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Es wird eher das Gegenteil erreichen, da es zeigt, daß trotz deS guten Willens der Regierung die Parteien sich nicht zur Höhe der Thronrede emporzuschwingen vermögen. Da mag denn die liberale Partei in Versammlungen selbst das Kompromiß mißbilligen, im Landtage sind sie die Mitschuldigen und kommen in den Verdacht, eine doppelte Rolle zu spielen und sich selbst in den Rücken zu fallen, um den Anschein zu erwecken, daß sie notgedrungen reaktionär geworden seien. Nachdem die ihre Brüder bereits in Preußen und Bayern anläßlich der Wahlrechtsfrage eine so schmähliche Rolle gespielt haben, dürfen sie sich nicht wundern, wenn ihre Entrüstungskundgebungen für Komödie gehalten werden. Wir wollen heute aus diese Dinge nicht eingehen, da wir zunächst nur die offizielle Stellung der Regierung zum Kompromiß zu behandeln haben. Wenn die Wahlrechts- deputation mit ihren Beschlüssen fertig ist und die Vorlage den Kammern vorliegt, wollen wir sie eingehend besprechen. Heute sei bereits ausgesprochen, daß dre Grundzüge deS Kompromiß- Vorschlages die herrschende Mißstimmung im Volke nicht zu beseitigen vermögen. Er verlangt zur Erlangung des aktiven Wahlrechts einen zweijährigen Aufenthalt im Wohn- orte; wie viele Arbeiter und kleinere Beamte werden dadurch des Wahlrechtes verlustig, weil sie den Wohnort zu wechseln gezwungen sind? Wie kann aber der Staats bürger sein Wahlrecht für die Landesvertretung verlieren, da es sich doch nichtum eine Gemeindevertretung handelt! Dann will man die Altersgrenze zur Erlangung einer Zu- satzstimme auf 45. ja 50 Jahren festsetzen; der Arbeiter hat die einzige Möglichkeit, hierin eine Pluralstimme zu er langen; die Grenze müßte also mit 40 Jahren festgelegt werden. Das passive Wahlrecht wird an die Bedingung einer jährlichen Steuerleistung von 30 Mk. geknüpft; damit wird dem Arbeiter die Möglichkeit genommen, in den Landtag gewählt zu werden. Wir nennen vorderhand nur diese drei Punkte, um zu zeigen, daß die Arbeiter- schast durch das Wahlkompromiß nicht befriedigt sein kann. Da die Entscheidung bei der Regierung liegt, so ist es von besonderer Wichtigkeit, die am Montag in der Wahlrechtsdeputation gehaltene Rede des Ministers Dr. Grafen v. Hohen thal im Wortlaut kennen zu lernen, in der er. wie wir in der Mittwochnummer mttteilten. den Standpunkt der Regierung kennzeichnete. Diese Rede ist insofern bedeutsam, weil sie den festen Willen kundgibt, nur dann dem Kompromiß die Zustimmung zu geben, wenn es „etwas wirklich Besseres als die Regierungs vorlage" bringt. Der Herr Minister sagte: „Meine Herren! Ueber den Verlauf der letzten Sitzung und insbesondere über die dabei eingenommene Stellung der Königlichen Staatsregierung sind Berichte in die Zei tungen gelangt, die ein völlig falsches Bild von der Situ ation geben. ! Nach diesen Berichten soll die Regierung — nach an fänglich ablehnender Haltung — dem in Aussicht gestellten sogenannten Kompromiß schon so gut wie zu ge- st im mt haben: ich stelle fest, daß ich lediglich erklärt habe: „sollte das Kompromiß, das ich offiziell noch nicht kenne, etwas wirklich Besseres als die Regierungsvorlage bringen, so würde dieRegierung — aber eben nur unter dieser Voraussetzung — auf der Regie rungsvorlage nicht weiter beste he n." Weiter, meine Herren, wird es so dargestellt, als ob sich die Regierung bei der Beurteilung der Stimmung im Lande lediglich auf die Versammlungen der Mittel- standsvereinigung stütze. Ich stelle hierzu ausdrücklich fest: ich habe schon in der letzten Sitzung ausgeführt, daß die Regierung denn doch auch ihre eigenen Augen und Organe draußen im