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Sächsische Volkszeitung : 06.09.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-09-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192409062
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19240906
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19240906
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-09
- Tag 1924-09-06
-
Monat
1924-09
-
Jahr
1924
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 06.09.1924
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baren Gnadenmittel der Kirche, es ist nur möglich durch einen entschiedenen Katholizismus der Tat. Und als solcher dokumentiert sich diese Akademikerbewegung von heute am deutlichsten als Bestandteil der tiesen Bewegung, 4ne durch das gesamte katholische Volk geht. Ist sie auch notwendig auf einen engen Kreis von Menschen beschränkt, denen das Leben ein gröberes Wissen und Teilhaben am Geistesleben der Gegenwart vermittelt hat, ihre Sache ist die des ganzen katholischen Volks teils. Wissen verpflichtet. Wir Katholiken brauchen Anwälte nicht nur im össcntlichen Leben, wo es um Tagesereignisse geht, wir brauchen nicht minder Anwälte unserer Sache im Gei stesleben der Gegenwart, wo es um Ewigkeitswerte, um die gestaltenden Ideen und Kräfte der Weltgeschichte geht. Und soviel ist gcwih, das Schicksal Europas wird durch den Kampf der Geister entschieden werden. So ist Dresden die notwendige Ergänzung der Arbeit von Amsterdam und Hannover. Dresden als Ort einer so be deutsamen. spezifisch katholischen Tagung zu wählen, war ein Wagnis. Keine altverwurzelte katholische Kultur findet sich hier. Was wir haben, verdanken wir nicht zuletzt einem treu- katholischen Iurstenliaus. unter dessen Pflege katholische Knust gerade hier eine staunenswerte Gestalt gewann. Heute haben Sachsens Katholiken den Reichtum katholischen Eigenlebens schätzen gelernt. Wir sind gewiß, daß die Herzen aller säch sischen Diasporakatholikcn den katholischen Akademikern ent gegenschlagen, die heute aus Nord und Süd und Ost und West aus allen deutschen Landen diesseits und jenseits der Grenz pfähle Zusammenkommen, um in ernster Arbeit ihre eigene Sache und damit die des ganzen katholischen Volkes zu führen. Wir sind überzeugt davon, daß insbesondere die Dresdner Katholiken geschlossen an den öffentlichen Veranstaltungen der Tagung religiöser, künstlerischer und wissenschaftlicher Natur regsten Anteil nehmen werden. Sie werden sich von Anders gläubigen nicht beschämen lassen. 180 Jahre sind dahin, da standen am Ufer des Elbestromes die Baracken italienischer Künstler und Baumeister. Ein katholischer Landesfürst hatte diese Männer herbcigeführt, um jenes stolze Gotteshaus er stehen zu lassen, in dem sich heute der religiöse Teil der Tagung abspielt. Am selben Ort, im „Italienischen Dörfchen", halten heute andere Künstler und Baumeister Einzug. Sie kommen auch aus der Ferne, aber nicht aus einem Kulturkreis fremder, wenn auch katholischer Zunge: sie kommen aus kerndeutschem, katholischem Mutterland. Der deutsche Katholizismus lebt. Und hier in Dresden sollen neue Quadern aufeinandergctiirmt wer de» zu einem geistigen Dome, der alle äußere Pracht und Schön heit in reichstem Maße überstrahlt, zu einem neuen Ausdruck katholischer Lebenswerte, der die Dekadenz der Gegenwart über windet und den Segen des Christentums in neuer Größe zeigt, der die Schönheit der Gotik mit dem Linienrcichtum des Barock In sich vereinigt und die katholische Kirche als Erscheinung