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Die 200jShrige Geschichte der katholischen Gemeinde zu Leipzig. Rede te» Pttvaldozenten 11r. ;>kil. I. Strieder ^uf der ffesiVersammlung am b. Juni 19lU Leipz'g. (Echlutz.) Das Schulwesen durste und wollte nicht zurückbleiben. Der Bauplatz, den <815, die katholische Gemeinde für die St. Trinitatiskirche erworben hatte, war reichlich genug bemessen worden, um auch noch einem P farr - und Schulhause Rann» zu bieten. Allerdings dauerte es noch bis z»m Jahre 1858, bis das HanS Rudolphstrnße 3 seiner zlveifaclien Bestimmung übergebe» werden konnte. Erst in diesem Jahre verlies; die katholische Schule die gastlich, aber doch für Lehrzwecke ungeeignete Pleis;enbnrg, um 30 Jahre ihr Domizil i» dem jetzige» Pfarrbanse nnfznschlagen. Mehr als ein Menschen- alter war freilich auch dort das Bleiben der katholisclsen Schule nicht. Tie Schülerzahl war in den 80er Jahren ans 5,00 gestiegen. Die Räume im Pfnrrhanse reichten schon längst nicht mehr ans. So bezog die katholische Schule im Jahre 1888 ein eigenes Heim ganz für sich in der A l e r a » d e r st ra ß e. Das Schulgebäude hatte bis dahin der V. Bezirksschule als Aufenthalt gedient und war vom Rate der Stadt in liebenswürdiger Weise der katholische» Gemeinde zur Benutzung überlassen worden. In dem neuen Aufenthaltsort erfolgte nun auch der völlige Ausbau der inneren Schulorganisation. In acht Knaben- und allst Mäd- chenklassen mit einem wachsenden Lehrer- und Lehrerinnen stahe wurde de» modernen Anforderungen des Volksschul- wesens genügt. Heute zählt die katholische Stammschnle in der Aleranderstraße 24 Lehrer und Lehrerinnen und 630 Schüler. Im Jahre 1896 wurde ihr eine höhere Bür gerschule für die Kinder wirtschaftlich besser gestellter Kreise angegliedert. Auch diese sogenannte höhere Abtei lung erfreut sich eines wachsenden Besuches. Um nicht »nieder die alte Not einer Ueberfüllnng in der katholischen Stammschnle eintreten zu lassen, hat der allzeit rührige katholische Schulvorstand beizeiten für die Errich tung von Zweigsclmlen in den Vororten gesorgt. Im Osten wurde im Jahre 1893 in den Räumen des St. Dincentius- stiftes eine neue katholische Schule errichtet. Die Anstalt zählt heute 16 Lehrkräfte und 450 Sclzüler. Sie machte schon verschiedene Anbauten nötig. Im Jahre 1894 begann man auch für die westlill»en Vororte die untersten Schulklassen zunächst in gemieteten Räumen zu Plagwitz einznrichten. Schon vier Jahre später, im Jahre 1898, konnte diese P l a g w i tz-L i n d e n a u e r Schule in einem nenerbanten katholischen Schnlhause in Lindenan (Elle Friedrich-August- und Karl-Heine-Straße) unterge- bracht werden. Auch die Plagwitz-Lindenauer Schule hat man in den letzten zehn Jahren mehrfach durch Anbau ver größern müssen. Wies doch gerade diese Schule mit heute 26 Lehrkräften und 866 Kindern die stärkste Frequenz von allen Leipziger katholischen Schulen auf. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts mußte dann schließlich auch an die Er richtung einer Zweig schule für die nördlichen Vororte gedacht werden. Zunächst mietete man ein klei nes Hinterhaus ans der Magdeburger Straße in G o h l i s, bald aber wurde» diese Räume für die 220 Schüler von beute zu klein. Jetzt entsteht ans dem Jägerplatze in Möller» von einem tüchtigen Architekten erbaut, ein schöner geschmallvoller Neubau, der, will's Gott, im Herbste seiner Bestimmung übergeben werden kann. Hochnnsehnliche Versammlung! Ich bin am Ende mit der Anfreihnng der »nichtigsten Daten aus der Geschichte der Leipziger