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Aus Stadt und Land. —* Was aus einem so kleinen Lande wie Sachsen nichi alles werden kann: Seit Abschaffung des Wahlgesetze- ist es die Hochburg der Agrarier; seit der letzten Reichstagswahl die Hochburg der Sozial- demokratie — daS rote Königreich; seit Ueberbandnehmen des Austritts aus der Landes kirche die Hochburg des Sektenwesens und seit der Aufhebung des § 2 des Jesuitengesetzes die Hochburg des Evangelischen Blindes. Es scheint, daß dies etwas sehr viel Hochburgen auf kleiner Fläche wären. - " Die im Jahre 1902 von Herrn Jul. Bolthausen in Solingen ins Leben gerufenen Lehrer-Orientfahr- t e n haben solchen Anklang gefunden, daß bereits neun sol cher Reisen stattfinden konnten. Die diesjährigen vier Fahrten begannen am 7. Juni in Triest. Besucht wurden folgende Punkte: Korfu, Athen, Konstantinopel. Smyrna, Beirut, Baalbek, Damaskus, Haifa, Nazareth, Kana, See ^ Genezarcth, Jaffa, Jerusalem, Bethlehem, Jericho, Totes Meer. Port Said, Kairo und Alexandrien. Die jedesmalige Teilnehmerzahl wurde, um den Orientfahrern einen wirk lichen Genuß von der Reise zu verschaffen, was bei Massen wanderungen unmöglich ist, auf 15 bis 20 beschränkt. Auch Damen und Nichtlehrer nahmen teil. Daß der Orient auch im Sommer ganz gut ohne große Beschwerden besucht wer den kann, geht unter anderem daraus hervor, daß die Teil nehmer — einer zählte 79 Jahre'— meist im reiferen Alter standen und sämtlich die Tour gut überstanden haben. Un fälle sind nicht vorgekommen, die Hitze war zu ertragen und die Seekrankheit blieb eine unbekannte Erscheinung. Die letzte diesjährige Reise endigte am 5. Oktober in Triest. Auskunft über die nächstjährigen Fahrten, welche bereits am 28. März beginnen, erteilt vom 7. Oktober ab Herr Jul. Bolthausen in Solingen (Rheinland), welcher sämtliche Fahrten persönlich leitet. - * Radrennen zu Dresden. Um dem Dres dener Publikum zum Schlüsse der letzten Saison ein ganz ausgezeichnetes Rennen zu bieten, hat die Rennleitung der Dresdner Radrennbahn unter großen Opfern auch noch den Franzosen Simar für das Rennen am nächsten Sonntag verpflichtet. Simar wurde zweiter in der Weltmeister schaft zu London hinter Walthour. Man weiß heute noch nicht, welcher unter diesen 4 Fahrern sich den ersten Preis von 2000 Mk. sichern wird. Robl wird diesmal wiederum einen schweren Stand haben. —* Die Sächsisch-Böhmische Dainpfschiifahrts- Gesellschaft teilt uns mit, daß sie auf der unteren Strecke die planmäßige Fahrt Nr. 20 nachm. 2 Uhr 15 Min. ab Dresden nach Mühlberg, vorläufig bis auf weiteres nur noch bis Riesa ausführen kann, weil mit Rücksicht auf die zeitig eiutretende Dunkelheit unter den jetzigen Wasser- Verhältnissen die Sicherheit des Betriebes gefährdet er- ^ scheint. Dagegen wird aber das Schiff die Fabrt Nr. 25 vorm. 11 Uhr 15 Minuten ab Dresden nach Riesa, nach- mittags 4 Uhr 15 Minuten von Riesa weiter bis Mühl- berg verkehren und planmäßig nachm, gegen 5 Uhr 30 Min. in Mühlberg eintreffen. —* Die Dresdner Buchbinder stellten in einer Versammlung die der Innung zu unterbreitenden Forderun- gen fest. Diese bestehen in 9^stündiger Arbeitszeit, 5 bis 10 Prozent Lohnerhöhung und Regelung der Ueberstunden- arbeit. Freiberg. In den Orten Großwaltersdorf, sowie