der Einigkeit erweist, di« nicht nur den Sinnen standhält, sondern auch vor der modernen Wissenschaft besteht. Darum nochmals ein Willkommen zu der Herbst tagnng des Ver bandes der Vereine katholischer Akademiker zur Pflege katholischer Weltanschauung. Möge sie das in wür diger Weise ergänzen, ivas in Amsterdam und Hannover in diesen Tagen so schön begonnen wurde! M. T. Ser me Ms im -Wen Wiel Paris, 5 September. HavaS meldet aus Koblenz: Im Einklang mit dem Schluß protokoll der Londoner Konferenz und als Folge der ersten von der Reparationskommission gemachten Feststellung ist die inter alliierte Rheinlandkommission gestern unter dem Vorsitz des fran zösischen LbcrkommissarS Tirard zusammcngetretcn und hat die sofortige Veröffentlichung von fünf Ordonanzen be schlossen. Die erste ordnet die Aufhebung des Zolls an der Ostgrenze dcö besetzten Gebietes vom !>. September. Die zweite stellt unverzüglich die Freiheit deö Personenverkehrs zwischen dem besehtrn und dem unbesetzten Gebiet wieder her. Die dritte, die ebenfalls unverzüglich in Kraft tritt, stellt die Frei heit des Automobilvcrkehrö wieder her. Die vierte macht die Sondcrmaßnahmen rückgängig, die von der Kommission betreffs der SchiffahrtSpntcnte auf dem Rhein erlassen worden waren. Die fünfte hebt verschiedene Notverordnungen bezüglich des Umlaufs von Notgeld im besetzten Gebiet auf. Esten, 5 September. Nach Aufhebung der Micum werden demnächst Verhandlungen zwischen der deutschen Regierung und dem Bergbau einerseits und der Reparationskommission aiiderer- seits stattfinden, »m Abmachungen zu treffen über die Sorten und Menge» der von Deutschland zu liefernden Reparations kohlen und über die Art der Bezahlung. Mainz, 6. September. Das französische Postamt hat heute morgen seinen Dienst eingestellt. Koblenz, 5. September. In Ergänzung zu der Meldung über den Abban der interalliierte» Zollkom mission erfahren wir noch, daß daS Ein- und Ausfuhramt seine Tätigkeit für den Handelsverkehr zwischen dem besetzten »nd unbesetzten Gebiet einstcllcn wird. ES bleibt also nur noch seine Tätigkeit für di« Ein- und Ausfuhr nach dem AuSlandc bestehe». Der Oberpräsident der Nheinprvvinz Dr. Fuchs ist heute nach Koblenz zuriickgekchr«. Zwecks Aufnahme der Dicnstgeschäftc wurde er von dem Oberkommissar Tirard zu einer Besvrechung -ebeten. Die Amnestie in Krafi Wiesbaden, ö. September. Vor dem hiesigen Kriegsgericht standen heute 22 deutsche, 2 österreichische und ein serbischer Kommunist, die wegen ^'itimilitnristischer Propaganda angetlagt waren. Nach Verlesung der Anklageschrift nnd Feststellung' der Personalien erklärte der Staatsanwalt, auf Grund des »nn- mehr in Kraft getretenen Londoner Abkommens fielen die den Angeklagten zur Last gelegten Beschuldigungen unter die Amnestie.. Das Gericht schloß sich ohne weitere Beratungen den Ausführungen des Staatsanwaltes an „nd setzte die An geklagten auf Grund des Aniiiesticabkommens außer Verfol gung. Die Mililärkonlrolle Koblenz, 5. September. Tie interalliierte Kontrollkommission für die Abrüstung Deutschlands wird ihre Kontrollarbeiten a in Montag, den 8. September aufnehmen. Der Frank fällt Paris, 5. September. (Drahtbericht.) Infolge der gestrigen Rede Macdonalds und des ungnstigen Ausweises der Ba»q>>« de france trat heute eine Hausse der Devisen ei». London hob sich gegen mittag aus 84,55, der Dollar aus 18,27. In Pariser Finanzkreisen befürchtet man eine neu« Baisse des Franken. Friede für Europa! Der Völkerbund mutz auch Deulfchlanb einschlietzen MiMM