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Sächsische Volkszeitung : 19.06.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-06-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190406199
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19040619
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19040619
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-06
- Tag 1904-06-19
-
Monat
1904-06
-
Jahr
1904
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 19.06.1904
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Ducan als Gast in seine Vorlesung „sür das Gesamt- Publikum" über Michelangelo eingeladen. Das neue Audi torium maximum der Universität lim „Saalbau") füllte sich lange vor Beginn des Kollegs bis auf das letzte Plätzchen. Die „Eröme" der Heidelberger Gesellschaft, die Prinzessin Wilhelm von Weimar, die reichsgräsliche Familie Oberndorf und andere waren vertreten. Und Jsadora erschien! Den Kopf und Hals frei, in langem, wallendem Gewand, die nackten Füße mit Sandalen gegürtet. Nach der Vorlesung aber genoß die auf dein Ludivigsplatz dichtgescharte Menge das Schauspiel, wie ein ordentlicher Professor, der alt- ehrwürdigen Nuperto-Earola der überseeischen Tänzerin als Oavnliort! .-a-rvaut,«! in den Wagen half. Schade, daß die Amerikanerin nicht in dem Hörsaal getanzt hat, vielleicht gar mit dem Professor! — In der württcmbcrgischc»« Abgeordnetenkammer hat das Scheitern der Schnlnovelle bereits ein Nachspiel ge habt. Die liberalen, die Volkspartei und die Freie Ver- einignng forderten in einer Nesolntion die „unverweilte Einleitung einer Verfassnngsrevision". die natürlich die katholische Mehrheit der ersten Kannner beseitigen soll. Der liberale Knltnsininister von Weizsäcker sprach wieder recht große Worte über die gehaltene Vorlage. Mögen die Herren jetzt nur beginnen mit der Verfassnngsrevision; aber die erste Kammer „ins; mit einer solchen auch ein verstanden sein! Belgien. Die Katholiken haben bei den Kammer- und Senatswahlcn gar nicht so schlecht abgeschnitten, sie gehen vielmehr gestärkt ans dem Wahlkampfe hervor, wenn man das Stimmverhältnis sich ansieht. Die Katholiken er hielten nämlich l 138 340 Stimmen, die Liberalen OOO 78K, die Sozialdemokraten 3l0 2:',<». Die Katholiken haben gegenüber IO«>2 die schöne Zahl von OOOOO Stimmen gewonnen; die Stimmen der Sozialdemokraten dagegen sind von 180 777 <im Jahre l!)«,2> ans 310 230 znrnck- gegangen, also nm volle l 10727 Stimmen, welche in der Hauptsache die — liberalen eingeheinist haben. Es liegt somit bloß ein Szenenwechsel im gegnerischen Kager vor. Die Mehrheit der Katholiken im ganzen Lande be trägt heute I II 127 Stimmen, gegenüber I0M.N1 im Jahre I0>>2: sie hat sich gegen früher noch nm l l 7«>u ver mehrt. DaS ist die Wahrheit, welche anS dem amtlichen Wahlergebnis resultiert. Frankreich. In die Vestechnngsassnrr ist bereits einiges Licht gebracht, man weiß jetzt, daß die geheimnisvolle Persönlich teil, die Edgar Eonibes durch de» Mund des General tommissars in St. Louis, Michel Kagrave, zwei Millionen angebote», ein ans den Panamatagen bekannter „In genieur", Herr Löon Ebabert, ein Vertrauensmann des mm auch längst verstorbenen genialen Schwindlers Eorne- lins Herz, war. Aber mm kommen zwei weitere Fragen: Worin liegt das „höhere Interesse der Republik"? Warum war der frühere Handelsminister Millerand Mitwisser des Geheimnisses, und warum hielt er es auch sür nötig, das selbe so lange und so streng zu bewahre»? Mit seiner Hal tung in der.Kammersitznng vom letzten Freitag meinte man die Vesmtignng der Vermntnng beranslesen zn können, daß daS Kabinett Waldeck Rousseau kein ganz reines Gewissen habe und gezwungen worden sei. nm seine Ehre zn retten, sich durch Millerand Herrn EombeS anznvertranen, als es von den Machinationen zn gnnsten der Karthänser und von den dabei beteiligten Persönlichkeiten Wind bekam, sowie sich gedrungen fühlte, den Ministerpräsidenten