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gebe«, daß keine verantwortliche Körperschaft im Vereinig ten Königreiche Deutschland seinen Anspruch auf ein An teil an der Erledigung internationaler Fragen streitig zu machen oder die einer Großmacht Anstehenden Bestrebungen nach kolonialem Besitze mit nicht zu rechtfertigender Feind seligkeit zu betrachten wünscht. Die Versammlung legte Sr. Majestät Regierung nahe, daß es dringend wünschens wert ist, Schritte zu tun, um den bedauerlichen Eindruck zu beseitigen, den die Haltung der britischen Regierung gegenüber den berechtigten Bestrebungen Deutschlands dort gemacht hat." In seitier Begründung dieser Resolution führte der Lordmayor aus. in Deutschland herrsche bedauer- ticherweise die feste Ueberzeugung, daß daß die Haltung der britischen Regierung in der Marokkofrage Deutschland gegenüber besonders unfreundlich gewesen sei. Seiner An sicht nach sei dies in erster Linie auf ein Mißverständnis des deutschen Volkes zurückzuführen. Redner schloß: „Wir möchten die Gelegenheit ergreifen, unseren Freunden in Deutschland die Versicherung zu geben, daß die große Masse des britischen Publikums nicht von den feindseligen Emp findungen erfüllt ist, die sie annehmen, und daß, wenn wir eine beschränkte Zahl lärmender Chauvinisten haben, wir dies Mißgeschick mit jedem anderen Lande der Welt teilen." Es wird sodann folgende Resolution zur Ergänzung der ersten beantragt: „Die Versammlung erklärt, daß Schritte getan werden sollten, um unsere freundlichen Beziehungen zu Deutschland zu stärken und zu fördern. Die Versäume lug empfiehlt als ein praktisches Mittel zur Erreichung dieses Zweckes die Veranstaltung einer englisch-deutschen Ausstellung in London im Jahre 1913 und beschließt die Bildung eines Spezialausfchusses zur Förderung dieses Zweckes." Spante«. — Anläßlich der französisch spanischen Marokkobesprechnug schreibt die „Correspondencia Militärs": Wir sind selbstver ständlich Anhänger der einfachen Annektierung des spanischen Einflußgebietes, da diese am leichtesten allen Verwickelungen Vorbeugen würde. Wir ziehen die Annektierung so sehr vor, daß wir. falls Frankreich die Unantastbarkeit unserer nördlichen Zone anerkennen und Tanger spanisch werden würde, nicht zögern würden, einige Opfer in unserer süd lichen Zone zu bringen. China. — Der Aufstand. Die kaiserlichen Truppen baben nach vorheriger Ankündigung die Chinesenstadt von Hankau in Brand gesetzt, um weitere Straßenkämpfe zu vermeiden. Es wütet eine riesige FeuerSbrnnst. Die Niederlassungen der Europäer sind von dem Brande unberührt. — Ein Angriff der kaiserlichen Truppen auf Hanyang und Wutschang und die Uebersetzung der Truppen über den Hanfluß werden vorbereitet. — „Daily Telegraph" meldet aus Peking: Da ihre Forderungen bewilligt sind, wird die zweite Nordarmee so gleich nach dem Aangtse aufbrcchen, um die Aufständischen zu vernichten, da diese bei Fortsetzung des Kampfes nicht nur gegen die Dynastie, sondern auch gegen die Konstitution handeln würden. — Ein Regiment, das den Kaiserlichen in Schangsi zu Hilfe geschickt worden ist, hat gemeutert, einen Vrigadegene- ral getötet und über lOOO Mandschus ermordet, unter ihnen den Gouverneur und seine Familie. Das Namen des Gou verneurs ist zerstört. — Die Aufständischen haben am Sonntagnachmittag die Stadt Hankau wieder erobert. Am Montagmorgen lombardierten die Kaiserlichen die Stellung der Aufständi schen, die den Fluß blockierten. Die Forts von Hanyang feuerten über