Großhartmannsdorf ist in verschiedenen Gütern die Geslii- gelcholera ausgebrochen. — Infolge Brandstiftung brannte ein in der unmittelbarsten Nähe des Rittergutes Wingen- darf befindlicher Strohfeimen vollständig nieder, wobei auch das Gut selbst in größte Gefahr geriet. Freibcrg. Eine allgemeine große Flachsbau- Ausstellung für das gesamte Erzgebirge mit Preis- auszeichnung ist für den Monat Dezember hier gevlant. — Bei der Ausführung seines Berufes wurde im Zellwalde der Bahnwärter Weßner ans Großvoigtsberg durch einen von Freiberg nach Nossen verkehrenden Güterzug tödlich überfahren. Dem Manne war von der Maschine der Kopf vom Rumpfe getrennt worden. Der Verunglückte hinterläßt außer der Witwe acht unversorgte Kinder. Leipzig. In der Mittwochsitzung der Stadtverordneten wurde die Aufstellung zweier künstlerisch ausgeführter Brunnen auf dem Roßplatze und in den westlichen Promenadenanlagen genehmigt. Die Entwürfe der Brunnen rühren von den Bildhauern Werner Stein und Josef Magr her. Taucha. Von einem bedauerlichen Unglücksfalle be troffen wurde Mittwoch nachmittag in hiesigem Orte der Abdeckereibcsitzer Anton Klemm von hier. Unweit seines Grundstückes stürzte er vom Rade und wurde von dem Pferde eines entgegenkommenden Geschirres gegen den Kopf geschlagen, so daß er einen Schädelbruch davontrug. Er wurde nach dem Leipziger Stadtkrankenhause überge führt. Leutzsch. Dienstag Nacht ist im Restaurant „Zur Burgaue" ein Einbruch verübt worden. Der Dieb muß aber gestört worden sein, denn er hat nur eine Wurst an sich genommen, das vorhandene bare Geld aber liegen lassen. Zwickau. Der K. S. Militärvereinsbezirk Zwickau hält am 13. November hier seine Generalversammlung ab und wird sich dabei mit der Bezirksvorsteherwahl zu befassen haben, da der seitherige Bezirksvorsteher eine Wiederwahl ablehnen will. — Die elektrische Straßenbahn ist vom Stadtteil Marienthal hier durch die ehemalige Landge meinde Marienthal weitergeführt worden. Donnerstag fand die offizielle Probefahrt statt. Die neue Strecke fährt bis nahe an die Werdauer Flurgrenze. Zwickau. Herr Musikdirektor Mahlmann von der Kapelle des hiesigen Infanterie-Regiments Nr. 133. der um seinen Abschied nachgesiicht bat. wird voraussichtlich am 1. November d. I. aus seiner Stelle scheiden. Um seme Stelle bewerben sich zwei auswärtige Militärmusiker (einer aus Ehemniy vom 181. Regiment, der andere vom Musik- korPS der Unterosfizierschule zu Marienberg-. Plauen. Der Arbeiter Gleißner verübte auf seine von ihm getrennt lebende Ehefrau einen Mordanschlag. Er drang in die Stube ein und schlug mit einem Steinhammer seiner Frau auf den Kopf. Als die Ehefrau um Hilfe rief und das Logiömädchen kam. ließ Gleißner von seinem Opfer ad und ergriff die Flucht. Er ist bisher nicht fest genommen worden. Die Frau ist -chwec verletz!. Plauen i. B. Ter Stadtgememderal hat gestern grund- säylich seine Zustimmung dazu erteilt, daß das König- Albert Denkmal aus dem Altmai kt ausgestellt wird, vor- behältlich besonderer Entschließung über den Standort selbst und unter Vorbehalt, daß der Allmaikt nach Genehmigung der noch vorzulegenden Pläne und Kostenanschläge von der Stadt entsprechend hergestellt wird. OelSnitz i. V. Ter Mitte der fünfziger Jahre stehende, sch«» wiederholt