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Sächsische Volkszeitung : 15.09.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190409157
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19040915
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19040915
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-09
- Tag 1904-09-15
-
Monat
1904-09
-
Jahr
1904
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 15.09.1904
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erhöht werden wollen. Die einzelnen Reichsämter sind vom Reichsschatzamte mit ihren teilweise sehr begründeten Forderungen seither immer zurückgewiesen worden, weil kein Geld da war: diesmal aber haben bereits mehrere der selben erklärt, daß sie die Verantwortung für ihr Ressort nicht mehr weiterführen können, falls ihren Ansprüchen nicht Rechnung getragen werde. Das neue Ouinquennat läuft im Etat und fordert doch ziemliche Mehrausgaben, jedenfalls mehr, als man seither annahm. Woher die Mit tel hierfür nehmen? Angesichts dieser Finanzlage ist es im höchsten Grade fraglich geworden, ob die Neuregelung des Militärpensionsgesetzes in diesem Jahre erfolgen kann-, der Bundesrat hat zu den Vorlagen des Kriegsministcriums und des Marineamtes noch keine Stel- lung genommen: man mag diese nochmalige Hinausschie bung bedauern, aber woher die Mittel nehmen? Die Neu regelung der Biersteuer bringt keine allgemeine Erhöhung, sondern vielmehr einen gerechten Ausgleich in der Steuer zwischen großen und kleinen Brauereien. Tie zu erwarten- den Mehreinnahmen aus den neuen Handelsverträgen sind gerade für die Zeit des Ueberganges ein sehr unsicherer Faktor: kein Mensch kann heute sagen, ob vor dem 1. Ja nuar 1909 — das ist der Termin des Inkrafttretens der neuen Verträge — eine erhöhte Einfuhr stattfinden wird oder nicht. In Betracht kommt hierbei die Getreideeinfuhr. Wenn aber die Ernte 190', bei uns eine reichliche ist, so fin det eine Steigerung der Einfuhr gar nicht statt. Auf eine Mehreinnahme kann somit noch nicht gerechnet werden. Alles in allem steht die Sache so, daß nur die äußerste Spar samkeit uns in Deutschland davor bewahren kann, zu neuen Steuern zu greifen. An solche denkt man im Reichsschatz- amte auch gar nicht: man ist dort der festen und begründeten Ueberzeugung, daß gerade im jetzigen Augenblick der Reichs tag jede Steuervorlage rundweg ablehnen würde. — Der NeichStagsabgesrdnete Dr. Zp«hu hat in seiner Rede zu Nheinbach die völlige Aufhebung des Jesuiten- geseyeö verlangt. Die „Kreuzzeitung' ist damit nicht ein verstanden. Sie schreibt: .Im Zentrum sollte man sich jedoch gesagt sein lassen, daß der tz l des erwähnten Gesetzes bestehen bleiben muß und bleiben wird Die in jeder Beziehung bindenden Erklärungen, sowohl der Negierung als auch der den .Uern der Landtagsmehrheit bildenden koinervativen Partei lassen hierüber keinen Zweifel. Der Zentrums- sührer scheint in einer starken Erregung sich befunden zu habe»; wenigstens schließen wir dies aus seiner etwas nervösen Polemik gegen das Rundschreiben des deutschen evangelischen Kirchenaus schusses. in dem auf daS Fortbestehen der Verordnung -es BundeS- ratS Hingelviesen wird, die dem Jesuitenorden seine LrdenStätigkeit in Kirche und Schule, sowie die Abhaltung von Missionen verbietet." Wir wundern unö wirklich, daß die „Kreuzzeitung" sich gegen die Forderungen der Gerechtigkeit und Parität ablehnend verhält. Warum will sie denn die Jesuiten — einen anerkannten Orden der katholischen Kirche — schlechter behandelt wissen als die Sozialisten und Anarchisten? Das Zeittrum hat nie den geringsten Zweifel bestehen lassen, daß es die völlige Beseitigung des gehässigen Ausnahme gesetzes gegen die Jesuiten auf das Nachdrücklichste verlange. Das katholische Volk fordert vom Zentrum die Ausnahme der Aktion mit allem Nachdruck. Herr Abg. Spahn sprach demselben ans dem Herzen. — Nachdem nunmehr auch Baden und Hessen