den Fluß hinweg. Ein japanischer, nach Schanschi bestimmter Dampfer erhielt die Erlaubnis, den Fluß zu passieren. Eine Batterie beschoß den russischen Dampfer „Poltawa" und wollte seine Rückkehr nach Han kau von seinem Ankerplätze stromabwärts nicht erlauben. Die Aufständischen enthaupteten den Obersten Schangh- sinyang, der in den Kämpfen am Freitag den Befehl ge führt hatte, da er des Verrats verdächtig war. Andere Offi ziere traf dasselbe Schicksal. Fremde berichten, daß sie mir angesehen hätten, wie die Aufständischen 20 gefangene Kai serliche und etwa 100 Verwundete töteten. Schaschi und Nochon haben die Fahne der Aufständischen gehißt. Die Aufständischen besetzten am 30. Oktober Tschinsinsien, wur den aber am folgenden Tage auf Niengtsekuan zurückgewor fen. Sie halten jetzt den dortigen Gebirgsplan und haben ihn auf eine Strecke von einer halben Meile Länge zerstört, sowie den Tunnel unpassierbar gemacht. A«S den deutschen Kolonien. — lieber die Schaffung eines Kreditinstitutes für Tcutsch-Südwcstafrika gehen Nachrichten durch die Presse, die zum Teil unrichtig sind. So ist es unzutreffend, daß der Leiter des Beschaffungswesens im Neichskolonialamte, Finanzrat Pahl, an die Spitze des Kreditinstitutes treten wird. Finanzrat Pahl, der früher lange Jahre Finanz direktor beim Gouvernement in Windhuk war, hat vielmehr einen entsprechenden an ihn ergangenen Ruf abgclehnt. Man weiß überhaupt noch nicht bestimmt, ob ein privates oder staatliches Unternehmen geschaffen werden soll. Die Hygiene-Ausstellung. Auf daS HuldigungStelegramm, das vorgestern abend bei der offiziellen Schlußfeier der Internationalen Hygiene- Ausstellung in Dresden an den Protektor der Ausstellung, den König von Sachsen, abgeschtckt wurde, hat Seine Majestät der König folgendes Antworttelegramm gesandt: „Die Meldung Euerer Exzellenz vom Schlüsse der Hygiene-Ausstellung habe ich entgegengcnommen. Ich be- nutze gern diese Gelegenheit, um Ihnen und Ihren getreuen Mitarbeitern nochmals zu dem glücklichen Gelingen und glänzenden Erfolgen der Ausstellung von Herzen Glück zu wünschen. Möge ein fegenbrtngonder Nutzen für unser geliebtes Vaterland nicht auSbleiben! Friedrich August." Der Erbauer de- Uudosa-SchwimmbadcS aus der Aus stellung. Diplom-Ingenieur Recknagel in Berlin-W.. hat durch das Preisgericht die goldene Medaille der Ausstellung und den Ehrenpreis der Stadt Dresden erhalten. Aus Stadl uud Land. . , Dresden, den 3. November 1211. —* Sriue Majestät der König reist am Sonntag- nachmittag 4 Uhr einer Einladung des GroßherzogS von Sachsen-Weimar folgend, zu kurzem Jagdausenthalte nach Weimar und von dort am Montag nachts 10 Uhr zu mehrtägigem Aufenthalte nach Sybillenort. — DaS königliche Hoflager ist heute vormittag von Pillnitz nach Dresden verlegt worden. —* Zentrumßwahlverein für das Königreich Sachsen. Am Montagnachmittag sprach der Vorsitzende der Z.-W.-V.- Ortsgruppe im 1. Sächsischen Wahlkreise, Lehrer Lorenz, in Reichenau über Programm und Politik des Zen trums. Anschließend daran wurde auch in Reichenau eine Lokalgruppe des Zentrumswahlvereins gegründet, die sich an Zittau-Ostritz angliedert. 