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SWjcheUolksMilg B»tn,»pret«, »>or«»b« 4 mit » Bella»,n diertellädrll» »,IV I». In Dresden durch Boten »,4V 4». In «an» Deutschland > »re« Hau» »,»»-»; tn oelterrelch 4,4» L >««»s ^ Dre! 1.80 4». In I «otaabe » nur mit Feierabend viertelj Dresden durch Bote» »,I« 4». In aanz Deutschland frei I Hau« »,»» 4»; in Oeslerreich 4,«V E — «tnzel-Rr. 1« 4. BedakllonS.Svrechstunde: I« bt» »1 Uhr vormittags. Fllr Rück,ade etngelandter SchriiMück» macht st» die Redaktion nicht verbindlich; Rücksendung ersolat, wenn Rückporto bci- I «efügt ist. Brieflichen Anfragen ist AniioortSporto beiMfügen Nr. 278 Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit mit Unterhaltungsbeilage Vie illustrierte Zeit und Sonntagsbeilage Feierabend , «n,eigen, , Annahme von »eichSsiSanzeigen bi, ,0 Uhr. von Ftmilie,,. I anzeigen dt» I» Uhr Preis tiir die Pettl-Spallzetlc 2« 4. >m NellameleU «v 4- Für undeutlich geschriebene, sowie durch FenNprecher aus' I gegebene Anzeigen könne» wir die Beraniwortllchkcll siir die ' Richiigkeli de» Texte» nicht übernehmen. Geschäftsstelle und Redaktion Dresden, Hoibeinsiratzc Sü Fernsprecher 1366 sZslLzvarsn vom sill1s.oNst«ll bis koiostsu Osnrs 1^(71, MIN2L Lpsrükck- kslr-vLion- unck ülütLSvgosoNLtt l)ro8äsll-^., Rm^strLÜ« 26 unweit. lüoks Viktor, a8t.r»üo,^s^vnUdsr 6or l'srnspr. 5979 Ropkrtttcirou uuä Houccaksrli^ungol» - Der Vundesratsbeschluß und die Katholiken Bon hochstehender Seite schreibt man uns: Die zahlreichen Protestversammlungen gegen den Bundesratsbeschluß und die Stellungnahme der gesamten katholischen Presse zeigen, daß ein gewaltiges Wogen durch das katholische Volk goht. Auch dem Langmütigsten muß einmal die Geduld reißen, wenn er sieht, wie die Gegner von allen Seiten wie eine losgelassene Meute über rhu herfallen. Sollen denn alle Katholiken mit Verachtung auf Deutschland blicken, wo man einen Jesuiten nicht ein- mal mehr ein Vaterunser beten läßt, wo es ihm verboten sein soll, in Privatgesprächen religiöse Gegenstände zu be- handeln, wo man einen Jesuiten nicht einmal mehr als Gast zu sich bitten darf? So enthält es der geradezu unsinnige Bundesratsbeschluß gegen die Jesuiten! Die Ruhigsten und Stillsten im Lande wachen auf; Zuschriften über Zu schriften kommen und sie alle geben der Entrüstung Aus- druck ob solcher Behandlung. Das „Berl. Tagcbl." meint zwar: „Die Beziehungen zwischen Herrn v. Bethmann Hollweg und dem Zentrum haben sich allmählich bis zum Nullpunkte abgekühlt und das Zentrum hat es noch immer verstanden, seine Rache kalt zu genießen. Was wir augenblicklich auf dem innerpolitischen Gebiete erleben, daS ist Wohl kaum der endgültige Zusam menbruch der blau-schwarzen Herrlichkeit und damit auch das Ende des Bethmannschen Regimes, tvohl aber sind es die ersten Anzeichen einer veränderten Situation, deren Konsequenzen sich kaum völlig wieder beseitigen lassen wer den. Hat sich erst einmal der auswärtige Himmel etwas mehr geklärt, dann dürfte es zwischen Herrn v. Bethmann Hollweg und dem Zentrum bloß bei Platzpatronen sein Bewenden haben." Aber das Blatt täuscht sich; mit Platzpatronen wird nicht geschossen. Wenn man gegen die Katholiken mit Keulenschlägen vorgeht, dann wehrt man sich recht kräftig seiner Haut und zwar auf der ganzen Linie und mit aller Entschiedenheit. Die Katholiken Deutschlands haben eine Geschichte, die sie und ihre Gegner noch nicht vergessen haben. Sie haben noch den steifen Nacken, den selbst ein Bismarck nicht zu beugen vermocht hat; sie zehren noch von dem Erbe ihrer Väter, die für die Freiheit und die Rechte ihrer Kirche kein Opfer scheuten und ungeschwächt und ungebeugt aus den Kerkern wieder auf den Kampfplatz eilten oder in der Ver bannung starben. Die