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Nummer 271 — 23. Jahrgang Sinal wöchtl. BezutzspreiS: f.Novbr. 2 R.-M. auS-ckil. Bestellgeld. Berechnung der Anzelgen nach R-nt-.Mark. Preise: Tie eingesrattene Petitzeile 3« H. f. Familien« u. Veremsanz., Gesuche 20 Tie Petit-Reklame,eil« tig mn> breit, 1 Ossertengebllhr für Selbstabstoler 20 H. bei ilebersendung d d. Post misterdem Porto« zuschlag. Preis d. Sonntags»»,»mer 13 glentenpfenniL Eesthästticher Teil: Loses Fohmann, Dresden, Sonntag, 23. November 1924 Im Falle küherer Gewalt erlischt jede Verpflicht»»- aus Lieserung sowie Erfillluiig o. Anz.-Auftrüqen u. Leistung v. Schadenersatz Für undeutlich u d, Ferntpr. übermittelte Än,eigen übernehmen wir keine Per« antwortung. Unverlangt etngesandte u. mit RückporU nicht versekwne Manuskrivte werden nicht anfbewahrt. Sprechstunde der Redaktion 5 bis 6 Uhr nach,nl/tagS. tzgstptlchristleiter: Dr, Joses Albert. Dresden tSesUiüslsbeN« d«r Lüchstschin V»lke««t»»ug und Trink lind Verlag, Saronla-BuchdruSer», »mbH« DreSden-A. IS, Holvetnsträtze 46. gernritt 32722, Post. schcckloittoDreSde» 14797 * MWI1IW lnik WW ' M Weil Kr W« * M milk Lek« Redaktion der SächNschen VollSzeituiia Dresden > A. ,8. HolbetnstratzetK. gernr», S272L und 38538 , Dsmvkralie und Slaalsformen Ein aufklärendes Wort Uber das Wesen der Demokratie. Es ist an der Zeit, daß unser Volk über gewisse Be griffe, die im öffentlichen Leben eine Nolle spielen, un zweideutige Klarheit erhält. Um so mehr als diese Be griffe im Laufe der Zeit nach vielen Richtungen hin teils bewußt, teils unbewußt entstellt wurden. Wer die Ge schichte liest, wird daraus ersehen, daß immer dann, wenn schmore Schicksalsschläge über eine Nation hereinbrachen, wenn plötzlich ganz neue staatliche und politische Formen auftauchten, die einfachsten und klarsten Dinge in ihr Gegenteil verkehrt wurden. Bei uns in Deutschland ist gerade der Begriff der Demokratie in den häßlichsten und gefährlichsten Erklärungen der Menge dargeboten wor den. Auch im gegenwärtigen Wahlkampf wird damit von neuem ein unehrliches Spiel getrieben. Unzweifelhaft sind wir heute soweit, daß jeder in der Demokratie als solche ganz instinktmäßig irgendetwas Gutes erblickt. Aber er weiß diesen demokratischen Be griff noch nicht von dem üblen Beiwerk zu scheiden, noch nicht zu säubern von den unnatürlichen Auswüchsen unserer eigentlich noch sehr undemokratischen Zeit. Man bringt Demokratie in Verbindung mit Republik und Monarchie, man sieht sie einerseits als einen notwen digen Bestandteil der Republik an, ja, setzt diese republi kanische Staatsform unmittelbar mit ihr gleich, und glaubt zum anderen Mal, daß die Monarchie jedes demo kratischen Gedankens entbehren müsse. Geschickte „Füh rer". die den berechtigten demokratischen Instinkt der Masse wohl wittern und richtig erkennen, stellen darum diesen Instinkt sofort in den Dienst ihrer Partei. Sie verbinden Republik und Demokratie zu einer notwen digen Einheit. Und während an und für sich heute das Geschrei, ob Monarchie oder Republik, von vernünftigen Menschen längst hätte durch jenen anderen Grundsatz er setzt werden sollen: Wie schütze ich am besten die gegen wärtige Verfassung, so wird durch das Treiben jener „Republikaner" die Masse immer wieder von neuem in Aufregung versetzt. Sie wird immer wieder anstatt zu positiver Arbeit zu unfruchtbaren Auseinandersetzungen fortgerissen. Demokratie heißt bekanntlich Volksherrschaft. Das ist die einfache Uebersetznnq des griechischen Wortes. Ganz so einfach wie diese Wortübersehung