20 Herren traten an diesem Tage bei: durch Hausagitation in Kürze wird die Zahl noch vermehrt werden. Mit Gründung dieser Lokalgruppe dürfte die Zentrunisorganisation in unserem Rsichstagswahlkreise ziemlich abgeschlossen sein. Nun heißt es tüchtige Klein arbeit leisten in Bezirks- und Lokalversaminlungeu. Stoff liefern die vielen Entstellungen mrd Verleumdungen der Gegner in reichem Maße. —* Eine Haupt- ««h Staatsaktion wegen des Kasperle- Theaters. Wer kennt nicht das Kasperle-Theater, in welchem in der üblichen Weis« zum Gaudium der zahlreichen Kinder- Welt alle Akteure nach längerem oder kürzerem Auftreten von dem Hauptakteur, dem Kasperle, auf irgend eine Weise umgebracht werden. So erging eS auch einem Zauberer, der nach kurzem Wortwechsel von dem Hanswurst einfach kalt gemacht wurde. Dieser dramatische Vorgang hat nun zu einer regulären diplomatischen Intervention geführt. Ein in Dresden lebender Russe wohnte diesem Schauspiel bet und verstand unter dem Wort „Zauberer", das der biedere sächsische Kasperle-Theater-Direktor als „Zaberer" aussprach. „Zar". Er schrieb sofort au die russischen Zeitungen einen Artikel, daß der Zar auf dem „Ausstellungstheater" auss tödlichste beleidigt wäre. Tatsächlich haben auch einige russische Zeitungen, darunter sogar die „Nowoje Wremja", eins der ersten Blätter Rußlands, den „Ein Russe" unter- schriebenen Artikel ausgenommen. Infolgedessen wurde diese Sache behördlich untersucht und beschäftigte sogar die deutschen Gesandtschaften. Dabei hat sich die absolute Harmlosigkeit der ganzen Sache herausgestellt. Inzwischen ist natürlich diese Notiz durch die russische Presse gegangen und hat dort lebhafte Mißstimmung hervorgerufen. So bedauerlich eS von den russischen Zeitungen ist, eine derartige Notiz auszunehmen ohne sich vorher an zuständiger Stelle zu informieren, so traurig ist es aber auch, daß ein Russe, der in Dresden Gastfreundschaft genießt, in dieser Weise gegen die Ausstellung »gittert. —* Wetterprognose der König!. Gäcyy Landes« Wetterwarte zu Dresden für den 4. November: Südliche Winde, meist heiter, etwas kälter, vorwiegend trocken. — Luft bewegung: Erdboden Südost 2, K00 Meter West S, 1000 Meter West 8 Sekundenmeter, 1100 Meter Wolkengrenze. Bericht vom Pö hlber ge: Starker anhaltender Reif, glänzen der Sonnen.Unter- und Aufgang, Himmelsfärbung orange. Bericht vom Aichtelberge: Starker anhaltender Reif, glänzender Sonnen-Unter« und Nufgang, Abend- und Morgenrot. —* Der Syndikus der Gewerbekammer Kurt Pöschmann hat sein Amt niedergelegt. Bis auf weiteres hat Dr. Kluge die Führung der Geschäfte übernommen. —* Die Wasserstände der Moldau und Elbe betrugen beute in Budweis — 20. Pardubitz — 78. Brandeis — 53. Mclnik 20. Leitmerstz — 74. Aussig — 60. Dresden — 209 Zentimeter. Bavtzeu, 3. November. Anläßlich der Teuerung hat hier der Stadtrat beschlossen, für die Schüler der Volks- schulen, einschließlich der katholischen, das Schulgeld vorläufig für das vierte Quartal 1911 zu Lasten der Stadtkasse zu erlassen, sowie in der städtischen Gasanstalt Koks in kleinen Quantitäten zu ganz billigem Preise ab zugeben. Leipzig, 2. November. Ein neuer deutscher Rekord für den Dauerflug ist heute durch den Flieger Oelerich der Deutschen Flugzeugwerke in Leipzig-Lindenthal mit 8 Stunden 39 Min. aufgestellt worden. Der bisherige Rekord betrug 3 Stunden 16 Min. und wurde von Euler gehalten. Plimen, 3. November. In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten wurde dem Kostenanschläge des Rats- kollegiumS für das neu zu erbauende Rathaus zugestimmt, der sich auf etwa 3316000 Mk. beläuft. Falkrnau (Böhmen). 2. November. Im Falkenauer Kohlenrevier streiken insgesamt 2000 Arbeiter infolge von Lohndifferenzen. Teplitz, 2. November. In Eichwald bei Teplitz ist gestern die Maschinenfabrik Porstmann teilweise nieder gebrannt. Der Schaden beträgt 60 000 Kronen. Gemeinde- und Vereinsnachrichten. 