Me Die Krlcgsschuldsrage — Deutschland muß in den Völker bund — Sicherheit durch Gerechtigkeit — Der „Irrtum" in Oberschlesirn — Die kommende allgemeine europSisch« Konferenz. Gens, 5. September. Der gestrige Tag brachte die mit Spannung erwartete Rede des englischen Premierministers. Macbonald gab seiner Freude darüber Ausdruck, an den Arbeiten des Völkerbundes persönlich teilnehmcn zu können. „Der Völkerbund hat gewiß ungünstige Umstände zu überwinden. Ich bin hierhergekom men. um im Namen der englischen Regierung zu erklären, daß sie nichis unterlassen wird, was das Ansehen und den Einslutz des Völkerbundes stärkt. (Lebhafter Beifall.) Bei dem letzten Kriege wurde es iu England immer so dargestellt, als müsse dieser nun auch der letzte Krieg sein. Aber leider haben wir wenigstens heule noch keine Hoffnung, daß dieses Versprechen nuch wirklich erfüllt ivrrden kann. Die Gefahr ist nämlich die, daß das Problem der Sicherheit als ein militärisches Problem angesehen und ausschließlich auf die Vorherrsckzast der Gewalt gestützt wird. Wie arbeiten an der Verhinderung der Kriege und gehen dabei vielleicht einem nächsten, noch fürchterlicheren Kriege entgegen. Die Frage der Schuld an einem Kriege zu lösen, ist außerordentlich schwierig. Diejenigen, die di« Geschichte studiert haben, kennen die Schwierigkeiten, die der Fest stellung der Verantwortung eines Tages entgegen- stehen. vor allem was die letzten Entschließungen betrifft. In SO Jahren werden die Geschichtsschreiber dies« Fragen lösen können, aber nicht die Politiker, die die Kriegs- jahre miterlebt habe». Der Völkerbund zeigt Izeute noch Lücken. Amerika fehlt, aber man braucht deswegen noch nicht an ihm zu ver zweifeln. Man darf auch nicht vergessen, daß Europa für Amerika in den letzten Jahren nicht immer ein guter Freund gcivesen ist. Dennoch haben die Vereinigten Staaten auf der Londoner Konferenz bereits eine große Nolle gespielt, und die Bedeutung dieser Nolle wird in Zukunft sich noch steigern. Deuischland kann keinesfalls außerhalb beS Völkerbundes bleiben. Wenn ich eine Formel gebrauchen kann, dl« man hof fentlich nicht mißverstehen wird, so möchte ich sagen, daß wir ihm nicht gestatten dürfen, draußen zu bleiben. Es gibt nicht ein« einzige Debatte über Abrüstung, über Friedensbedingungen, über Sicherheit. Sicherung der Existenz der kleinen Nationali täten. nicht eine einzige große Frage, über welche wir dis kutieren können mit dem drohenden leeren Stuhl in unserer Mitte. Auch kann Deutschland in seinem eigenen Interesse nicht fern bleiben. Verhandlungen mit einem isolierten Berlin können nie wirksam sein. Die Londoner Konferenz hat neue Beziehungen zu Deutschland und den anderen europäischen Slaaten geschaffen und diese Beziehungen können jetzt sank tioniert und besiegelt werden mit Deutschlands Erscheinen in dieser Versammlung. Der Völkerbund hat die ernste Aufgabe übernommen, ein europäisches System zu schaffen und dieses wird niemals bestehen, solange unsere früheren Feinde nicht unfgehört haben, unsere Feinde zu sein, und diesem Sy^m ihre Mitarbeit widmen. Ich hoffe, daß dies sofort geschehen kann, trotz der Schwierigkeiten und trotz der technischen Einzel heiten, di« noch anscheinend bestehen. Lassen Sie uns eine neue Aera der Zusammenarbeit beginnen. Es wäre mir sehr an genehm, wenn es möglich wäre, während der drei oder vier Wochen, die die Tagung dieser Versammlung noch dauert, diese Frage anzuschneiden, nicht mit dem Wunsche, sie hinauszuschie ben, sondern mit dem Wunsche einer