Lande hat, und daß danach im großen und ganzen die Stimmung für die abgeänderte Regierungsvorlage besser ist als z. B. für das durch das angebliche Kompromiß in Aussicht gestellte ausgebaute Plu ralsystem. Endlich aber, meine Herren, gewinnt es nach jenen Be- richten den Anschein, als ob der Regierung bei der Schaffung eines neuen Wahlrechtes einzig und allein das Rechen ex empel als Richtschnur diene, wieviel Sozialdemokraten in die Kammer kommen, so Laß also auch ein etwaiges Pluralwahlrecht lediglich aus diesem Ge- sichtspunkte von seiten der Regierung zu beurteilen sein würde. Meine Herren! Wenn das richtig wäre, so brauchten wir überhaupt kein neues Wahlrecht, da ja das alte Wahlrecht dieses Erfordernis in reichstem Maße erfüllte. Nein, meine Herren, ich kann nur das wiederholen, was der Regierung in der Wahlrechtsfrage von Anfang an vorgeschwebt hat und was ich oft genug betont habe: der erste und vornehmste Gesichtspunkt in der vorliegenden Frage ist der, das Vertrauen des Volkes zu stärken und zu allererst unter diesem Gesichtswinkel ist ein neues Wahl recht zu beurteilen: Wohl ist hierbei im Interesse des Staates und des wohlgesinnten Teiles der Bürger zu ver hüten, daß staatsfeindliche Elemente die Oberhand ge- Winnen, dieser Gesichtspunkt kann aber niemals allein und an erster Stelle bei der Beurteilung eines Wahlrechtes maßgebend sein. Meine Herren! Die Negierung ist sich wohl bewußt, daß auch der Regierungsvorlage — wie jedem Menschen werk — Mängel und Schwächen anhaften, von allen Vor schlägen aber, die nun in jahrzehntelanger Arbeit gemacht worden sind, bietet die Regierungsvorlage insbesondere hinsichtlich der Verhältniswahlen nach dem Urteile zahl reicher hervorragender Männer der Praxis und Theorie den gangbarsten Ausweg." Wir freuen uns über den selbstbewußten Standpunkt der Regierung. Sie will mit der Wahlreform das Ver sprechen einlösen, das in der Thronrede gegeben wurde. S?. Majestät aber sagte am 17. Oktober 1907: „Meine königliche Pflicht gebietet mir. nichts unversucht zu lassen, um die Freude aller meiner Untertanen an den staatlichen Einrichtungen zu befestigen und um die berechtigten Wünsche zu befriedigen, welche auf eine angemessene Be teiligung aller Schichten der Bevölkerung am Staatsleben gerichtet sind. Zugleich wünsche ich, die im Volke vor handenen Kräfte in möglichst weitem Umfange sowohl siir die Selbstverwaltung wie für die Volksvertretung zu ver werten. Ich habe deshalb eine Aenderung der Bestimmungen über die Wahl der Abgeordneten zur Zweiten Kammer der Ständeversammlung und im Zusammenhangs damit auch über die Bildung der Bezirksverbände und deren Vertretung für geboten erachtet. Ich hoffe dadurch meinem Volke neue und dauernde Bürgschaften für den inneren Frieden und die äußere Wohlfahrt zu geben. Indem ich Ihnen die diesem Zwecke dienenden Vorlagen zuqehen lasse, hege ich daS Vertrauen, daß Sie ohne Unterschied der Partei- stellung meinen darin bekundeten ernsten Willen anerkennen und mit allen Kräften zu dessen Verwirklichung beizutragen bereit sein werden." Dieses königliche Wort will das Ministerum einlösen. Daher bezeichnet es seinen Entwurf als das Minimum, um das Ziel zu erreichen, nämlich die „berechtigten Wünsche" zu befriedigen. Und der Minister gibt die Präzise Er klärung ab, nur wenn das Kompromiß etwas Besseres bietet, so werde die Regierung ihre Zustimmung geben. Die Verhandlungen in der Wahlrechtsdeputation be schäftigen sich damit, die Vorschläge der Regierung in den Kompromißvorschlag hineinzuarbeiten. Erst hat man aus der Fassung des Regierungswerkes den Inhalt, die Edel steine, herausgebrochen, und nun sucht mau