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Sächsische Volkszeitung : 22.08.1924
- Erscheinungsdatum
- 1924-08-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192408222
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19240822
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19240822
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1924
-
Monat
1924-08
- Tag 1924-08-22
-
Monat
1924-08
-
Jahr
1924
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 22.08.1924
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Oeskerreichischer Brief Derlchk -es Generalkommisfärs — Dölkerbun-konlrolle — Normalbu-gek — Stand -er Sanierung Lage -er Privatwirtschaft — Novellierung -es Mielengeseyes W MlMin der IlsliMe» AllMklel Dieser Tage hielt der Nachfolger Don Luigi SturzoS de Gasperi, der Führer der italienischen Volkspartci, vor der Voll versammlung der Provinzialsckretäre der Partei in Nom eine un gegenwärtigen Moment höchst beachtenswerte Prinzipien, rede, die hauptsächlich al S eine Auseinandersetzung der Partei mit ihren Gegnern, den Faschisten und dem klerikalen Flügel der Faschisten und auch mit den Liberalen anzusprechen ist. Schon von vornherein wehrt sich de Gaspcri gegen den Ver dacht, als ob ein Kompromiß mit den Sozialisten auch schon einem Jdeenkompromiß mit dem Sozialismus gleichbedeu tend sei. Er versichert, daß die Partei nach wie vor an den Prin. zipicn der „democrazia christiana" (christlichen Demokratie) fest- halte» werde, wie sie ausgesprochen sind bei der großen Parteiver sammlung im Augustes zu Rom am 2. Mai 1921, wo Don Sturzo bekannte: „Aus dem Programm der „christlichen Demo kratie entnehmen wir unsere festen Prinzipien, von denen kein« soziale Bewegung absehen kann, wenn sie nicht in ein leeres Gerede verfallen will. Aus diesem Programm übernehmen wir auch unser moralisches Fundament, das uns scharf scheidet von dem Sozialismus; der solches wegen seines fatalen Materialismus verleugnet, zugleich auch unser ökonomisches Fundament. welcheS dem sozialistischen widerstreitet, insofern es die persönlichen Rechte aus Arbeit, auf Ersparnis, auf Eigentum nicht unterdrückt, son dern bekräftigt; solche persönlichen Rechte können nur begrenzt werden und ein Korrektiv erfahren in einem moralischen Gesetze der Solidarität und der Harmonie und der Hebung der VolkS- klassen." Nachdem de Gasperl diese Bekenntnisformel Don SturzoS voll und ganz zu seiner gemacht, spricht er über die Mitarbeit der Populari mit den Sozialisten. Dabei stellt er zwei Punkte fest: 1. Die Populari können nicht an eine Unverträglichkeit der Mitarbeit mit dem Sozialismus glauben, wie eine solche ausge sprochen wird von den Faschisten und den „klerikalen" Faschisten. Dal>«i ist gar kein Grund zur Annahme, daß die Partei ihre Prin zipien verleugnen, ihre eigene Denkweise aufgeben und die Autonomie ihrer Handlungsweise preisgeben werde. Wenn sie mit den Sozialisten zufammenarbeiten, so üben sie dabei so wenig wie die Katholiken Belgiens, Deutschlands, Oesterreichs oder der Tschechoslowakei einen Verrat an ihren Grundsätzen. 2. Die Populari halten den Versuch, alle Parteien, die sich vom Sozialismus herleiten, abzulehnen und sie einem öffentliche» Ostrazismus zu unterwerfen, für verfehlt. Dieses entspreche nicht dem wahren Interesse des Landes und sei lediglich vom Partei. egoiSmus diktiert. Der Führer der Populari erinnert die Faschisten, die an der Haltung der Populari Aergernis nehmen, daß die Sozialisten den: liberalen Ministerium Giolittis zujubelten, als er sie durch ein feierliche« und öffentliches Dokument zur Mitarbeit einlud und daß man selbst Mussolini