8 Dresden. In Form eines Herrenessens feierte der Kath. Kaufmännische Verein ColumbuS am Montag abends im Vereinslokal Amtshof (Sachsenplatz 2) sein Stiftungsfest. Die Tafel war geschmackvoll mit Blumen geschmückt. Der erste Vorsitzende, Herr Stolte, begrüßte mit herzlichen Worten die zahlreich erschienen Mitglieder. Den ersten Toast zu Beginn der Tafel brachte Herr SttftS- kaplan Albert auf die höchsten geistlichen und weltlichen Autoritäten aus. Im weiteren Verlauf trank Herr Al. Reichel auf das Wohl des Kath. Kaufmännischen Verbandes und Herr Suckow auf die Gäste, in deren Namen Herr Rechts- anwalt Dr. Hille antwortete. An die Festtafel reihte sich unter dem Vorsitze des 2. Vorsitzenden Herrn Hoflieferant TrÜmper eine fröhliche FidelitaS an. Z Zwickau. Sonntag abend 8 Uhr Kath. Kasino. Montag nachm. 5 Uhr St. Elisabeth-Verein. Neues vom Tage. Düsseldorf, 2. November. Zwei kürzlich aus Krefeld verschwunden» Mädchen im Alter von 16 und 17 Jahren wurden hier aus dem Rhein als Leichen gezogen. Ob ein Verbrechen oder Selbstmord vorliegt, ist noch unaufgeklärt. München. 2. November. Dr. Hermann Gareis, Assistent an der König!, bakteriologischen Untersuchungsanstalt, Sohn des RechtSlehrerS Geh. Rats Piof. Dr. Gareis, Ist, 36 Jahre alt. an einer im Laboratorium erworbenen Typhusinfektion gestorben. Lauf (Mittelsranken>, 2. November. Hier ist der Postadjunkt Köglmayr in die Wohnung seines Freundes, des Bahnasststenten Pütz, eingedrungen und hat nach kurzer Auseinandersetzung in Pütz' Gegenwart aus dessen Frau gefeuert. AlSdann erschoß sich Köglmayr an Ort und Stelle selbst. Göttingen, 31. Oktober. Nach dem von der Treu handgesellschaft aufgestellten Status der Göttinger Bank, Aktiengesellschaft, betragen die Vermögenswerte nach Ab schreibungen von 3 Millionen Mark Außenständen 7 124 168 Mark und die Schulden 8 356114 Mark. In der Masse liegen also 81 Prozent. Die heutige Gläubigerversannn- lung beschloß, der Bank ein Moratorium bis zum 3l. De zember 1913 zu gewähren. Lindau (Bodensee), 2. November. Bei einer Kahn fahrt bei Lindau sind drei Handtverksburschcn auf da« Bodensee ins Wasser gestürzt: zwei ertranken. Wien, 1. November. Heute nachmittag fand in An- Wesenheit des Krtegsministers die erste Vorführung de- Wirthschen Fernlenkbootes auf der alten Donau statt. Der Kriegsminister nahm mit dem Erfinder im Boote Platz, verweilte darin während der woblgelungenen Bewegungen eine Stunde und ließ sich die Konstruktion eingehend er läutern. Konstantinopel, 3. Nov. Im Stadtteil Galata wurde das Judenviertel durch eine Feuersbrunst fast völlig eingeäschert. Telegramme Nürtingen, 2. November. Heute nachmittag wurde in einem Feldhäuschen die Leiche des 15 Jahre alten Bäckerlehrlings Karl Noll entdeckt. Die Untersuchung ergab, daß Noll vsn dem 16 Jahre alten Lehrling Albert Schemm am letzten Sonntag angeschossen und dann mit einem großen Steine, der neben der Leiche gefunden wurde, er- schlagen worden ist. Der junge Mörder ist geständig. Der Beweggrund zur Tat ist unbekannt. Paris, 3. November. Die „Action" will wissen, daß der Oberingenieur Matsstn, Direktor der Pulverfabrik von Port-de-Buis, dessen Enthüllungen über die Katastrophe der „Liberia" solches Aufsehen gemacht haben, angesichts der Ergebnisse der durch seine Beschwerde eingeleiteten Untersuchung, sein Pensionierungsgesuch eingereicht habe. Paris, 3. November. Anläßlich der gestrigen Para- graphierung des Kongovertrages