zur Beratung der Pläne betreffend die Wasserbauten längs tzcS Neckars zwischen Mannheim und Heilbronn ihre Vertreter ernannt haben, werden diese anfangs nächsten Monats mit den wnrttembergischen Vertretern in Heilbronn zu einer Besprechung znsammentreten. — Gegen die Wahl des in Schaumburg-Lippe ge wählten konservativen Reichstagsabgeordneten Brunst er mann lvird der Freis. Ztg. zufolge von freisinniger Seite Protest eingelegt werden ans Grund der behördlichen Be einflussung und der Irreführung der Wähler durch Kolpor- tage erwiesener Unwahrheiten gegenüber dem freisinnigen Kandidaten seitens des Brnnstermannschen WablkomiteeS. — Prinzessin Luise von Koburg scheint cs darauf an gelegt zu haben, nun der breiten Öffentlichkeit den Beweis zu führen, daß sie doch nicht ganz zurechnungsfähig ist. Wenigstens bewegt sie sich in ihren Darlegungen in höchst seltsamen Widerspriick>en. Dem sozialdemokratischen Ab geordneten Dr. Südekum. der wohl „.Hofmarschall" mit Ga maschen und Schnallenschuhen werden wird, hat sie ver sichert. daß sie eine „gläubige Katholikin" sei. nicht an eine Wiederverheiratnng denke, sondern nur getrennt von ihrem Manne leben wolle: jetzt aber wird ein Brief der Prinzessin, aus Bad Elster, datiert vom I. September, bekannt, den dieselbe an den Redakteur des sozialdemokratischen Blattes „Vorrnit" in Genf gerichtet hat und in welchem es am Schlüsse heißt: „Ich will nicht länger Prinzessin sein, ich will eine geachtete, von Liebe und Rücksicht umgebene Frau sein. Ich habe genug von der Doppelzüngigkeit und Ver derbnis der Höfe. Alle Höflinge Europas sind verderbt, sie erregen mir ei» Gefühl der Uebelkeit. All denen, die sagen, ich handelte schlecht, sei eine gefallene Frau, antworte ich. daß sie lügen. Ich bin eine Frau, die frei geworden ist. 29 Jahre lang haben sie mein Herz und mein Gewissen be drückt. Ich nehme mir jetzt, was mir schändlich gestohlen wurde. Bin ich schuldig? Man vergesse nicht: Ich bin Mattasichs Weib. Ich bin frei, ich verlange mein Recht auf Leben, ans Glück. Wer soll es streiten?" Diese beiden Darstellungen stehen im schroffsten Widerspruch. Der genannte Brief an das sozialdemokratische Blatt enthält eine Reihe der Einzelheiten, die entweder auf die Unzurech nungsfähigkeit der Briefjchreiberin zurückzuführen sind oder, falls sie wirklich sich zngctragen haben, einen solch hohen Grad sittlickn'r Verkommenheit ihres Vaters und Gemahls verraten, daß man förmlich erschreckt, wenn man an die Wahrheit dieser Szenen glauben soll. Die Verwaltung des Prinzen von Koburg schweigt bisher zu allen Publikationen der Prinzessin: angesichts dieser Anschuldigungen dürfte doch eine Antwort angezeigt sein. Die Prinzessin hat sich in Paris bereits einem bekannten Pshchiatcn zur Unter suchung gestellt. — DaS Schiltzbiirgerstiickchr» i» Halle a. S. hat jetzt seinen vorläufigen Abschluß gefunden. Vor den versammelten Armenpflegen, hat Hr. Stadtrat Tempelmann am Mittwoch bekannt gen,acht, „daß Hr. Stadtrat Winter freiwillig auf das Amt eines stellvertretenden Vorsitzenden Verzicht ge leistet habe und vom Magistrat Hr. Stadtrat Walger dazu bestimmt worden sei." Dieser wurde denn auch den 43 Personen, die die Armenverwaltung repräsentieren, vor gestellt. Also die „voraussetzung-losen" Armenpfleger, die sich gegen das Entsetzliche gewehrt haben, einen katholischen stellvertretenden Vorsitzenden zu bekommen, haben „gesiegt". Mit vollem Recht bemerkt da» sozialdemokratische Volks- blatt: „Wir bedauern, daß Hr. Winter diesem engherzigen, intoleranten Verlangen der Armenpfleger gewichen ist; hier hieß es: I^rinoipii» ot)8t»! Ob sich die Herren bei der Vorstellung des Ersatzmannes des Hrn. Winter nicht doch etwas geschämt haben?! Veranlassung hatten sie dazu." Ueberaus bezeichnend ist. daß die bürgerlichen Blätter von Halle, die „konservative" Hallesche Ztg., die angeblich frei sinnige Saale-Ztg. und der „unparteiische" Generalanzeiger, nicht