zustimmte, als dieser in einer Kammersitzung seine Ankunftsvision aussprach, daß man einer großen Koalition entgegengehe, welche die drei großen politischen Faktoren des Landes, die Sozialisten, die Populari und die Faschisten umfassen werde. — Dabei spricht de Gasperi den Geg nern, die aus dem eigenen Lager der Populari hcrvorgegangen sind, sede Berechtigung zur Kritik ab, da diese nicht bloß Mitarbeiter der Faschisten geworden, sondern sich diesen völlig unterworfen und angeglichen hätten. Heute sei die Frag« nicht mehr, ob Mitarbeit mit dem Sozia lismus, sondern vielmehr mit dem Faschismus mit den Grund, sätzen der Populär« verträglich sei. Heute gelte der Kampf der Populari einem RegierungSspstem, einem Pa rte i sta a t e, der sich nur auf bewaffnete Massen (Miliz) stütze, der sofort zusrm- menbreche, sobald die maßgebenden Faktoren in der Regierung sich weigerten, dem jetzigen antikonstitutionellen Zuständen einen konstitutionellen Anstrich zu verleihen. Der Endsieg werde dort sein, wo die meist« moralische Kraft sich findet. Er schließt: „Die Marschroute ist gezeichnet. Man muß gehen bis anS Ende. Die Partei unterstütze ihr« Parlamentarier zusammen mit der Opposition. Gebe Gott, daß dem Volk bald wieder der soziale Friede werden." Verantwortlich für den redaktionellen Teil: Dr. Josef Albert Dresden. — Für den Inseratenteil: Josef Fohmann. Dresden. Zg. Wien. IS. August 1924. Der Monatsbericht des Geueralkommisstirs des Bölker- bunoes Tr. Zimmermann über den Zeitraum vom 15. Mar bis 15. Juni, oer dieser Tage der Oessentlichkeit übergeben wurde, spricht mit unverhohlener Deutlichkeit aus, daß die Kontrolle solange dauern werde, bis der Völkerbund die dauernd gesicherte Stabilisierung oer österreichischen Finanzen sestgestellt haben wird. Mit anoeren Worten, die Kontrolle wird nicht mit Ende dieses Jahres aufhüren, wie man selbst in Regierungskreisen ver mutete, sonoern erst oann. wenn tatsächlich das stabile Bub st e t festgestellt sein wird. Darüber wird die wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des August in Wien tagende Konferenz des österreichischen Komitees des Völkerbundes entscheidende Beschlüsse fassen. Das Völkerbnnökomitce findet allerdings eine ganz andere Situation vor, als zur Zeit, da man sich hier über das Nor- malbndget und andere Fragen erhitzte. Das österreichische Budget ist wieder beim Defizit nngelaugt, das im Juli 7 Millionen betrug, während für den August 9 Millionen Goldkronen ver anschlagt sind, die durch die Völkerbundanlcihe gedeckt werden müssen. Die Ursache des Abganges ist in den durch die Krise verminderten Einnahmen gelegen, in der noch immer steigenden Passivität der Außenhandelsbilanz und in den namentlich durch die Bcsoldungsreform vermehrten Ausgaben. Wie stark die Wirt schaftskrise, die allgemein als eine Absatz- und Geldkrise anzu- schen ist, sich auf oer Einnahmenseite äußert, geht schon daraus hervor, daß die Warenumsatzsteuer, die im April noch 169 Milliar den Kronen betrug, bis Juni etwa auf 100 Milliarden gesunken ist. Der Ertrag der Banken-, Effekten- und Devisenumsapstcuer ist auf ein geradezu lächerliches Maß herabgesunken, während oer große Ausfall aus der Einkommen-, Erwerbs-, und Körper- schastssteuer sich erst im nächsten Jahre answirken wird, da die Erhebungen stets auf den Erträgnissen des Vorjahres beruhen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist es mit den Ueber- schüssen im Budget für einige Zeit vorüber, ja, es erscheint heute bereits sehr fraglich, ob man mit dem seinerzeit veranschlagten Normalbnoget mit 533 Millionen Goldkrone» Einnahmen und 525,5 Millionen Goldkronen