aber ist noch lange nicht die Uebertragung des Begriffes Volksherr schaft auf das praktische Leben, und vor allem seine In verbindungsetzung mit einer bestimmten Staatsform. Volksherrschaft bedeutet zunächst, daß ein Volk souverän ist. d. h. daß es sein Schicksal nicht mehr einem einzelnen blind und sklavenmäßig in die Hand legt, sich von diesem Gesetze geben läßt ohne seine eigene bestimmende Mit wirkung, sondern doß es selbst der Gesetzgeber, der Herr scher ist. Diese Volksherrschaft aber braucht noch lange nicht zu bedeuten, daß das Volk ausschließlich herrscht. Dann müßten wir das Mort von der ab soluten Demokratie prägen. Genau so wie cs früher eine absolute Monarchie gab. Dieses Absolute aber ist in beiden Fällen verhängnisvoll. Weder ein Einzelner, noch ein Volk als Gesamtheit wird auf die Dauer unbe schadet allen Einflüssen und Intriaen gerecht herrschen können. Der einzelne Mensch isoliert sich zu sehr von der Masse, um überhaupt noch ihre Belange zu kennen. Die Masse als solche aber würde von tausenderlei Einzel- instinkten bin- und bergeworfen werden und nie zu einem richtigen Entschluß kommen, wenn nicht einzelne, oder sogar ein Einzelner diese Instinkte. Kraft seiner höheren Einsicht, auf ein richtiges Maß beschränkte lind die Resultate aus der Fülle der Bolksbedürfnisse zöge. Wir sehen also, wie bei einer absoluten Monarchie die Gefahr vorliegt, daß die Masse, also das Volk, vernach lässigt wird und der Einzelne willkürlich sein Szepter schwingt: und wir sehen, wie bei der absoluten Demo kratie die Gefahr vorliegt, daß jeder einzelne Maslen- mensch zum Schaden der anderen nur seine eigenen Be lange vertritt. Im ersten Falle haben wir die falsch ver standene Monarchie, im zweiten die falsch verstandene Demokratie. Wir müssen hier noch etwas erläutern: Eine klölclerlin's ^ei-ks in verscüiedenen Fussnken von 6m. 8.4V dl» 40 6m. llinrelsiisßsicken des n Vk> k K l 0 in ^us>;,den von SV Pt. dl» 8 6m. ff. Nebel, lloläerün unil äsr ileutscbe kekt 6 m. 2.SS KL!t jederzeit vorrätig 8. «UM«. LL iMle«-«.. LLÄ-- Gegen -ke Teuerung Fiir Me NmleiMWk Berlin, 22. November. Zur Frage der Erhöhung der Beamtengehälter haben die Spitzcnorganisationeii der Beamten beschlossen, heute noch ein mal beim Reichskanzler und Reichsfinanzminister vor stellig zu werden, um für die am meisten notleidenden unteren Gruppen höhere Zulagen zu erreichen. Die Spitzen organisationen erklären, zu diesem Schritte gezwungen zu sein, da die Unierverbände aus allen Teilen des Reiches das Angebot der Reichsregierung als unannehmbar bezeichnen. Zum Protest der Beamtenverbände gegen dis vorgeschlagene Gehalts regelung beim Neichsrat erfährt der „Vorwärts", daß die w ii r t t e m b e r g i s ch s Regierung ihren Berliner Gesandten beauftragt habe, für die Besoldungsgruppen 1 bis 0 mindestens die doppelte Aufbesserung zu verlangen, wie sie für die mitt leren und höheren Gruppen vorgesehen ist. Die Spitzenorganisationen der deutschen Beamtenschaft mit Ausnahme des Reichsbundes der höheren Beamten richteten an den Reichs rat ein Telegramm, in dem gegen die von: Neichs- finanzministerium vorgelcgte Besoldungsregelung Einspruch erhoben wird, da sie für die Beamten der unteren und mitt leren Gruppen vorgesehenen Zulagen völlig unzureichend seien. Vom Reichsrat wird erwartet, daß er die Zulagen so bemesse, wie die wirtschaftliche Not dieser Beamten es erfordere. ist die führende katholische und Ienkrums-Tageszeitung des Freistaates Sachsen. Zahlreiche, bedeutende Mitarbeiter für Politik, K"ltur, Volkswirtschaft und alle Gebiete des Wissens. Eigens Vertretungen im Ausland. * Wöchentliche und monatliche Beilagen: „Unterhaltung und Wissen". ..Die Welt der Frau". „Sozialpolitische Um schau", „Das neue Leben", „Literarische Beilage". „Mode und Haus", „Feld und Garten", „Technische Rundschau", „Die Welt" (illustriert). 