im republi kanischen Interesse nm Hintansetzung seiner persönlichen und sofortigen Rechtfertigung z» bitten. Ans diese beiden Fragen erhält man noch keine Antwort, wenn auch der Aus schuß sich bemüht, tüchtig zn arbeiten. Von Wichtigkeit sind die Anssagen Millerands, derselbe erzählte, daß er Eba berts 'Advokat gewesen sei. «002 habe sein ehemaliger Ka binettsches Kagrave ihm mitgeteilt, daß Ebabert eine große Summe sür Wahlzwecke hergeben wollte. Am 28. April 1003 habe Kagrave ihm telegraphiert, Tronillot wünsche den Nmnen EbabertS zn wissen. Er «Mi Heran dl habe es sür unrichtig gehalten, daß die Namen von Personen, die dem .Kabinett Walde» Rousseau ihren Beistand geliehen, der Sessentlicht'cnt überliefert würden. Er sei dann zn Tronillot und Eombes gegangen. Es geht weiter ans Millerands Anssagen hervor, daß Ebabert jene Summe vor den Wahlen dem „Komitee Repnblicai» du Commerce" zngestellt hatte, das den ministeriellen Kandidaten Patron! sierte. Tie „höheren politischen Interessen" würden sich demnach als Wahlgelder enthüllen. Kagrave, der ans St. Louis ankam, teilte vor der Kommission mit, daß er Eba- bert kennen gelernt hatte, als er «Lagrave) MillerandS Kabinettsches war. Er habe Edgar EombeS die Aenße- rnnge» EbabertS mitteilen müssen. Die Antwort, die Ed gar EombeS erteilte, beweise seine (Edgar CombeS') völlige Ehrenhaftigkeit, denn er habe das Anerbieten mit Ent rüstung znrückgewiesen. Am 17. d. M. wurde Ebabert ver nommen. Er erklärte, daß er im Laufe einer Unterhaltung beiläufig einmal Loprave gesagt habe, die Kartbänser wür den klug daran tun, der Regierung zwei Millionen anzn- bieten, nm die Genehmigung zn erhalten; er fügte hinzu, daß er mit mehreren Freunden dem Komitee Mastnrand, welches sür die Politik Wal deck Rousseau eintrat, 100 000 Frank überwiese» habe; er leimte es jedoch ab. die Namen seiner Freunde, die sich bei dieser Spende beteiligt haben, anzngeben und lehnte es ferner ab, über den Ursprung seiner Beziehungen zn Millerand und über die Angelegen heiten, welche dieser ihm anvertrant habe, Angaben zn machen. Nn» tommt aber eine weitere Enthüllung: der Generalsekretär im Ministerium Waldeck Rousseau, de Magnh, ist verschieden: in seinem Geldschrcinksach fand man liberraschend große Geldsumme», deren Ursprung nicht auf geklärt ist. Es heißt jetzt, daß außer diesen Summen, die 1400 000 Frank betrugen, auch ein prachtvolles Perlen- eollier gefunden wurde, das einer durch ihre Beziehungen zn einem Prinzen bekannten Sängerin gehörte, und ferner em Brief des Herzogs von Orleans, de Magnri ist der Vor gänger von Edgar Eombes gewesen! Man sieht schon ans dem jetzigen Gang der Verhandlungen, daß nicht allzuviel heranvspringen wird. In Frankreich ist es eben in allen Parteien sanl! Sobald die eine festgenagelt wird, kommt eine Blöße der anderen auf; unter solchen Umständen er scheint uns die gesamte Untersuchung als eine Komödie, die dem Volke Sand in die Augen streuen soll. — Dir bedrohten Gewerbeschulen in Frankreich. Durch das antikongreganistische Unterrichtsgesetz sind in Frank- reich auch die Gewerbeschulen bedroht, wenn der Senat sich dem Kammervotum anschließt. Die Kammerkommission hatte seinerzeit den ursprünglichen Text noch verschärft, in dem sie folgende Formel annahm: „Der Unterricht, gleich viel welcher Ordnung und Natur, ist den Kongregationen untersagt." Damit würde natürlich auch die kongrega- nistische Gewerbeschule getroffen. Freilich, Herr Eombes versicherte, gegen diese Institute nur mit Mäßigung und allmählich vorzngehen. Es ist aber klar, daß sie nicht mehr bestehen können, wenn ihre Eristenz von der Willkür der Regierung jederzeit bedroht ist. Sie müssen größere Ein käufe von Rohmaterialien machen und schließen Verträge mit Geschäftshäusern, welche die Waren aus größere Zeit räume hinaus liefern, ab. Das ist ihnen aber bei der Un gewißheit ihres Schicksals unmöglich. Welch ein Schaden das aber für Frankreich