Erinnerung an jene Männer, von denen viele noch unter uns weilen, wird jetzt lebendig und stärkt uns Katholiken im festen, entschiedenen Wollen. W'r wissen, daß wir auf uns selbst gestellt sind und fühlen auch die Kraft in uns, den Kampf gegen alle aufnehmen zu kön nen. Es wird und muß sich jetzt entscheiden, ob das katho lische Volk in Deutschland Anerkennung für seine Rechte findet oder nicht, ob die katholische Kirche in Deutschland frei ist oder geknechtet. Es geht jetzt nicht mehr allein um Recht und Gerechtig keit, es gilt jetzt auch die Ehre des katholischen Volkes, die es verpfändet hat für das Recht. Es liegt uns Katholiken fern, die Rechte des Vaterlandes schmälern zu wollen! wir stehen nach wie vor mit der ganzen Liebs für unser Vater land ein, wir können aber unser Vertrauen nicht mehr einer Regierung schenken, die das von uns in sie gesetzte Vertrauen in solcher Weise belohnt. Gerade auS Liebe zum Vaterlande wollen wir an seiner Spitze Männer sehen, die unseres Vertrauens würdig sind und die nicht in weiten Kreisen der Bevölkerung auch die Hingabe und Liebe zum Vaterlandc schwächen. Das muß verhütet werden, und eS ist unser aller Pflicht, das Volk die Person von ihrem Amte unterscheiden zu lehren. Es darf nicht der Anschein erweckt werden, als ob wir je bereit sein würden, in absoluten Staatsnotwendigkeiten Opposition zu treiben: in vater- löndiscl>en Aufgaben werden wir nicht versagen. Wir sehen aber anderseits keinen Grund, in anderen Fragen einer Negierung den Rücken zu steifen, die uns im Stickst? läßt, wo unsere Ehre auf dem Spiele steht, wo wir nur Gerech tigkeit für unsere Kirche verlangen. Die Zukunft wird zeigen, ob unser Entschluß ein männlich ernster war, und ob es einer Regierung möglich sein wird, dem Willen von über 20 Millionen deutscher Katholiken mit Erfolg sich ent gegen zu stemmen. Wie kläglich mutet es an, daß in einer Zeit, wo die Frage, ob Krieg oder Frieden auf des Messers Schneide siebt, eine paar kleine deutsche Staaten im BnndeSrat des mächtigen Deutschen Reiches sich im Jcsuitengesetz zu über bieten trachten und daß ein Staat wie der preußische mit seinen 17 Bnndesstimmen nicht den Mut findet, den ver ängstigten „Kleinbürgern" Ruhe zu gebieten. Der Bundes- ratsbeschluß zum Jesuitengeseh ist ein Kulturdenkmal, über das nicht nur das ganze Ausland, sondern auch unsere Nach kommen sich »-eidlich lustig machen »-erden. Wir deutschen Katholiken aber müssen leider in einer Zeit, wo ernstere Dinge zu tun wären, die Regierung an unser Recht er innern, und wir werden mit allem Nachdruck auf unserm Recht bestehen! Die am 4. Dezember vom Zentrumssührer Spahn im Reichstage verlesene Erklärung der Zentrumspartei zeigt deutlich und klar, daß das Zentrum nicht gewillt ist, die ungerechte Behandlung länger zu ertragen. Hinter dem Zentrum steht das katholische deutsche Volk. Und so tönt denn durch die Lande der' Ruf: „Die Scblafhauben herunter, die Sturmhauben auf!" Deutscher Reichstag Berlin, den 4. Dezember 1912. Die Jcsiiitendcbnttc im Reichstag Ganz anders, als die beiden ersten Tage der Etats- beratungen gestaltete sich der dritte Tag. Für Herrn v. Bethmann sind die beiden ersten Tage befriedigend ver laufen. Cie haben ihm die Gewißheit gegeben, daß er in seiner auswärtigen Politik die Mehrheit des Reichstages und des deutsckM Volkes hinter sich hat. Nach dem heutigen Tage kann er mit der gleichen Gewißheit sagen, daß er in seiner inneren Politik das Vertrauen der Mehrheit des Reichstages und eines großen Teiles des deutschen Volkes nicht hat. Das ist das Ergebnis der Sitzung vom 4. De zember. Eigentlich hätte die Etatsdebatte beginnen sollen; das Haus aber wußte, daß die Jesuitensragc im Vorder- gründe stand. Auf der Tribüne saß n. a. auch der