4b Erfolgreichstes Anzeigenorgan des gesamten Verbrei- tungsbezirlrs. Monatlicher Bezugspreis 2.33 Mark. — Jede Postanstalt und der Verlag nehmen Bestellungen entgegen. Die Vorschläge der Regierung Berlin, 22. November. Die Erhöhung der Beamtenbeziige durch Aufbesserung der Grundgehälter in den Besol dungsgruppen 1 bis 6 um 121Z Prozent, in den übrigen Be soldungsgruppen um 10 Prozent wirkt sich, an einigen Bei spielen gemessen, folgendermahen aus: . Besoldungsgruppe S: Für ledige Beamte Anfangsgehalt 90 Mark, Endgehalt 119,90 Mark (bisher 80 bis 115 Mark). Für verheiratete Beamte mit zwei Kindern 142 bis 171,50 Mark (bisher 128 bis 161 Mark). Besoldungsgruppe 7: Für ledige Beamte 192,50 Mark bis 286 Mark (bisher 175 bis 260 Mark). Für verheiratete Beamte 244,50 Mark bis 338 Mark (bisher 221 bis 306 Mark). Besoldungsgruppe 10: Ledige Beamte 330 bis 495 Mark (bisher 300 bis 450 Mark). Berheiratete 382 bis 547 Marli (bisher 346 bis 496 Mark). Besoldungsgruppe 13: Ledige 495 bis 880 Mk. (bisher 450 bis 800 Mark). Verheiratete 547 bis 932 Mark (bisher 496 bis 846 Mark). Zu diesen Zahlen tritt »och der Wohnungogeld- zuschntz. NsMandsbeihMen des Reiches Berlin 22. November. Aus dem RachtrngSelat zum Reichs hauhalt für 1924 ist im eiuzsliien noch zu erwähnen, dah für N o t st a n d s b e i h i l f c n, für das Wohn- und SiedlnngSwesen, für die Beteiligung des Reiches an der Neckar-U.-G. und Rbeim- Main-Donau-A.-G., für die Fortsetzung von Kanalbauten und für die Erweiterung der Beteiligungen zur Förderung der land wirtschaftlichen Erzeug u n g. Der Berichterstatter des Neichsr.iies hob hervor, oast in Zukunft infolge der Reparationsleistung nach dem DaweSplan 1217 Millionen zur Bestreitung der allgemeinen Reichsnusgaben fehlen, und das; die Mittel anderweit ansgebra-cht werden mussten. Der Neichsrat genehmigte ferner das provisorische HandelSalstoimneN zwilchen Deutschland und Griechenland, wonach beide Staaten sich gegenseitig de facto die Meistbegünstigung einrnnnicn. Rückwirkung auf die M»a?en Delriebe Duisburg, 21. November. Nach Mitteilung des Zentral- Verbandes der Angestellten, Vezirksabteikimg Duisburg, ist der vom Schlichter in Dortmund am 21. Oktober 1921 gefällte Schiedsspruch, wonach die Gehälter der Angestellten in der Ei sen- nnd Stahlindustrie der nordwestlichen Gruppe ab 1. Ok tober 1924 uni 10 Prozent erhöht werden, pom Neichsacbrits- minister für verbindlich erklärt worden. LohnNsrhrmdlunoen bei -er ReiHspss! Berlin, 22. November. Die Lohnverhandlungcn bei der Reichspost haben heute noch nicht zu einer Verständigung geführt. Sie wurden unterbrochen, weil der Reichspostminister noch mit anderen Stellen Rücksprache nehmen will. Auch die Verhandlungen über eine Erhöhung der Löhne der übrigen R e i ch s a r b e i t e r, die heute im Reichssinaiizunnisterilim stattfanden, sind ergebnislos verlaufen. Dis Hauptschivierigkcit liegt darin, das; die Arbeiterorganisationen auf der Inkraft setzung der Lohnerhöhung am 1. November bestehen, während die Negierung erst den Termin des 1, Dezember zugcslehen will. LreuLslenburg bei RainaiSi Paris, 22, November. Heule nachmittag hat die erste Unter redung nach Wiederaufnahme der dcutsch-sranzösischcn Handels- verlragsverhandlungcn zwischen dem