sofortigen und dauernden Regelung. Die russische Regierung glaubt an Revolution und an die Auflösung des Alten, als die ivesentlichste Voraussetzung für die Schaffung von etivas Neuem. Unter diesen Umständen ist es begreiflich, daß der Völkerbund für sie ivenig Anziehendes hat, denn wir sind für die Evolution, die Entwicklung des Neuen aus dem Alten heraus. Auch Rußland hat sich ver ändert. Es schließt Verträge ab und arbeitet mit diplomatischen Methoden. Ich hoffe, daß das Abkommen der englischen Regie rung mit der Sowjelregierung der erste Fingerzeig dafür ist, daß die russische Regierung geeignet ist, in einem System euro päischer Zusammenarbeit mitzuwirken, um durch ihre Teilnah>ne die Autorität und den Einfluß des Völkerbundes zu vermehren. Was wir brauchen, ist ein S ch i e d s sy ste m, das voll ständig eingerichtet ist, das vollständig funktioniert, mit einem Wächter, der den Horizont überwacht und, wenn er eine kleine Wolke gewahr wird, sofort Alarm schlägt und dafür Sorge tragen kann, daß sofort Maßnahmen, nicht militärischer Art, sondern vernünftige Maßnahmen ergriffen werden. Die Frage ist: Seid ihr bereit, vor uns zu erscheinen und zu erklären, welches eure Verpflichtungen sind und eure Vorschläge, welche Abmachungen ihr eingegangen seid, ob ihr Furcht vor dem Lichte habt und immer noch Kinder des Dunkels seid — das ist das Kriterium für die öffentliche Meinung. Bevor man das gewünschte Ziel erreicht, muh man aber eine Ucbergangsperiode durchschreiten, und niemand mehr als mein lieber Freund Herriot und ich kennen die Lasten dieser Uebergangsperiode. Wir haben furchtbare Ver antwortungen geerbt, die vielleicht zu schwer für unsere Schul tern sind. Aber wir können immerhin vorwärts sehen, mit einer Hand in die Vergangenheit und mit der anderen in die Zukunst weisen. Wir müssen mit mehr Erfahrung als bisher die Gerichtshöfe, die an einem Schiedssystem Mitarbeiten müs sen, definieren, und vollständiger als es bis jetzt geschehen ist, die Gegenstände, die ihnen unterbreitet iverden können, er forschen und die Verpflichtungen der Slaaten dem Schiedsver fahren gegenüber präzisieren. Die wesentlichste Voraussetzung der Sicherheit und des Friedens ist die Gerechtigkeit. Man muß der Gerechtigkeit das Wort erteilen vor der Lelden- sck-aft. Das ist Schiedsverfahren. Die Londoner Konferenz hat uns deutlich den Weg gebahnt, der zu vernünftigeren Methoden der nationalen Politik zurückführt, und trug dazu bei. uns zu zeigen, wie sehr unsere Arbeit Lurch das Mitwirken Deutschlands im Völker bünde erleichtert würde. Wenn wir ein Schiedsverfahren mit einem Mandat und einer Satzung für den internationa len Gerichtshof ausarbeiten und wenn gewisse Groß mächte dieser feierlichen Verpflichtung zustimmten, welcher be deutende Fortschritt wäre dann verwirklicht. Dieser Fortschritt könnte sofort, könnte noch in diesem Jahre vollzogen werden. Nehmen wir unseren Mut in beide Hände, und wenn kleine und große Staaten damit einverstanden sind, eine Kommission zu bilden und ihr den Auftrag zu geben, ohne Hemmungen ihren Bericht über diese Fragen auszuarbeiten, so wäre der Erfolg gesichert. In einem Jahre könnte dann der Völkerbund eine Konferenz einberufen, die sorgfältig vorbereitet wäre. Und uns endlich so dem Endziel entgegenführen würde. Hierfür sind aber zwei wichtige Bedingungen zu erfüllen, erstens, daß alle Nationen Mitwirken, zweitens, daß die Konferenz in Europa abgehalten wird, damit die Staatsmänner und Neglerungsober- HSupter an ihr telknehmen können, ohne