dafür andere von zweifelhaftem Wert einzufügen. In der Sitzung der Deputation am Mittwoch nachmittag erklärte Graf von Hohenthal, die Regierung sei bereit, dem Wunsche der Parteien zu entsprechen und an der Einfügung des Kom- Promißvorschlages in die Regierungsvorlage mitzuwirken, doch müsse sie ihre prinzipielle Stellung auch weiter wahren. Zu Z 16, der von der Stimmberechtigung handelt und auch den Passus über den zlveijährigen Aufenthalt am Orte der Listenaufstellung enthält, beantragte Abg. Bär die Streichung dieses Passus, lvas jedoch abgelehnt wurde. Auch ein Antrag der Abg. Zöphel und Pflug, die Stimmberechtigung von einein nur sechswöchigen, anstatt zweijährigen Aufenthalte abhängig zu machen, wurde abgc- lehnt, hierauf wurde der 8 16 im Sinne des Kompromisses angenommen. Zu 8 17, der von den Zusatz stimmen handelt, stellte Abg. Pflug den Antrag, die für die Stinnnbercchtigung festgesetzten fünf Charakteristika alter nierend untereinander auf die drei Zusatzstimm n wirken zu lassen. Der Antrag wurde abgelehnt. Ein Antrag des Abg. Zöphel, nur zwei Zusatzstimmen unter Strei chung der Stimmen für Ansässigkeit und die angegebenen Merkmale zu urteilen, fand keine beifällige Entschließung. Abg. Brückner beabsichtigt, zu 8 21, der vom passiven Wahlrecht lxmdelt, den Antrag zu stellen, die Forderung einer Einkommensteuer von 30 Mark für die Wählbarkeit wesentlich zu ermäßigen, oder ganz in Wegfall zu bringen, um auch den breiten Volksschichten, bcz. dem Arbeiter, den Eintritt in die Kammer tunlichst zu erleichtern. Wir zwei feln an dem Erfolg des Antrages. Am heutigen Donnerstag hält die Deputation aber mals eine Sitzung ab, in der sie die Beratung der Vorlage zu Ende zu bringen hofft. Nach der Durchberatung kommt die Vorlage an die Erste Kammer, und danach an das Ple num der Zweiten Kammer, damit vor der Vertagung des Landtages dort mindestens die großen Züge des neuen Wahlgesetzes festgestellt werden können. Von den 23 Depu tationsmitgliedern haben nur vier (die Abg. Zöphel, Pflu x, Bär und Goldstein) ihre Unterschrift zu dem Kompromiß nicht gegeben. Politische Rundschau. Dresden, den 14. Mai 1908. — Die Einweihung der Hohkönigsburg fand am 13. d. M. mittags 12 Uhr in Gegenwart des Kaiserpaares statt. Nach Abschreiten der Ehrenkompagnie begab sich das Kaiserpaar nach dem Königszelt, wo sich der Staatssekretär v. Bethmann-Hollweg, die Behörden, Mitglieder des Vundesrates, der Vizepräsident des Reichstages und mehrere Generale eingefunden hatten. Hierauf begann der Festzug des Vereins Hohkönigsburg, der den Einzug der Gebrüder Sickingen im Jahre 1533 darstellte. Nach dem der Zug in die Burg eingetreten war, betrat der Kaiser den ersten Burghof, wo Staatssekretär v. Bethmann- Hollweg mit einer Ansprache den Schlüssel der Burg über reichte. Später wurden der Vorstand des Hohkönigsburg- vereins, der Vorstand der Gesellschaft für lothringische Ge schichte und Altertumskunde und der Direktor des schweize rischen Landesmuseums in Zürich vorgestellt, welche sämt lich prachtvolle Geschenke überreichten. Die Gesellschaft für Erhaltung geschichtlicher Altertümer im Elsaß überbrachte eine künstlerische Nachbildung des Hortus Deliciarum. Der Kaiser nahm ferner eine Festschrift über die Hohkönigsburg von Botho Ebhardt entgegen. Ferner übergaben der Bürgermeister und der Gemeinderat von Schlettstadt eine Schenkungsurkunde. Auf dem ausgedehnten Nundgange wurden die Majestäten von dem Architekten Ebhardt und einem Professor der Kunstgeschichte in Straßburg geführt. Ueberall hatten Träger und Trägerinnen künstlerischer Trachten malerisch Aufstellung genommen und boten ein lebensvolles Bild