Kirchen- und Schulgemeinde. Schließen aber kann ich meine Ausführungen nicht, ohne wenigstens einiger der Männer zu gedenken, die in besonders hervorragender Weise ihre Kräfte in den Dienst der katholisllzen Gemeinde ge stellt haben. Das Andrnkrn dieser Männer darf nicht nntergehen. Wir würden unsere Pflicht versäu me», wenn »vir nicht, Ivo immer die Gemeind- sich festlich znsanimenfindet, dankbar ihrer gedächten. Wir verdienten es nicht, sie besessen zu haben oder noch zu besitzen, wollten »vir ihnen nicht, soweit sie noch unter uns sind, heute ein warmes, dankbares Wort widmen. Wollte» wir ihnen nicht, so »veit sie der kühle Rasen deckt, ein herzliches „Vergelt es euch Gott" in die Ewigkeit nachrnfe». Einiger für die ältere Geschichte der Gemeinde bedeutsamer Männer ge dachte ich bereits, so Laurentius M a u e r m n n n s, der bis 1824 als Superior in Leipzig tatkräftig wirkte, um dann nach Dresden als Bischof zu gehen. So des klugen hochgelehrten Joseph Dittrichs, der zwei Jahre in Leipzig als Kaplan tätig war und später der Nachfolger Mauermanns auf dem Stuhle des heiligen Benno wurde. Man darf das Verdienst der zwei genannten Männer uni die Leipziger Gemeinde in den Satz zusammenfassen: Ohne Mauermann wäre die erste Hälfte der Baukosten der Tri nitatiskirche nicht aufgebracht wordeu, ohne Dittrich nicht die zweite. Wenn über den Eingängen zu den Emporen der Trinite.tiskirche die Gemeinde den beiden Bischöfen Denktafeln hat anbringen lassen, so ist das nicht nur eine Erinnerung an de» Mann, der den Grnndstein legte, und an de», der die Weihe des Gotteshauses vollzog, in tieferem und tätigerem Sinne ist der eine der zwei Bischöfe der Gründer, der andere der Vollender unserer Leipziger Haupt- lirche gewesen. I» den schwierigen Zeiten des Unglückes in der Plei- ßenburq und der Erbauung der St. Trinitatiskirche hat Superior Hanke der Gemeinde niit Klugheit und Energie vorgestanden. Zusammen mit dem dainaligeu Kirchenvorstande hat er die schwierigen finanziellen und bau lichen Angelegenheiten geleitet. 1855 trat Superior Stolle an Hankes Stelle, um bis 1870 in treuer Arbeit und Pflichterfüllung an der Spitze der Gemeinde zu wirken. Was dieser Mann namentlich für das Leipziger katholische Dereinsleben geworden ist, wurde bereits geschildert. Aber auch in den übrigen Teilen seines Amtes war Superior Stolle bahnbrechend und erfolgreich tätig. Nach seinen' Tode bildeten dann die Amtszeiten des Herrn Prälaten Joseph Juhr und des Herrn Monsignore Schniitt- m ann bedeutende Marksteine in der Leipziger katholischen Geineindegeschichte. Was Superior Juhr uns »var und ist, wird ein beredterer Mund als der »»»einige heute abend dar- zustellen versuchen, ich will nur des Mannes gedenken, der seit 1891 unserer Gen»eiiide vorgestanden hat und dessen Ab wesenheit wie ein Schatten auf unserem heutigen Feste ruht. Superior S ch »litt m a n u hat nun fast 20 Jahre unsere Gemeinde geführt. Als früherer Leipziger Kaplan mit den hiesigen Verhältnisse» vertraut, eine liebenswürdige, svmvathische, konziliante Natur, mit vortrefflichen Eigen schaften des Geistes und Eliarakters begabt, ei» Freund alles Schöne» und Edlen i» Kunst und Natur, bat er sich die Achtung und Liebe seiner Gemeinde, aber auch darüber hin aus, aller derjenigen erworben, die mit ihm in Berührung kamen. Superior Schinittmaniis Amtszeit ist die Zeit der größte» äußeren Entwickelung unserer Gemeinde gewesen. Unter ihm ist die Laurentiuskirche und das St. Vincentins- hans in Reudnitz gebaut, unter ilm» die Schule und Kirche in Plaqwitz-Liudeuau, unter