wäre, erhellt ans folgenden Daten: Die bedeutendste Pariser Gewerbeschule ist kongreganistisch. Das St. Nicolas-Institut zählt nicht weniger als 1000 Zög linge. Im Departement der Seine hat es zwei Filialen mit rund 2000 Zöglingen. Im Jahre 1000 eroberte es ans der Weltausstellung den Grand prir «höchste Aner kennung) und drei Jahre zuvor eine Auszeichnung seitens der Akademie der Moralwissenschaft. In der Provinz «Lille, Lyon, St. Etienne nsw.) haben die Brüder der christ lichen Schule ll größere Gewerbeschulen und eine Reihe von Vorschulen ins kleben gerufen. . Zwei derartige In stitute für Taubstumme werden von den Brüder des heili ge» Gabriel geleitet. Tie von den Schwestern geleiteten ähnliche» Anstalten sür Mädchen spielen womöglich noch eine größere Nolle. Tie 20 Anstalten der Schwestern vom heilige» Vincenz von Paul zählen 1700 Schülerinnen. An dere weibliche Kongregationen besitzen in Paris allein 21 solcher Schulen, in denen die Mädchen der ärmeren Klassen nnentgeltlich im Sticken, Nähen, Znschneiden, Steno graphiere», Maschinenschreiben nsw. unterrichtet werden. Tie Internen zahlen nnr 20 bis 27 Frank pro Monat Rußland. — Gegen dcn Gencralgvuvcriltnr von Finnland, Bvbrikow, wurde am 17. d. M. ei» Attentat ansgeübt. Der Attentäter Engen Schcnimann, Beamter der Schulver waltung Finnlands und vorher Senatsbeamter, verübte die Tat im Treppenhause des Senatsgebäudes zu Helsing- fors. Durch die erste .Kugel wurde Bobrikow am Halse leicht verletzt, durch die zweite gestreift, da sie von einem Orden, den Bobrikow angelegt hatte, abprallte; die dritte Kugel drang ihm in den Unterleib. Der Täter erschoß sich selbst. Bobrikow wurde, nachdem er mit den Sterbe sakramenten versehen worden war, auf die chirurgische Ab teilung des Krankenhauses gebracht. Die Operation gelang. Es wurde der Kaiserschnitt gemacht lind die Kugel entfernt. Trotzdem ist Bobrikow seinen schweren Verletzungen am !7. d. M. erlegen; er stand im 07. Lebensjahre. Durch und durch nationaler Russe, war es Bobrikows Mission, nach dem au ihn gerichteten Handschreiben des Kaisers Nikolaus ll. vom 17. August 1808 bestrebt zu sein, der Bevölkerung von Finnland „die ganze Wichtigkeit ihrer engsten Einignng mit dem gemeinsamen Vaterlande einzu prägen". DaS lluisizierungSstzstem hat in Finnland den heftigsten Widerstand erweckt, und das Attentat Schau manns ist das Resultat der nicht sehr glücklichen Negierung Bobrikows. — Der Russischen Telegraphen-Agentur wird aus Bijsk «Sibirien) gemeldet, unter den Mongolen des Altai- Gebirges herrsche Erregung, die dadurch hervorgerufen sei, daß sie demnächst das Erscheinen ihres Gottes Airot er warteten, der sie vom Fremdenjoche befreien und ihnen helfen solle, ein unabhängiges Königreich zu gründen. Die Mongolen sammelten sich zu tausenden unter Führung von drei Unbekannten, die sich für Apostel des Gottes Airot ausgabcn und sich zu ihren Zwecken allerhand Hilfsmittel, wie elektrischer Apparate nsw. bedienten, um auf die un wissende Menge wirksamen Einfluß zu üben. — Vom Altaigebirge hier eingetroffeue Reisende erzählen, in der Umgebung von Usljuaua sei bereits ein Manu erschienen, der sich für den von Mongolen und Kalmücken des Altaigebirges erwarteten Gott Airot ausgebe und dort eine Jurte be wohne. Er zeige sich dem Volke nicht und lasse sich von einem weißgekleideten Greis und einem jungen Mädchen bedienen, die er als Vermittlerin für seine Mitteilungen an die Bevölkerung benutze. Es sei schwer, von diesen Mit teilungen Kenntnis zu erhalten, denn die Mongolen und Kalmücken, die früher Russen gegenüber sehr mitteilsam ge wesen seien, hielten jetzt alles geheim. Bekannt sei nur, daß es nach der Lehre dieses Mannes verboten sei. anderes Geld als Gold- oder Silbergelt zu besitzen, und daß die Mongolen sich deshalb des in ihrem Besitze befindlichen Papiergeldes nm jeden Preis entäußerten. Die in ver schiedenen Teilen auftreteudeu geheimnisvollen Emissäre