze Katholikentag! Im Schoße der Familie liegt der Urgrund und Rückhalt der Ju gend. Unter diesem Symbol des katholischen Familienideals will man raten und taten! In diesem Zeichen ist Heil! Sammlung ist die erste Forderung jeder großen religiösen Tagung. Den Beginn der religiösen Beratungen bildete eine geschlossene Versammlung, die den Stoff für die Hauptversammlung sichten und zu einem großen Arbeilspro- gramm ausgeslalten soll. Die geschlossene Sitzung Die geschlossene Sitzung des 6. Sächsischen Katholiken tages wurde am Sonnabendnachmittag 3 Uhr eröffne!. Der Ortsvorsitzende zur Vorbereitung des Katholikentages in Plauen, Herr Fabrikant Schwarz begrüßte die Erschienenen und bankte allen, die zum Gelingen der Tagung in mühevoller Ar beit beigctragen hatten. Er betonte, daß die Gemeinde Planen die Schwierigkeiten nicht mißachtet, aber im Vertrauen aus die Zusammenarbeit der Sächsischen Katholiken den Schritt gewagt habe. Mit Begeisterung seien die Damen und Herren der Ge meinde an die Arbeit gegangen und hätten in mühevollen Stun den die Vorbereitung nach der finanziellem, technischen und lo kalen Seite auf sich genommen und zu einer gewiß für alle befriedigenden Lösung gebracht. Es wurde nun die- Wahl des Präsidenten vorgc- uommen. Zum 1. Vorsitzenden des 0. Sächsischen Katho likentages wurde Kaufmann Mehring» Dresden der Vorsitzende der Schulorganisation der Katholiken Sachsens, einstimmig gewühlt. Herr Mehring übernahm das Amt des Präsidenten in der Voraussetzung, daß die ihm erwiesene Ehre vor allem der katholischen Schulorganimtioi zu gelten habe. Als 2. Präsident wurde Herr von Kospoth gewühlt. Zum 3. Präsidenten Studienrat Dr. Nolle. Bautzen. Ferner wur den gewählt zum 1. Schriftführer Dr. Eusgrab er. Plauen, zum 2. Schriftführer Herr Rickauer- Werdau, zum 3. Schrift führer Sekretär Jäckel-Plauen. Prälat Dr. Kaiser, Dressen, erstattete dann Bericht über die Arbeit -es „ständigen Ausschusses" im verflossenen Jahre. Gras Schönburg, der Vorsitzende des ständigen Aus schusses, war krankheitshalber verhindert und übermittelte der Versammlung herzlichste Wünsche. Es wurden dann folgende Anträge in der Versammlung eingebracht und einsti m m i g angenommen. (Diese Anträge sind später in der Hauptversamm lung des Katholikentages ebenfalls einstimmig genehmigt worden). ^ . 1. Antrag " Der 6. Sächsische Katholikentag begrüßt freudig die Anregung des deutschen Episkopats zur Feier des 75- ährigen Bestehens des Bonifatiusvereines. Er yrickt dem Generalvorstande und den Diözesankomitees ür die hilfreiche Fürsorge, die durch lange Jahre der ächsischen Diaspora zuteil geworden ist. den wärmsten Dank aus und hofft, daß auch in Zukunft die vielen Sor gen neuer Gemeinden durch die Unterstützung des Bo nifatiusvereines nach den Wünschen des hochwürdigsten Oberhirten gemindert werden. Zugleich spricht er innig sten Dank aus für alle Zusendungen, welche unseren Ge meinden an Auslandsspenden durch den Generalvorstandi vermittelt worden sind. 2. Antrag Im Interesse eines guten Besuches des jeweiligen Katholikentages liegt es, daß unmittelbar nach dem Ka tholikentag Berichterstattung in jeder Ge meinde erfolge und daß unmittelbar var dem jewei ligen Katholikentage in jeder Gemeinde auf die Bedeu tung der Tagung für das religiöse Leben hingewiesen werde. Die Versammlung erwartet van allen Ver einen, daß in Zukunft nicht gleichzeitig mit dem Katho likentag festliche Veranstaltungen anderer Art cmgesctzt werden. 