Jesuiten- pater Aschenbrcnncr, der das Eiserne Kreuz im Jahre 1870 erhalten hatte und in Gefolgschaft des Kaisers anno 1871 in Berlin einzog. Und heute? Zunächst hielt Reichsschatzsekretär Kühn die ein leitende EtatZrcde. Das Jabr 1011 sei das der lleberjchüsse gewesen und zwar von 250 Millionen Mark. Wenn das zweite Halbjahr 1012 hält. Inas das erste gebracht hat, dann erhalten wir einen nicht unbeachtlichen lleberschuß: genaue Zahle» könne er nicht augeben. Die Börsensteuern hätten sich besonders gut gehalten. Der Kredit der Schatz- nilweisungen ist sehr zurückgegangen. Welche Form die lax-Bassermann-Erzberger annehmen werde, könne er heute noch nicht sagen. (Heiterkeit.) Maßgebende Verhandlungen über die allgemeine Besitzstener werden in den Weihnachts ferien stattfinden. Alle gegen die im Frühjahre vorgc- nommene Finanzierung erhobenen Bedenken sind unbe gründet; die solide Finanzierung muß und wird beide- halten. Redner bespricht die einzelnen Positionen des neuen Etats. Die Jahre der Zuschüsse müssen der Geschichte angehören. Der Redner der Sozialdemokratie, Dr. Fr uk, fand den Etat „schlecht", weil er auf Zöllen und indirekten Steuern aufgebant sei. Wie soll die Besitzstener denn aus- sehcn? Redner bemängelt, daß für die sozialen Zivecke zu wenig geschehe. Dis Neichsregierung tue nichts für dis Organisationen der Arbeiter, ja sie schädige diese, wo sie könne. Volksversicherung und Arbeiterjugend sagen genug. Als der Redner immer mehr revisionistische Ideen ent wickelte, fand er nicht die Spur eines Beifalles bei seinen Freunden. Die Negierung unternehme nichts gegen die Syndikate ind lasse sich von diesen schlecht behandeln. Nur eins energische Sozialpolitik helfe dagegen. Zum Schlüsse kommt er auf die Jesuitenfrage n, sprechen; die Entsckm- düng des Bundesrates halte er für eine erfreuliche Er scheinung, da sie die Reick-seinlieit herstelle. Herr v. Hert- ling habe eine schwere Niederlage erlitten. Nach wie vor aber treten dis Sozialdemokraten für Aufhebung des ganzen Jesuitengesetzes ein — erklärt er feierlich. Aber das Zen- Deutsche Politik Von Germanus Wie die Dinge nun liegen, treibt Oesterreich seinem Untergange zu. Sollte aber ein Preuße oder Nationalver- einler hoffen, Preußen werde in die volle Erbschaft treten, dürfte er sich bitter täuschen. Vielleicht kommen die vor maligen Bundesländer dereinst an Preußen, etwa gegen Abtretungen bis zur Weichsel, welche die Russen begehren, begehren müssen. Galizien und Rußlaird aber werden viel eher Rußland verfallen als an Preußen kommen. Verblen det haben die Ungarn nicht eingesehe», daß sie nur dis Wohl vor sich haben, entweder den Deutschen sich anzu- schließen oder des Zaren Untertanen zu werden. Wenn einst am Adriatischen Meere Preußen und Rußland aneinander- stoßen »'erden, dann wird ibre K-r-'iwdü-Naft sich lösen. Denn was Preußen 1866 vollbracht hat, das vollführte es mit stiller russisck-er Unterstützung nach einem bloß münd lichen Abkommen, welches an Rußland, wie versichert wird. Konstantinopel prcisgegeben hat. So erfuhr ich 1866, als chaS preußische Heer an der Donau stand, von einem Russen, der mich eigens, um mir dies zu sagen, aufsuchte, und die russische Bedrohung Oesterreichs im Jahre 1870, sowie die den preußischen Siegen nachfolgende Vernichtung des Pa- riser Friedens, welcher da« Vorschreiten Rußlands gegen die Türkei zu hindern bestimmt war, scheinen jene Mittei lungen zu bestätigen." m. Es läßt sich gewiß nicht leugnen, die letzten sechs Jahr zehnte waren eine Zeit deS glänzenden Aufschwunges in Bezug auf wirtschaftliche Dinge und mechanisches Misten. Uber sie waren anderseits auch eine Zeit de» geistigen Nie derganges, der Verflachung, und dies macht sich vielleicht »irgend« so sehr bemerkbar als