schreibt der „Petit Paristen": Wenn wir das deutsch-französische Abkommen von einem höheren Gesichtspunkte aus betrachten, so dürfen wir sagen, daß eS zur Verbessernng der Beziehungen zwischen Frank reich und Deutschland beitragen wird. Es unterdrückt die Ursachen des Streites. Der europäische Friede scheint dadurch besser gesichert. Lodz, 3. November. Drei Männer verwundeten einen ihnen auf der Straße begegnenden Geheimpolizisten und flohen darauf, Schüsse abfeuernd, in ein Haus. 6 Passanten wurden von ihnen verwundet. Das Haus ist von der Polizei umstellt worden. Blida, 2. November. Die Ueberschwemmungen haben in der Ebene von Mitidja große Verheerungen angerichtet. Ein Steinmetzlager mit 43 Personen ist vom Boden ver- schwunden. 24 Leichen sind an verschiedenen Stellen auf gefunden worden. In Maisoncarräe wurden 11 Leichen geborgen. Eine Herde von 200 Rindern ist mit hinweg geschwemmt worden. Neuyork, 2. November. Nach der Flottenschau über 98 Kriegsschiffe auf dem Hudsonflusse Hot Präsident Taft eine Erklärung erlassen, in der gesagt wird: ES mangele noch an einer genügenden Anzahl Torpedobootszerstörer, nachdem je vier auf ein Schlachtschiff kommen sollten. Die anderen Nationen bauten außer Schlachtschiffen aucy noch gewaltige Kreuzer von großer Geschwindigkeit. Die Flotte der Vereinigten Staaten solle in ähnlicher Weise ausgerüstet werden. Kunst, Wissenschaft und Vorträge. Dresden. (Z e n tir a I t h e a te r. Gastspiel des Münchner Künstlertbeaters.) Theaterdirektor Max Rein hardt sucht Kassenstücke, daher nimmt er unter den 102 Ope retten Offenbachschen Geistes jene heraus, in der sich durch Vergröberung des Librettos und durch diverse Knalleffekte etwas machen lassen kann. Musik und Gesang läuft an genehm mit. Aber Reinhardt ist zu sehr Berliner, um ein Kunststück fertig zu bringen. Der neue Text steht trotz des Wiener Dialektes ganz im Zeichen von Spreeathen. Der ursprüngliche Operntext ist prickelnd, aber salonfähig, galant und zart: Reinhardt dagegen hebt stark das Erotische her aus und unterstreicht es noch durch die phantastiscl-e, angeb- lich griechische Tracht, um so viel nackte Extremitäten auf die Bühne bringen zu können, als es immer die Polizei zu läßt. Dabei ist der Dialog nur im ersten Akte noch etwas unterhaltend und man lacht herzlich über den Ulk. Der zweite und dritte Akt wird geradezu „fad", wie der Wiener sagt, oder lasziv trotz der Buffoncrie, wenn Helena und Paris das Ruhebett besteigen. Nach dem faschingmäßigen Zuschnitt des Ganzen und der Spieldauer von drei Stun den ist das ei» großer Mangel. Wir sagen- faschiiigsmäßig, denn die Darsteller machen ans einem mit grünem Tuch beschlagenen Laufsteg, der durch das Parkett zur Bühne hinaufführt, ihren Kostüinrundgaiig vor den Zuschauern. Durch diese neue Erfindung will Reinhardt dem Zuschauer- raumr in seinen altgriechischen Dramcii eine Sensation bie- tc». Der miisikalisckie Teil, um bei einer Oper auch von diesem zu sprechen, ist Reinhardt — Nebensache. Was ist aus dem schönen Originalwerke geworden! Man hat Teile herausgerissen. umgeändert, weggelassen, wie es eben in den Plan dieser Clownerie paßt. Die Teile der so feinen Musik nach Möglichkeit wiedcrzugebcn, gab sich der Diri gent v Zembinsky alle Mühe. Die Leistungen der Chöre waren mangelhaft, ja auch die Solisten kamen in Konflikt nlit dem Orchester. Wie gesagt, man legte auf die Massen vorführung der Extremitäten im Tanzen und in Kostümen den Hauptwert. Selbst Phila Wolfs in der Titelrolle