3. Antrag 1. Der am 1. Juni 1923 in Dresden ins Dasein ge tretene Verein für das höhere Bildungs wesen im Bistum Meißen ist tunlichst in allen Ver einen und Seelsorgestellen des Bistums einzufllhren. 2. Der Ausbau des bischöflichen St. B e n n o - G y m- nasiums in Dresden zu einem neunklassigen Gym nasium mit Realschule und Konvikt ist eine dringende Notwendigkeit und für das wiedererstandene Bistum Meißen eine Lebensfrage. 3. Die einzige katholische Aufbauschule in Bautzen und die einzige höhere Töchterschule des Joseph! neu st iftes in Dresden werden der Unterstützung aller Glaubensgenossen aufs wärmste empfohlen. 4. Antrag Die Versammlung der Schulorganisatian ans dem 6. Sächsischen Katholikentag erklärt aufs eindringlichste, daß die sächsischen S ch u l v e r hä l t n i s s e unbe dingt eine baldige und gerechte Regelung erfordern. Sie verlangt, daß ein gerechtes Reichsschulgesetz bald eine Rechtslage schafft, die der katholischen Bekennt nisschule auch in Sachsen Existenzsicherheit und Entwick- lungsmöglichkeit bietet. Für alle katholischen Kinder muß ausreichender Religionsunterricht nach den Grund sätzen der katholischen Kirche ordentliches Lehr fach sein. Die Lehrerbildung muß unbedingt den Bedürfnissen der Bekenntnisschule Rechnung tragen. Der Sächsische Katholikentag verlangt van den katho lischen Parlamentariern, daß sie unter allen Umständen bei ihrer Gesamtpolitik Rücksicht auf die außerordentlich gefährdete Lage der katholischen Erziehung nehmen. Nach Erledigung der Anträge wurde der ständige Aus schuß der Sächsischen Katholikentage folgendermaßen neu ge wählt: Kaufmann Mehring, Dresden: Fabrikant Schwarz, Planen: Direktor v. Wolski, Dresden: Rechtsanwalt Dr. Hiile, Dresden: Lehrer Kretschmer, Chemnitz: Oberst Jäckel, Dresden: Direktor Bahn, Leipzig: Herr Dantzenberger, Altonburg: Herr Albreckt. Zwickau: Herr Anton AndraczewsK7. Chemnitz: Siadt- rat Brnger. Bautzen: Lehrer Lorenz, Zittau: Dr. Albert, Dres den: Frl. Burtscher, Klein-Sedlitz: Gras Schönbnrg-GIaucimu; Erzpriester Pfarrer Badenburg, Dresden: Fabrikant Schmidt, Dresden: Rechtsanwalt Rothe. Chemnitz: Prälat Dr. Kaiser, Dresden; Iustizrat Dr. Schrömbgens, Leipzig. Satznngsgcmäß mußte mm zum Schluß die Wahl de» Ortes für den nächstjährigen Katholikentag erfolgen. Es wurde der Antrag gestellt, daß im nächsten Jahre Zittau als Ta gungsort genommen werde. Dieser Antrag wurde einstimmig und unter größter Begeisterung aller Anwesenden angenommen. Degrüstungsabend Mochte während der geschlossenen Mitgliederversammlung der eine oder der andere ob des Besuches auch etwas ängstlich und kleingläubig geworden sein, schon am Sonnabendabend sollte man überaus angenehm «enttäuscht werden. Draußen plätscherte noch immer der Regen. Die schmucke Festhalle aber, die in hellstem Licht erstrahlte, hatte sich überraschend schnell big- auf den letzten Platz gefüllt, als gegen 8 Uhr der Begriißungs- abcnd mit einem glänzenden künstlerischen Programm eingeleitet wurde. Der Menschheit Würde ist in Eure Hand gegeben. Bewahret sie! Sie sinkt mit Euch! Mit Euch " ' wird sie sich heben. So erklang als Auftakt Schillers Mahnruf an die Künstler in der Vertonung von Mendelssohn-Bartholdy. mit dem sich die aus erlesene Künstlerschar (Mitglieder der Sängerverebie Sänger heil, Sängerpreis, Elsterperle bnd Plauener Psarrcäcilienverein mit dem Henkelorchester als Begleitung) ganz hervorragend ein- führte. Kantor R. Nietzsche war ein verständnisvoller Diri^