ihm die Schule i» Gohlis. Mit seinem klugen, gesllzäftskundigc» Sinne hat Monsign. Schmittmanii diese großen und oft nicht weniger verwickel- ten kleinen Angelegenlieitc:» der Gemeinde geleitet. Stets empfänglich für guten Rat seiner geistlichen Mitarbeiter und dankbar für die treue Hilfe des Kirche»- und Schulvor standes. Nun ist diesen» reiclze» Wirken Superior Sckiniitt- manus ein Ziel gesetzt. Seit längerer Zeit schon an der Zuckerkrankheit, der Krankheit der allzu Tätigen leidend, wollte er doch den Posten nicht verlassen, auf dein er stand. Erst eine akute Verschlimmerung seines Leidens hat ihm vermocht, die Heilquelle» des Ahrtales aufzusuchen. Die herzlichsten Wünsche seiner Gemeinde begleiteten ihn dort hin. Unsere herzlichsten Wünsche eilen auch heute abend »nieder westwärts zu dem pflichtgetreuen Manne, der sich »n dem Dienste unserer Gemeinde anfgerieben hat. Möge ihn» eine baldige Genesung und ein heiterer Lebensherbst beschieden sein, ein Lebensherbst, erfüllt von dem Bewußt sein treuer Arbeit, schönen Erfolges und unvergeßlichen Andenkens bei seiner Gemeinde. Und noch einen anderen Man» vermissen »vir heute abend hier. Ein böses Geschick hat es gewollt, daß auch der Leiter des Leipziger katholischen Schulwesens, daß Herr DirektorDr. Groll n» u ß unser Jubiläum nicht »nit- seiern kam». Auch ihm, der seit 1893 mit Geschick und Energie das schwierige Steuer der Stadtschule führt, auch ihm, der leitend den inneren Ausbau unseres Schulwesens und an erster Stelle mitwirkend die Gründung der Vor ortsschulen vollzog, auch Dr. Grollmus; gilt heute unser herz licher Gruß und unser Wunsch einer baldigen völligen Ge- nesung und Rückkehr in sein verwaistes Amt. .Hochansehnliche Versammlung! Nun möchte ich aus der langen Reihe der Privatleute, die sich bedeutende Ver dienste um unsere Leipziger Geuieiiide erworben haben, weiiigstens die verdienstvollsten nennen, aber auch das würde iivch eine allzulange Reihe geben. Nur zweier leuch tender Vorbilder in der Betätigung katholischer Weltan schauung muß ich gedenken: Job. Joseph Heinrich B e ck e r s und des Generalkonsuls de Liagr e. Becker, der gelernte Apotheker und spätere Mit inhaber der chemischen Fabrik von Heine n. Comp., hat in de» 60er und 70er Jahren des 19. Jahrhunderts die Füh- rerschaft der katholiscln-n Laienwelt in Leipzig innegehabt. Im Kirchen- und Schulvorstande, als Präsident verschiede ner Vereine hat der »veit über die Grenzen der Gemeinde — 96 — „Allerdings nicht," erwidert Paul mit einer Ruhe, die seltsam gegen die Erregtheit des anderen absticht. „Darf ich fragen, was Sie zu mir führt?" „Ich suche meine entflohene Fraul" „So —? . . . Was wollen Sie von ihr?" „Das ist eine Sache, die keinen anderen etwas angeht, als meine Frau und mich!" Pauls Stirn rötet sich. „Da sind Sie im Irrtum, Sir. Meine Pflegetochter ist zu mir zurück gekehrt; sie befindet sich unter meiner Obhut." Auch Norbert steigt das Blut zu Kopfe. „Befindet sich auch Lord Gerald Morrison unter Ihrer Obhut?" spöttelt er, die kräftige Gestalt des Buren verächtlich mit den Blicken messend. Eine Sekunde ist es, als wolle Paul sich auf ihn stürzen. Doch be zähmt er sich. „Sie scheinen an Hallunzinationen zu leiden, Sir!" erwidert er mit einer spöttischen Verbeugung. Die scheinbare Ruhe des Buren bringt Norbert immer mehr auf. „Hüten Sie sich, Mister van Gülpen. Lord Gerald ist hier. Ich hab- die beiden vorhin zusammen gesehen!" ruft er heftig. „Und wenn auch! Was schadet daS?" „Sie scheinen über die ganze Sache falsch unterrichtet zu sein!" „Oder