sich zu lange von ihren eigenen Landesgeschästen zu entfernen. Die Grundlage für diese Vorarbeiten ist der Völkerbunds- pakt selbst, der zu einer Zeit geschaffen wurde, in der man noch nicht die Nachkrlegsproblem« voraussehen konnte. Damit wollen wir durchaus nicht sagen, daß er etwa geändert und von Grund auf neu gestaltet werden muß. sondern nur, daß Irrtiimer, die auf seiner Grundlage und auf der Grundlage der Bestimmungen für den Völkerbund und der Völkerbundsver- sammlung entstehen können, dem Bunde sehr viel schaden, wie zum Beispiel der Irrtum, der in Oberschlesien begangen wurde. Wenn man sich ln diesen Pakt vertieft und ihn auf die gegenwärtigen Umstän-e und Probleme anwendet, können wir uns seiner bedienen für eine Politik, die uns schließlich das gibt, was wir suchen: üie Sicherheit. Die englische Regierung hält am Pakt fest. Sie wünscht nicht die Autorität des Völker bundsrats zu verringern, sie wünscht seine Autorität, so weit es mit der Existenz und dem guten Funktionieren des Völker bundes vereinbar ist, auszudehnen. Unsere Aufgabe ist es, die internationale Abrüstungskonferenz vorzuberelten. Wir iverden hier Reden halten nnd unsere Ansichten aussprechen. Wir haben ein Paktprojekt, das von den Kommissionsmitgliedern ausgearbeitet und von verschiedenen Regierungen revidiert wurde und verfügen ebenfalls über ein ausgezeichnetes Element für eine Beratung in dem von einer amerikanischen Gruppe ausgearbeiteten Plan. Dies alles als bisherige Vor bereitung wollen wir einer Kommission übergeben, die die Ab rüstungskonferenz vorbereiten soll, und noch vor dem Ende die ser Versammlung, bevor wir auseinandergehen, können wir einen bedeutenden Fortschritt verwirklicht und gewissermaßen die Einwilligung aller erlangt haben." Macdonald schloß mit der Versicherung, daß bei einer der artigen Arbeit das nationale Interesse sich mit dem all gemeinen Interesse deckt, und warnte nochmals eindringlich vor den trügerischen Sicherungen militärischer Art. Maedonald sagte weiter: „Es gab immer Verträge, cs fehlte niemals an militärischen Garantien, aber niemals fand man Sicherheit und immer gab es Völker, die Krieg führten oder sich zum Kriege vorbereiteten. Den kleinen Nationen mit be schränkten Interessen, die neu geboren sind nach langem Er löschen, rufe ich zu: Ob es einen Vertrag gibt oder nicht, mit Pakt oder ohne Pakt, Ihr werdet immer zerschmettert werden, Eure Länder werden die ersten Opfer des nächsten Zusammen stoßes sein. Niemals wird ein einfacher Vertrag Euch Sicher heit geben. Ihr seid das Opfer einer ständigen und gesähr- lichen Illusion. Di« Ausrichtung von Defensiv-Bcr- trägen ist leicht, aber sie zerstört gerade den Frieden. Wenn der Völkerbund vorwärts schreiten will, kann er es nur aus dem Wege des Schiedsverfahrens und auch nur auf diesem Wege seinen Einfluß in der Welt endgültig sichern. Dann wird dieselbe ihre Augen auf den Völkerbund erheben, der über ihr steht, und nicht weil er bewaffnet ist. sondern weil er ge recht ist; nur dann werden die Rationen in voller Sicherheit leben, wenn niemand mehr Furcht zu haben braucht. Das ist der Ausblick und das ist die Politik, die die englische Regierung vertritt. Sie fordert den Völkerbund aus. sich ihr anzuschließen." M WM !ll LlMll mit Ws London, 5. September. Die „Times" beschäftigt sich in ihrem heutigen Leitartikel mit der Genfer Rede Macdonalds und billigt die von ihm geübte Kritik an dem Pakt über die gegenseitige Unterstützung. Sehr scharf kritisiert die „Times" Macdonalds