den Mut gefunden haben, zu diesem Skandal ein offenes Wort zu reden. Oesterreich» Ungar«. — IX. internationaler Preßkongreß. In der Nach- mittagssitzung am Montag referierte Dr. Liman-Taube (Berlin) über die „Würde der Presse" und „die Schaffung von Standesgerichten", wobei er unter anderem zustimmende Aeußerungen von Björuson, Graf Friedrich Schönborn, Wildenbruch, Felix Dahn, Georg Brandes und Julius Rodenberg zitierte. Nach einer längeren Debatte, an welcher sich Hermann Bahr, HanS Puchstein und andere Herren beteiligten, beantragte Bergougnan (Paris) folgende Resolution: „Der Kongreß nimmt den vorgeschlagenen Text an und ladet das Bureau des Kongresses ein. die ver schiedenen Gerichte zu konstituieren, damit sie in, nächsten Kongreßjahr in Kraft treten können." Die Resolution Bergougnan wird einstimmig angenommen und sodann die Sitzung geschlossen. Abends mar große Soiree beim Minister präsidenten Dr. v. Koerber. Derselben wohnten Erzherzog Rainer, der Protektor des Kongresses, nahezu sämtliche ge rneinsame und österreichische Minister, sowie die Spitzen der obersten militärischen und Zivilbehörden an. — Der böhmische Lendtag ist für den 9. Oktober ein berufen morden. — Der konservative Abgeordnete Georg Baumgartner hat im „Linzer Volksbl." einen Artikel erscheinen lassen, in dem empfohlen wird, ohne Unterordnung einer Partei unter die andere bei den nächsten allgemeinen Wahlen unter der Parole „Oosterreichisches Zentrum nach dem Vorbilde der Katholiken Deutschlands" eine einheitliche christlich- deutsck-e Partei aus diesen bisher getrennten parlamentari schen Gruppen Deutschkonservatives Zentrum und Christ- lich-soziale Vereinigung zu schaffen. Der Vorschlag ist mehr als Gefühlspolitik, er ist dem Wesen nach seit langem Ge meingut aller jener, welche bei der heutigen Zerfahrenheit der Parteiverhältnisse die Machtstellung eines christlich-deut schen Blocks zu schätzen wissen, da durch eine solche Vereini gung die weitaus stärkste Partei in Oesterreich entstünde. Mit dein Tage, da diese Partei ins Leben tritt, ist der Libe ralismus politisch endgiltig unterlegen und die Bahn wie der frei gemacht für jene bedeutsame Sammlung aller anti- liberalen sozialreformerischen Kräfte, welche vor den, Jahre (897 so glücklich eingeleitet und dann durch Badeni so un erhört frevelhaft durch Entzündung des Nationalitäten kampfes zerstört worden war. Eine solche Sammlung, die gewiß auch außerhalb der beiden genannten Parteien im deutschen Lager Verständnis fände, wäre der Beginn einer neuen gesunden nationalen und sozialreformerischen Politik. Fsramtreich. — Kulturkampfrrde eines Generals. General Peloun, Kommandant des II. Korps, richtete an die Offiziere seines 1 l. Infanterie Regiments laut „Patria" folgende Ansprache: „Es ist Ihre erste Pflicht, der Republik zu dienen, und zwar der gegenwärtigen Republik. Es ist Ihnen untersagt, an derselben irgend welche Kritik zu üben. Sollten einige unter Ihnen gegen die gegenwärtige Regierung eine Feind seligkeit zeigen, so mache ich eü Ihnen zur Pflicht, mir dieselben namhaft zu machen. Sir dürfen nicht in die Messe gehen, die Kirchen besuchen oder mit Geistlichen ver kehren. Wenn einige unter Ihnen der Gewohnheit der früheren Jahre nicht widerstehen können, so sollen sie dies wenigstens ohne Ostentation tun." Man soll diese An sprache für erfunden halten, allein dementiert ist sie bis jetzt noch nicht. — Die Generalversammlung der Freimaurerlogen hat an den Ministerpräsidenten Combes eine Adresse gerichtet, worin sie ihm ihre warme Sympathie und ihr volles Ver- trauen znm Ausdruck bringt. Gleichzeitig fordert sie den Ministerpräsidenten auf. in dem unternommenen Kampfe anszuharren. die Republik gegen den KlerikaliSmus zu ver teidigen. sowie die politischen und militärischen, die Steuer und sozialpolitischen Reformen durchzuführen. Er möge in der Kammer die Trennung der Kirche vom Staate und das Gesetz