Ausgaben das Auskommen finde» wiro. Mit Befriedigung stellte der Generalkommissär in seinem Berichte fest, daß das Defizit der Bundes- und Süd- bahnen eine beträchtliche Verminderung erfahren hat. Gleich zeitig stellt der Bericht fest, daß von der im Genfer Protokoll festgesetzten Zahl von 100 000 Beamten bisher nur 67 109 ab- gebaut wurden. Eine wichtige Aufgabe, die das österreichische Parlament noch zu lösen hat, ist die bereits eingebrachte Ver waltungsreform, die im Herbst in Beratung gezogen wird. Durch die Vcrwaltungsreform soll nicht nur eine Vereinfachung des VerwaltungsapparatcZ erzielt werden, sondern es soll an Stelle des bisherigen mechanischen Beamtenabbans der organische Abbau treten, so daß die vom Völkerbund festgesetzte Abbau ziffer annähernd erreicht werden dürste. Bei den Einnahmen aus dem Tabakgefälle führt der Generalkommissär den Beweis, daß die indirekten Einnahmen in einem im Sanierungsznstand befindlichen Lande größere Be deutung haben, als die Einnahmen aus den direkten Steuern. Es scheint, daß der Generalkommissär darauf auch seine Vor schläge für die weitere Sanierung ansbant, die darin bestehe» iollen, oaß weiterhin bas Schwergewicht auf die in- oirekten Steuern gelegt wird. Die wirtschaftliche Lage im allgemeinen beurteilt der Generalkommissär sehr zuversicht lich, glaubt sogar, daß die Börsenkrise für die Industrie auch günstige Wirkungen haben könne, inoem nun die Spekulation, die bisher große Geldmittel in Anspruch genommen hat, lahmgelegt >e: und oie freiwerdenden Geldmittel der Produktion zugejührt werden könnten. Schließlich sprach Dr. Zimmermann den Wunsch ans, daß die Steuern, die zur Verteuerung des Geldes beitragen, herabgesetzt werden müssen, damit die Produktion billigere Kredite erhalte, um nicht lahmgclegt zu werden. Was die Sanierung im allgemeinen betrifft, kann gesagt werden, daß von den 78 Punkten des Wiederausbauprogramms, oas auf Grund des Genfer Akkords vom 4. Oktober 1922 ausge- stellr woroen war, 70 nicht nur parlamentarisch, sondern auch materiell oer Erledigung zugesührt wurden. Die Rückkehr des Bundeskanzlers Dr. Seipel im Sep tember zu oen Rcgierungsgeschästen, der gegenwärtig im Zister- zienserstist Mehrerau am Bodensee zur Erholung weilt, wiro mit Bestimmtheit oen parlamentarischen Arbeiten einen rascheren Fortgang sichern, so oaß im Zusammenhang mit einer günstigen staatssinanziellen Entwicklung damit gerechnet werden kann, daß ln: Verlause des nächsten Jahres die Vormundschaft über Oester reich aufgehoben wird, zumal nicht daran gezweifelt werden rann, oaß nach endgültiger Festlegung des Normalbudgets das Gleichgewicht oes Staatshaushaltes im nächsten Jahre völlig erreicht wiro. Wie oie Tatsachen beweisen, ist die Privatwirtschaft- liche Krise im Abflauen begriffen. Sie war eine not wendige Folge der Abkehr von der Inflation und damit der Rückführung der Privatwirtschaft in die ihr durch die wirt schaftlichen Möglichkeiten dieses Staates gezogenen Grenzen. Stellt man den wirtschaftlichen Krisenerscheinungen der letzten Zeit die Tatsache des außerordentlich raschen Wachsens der Spar einlagen, deren Gesamtsumme gegenwärtig schon eineinviertel Billionen gegen kaum 20 Milliarden im Oktober 1922 beträgt, gegenüber, betrachtet man ferner eine beinahe lOOprozentig« Verminderung der Zahl der Arbeitslosen innerhalb der letzten vier Monate, so liegt darin oer beste Beweis für die gesunden Grundlagen der österreichischen Privatwirtschaft und damit auch in der Stabilität der österreichischen finanziellen Staatswirtschalr, so daß mit Sicherheit angenommen werden kann, daß die öster reichische Regierung innerhalb