des Treibens auf einer mittelalterlichen Burg. Um 2 Uhr nahmen die Majestäten im Rittersaal das Frühstück ein und verließen um 4 Uhr die Burg. — Der Kaiser richtete an den Reichskanzler unter dem 11. d. M. folgendes Telegramm: „Ich habe aus Euer Durchlaucht Bericht vom 7. d. M. mit großer Befriedigung entnommen, eine wie ausgiebige Tätigkeit der Reichstag in seiner soeben geschlossenen Session entfaltet und welch eine bedeutende Anzahl wichtiger Gesetzesvorlagen und Verträge derselbe erledigt hat. Zu diesem so erfreulichen Ergebnis, welches neben der patriotischen Haltung deS Reichstages in erster Linie das Verdienst Ihrer und Ihrer Mitarbeiter geschickten und unermüdlichen Bemühungen ist. spreche ich Euer Durchlaucht hierdurch wiederholt von Herzen meine kaiserliche Anerkennung und meinen aufrichtigen Dank aus. Möge dem Vaterlands diese nutzbringende Arbeit des Reichstages zum immerwährenden Segen ge reichen und demselben ein Ansporn sein, die großen, ihm noch bevorstehenden Ausgaben in gleicher Weise auch ferner einem erfolgreichen Ende zuzuführen." Der Block braucht eine moralische Stütze, eine Aufmunterung für die Zukunft. Es war bisher nicht Sitte, daß dem Reichstag für eine Session, die nichts hervorragenderes geleistet hat, als andere, die kaiserliche Anerkennung ausgesprochen wird. Die An regung dürfte vom Fürsten Bülow ausgegangen sein; er wird dem Kaiser den Rat gegeben haben, einen Fleißzettel für die braven Kinder auszustellen. — Die Novelle zum Börscngesetz ist vom Kaiser unterzeichnet worden und wird demnächst veröffentlicht, sodaß sie gegen Ende dieses Monats in Kraft tritt. — Der Reichsschatzsekretär Sydo» hat seine Reise nach den Hauptstädten der deutschen Bundesstaaten dazu benutzt, um die Frage der Reichsfinanzreform mit den maß- gebenden Instanzen zu erörtern, bevor die preußische Re gierung ihrerseits sich über die dem Bundesrat zu unter breitenden Pläne schlüssig macht. — DaS Dreimarkstück kommt. Der Bundedrat hat der Münznovelle zugestimmt, so daß nun ein 25-Pfennig- Stück und ein Dreimarkstück neu ausgeprägt werden. In der 3. Lesung teilte Staatssekretär Sydow mit, daß die Mehrheit des BundeLrats gegen das in 2. Lesung beschlossene Dreimarkstück sei. Dieser scheint sich nun eines anderen besonnen zu haben. Es waren hauptsächlich Bayern. Württemberg und Baden, die sich gegen das Drei markstück aussprachen. — Der Fall Euleuburg. Der Antrag des Verteidigers Justizrat Wronker auf Haftentlassung des Fürsten Eulen- bürg wurde auf Beschluß des Strafsenats des Kammergerichts endgültig abelehnt. — Die Abgesandten Muletz HafidS wurden am 13. d. M. im Auswärtigen Amt durch den Legationsrat Langwerth von Simmern empfangen. Die Marokkaner überreichten ein authentisches Schreiben HafidS und er klärten, daß Hafid der tatsächliche Herr des ganzen Landes mit Ausnahme der Küstenstädte sei und daß er außerdem nach einem Gutachten der Ulemas auf Grund des Korans und der religiösen Rechtsgewohnheiten des Landes als der alleinige rechtmäßige Sultan Marokkos zu gelten habe. Hafid sei gewillt, die Verträge, besonders die AlgeciraSakte, zu halten und alle Mächte gleichmäßig zu behandeln. Er bitte die Kaiserliche Regierung, mit der französischen Re gierung und den Regierungen der Signatarmächte in Verbindung zu treten, damit die französischen Truppen und Schiffe zurückgezogen werden und die Kämpfe ein Ende nehmen. Er werde dann rasch im ganzen Lande die Ruhe wiederherstellen und dem Wiederaufleben des Handels mit den Mächten seine besondere Aufmerksamkeit zuwenden. LegationSrat Langwerth v. Simmern erklärte: „Der Kaiser- liche Gesandte in Tanger legte der Kaiserlichen Regierung