legen den Verdacht nahe, daß auswärtiges Geld an einer revolutionären Bewegung im' Innern arbeitet, um dem nach außen hin engagierten Rußland Schwierigkeiten durch Kraftzersplitteruug zu bereiten. — Die Erbitterung gegen England wächst namentlich auch infolge der englischen Berichterstattung über den russisch- japanischen Krieg. Die „Nowoje Wremja" führte bittere Klage über die in London fabrizierten „Petersburger Tele gramme und wandte sich in scharfen Worten gegen die Ver breitung „offenbarer Lügen", welche die öffentliche Meinung in Rußland erbittern müßten. Auch mit Frankreich ist der russische Bär nicht zufrieden, denn der Pariser „Temps" regte zuerst den Gedanken einer internationalen Konferenz über die orientalische Frage an und eine solche in London unter der Begleitung des Kanonendonners von Port Arthur stattfiudende erachtet die russische Presse als eine nicht be sondere Freundschaftsbezeigung seitens des „Alliä", da eine solche einen neuen Aufstand in Mazedonien, neue Verwick lungen zwischen den Balkanstaaten und der Türkei zeitigen könne. Deutschland hingegen wächst in der Gunst der Russen. In einem Petersburger Stimmungsbilde hieß eS sogar: „Einer ungeheuren Popularität erfreut sich der deutsche Kaiser. Diese Art der Popularität eines auswärtigen Monarchen ist hier etwas neuek Man stößt auf Kaiser Wilhelm an und läßt ihn in sehr warmen Worten hoch leben. Sem Bild ist überall zw kaufen". Aus Stadt und Land. Dresden, den 18 Juni 1904. (Mittcilunqeii aus unserem Leserkreise mit Namensferliauna für diese Rubrik find der Redaktion allezeit willkommen. Der Raine des Einsenders bleibt Geh imnis der Redaktion. Anonyme Zuschriften müssen unberücksichtigt bleiben.) —* Der Todestag weiland Sr. Majestät König Alberts jährt sich morgen zum zweiten Male. Mit dankbarem Herzen erinnert sich das Vaterland des edlen Monarchen und seiner Wohltaten, die es unter seiner Regierung empfangen hat. Unauslöschlich ist das alles in dem Herzen eines jeden Patrioten eingegraben. Durch hohe Herrscher- tugeudeu ausgezeichnet, betätigte er sie stets zum Besten seines Vaterlandes, das er über alles liebte. Daher er füllte er seine ernsten Monarchenpflichten jederzeit mit den: vollen Bewußtsein der schweren Verantwortlichkeit, welche auf ihm lastete. Er war dem sächsischen Volke ein leuch tendes Beispiel in der Pflichterfüllung, wie er ihm auch durch sein Gottvertrauen und seine religiöse Ueberzeugungs- treue in guten und bösen Tagen voranging, -p Was liegt da näher, als daß wir in loyaler Liebe zum cuitz'estLmmten Monarchen, zum Heimatsland und zum geeinten Deutschen Reiche seinen Fußtapfen durch treue Pflichterfüllung Nach folgen. Das sei unser dankbares Versprechen beim An denken des hochseligen Königs! —* Die Besserung im Befinden Sr. Majestät des Königs hält an. Die katarrhalischen Erscheinungen nnd die Anschoppung im unteren linken Lungenlappen sind soweit zurückgegangeu, daß der Abreise Sr. Majestät nach Ems nichts mehr im Wege steht und daher sür morgen Sonntag abend in Aussicht genommen worden ist. Im Allerhöchsten Gefolge werden sich befinden: Leibarzt Geheimer Rat Professor Dr. Fiedler, Flügeladjutant Oberst v. Kospoth und Legationsrat v. Stieglitz. Auf Befehl Sr. Majestät des Königs wird am Königl. Hofe die Trauer wegen erfolgten Ablebens Ihrer Majestät der Allerdurchlauchtigsten Fürstin nnd Frau Jsabella II. Königin von Spanien auf drei Wochen von Freitag, den 17. Juni, bis mit Donnerstag, den 7. Juli, in Verbindung mit der bereits angelegten getragen. —* Konfessionelle Statistik für Sachsen. Dem „Dresdner Anzeiger" entnehmen wir folgende interessante Zusammenstellung: „Tie letzten statistischen Erhebungen über die konfessionellen Verhältnisse in der evangelisch-lutherischen Landeskirche des König reichs Sachsen, die das Jahr 1902 betreffen, beziffern die Zahl der Uebertritte ans 2023, darunter 874 ans der rowisch-katholischen Kirche zur Landeskirche, die Zahl