der festgesetzten Fristen das Sa nierungswerk zu Enoe führen wird. Wenn gegenwärtig auch da und dort die Krise neuerlich aufflackert, so haben wir es keines wegs mehr mit einer spezifisch österreichischen Erscheinung zu tun, sondern mit Erscheinungen, die in der allgemeinen Wirt schaftslage begründet sind, denen man in Oesterreich mit dem neuen autonomen Zolltarif begegnen wiro und schließlich dürste die Durchführung des Tawesplanes wohl auch für Oesterreich eine Entspannung bringen; denn in ihm kann man oas Heil für ganz Europa sehen. Endlich geht man auch in Oesterreich daran, das Mieten- gesetz als letztes Ueberbleibsel oer Kriegs- und Notgesetze »ach dein Muster anderer Staaten zu novellieren. Die christlichjoziale Parte: hat im Nationalrat eineir Antrag eingebracht, wonach der gesetzliche Mietzins in der Höhe des tausendfachen Jahres- mietzinses mit 1. November 1924 festgesetzt wiro. Mit 1. Fe bruar 1925 soll oer Mietzins auf das Zweitausendfache, mit 1. August 1925 auf oaS Dreitausendfachc, mit 1. Februar 1926 auf oas Viertausendfache, mit 1. August 1926 auf das Fünftausenü- fachc und mit 1. Februar 1927 auf das Sechstansendsache des Friedenszinses erhöht werden. Nach dem Anträge kann der .Hauseigentümer bei oer Mietenkommission um eine Erhöhung oer Mietzinse ansucben, wenn die unbedingt notwendige» Instand haltungen mehr als vie gesetzlichen Mietzinse aller Mietparteien ein uno desselben Hauses übersteigen. Kleinrentner, in öffent licher Versorgung Stehenoe, wie überhaupt mindestbemittelt« Mieter, können einen entfprechenoen Beitrag zum Mietzins aus öffentlichen Fonds, die eigens zu oiesem Zweck zu errichten sino, erhalten, wenn die Mietzinserhöhnng sie übermäßig belastet. Zn diesen öffentlichen Fonds haben alle Hansbejitzcr 2 Prozent des Hanptmietzinses zu entrichten. Wenn der Ansturm gegen das Gesetz seitens der Sozialdemokraten auch ein heftiger werden wird, so ist dem Anträge doch die erforderliche Mehrbeit gesichert, zumal selbst der abseits stehende Laudbund, der im letzten Wahl kampfe stark die Interessen der Hausbesitzer vertrat, bedingungs los zustimmen wird, so daß mit der Gesetzwerdung dieses An trages im Herbst zu rechnen ist. Schloß Lismoyle Erlebnisse in Irland von B. M. Lroker. Autorisierte Uebersehung aus dem Englischen von Alwine Bischer. (Nachdruck verboten.) (65. Fortsetzung.) „Ach waS, eS ist garnichts," widersprach er energisch. „Na, Tante Grace, nun mach' nicht so viel Wesens aus der Sache. Als Driscoll schoß, streifte seine Kugel mich an der Schulter. Wahrscheinlich hat es etwas geblutet, weiter nichts. DaS wird mir sogar gut tun." „Nein, Niel," sagte seine Tante, „ich kenne dich zu gut und weiß, was für schreckliche Wunden uird Beulen du als kleiner Junge geheimhielst aus Angst, man könnte dich auf eine Jagd oder zu einem Ritt nicht mitnehmen, und wie du dich schämtest, wenn du krank warst. Sicherlich hast du eine tüchtige Wunde davongetragen, ich wollte, ich könnte sie mir rasch mal ansehen. Du weißt, ich habe emen Kurs für erste Hilfeleistungen durch gemacht." „Du wirst doch nicht verlangen, daß ich mich hier im Wagen vor Miß Kyle ausziehe, was? Da ich doch jetzt zu Doktor Bryne fahre, kann ich ihn ja bitten, daß er mir ein bißchen Scharpie auflegt; ich wiederhole dir auf Ehrenwort, daß es nicht« Schlim mes ist. So, hier sind wir" fügte er hinzu als sie am LiSmoyier Parktor vorfuhren. „Da ich den Doktor nach Witchwood fahren und wieder nach Hause bringen muß, so ängstige dich nicht, wenn ich spät zurück komme. Tom und ich wir müssen heute eben auf unser Abend essen verzichten." Und die Mütze lüftend fuhr er im Galopp