auf dem Gebiete des polt- tischen Denkend und Fühlens. Wir begegnen deshalb hier so selten mehr dein aufs Große gerichteten, wert hinaus dringenden umfassenden staatsmännischeu Blick und wenn er in einzelnen Fälle» noch vorhanden ist. so findet er bei den Massen kein Verständnis. Bei uns in Deutschland stehen die Dinge m dieser Be ziehung ganz besonders schlimm, seitdem gerade der wich tigste Teil des politischen Lebens, nämlich derjenige, wel cher die sogenannten auswärtigen Dinge umfaßt, zum Herrschaftsgebiet eines Einzelnen erklärt und der Mitarbeit des Volkes entzogen worden ist. Wer den allmählichen Umschwung, der in dieser Beziehung in Deutschland ein getreten ist, verstehen lernen will, der muß die deutschc- politische Presse der letzten 50 Jahre studieren. Es wird ihm dann in geradezu erschreckender Weise klar »-erden, wie das selbständige politische Denken und Urteilen in »n- serem Volke immer mehr eingeengt wird und schließlich fast ganz aufhört, so daß am Ende nur noch für wahr und rich- tig gilt, was seine Weihe in dem Berliner Zentralpreß, bureau erhalten hat. Heinr. Wuttke, ein Mann, der zugleich Historiker und Politiker war, und als großdeutscher Patriot sich hoch über den Sybel-Treitschkeschen Klüngel erhob, hat die Verderb nis der politischen Publizistik in treffender Weise gcschil- dert: „Ein Hauptkennzeichen der reptilistischen Kampfes- weise, sagt dieser mannhafte Kämpe für Recht und Wahr- heit, *) ist die Art ihrer Berichterstattung. Wer ,m Reick-stage für die Freiheit so, wie es sich ziemte, sprach, oder wer gegen die fortschreitende Verpreußung deutscher Staaten daS Wort ergriff, ward von der Presse totgeschwie gen oder beschimpft, und wäre es der ehrwürdige Ewald gewesen, dieser Mann fast unsterblichen Namens. Die Bande ist so roh und gemein, daß sie keine Ehrfurcht vor "" - wahrer Größe kennt. Las man die stenographische Aufzeich nung seiner Reden, so fand man wohldurchdachte Aus sprüche, bedeutende Gedanken: las nian die Berichte in den Zeitungen (und nur diese werden allgemein gelesen), so klangen seine Worte lächerlich. Ergriff der Abgeordnete der ehemaligen Freie» Reichsstadt Frankfurt. Sounemann. das Wort für die mundtot gemachten Elsässer und sagte heraus, was Briefe aus diesem Lande bestätigten, so las man in den Zeitungen: „Auf seine Acußerungeu zu ant worten, wäre unter der Würde eines deutsckstm Reichskanz lers; ein solckier Grad politischer Ehrlosigkeit bat nickst An spruch darauf, als berechtigte individuelle Ansicht zu gelten." Als Mallinckrodt die Hand auf das Buch des italienischen Ministers La Marmora legte, erklärte die „Spcnersche Zeitung": „Die nationalen Parteien sind von dein ganzen Essbaren der Zentrumspartei mit tiefem Ekel erfüllt, kön nen ihr Bedauern darüber nicht unterdrücken daß Fürst Bismarck die ultramontanen Kläffer einer Antwort wür digt, daß er den Herren Windthorst, Mallinckrodt, Sck-or- lemer, indem er sich herabließ, von ihren Künsten ein Auf hebens zu machen, erst ein Relief verlieben hat, und daß er ihre oratorischen Hebungen nicht vollständig ignoriert", und schloß mit dem HinlveiS auf Friedrichs de? Großen Wort: „Und mit dem Gesindel sollen wir unS herumschlg- gen." Auf die gleiche Weise ließen sich die „Norddeutsch.- Allgemeine" und die „Nationalzeitung" auS, und diese ihre Aufsätze flogen fast durch die ganze deutsche Presse. „So wird der Beruf und die Bedeutung der Volksver- tretung von der herrschenden Partei verstanden. Wann hätten jemals die Vorbereiter der Knechtschaft sich offen zu ihrem Werke bekannt? Entweder sprachen sie von der für die allgemeine Wohlfahrt notwendige» Ordnung, oder, tnnn sie geschickter verfuhren, stellten sie sich gar an, als ob sie der Freiheit Bahn brächen. (Fortsetzung folgt.)