der Austritte ans der Landes kirche aber auf 1300, meist zu den Sekten. Am zahlreichsten waren die Austritte zu den ncnapostolischen Gemeinden: 450. Der Methodismus hat nach wie vor in der Ephorie Schnecberg die meisten Erfolge gehabt, sowie in 'Annaberg und Auerbach. Zu den Baptisten traten 40, zu dcn Biclauer Darblisten 17 Personen über. Die besonders eifrigen Bestrebungen der Mormonen haben sich auf die Ephorien Annaberg, Chemnitz I, Dresden I, Freiberg. Großen hain, Leipzig ll, Meißen, cstollberg, Zwickau und die Obcrlansitz erstreckt, die der Siebentags-Adoentisten auf Chemnitz l, Dresden I, Leipzig I und ll, Lcisnig, Schnecberg und Zwickau.' Die Anhänger der Tempelgemeinde in Burkersdorf und Sadisdorf (Ephorie Dippoldiswalde) haben sich zum Teil zu den landeskirchlichen Gottesdiensten gehalten, ebenso die Thcographen in Thiendorf (Ephorie Großenhain» Die Börnersche Bewegung in der Ephorie Rochlitz ist nicht erstorben, tritt aber nicht mehr in die Oeffentlich- keit. Tie Heilsarmee hat ihre Entwickelung fortgesetzt, lieber spiritistisches Unwesen, das Treiben der evangelischen Freigeister, der Scientisten und anderer sektiererischen Erscheinungen ist nichts Besonderes zn berichten." Das ist ja eine allerliebste bunte Musterkarte von „Sekten". — Wir entlehnen diesen Ausdruck den: „Dresd. Anz." Es werden dreizehn ausgezählt, die Namen der „anderen sektiererischen Erscheinungen" verschweigt der Statistik Höflichkeit. Aus den Angaben ist bemerkenswert, daß die Zahl der Austritte aus der Landeskirche uni 472 größer ist, als der Abfall von der katholischen Kirche. Wie viel von den 1006 Personen, welche aus der Landeskirche austraieu, in den Schoß der kathol. Kirche zurückkehrten, wird leider nicht mitgeteilt und doch wäre das wichtiger als die Angabe, daß zu den Bielauer Darbhsteu 17 Personen übergetreteu sind. Hoffentlich werden wir bald genauere Daten veröffentlicht finden. Da sich die evaug.-lutherische Landeskirche mitsamt den unzähligen Sekten mit dem Namen Protestantismus belegt, so hat dieser also keinerlei Schaden erlitten. Immerhin müßte es für das Laudeskonsistorium eine ernste Aufgabe sein, zu erforschen, wo die Gründe liegen, welche so viele zum Austritt aus der Landeskirche und zum Uebertritt in andere Sekten veranlaßt habtzn. Die Gründe werden im aufzuuehmenden Protokoll beim Orts seelsorger meist genannt. Von den abgefalleueu Katholiken ist es bekannt, daß meist recht materialistische Beweggründe mitspieleu, die umso mehr Kraft besitzen, weil diese Apostaten fast immer durch ihre gänzliche Loslösung von den religiösen Pflichten als Katholiken zum Abfalle vorbereitet sind. Uns hat ein evangelischer Geistlicher einmal gestanden, daß die zur Landeskirche übergetretenen Katholiken dort ebenso lau im Besuche des evangelischen Gottesdienstes sind, wie sie es früher als Katholiken waren: sic gaben darin den ge borenen Evangelischen ein sehr schlechtes Beispiel. Das finden ivir auch begreiflich, weil ja die Beweggründe zum llebertritt meist nicht der religiösen Ueberzeugung ent sprungen sind. —* Der deutsch-evangelische Kirchenansschuß hat, wie wir in Nr. 130 mitteilten, die Krankenpflege auf dem Lande als heilige Pflicht erklärAund fährt dann fort: „Da aber in den Gemeinden die^ur Pflege erforderlichen Kenntnisse unzureichend sind, hat die Kirche darauf hinzuwirken, daß durch Anstellung und Heranziehung ausreichend ausgebildeter Personen, sowie durch Beschaffung der erforderlichen Einrichtungen der mangelhaften Verpflegung der Kranken abgeholfen werde. Namentlich ist dringend zu wünschen, daß geistliche Frauen und Jungfrauen sich in größerer Zahl dem Diakonissenhause widmen." Die volle Freiheit zur Durchführung genießt die evangelisch-lutherische Kirche gesetzlich in ganz «Sachsen; es fehlen ihr oft nur die Schwestern. Wie steht eS aber hierin mit der Parität in Sachsen aus? ES wird doch niemand
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