davon. SiebenundzwanzigftrS Kapitel. Von Riet war an diesem Abend nichts mehr zu hören und zu sehen, auch nicht als das Haus geschlossen wurde und sein« Bewohner sich ins Bett verfügt hatten. Rhoda aber, die wach lag, hörte ihn die Treppe hinausschleichen: es mußte gegen Morgen sein. Die Folge ihres langen Wachsein? war, daß sie die Zeit verschlief und deshalb allein frühstückte. Später machte sie sich in Ileberschuhen und Pelzjacke auf den Weg nach dem Treibhanse, um nachzusehen, ob die Kälte keinen Schaden angerichtet hatte. Sir war mit Schere und Gießkanne tätig, als sie Schritte hörte und Niel in der Schlinge, herankommen sah. »Guten Morgen!" rief er die Türe öffnend. »Ihr Arm ist also doch verletzt?" lautete ihre Antwort. »O nicht sehr; unsre modernen Kugeln bleiben nicht stecken." »Kugeln?" rief sie. »Ja, eS war leider keine Jagdflinte. Aber ich hatte Glück, War nur einen Augenblick außer Gefecht gesetzt. Die Kugel schlug eine Muskel durch und hat mir absolut nichts geschadet. Da ich diesen Arm jedoch sehr nötig zum Reiten brauche, will ich ihn ein haar Tage schonen. Wir hatten eine schreckliche Nacht mit DriS. toll^ Er ist ein gemeingefährlicher Geisteskranker, und man hat den armen Menschen ins BezirkLirrenhau« gebracht." «Ach was, armer Mensch!" wiederhclte das junge Mädchen entrüstet. „Ilm ein Haar hätte er Sie totgeschosjen!" «Er war ja nicht zurechnungsfähig und wußte nicht waS er tat." Und mit plötzlich veränderter, fast heiserer Stimme fügte er hinzu: „Hören Sie mich an, Rhoda, ich habe Ihnen etwas zu sagen, aber bei Gott, ich weiß nicht, wie anfangen.' Rhoda stellte die Gießkanne nieder. Sie war plötzlich sehr blaß geworden. „Ich habe Sie immer geliebt." platzte er loS. „Ja, seit dem Tage, da ich Sie zuerst sah. Weil ich aber solch ein armer Teufel bin, ging ich Ihnen aus dem Wege und schwieg, denn ich hatte keinen Grund, anzunehmen, daß Sie, die so viel von der Welt gesehen hat, sich aus solch einem armen Burschen wie ich bin, etwas machen könnten, und meinerseits fühlte ich, daß es eine Torheit war, die unterdrückt werden mußte. Gestern abend aber, als wir all die Aufregungen hatten. Sie mir nachgegangen waren und ich Sie blaß und verstört sah, da sagte ich mir, daS ist ein ermutigendes Zeichen, und ich will mein Glück versuchen." „O Niel," stammelte sie. Rhodas Farbe war zurückgekchrt, nun sab sie geradezu schön ans. „Haben Sie mich denn ein klein Nwnig lieb? Oder : -. . bin ich. . . ein anmaßender Tor?" Und er faßte nach ihren beiden Händen. „Ja," flüsterte sie. „Nein, nein," verbesserte sie sich eifrig, „ich meine, ich habe Sie lieb." „Dem Himmel sei Dank, du Süße! Du weißt, wie arm ich bin, aber du bist ja in der gleichen Lage. Wir werden uns schon durchschlagen, wenn ich nur erst die Hhpotheken abzahlen kann und die Hände frei bekomme." „O ja," stimmte sie lebhaft bei. „Natürlich, die Hhpotheken Wirst du abzahlen." „So ganz sicher ist das nicht, und deine reiche Tante denkt vielleicht, ich wolle einen gemeinen Vorteil an« der Lage ziehen — glaubst du nicht?" „O nein, nicht, wenn sie dich erst kennen lernt." „Da hast du mir ja ein richtiges kleines Kompliment gemocht, während eS doch an mir wäre, dir eines zu machen." und ihre Hände loslassend, zog er sie an sich und küßte sie. Dann ging er hinaus, kam mit einem zweiten Gartenstuhl wieder, und Hand in Hand saßen sie nun da und plauderten, sprachen von ihrem allerersten Zusammentreffen, vertrauten einander die Eindrücke an, die sie gegenseitig von einander ge wonnen hatten, so wie Verliebt« zu tun pflegen. „Rhoda, ich fürchte, eS wird eine lange VerlobungSzeit werden; etwas aber wird uns den Weg vielleicht