über die Arbeiterpensiontzkassen zur Beratung gelange» lassen. Daß der Herr seinen treuen Diener lobt, finden wir selbstverständlich. NvrVamerika. - Das Wnhlprogramm Roosevclts ist in dem Briefe enthalten, in welchem er die Präsidentschaftskandidat,,r an nimmt. Die Flotte, heißt es in den, Briefe, ist der mäch tigste Schutz des Friedens, hauptsächlich weil sie gefürchtet ist und für den Dienst der auswärtigen Politik eintritt. Irgend ein Aufgeber, der Philippinen würde eineKatastrophe bedeuten, und die Stimme der Vereinigten Staaten würde im fernen Osten nichts mehr gelten, wenn sie die Philippi- „er, anfgeben würden. Präsident Roosevelt kommt sodann auf den Vertrag mit China zu sprechen, der reich an Vor- teilen für die Zukunft Amerikas sei. Die Monroe-Doktrin, fährt Roosevelt fort, hat neue Kraft erhalten. Präsident Roosevelt bezeichnet den Versuch, die Tarifrevision mit der Lösung der Trustfragc zu identifizieren, als unaufrichtig und sagt, dem durch die Trustfrage hervorgerufenen Miß stande könne man nur auf der in den letzten drei Jahren vom Kongresse und der Exekutive geschaffenen Grundlage beikommcn. Keine Periode — heißt es dann weiter — sei materiell so produktiv gewesen, und zwar ebenso für die Arbeitnehmer wie für die Arbeitgeber, als die letzten sieben Jahre unter der absoluten Herrschaft der Republikaner. Der Brief schließt mit den Worten: Wir halten uns immer als das wichtigste Ziel der Politik und Verwaltung die Herr schüft de» Friedens im Lande und in der ganzen Welt vor Augen. — Roosevelt» Wahl gilt al» gesichert. Deutsch»SÜdweftafrik« — Ueber die trostlosen Zustände der LandungSvechätt- nisse unseres einzigen südwestafrikanischen Hafens Stoockop- mund erhebt die „Deutsche Ztg." bittere Klage. Sie ver- öffentlicht aus der „Deutsch-Südwestafrikanischen Zeitung" eine Reihe von Wochentagsnotizen vom 4. bis zum 8. Lu- gust, aus denen hervorgeht, daß von einem Löschen der vor dem Hafen ankernden Schiffe keine Rede sein kann. Acht große Schiffe liegen ungelöscht auf der Reede, die kleinen Kapslädter Dampfer seien wieder abgedampft, ohne ihre Fracht gelandet zu haben. Das Blatt erklärt, daß eine Be seitigung dieser traurigen Zustände nur dann erwartet wer den könne, wenn Deutschland dazu schreite, — die Walfisch bai. den Swakopmund benachbarten englischen Hafen z« er werben! Diese Klagen sind nicht neu. Der Kolonialdirek- tor hat schon im Reichstage mitgeteilt, daß größere Aus gaben nötig seien, um die Versandung des Hafens aufzu halten. Wie man aber gar an die Erwerbung der Walfisch- bei denken kann, ist uns rätselhaft; die Verhältnisse find dort nicht besser, auch dieser Hafen leidet, wie die gesamte südwestafrikanische Küste, unter der Versandung. Es müssen also in Swakopmund Vorrichtungen getroffen werden, die der Versandung tunlichst Vorbeugen; allerdings kostet das wieder eine hübsche Summe. Unsere Kolonien sind ein sehr teurer Luxus! Aus Stadt ««d v«u»d. «MiNellunqrn au- uuZerem Leserkreise mit RamenSsertiguna sür diese Rudrtk find »er Redaktion «lleieit willkommen Der Raine de» Linsend-r» bleibt Geheimnis der Redaktion, «nonyme Zuschriften müssen uuderücksichtigt bleibe» ) Dr roden, de» 14 September 1S04. —* Se. Majestät der König begab sich am DienStag früh 7 Uhr nach Schandau zur Hochwildjagd auf Hinter- hermsdorfer Revier. Die Rückkehr nach Pillnitz erfolgte abends gegen 8 Uhr. —* Ihre Majestät die Königin-W itwe ist Dienstag vormittag 9 Uhr nach Rehefeld gereist, um dem am nach mittag dort stattfindenden Kinderfeste beiznwohnen. Nach 9 Uhr abends kehrte Ihre Majestät nach hier zurück. —* Frau Prinzessin Friedrich Leopold von Preußen ist am Dienstag hier eingetroffen und im Grand Union Hotel abgestiegen. —* Die Gründe gegen eine Staatshilfe ans Anlaß der Einstellung des Elbverkehrs wurden im „Dr. Journal" dargelegt. Dem Artikel entnehmen wir, daß das Finanzministerium keineswegs verkannte, es handle sich bei der