Handelsminister Ray- naldi und Staatssekretär Dr. T r e n d e l e n b u r g statt- gesunden Nach der Besprechung ist ein Kommuniane veröffent licht worden, in dem es heitzt: Alan habe sich über das Ver fahren für die in der nächsten Woche abzuhaltenden Sitzungen geeinigt, sowie ferner über die Berufung der Sachverständigen, die daran teilnehmen sollen. Die nächste Sitzung suchet am Man lag 3 Uhr statt. absolute Monarchie statten wir in Deutschland auch vor der Kriegszeit schon längst nicht mehr, sondern wir spra chen von der konstitutionellen Monarchie, in der dem Monarchen eine Volksvertretung beigcgeben war. Aber auch diese Art fiel solange unter die falsch verstandene Monarchie, wie sie die Rechte des Volkes noch nicht in genügender Farm achtete. (Wir wollen hier nur — es läßt sich noch eine ganze Reiste anderer Dinge nnführen - an das Drei-Klassenwahlsystem erinnern, oder an den alleinigen Machtspruch des Herrschers über Krieg und Frieden.) Wir brauchen also die falsch verstandenen Staatsformen nicht allein auf die als absolut bezeichnet«: zu beschränken, sondern sie sind solange falsch, bis sich beide Formen in der Mitte begegnen. Und diese Mitte ist der Zustand, in dem der an der Spitze des Staates Stehende konform geht mit den Wünschen, besser aus gedrückt, mit den Rechten des Volkes. Dann ist alle Ab solutheit, alle Uneingeschränktheit, sowohl von seiten des Staatsrepräsentanten, wie von seiten des Volkes ge fallen. Man wird ans dies« rkrierrfühnnig ersehen, wie selbstverständlich die Dinge eigentlich liegen und wie das viele Geschrei um die Staatssorm leer in den Wind ver schlagen wird, wenn man die Sache einmal bei Licht an sieht. Man muß aber den Weg gleiH weiter verfolgen. Wenn bei jenem Zustand, in dem sich beide Formen in der Mitte begegneten, der oberste Repräsentant des Staates den Namen Kaiser trägt und dieser Monarch entweder erblich zum Thron berufen, oder auf Lebenszeit vom Volke gewählt wird, und dem Volke gegenüber un verantwortlich bleibt, so haben wir die demokratische Monarchie. Wenn aber der erste Staatsrepräsentant ein sogenannter Valksbeauftragter (Staatspräsident) ist. der nur eine für die Zeit der Amtsdaucr vom Volke über tragene Gewalt besitzt und diesem Volke gegenüber ver antwortlich bleibt, so haben wir die äußere Form der demokratischen Republik. Typische Beispiele für beide Fälle sind England (demokratisches Königreich) und die Vereinigten Staaten (demokratische Republik). Das Wichtigste fiir uns ist hier zu erkennen, wie beide Staats formen, die Monarchie sowohl wie die Republik vom demokratischen Gedanken getragen sein können, daß aber die Demokratie als solche noch lange nicht ahne weiteres mit einer bestimmten Staatsform gleichgesetzt werden darf. Wenn diese Erkenntnis im deutschen Volke wach und klar wäre, dann würde man sich gegenwärtig nicht in langen Erörterungen über die Staatsform ergehen. Man könnte sich höchstens darüber auseinnndersehen, ob nicht eine Monarchie dem Staate eine höhere Autorität verleihe, weil der Monarch nicht so wechselvoll von der Gunst oder Ungunst der Parteien abhängig wäre, wie der Reichspräsident. Aber dieser Vorzug der Monarchie wäre auch nur dann gegeben, wenn die Qualitäten des Monarchen ausgezeichnete Bürgschaften geben. Doch wir haben heute wichtigere Dinge zu erledigen, als solche Er örterungen zu pflegen. Es ist also klar, daß es bei der Frage nach dem besten Staatswesen nicht in erster Linie auf die rein äußere Bezeichnung Monarchie oder Republik ankommt,! sondern auf die Frage nach dem demokratischen