freier machen. Ich glaube nämlich, daß Madame eine Eroberung am berühmten Pedro Brander gemacht hat." „WaS? Tante Kathleen? Ach. Unsinn! Lächerlichl" Und di« ungläubige Nichte brach in Helles Gelächtex auS. „Ich hoffe aber von ganzem Herzen, daß etwas Ernstes draus wird," sagte Niel. — Madame sieht noch immer auffallend jugendlich aus, und dann ihre Stimme, die wirklich etwas Ver- sührerischeS hat — eine Sirenenstimme, wa«?" „Allerdings, und Mr. Brander bat niemals etwa» von der närrischen Seite ihres Charakter» gesehen." „O, ihm wird da» einerlei sein! Er ist «in reicher Mann. Wenn man bedenkt, daß deine Tante alle unsre jungen Mädchen aussticht mü> die reiche Partie als ihren dritten und hoffentlich letzten Gatten davonträgt! WaS werden die Leute dazu sagen? „Und was werden gewisse Leute sagen, wenn sie von uns beiden hören, Niel?" Sie machte eine vielsagende Panse und schaute ihn ängstlich an. „Ja!" und er schwieg eine Weile. Endlich murmelte er, fast wie wenn er mit sich selbst spräche: „Natürlich das Geld ist eins Versuchung, besonders für einen Mann in meiner Lage. Aber, wenn ich «ine Frau um ihres Geldes Willen heiratete, könnte ich meinen Kopf nicht wieder aufrecht tragen — nie mehr." „Du würdest also kein reiches Mädchen heiraten, au», nicht, wenn du sie liebtest?" fragte seine Braut, und die Folge war von einem etwas unsicher» Lächeln begleitet. „Meine liebe Rhoda, ein reiches Mädchen würde mich doch gar nicht haben wollen. Wir beide aber werden trotz unsrer Armut glücklich sein. Wenn nun Madame heiratet, brauche ich ihr kein Wittum mehr auszubezahlen, und wenn ich mit meinen Fohle» Glück babe, dann wir werden schon nach und nach über den Berg kommen. Bryda wird ja noch einige Zcrd bei '.»« wohnen bleiben — aber ich weih, daß du nichts dagegen haben wirst." „DaS steht außer Frage." „Hier kommt sie mit Pekoe, und wir wollen eS den beiden doch lieber gleich anvertraue». Brvda, komm mal rasch her," rief er, indem er aufitand, tun die Türe zu öffnen, ich möchte dir gerne etwa- zeigen" „Du wirst mir doch nicht sagen wollen, daß die Reben von Frost gelitten haben." „Nein, nicht, daß ich wüßte. Ich möchte dich deiner künftigen Schwägerin vorstellen!" „O Rhoda, Niel!" sie setzte Pekoe nieder und umarmte ein» um» andere stürmisch. „lieber dich, Niel, war ich ja nicht im Zweifel, obwohl du, weiß Gott, nicht leicht zu durchschauen vistl Aber ans Rhoda konnte ich nie klug werden. Sic war imniev merkwürdig verschlossen und zurückhaltend. O wie ich mich freue, Wie mich das glücklich macht! Da sich mal her, Pekoe, das ist deine neue Herrin — da? Kerlchen hatte ja gleich Gefallen an dir geftmden — der hellsehende kleine Chinese! lind gerade da») Treibhaus habt ihr euch fitr eure Liebeserklärung erwählt!" „Warum nicht? Wir haben keinen Grund, und vor Glas häusern zu fürchten," entgegnet« ibr Bruder „Tante Grace und Bestie und Martin werden wir natürlich auch einweibcn," fiihv er fort, „im übrigen aber ist? wohl bester, wir behalten die Sickie noch für uns Laßt uns die paar Tage ungestört unser Glück genießen. Sobald di« Kälte gebrochen ist, werden sie ja all« wiederkmmnen." „Und Tant« Ebarlottr?" warf Rhoda ein, di« bis dahin ke>n: Wort gesprochen hatte. „Sie ist jetzt in Hongkong. Ich möchte ihr gerne sofort telegraphieren." „Ja, tue da» nur," sagt« Niel. „Wir wollen ein recht klare« Telegramm «»»Hecken und nach dem Lunch werde ich dich nocki Kilbeggan fahren, dann kannst du eS selber ausgcben. ES wir» schon seine Zeit brauchen. Wollen wir jetzt hineingehen und un« gleich daran machen?" (Fortsetzung folgt.);
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