Sie!" „Mein Weib verließ mich um dieses Burschen willen!" „Das ist eine Lüge!" Norbert erbleicht bis in die Lippen. „Sie vergessen, zu wem Sie sprechen." erwidert er hoheitsvoll, seine imposante Figur zu ihrer vollen Höhe aufrichtend. „Ich bin der — Herzog von Edinburgh —" „Ich weiß, ich weiß," »vehrt der Bur spöttisch ab. „Und der Herr Herzog hatten das Geld meiner Pflegetochter nötig!" .Unverschämter!" preßt Norbert zwischen den Zähnen hervor und hebt die .Hand, um den Frechen zu züchtigen. Doch vor dem kalten, drohenden Blick sinkt sie wieder herab, die er hobene Hand. Eisiges Schweigen. Beide atmen schwer. Es ist, als hörte inan das rasche Pochen der empör ten Herzen. Tann greift Paul wieder zu seiner Holzpfeife, die er in der ersten Er- regung fortgeworfen. „Wer von uns recht hat, werden wir sogleich entscheiden," sagt er »nit unheimlicher Ruhe und öffnet eine Schublade. „Wie meinen Sie das?" Der Bur nimmt zwei Pistolen heraus und sieht nach, ob sie ge laden sind. „Ich könnte Sie niederknallen wie einen Hund für die Beleidigung, die Sie meiner Pflegetochter angetan." erwidert er, gemütlich paffend. „Aber — auch ich bin ein Gentleman, obgleich kein — Herzog!" Und mit einer spöttischen Verbeugung reicht er Norbert die eine Waffe. - 93 - Plötzlich fällt ihr das goldene Herzchen ein, das sie stets, Tag und Nacht, an der goldenen Kette um den Hals trägt. Freilich es fällt ihr unsäglich schwer, es von sich zu lassen. Aber was bleibt ihr anderes übrig? Hastig winkt sie das Weib heran. Und merkwiirdig — jetzt begreift das Kafseruweib sofort. Die Sprache des Goldes scheint verständlicher zu sein, als die Sprache des Mundes. Begehrlich blitzen die stechenden Auge» aus dem schwarzen Gesichte her über nach den» glänzende»» Schmuckstück. „ES gehört dir, »venu du »»ich fortläßt," nickt Rose. Das Weib grinst. „Ja — aber der Kerl schlägt mich tot!" „Er denkt nicht dran . . . Und schlimmstenfalls gibst du ihm das gol dene Herz. Da»»» »st er gleich zufrieden." Das Weib überlegt. Nicht losreißcu kann es den Blick von dein gleißen den Dinge. Jetzt eilt eS zum AusgaugSloche und späht hinaus. Dann schleicht es katzenartig zu Rose und beginnt die Stricke von ihren Händen und Füßen zu löse»». Nun aufs neue Lauschen. 'Draußen daö leise Wiehern von NoseS Pferdchen, das au eincm verdorr ten Palnilwuiue angebunden ist. Wie elektrisiert springt Rose in die Höhe. Hastig händigt sie dem Weibe das Schmuckstück aus. Dann eilt sie auf Bill zu. „Nein, nein!" heult das Weib. „Nicht das Pferd nehmenI Der Kerl schlägt mich tot!" Aber schon hat Rose das Tier losgebunden, sich auf seinen Rücken ge schwungen und jagt in» Galopp davon. In der. Ferne verhallt das Gezeter des Kaffernweibes. — Die ganze Nacht über irrt Rose in der Dunkelheit umher. Endlich — am nächsten Morgen — ein bekannte Gegend. Nicht gar »veit befindet sie sich von Büffel-Goldfeld. Langsamer reitet sie weiter. Müdigkeit hängt ihr i» allen Gliedern. Achtzehn Stunden fast beständig zu Pferde, ohne etwas zu cssen oder zu trin ken, ist selbst für ihre kraftvolle Natur zu viel. Auch Bill, das Pferdchen, ist müde und hungrig. Mit gesenktem Kopfe trottet es dahin. Plötzlich reckt sich Roses zusainiueugesunk-ne Gestalt. Ihr matter Blick belebt sich. Ein Reiter kommt auf sie zugaloppiert. Und dieser Reiter ist sie weiß nicht, ob sie ihm eutgegeuoilen oder ihn fliehen soll — ist „Lord Gerald!" „Lad») DoloresI" Fast gleichzeitig springen die Namen von ihren Lippen. Und schon ist der Jüngling bei ihr und hält ihre kalte Hand in der seinen. Sein gauzcs Gesicht strahlt.