inmitten des Sommers eingetretenen Sperrung des Elbwegs um einen außergewöhnlichen Vorgang, durch den zahlreiche Unternehmer, die auf den billigen Bezug »der Versand ihrer Waren auf diesem Wege rechneten, in ihren finanziellen Interessen empfindlich beeinträchtigt werden. Dem Ansuchen mehrerer Landtagsabgeordneter um Ver billigung der Frachttarife auch der Eisenbahn konnte jedoch die Regierung trotzdem nicht stattgeben. Die Regierung wird eine ungerechtfertigte Begünstigung jener darin er blicken, welche jahraus jahrein die Wasserstraßen znm Trans port zur Verfügung haben, gegen jene, die die hohen Ejsen- bahnfrachtsätze bezahlen müssen, weil ihnen keine Wasser straße zur Verfügung steht. Weiter würde die nachgesuchte Tarifermäßignng den großen Fehler haben, daß sie wette Kreise, die ebenso oder noch härter von der großen Dürre betroffen werden als die zu Benutzung des Bahnwegs ver anlaßten Wasserinteresscnten, nicht berücksichtigt. Es gilt dies vornehmlich von dem zunächst unmittelbar betroffenen Schiffahrtsgewerbe, dessen Lage durch eine Ermäßigung der Eisenbahnfrachten eher noch eine Verschlechterung er fahren würde, insofern durch Ablenkung der Transporte vom Wasser- ans den Bahnweg die Aussicht auf guten Ver dienst beim Wiederaufgehen der Schiffahrt geschmälert wäre. Außerdem aber würden sich neben vielen anderen im besonderen auch diejenigen beschwert fühlen, die, nicht an der Wasserstraße liegend, Wasserkräfte für ihren Betrieb benutzen und infolge der Dürre zu vermehrtem Kohlcnbe- zuge mit der Eisenbahn genötigt sind. Sonach stünde man bei Eingehen ans die nachgesuchte Frachtermäßigung in der Tat vor der Frage einer allgemeinen Herabsetzung der Staatsbahntarifc, eine Wirkung, welche im Interesse der Finanzen des Landes unbedingt vermieden werden muß. Notstandstarife sind am Platze, wenn bei Mißwachs die Er nährung der gesamten Bevölkerung gefährdet ist. Dagegen könne cs nicht Aufgabe des Staates sein, jede infolge von Naturereignissen fehlgeschlagene Kalkulation aus Staats mitteln auszugleichcn; hierauf aber würde die ans Anlaß der Sperrung des Elbwegs nachgesuchte Frachtermäßigung in vielen Fällen hinanslaufcn. Die Handelskammer Dres den hat sich in dankenswerter Weise der Aufgabe unter zogen, die von den einzelnen Interessenten geäußerten Wünsche znsammenznfasscn. Sie gipfeln darin, daß die Tarife ans der neben dem Wasserweg hcrlanfenden Eisen- bahnstreckc um etwa 50 Prozent ermäßigt werden sollen, und zwar wird die Ermäßigung für sämtliche in Wagen- ladnngen vorkommcnde Artikel beantragt. Für die An wendung wird dabei lediglich die Bedingung gestellt, daß die Güter bei offener Schiffahrt auf dem Elbwege verfrach tet worden sein würden; ein solcher Beweis ist nnfiihrdar. Vor allem aber muß es ans volkswirtschaftlichen Gründen als ausgeschlossen angesehen werden, daß die Eisenbahn tarife für sämtliche auf dem Wasserwege zur Beförderung kommende Wagenladungsgütcr ermäßigt werden. tzS stände in schroffem Widerspruch mit der bisherigen Eisen bahntarifpolitik der deutschen Eisenbahnen, wenn auf diese Weise für ausländische Güter zum Nachteile der inländi schen Produktion, die mit jenem im Wettbewerb steht, und die nunmehr durch die Gunst der Konjunktur vielleicht auf besseren Absatz hofft, außergewöhnlich billige Tarife ein- geführt würden. Es ist eben von Haus aus ein Unding, wenn man die dem Verkehr vollständig freigegebenen Was serstraßen durch die Eisenbahnstraßen mit ihren öffentlich rechtlichen, in jahrelanger Arbeit ausgebildeten Tarifen ein- fach im Wege einer allgemeinen Ermäßigung der letzteren ersetzen will. Nach der geographischen Lage Sachsen» ist die Haltung der preußischen Staatseisenbahnverwaltung in der Frage von ausschlaggebender Bedeutung. Der preu ßische Minister der öffentlichen Arbeiten hat aber die ein- schlagcnden Gesuche ausnahmslos abgclehnt. Darnach er-
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