Aeußerungcn über Sow. jetrußland, die im unmittelbaren Widerspruch zu den notorischen Tatsache» stünden. Dem Grundsatz obligatorischer Schieds sprüche hält die „Times" in großem Umfange für anwendbar. Hinsichtlich der Abrüstungskonferenz ist daS Blatt der Ansicht, daß ein« solche sehr sorgfältig, ähnlich wie das in der Reparations frag« durch den Dawesplan erfolgt sei, vorbereitet werden müsse. ES sei außerdem unwahrscheinlich, daß die Vereinigten Staaten an einer solchen Konferenz telknehmen könnten. „Daily Herald" schreibt zu der gestrigen Genfer Rede Mac donalds, keine Maschinerie zur Verhinderung von Kriegen werde arbeiten, wenn nicht die Völker der Welt dafür sorgen. JedcS Land, nnd besonders die Arbeiterbewegung jedes Landes, müjse nicht wir der Losung folgen: Nie wiederKriegl sondern cs müjse eine unablässige Propaganda zu diesem Zwecke geführt werden, die die wirtschaftlichen Ursachen dcS Krieges aufdecke. Paris, 5. September. Zn dem Eindruck der gestrigen Red« Macdonalds in der Völkerbundsversammlung liegt eine offiziöse HavaSnote vor, in der eS heißt: Die französische Delegation hat, sobald sie in dem Besitz des vollständigen Textes der Äede gelangt ist, den Standpunkt des englischen Ministerpräsidenten einer eingehenden Prüfung unterzogen, aus der sich ein Eindruck ergibt, der keineswegs ungünstig ist. Man hebt in der Tat hervor, daß zwischen der Auffassung Macdonalds und derjenigen des französischen Kabinetts keine grundsätzlichen Gegensätze bestehen. Macdonald hat zu wieder holten Malen «»klärt, daß die militärische Gewalt zur Sicherung des Friedens nicht ausreiche. Das' sei auch die Ansicht der Per. treter FrantkreichS, die aber hinzufügen, daß das Recht allein für diesen Zweck auch nicht ausreichend sei. Es dürfte nicht schwer fallen, ein .Kompromiß zu finden zwischen den von dem englischen Ministerpräsidenten vertretenen Grundsätzen des Schieds spruches und einen System der Unterstützungen und Sanktionei». Kerrioi sprich! heule Genf, 5. September. Herriot beabsichtigt, in der heutigen Sitzung das Wort zu ergreifen und auf die van Maedanald gegebenen Anregungen zurückzukommen. Außer Herriot werden noch der belgische Mini sterpräsident The nn iS, Salandra- Italic» und Benesch - Tschechoslowakei das Wort ergreifen. Wie der „Matin" mit- teilt, beabsichtigt Herriot, so bald ihm dies die Genfer Ver handlungen gestatten, am Sonntagvsrmittag wieder in Paris zu sein. Auch Amerika für die Ausnahme Deuischlan-s Neu York, 5. Sepicmber. In amtlichen Kreisen Washingtons billigt man die Erklärung Macdonalds, daß Deutschland in den Völkerbund nufgenommen werden soll. Das deutsch-österreichische Problem Wien, 5. September. Die in Wien weilenden Delegierten des Völkerbundes habe» gestern ihre Erhebungen abge schlossen. Tsie Ausarbeitung des Berichtes wird in Genf beendet werden wohin die Delegierten heute abreisten. Die öfter, reichische Regierung wird die Fertigstellung des Berichtes abwar- tcn und dann ein« Delegation unter Führung des Außenministers und deS Finanzministers nach Genf entsenden. Die wichtigsten Fragen, wie die des Kredits und der Modifizierung der Kon trolle werden also in Genf behandelt werden. Man hofft, daß durch di« Entscheidung die österreichischen politischen Momente berücksichtigt werden. Der Bundeskanzler Dr. Seipel kam gestern aus dem Erholungsheim in daS Bundeskanzleramt, um einige Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Entsendung de^ Delegation zu besprechen.
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