bestrafte Veisichermigsagent Karl Schmatz wurde hier verhaftet und dem König!. Amtsgericht zu geführt. Schm, hat in letzter Zeit, insbesondere in der Schön- heider Gegend, zahlreiche Versichernngsschwindeleien verübt. Lelsnitz i. V. Empfindlicher Wassermangel ist neuer dings wieder im Vogtlande eingetreten. Unterm 4. Okto ber gibt der hiesige Stadtrat bekannt, daß bis auf weiteres die obere Stadt nur vormittags, die untere Stadt nur nach mittags mit Leitungswasser versehen werden kann, sowie, daß die Verwendung von Leitnngswasser zu gewerblichen Zwecken verboten ist. — Nach dem in den letzten September tagen eingetretenen Regen sind jetzt Champignons und Steinpilze in großer Menge zu haben. Sie werden zur Zeit in den vogtländischen Städten billig verkauft. — Auch in den Gemeiiiden Obertriebel und Schönbrunn ist jetzt die Ge flügelcholera ausgebrochen. Mylau. Das Teleplwndicnsi-Vermittelungsamt in Mylau wird morgen ausgehoben und der gesamte Fern-- sprechdienst von Mylau und Netzschkau an das Amt Neichen dach als Zentralvermittelungsstelle angegliedert werden. Herlasgrün. Beim Strobauflesen ritzte sich ein hiesiger Landwirt mit einem Strohhalm eine Hand. Die anfänglich geringfügige Verletzung verschlimmerte sich so sehr, daß er den Arzt missachte, der Blutvergiftung feststellte. Der Be dauernswerte wurde alsbald ins Kreiskrankenstift nach Zwickau geschafft, wo er trotz sofort erfolgten ärztlichen Ein- griffs der Blutvergiftung erlegen ist. Auerbach i. B. Zwei junge Burschen, welche aus Ueber- mut mit Stöcken die Baumrinde von mehreren Straßcnbäu- men im Orte Nodewisch losgeschlagen hatten, erhielten vom hiesigen Schöffengericht für diese Roheit je zwei Monate Ge fängnis. Zittau. In ihrer Mittwochs-Sitzung nahm die hie sige Handels- und Gewerbekammcr Stellung zu der Ein führung der Notstandstarife und sprach durch den Präsi- — 32 — Inzwischen waren die Leute, welche sich bei dem Einnehmen des Segels nicht beteiligt hatten,, an die Pumpen geschickt worden, denn nach Meldung des Zimmermanns standen drei Fuß Wasser im Kielraum. Der Kapitän hielt das aber nur für Wasser, welches durch die eingedrückte Kajütenwand und die Pforten eingedrungcn war. An ein Leck glaubte er vorderhand noch nicht. Diese Meinung äußerte er gegen Holdsworth, welcher keuchend von der eben überstandenen Anstrengung am Kreuzmast stand, und überlegte, ob derselbe zu halten sein würde, da er trotz des eingezogenen Segels immer nock- bedenklich schwankte. Wäre es hell gewesen, dann hätte sich auf dem Stumpf des Fockmastes ein Notsegel auftakeln lassen, um das Schiff vor den Wind zu bringen, bei der alles begrabenden Dunkelheit aber war vorläufig noch nichts zu tun, als die Pumpen in Gang zu halten. Nachdem das Ruder hart Steuerbord übergelegt worden war, trieb das Schiff etwas ruhiger und nahm auch wenig Wasser über. Die Backbord schanze war bei der Fallreepstreppe durch den Sturz des Großmastes bis zum Deck zusammengeschlagen worden und gewährte dem Wasser eine weite Ab flußöffnung, so daß das Hauptdeck, wo gepumpt wurde, gangbar war. Obgleich der Sturm noch heftig tobte, konnte man doch bemerken, daß derselbe abschwächte. Die Wolken teilten sich, und manchmal blinkte ein blasser Stern hervor, um rasch wieder zu verschwinden. Es war jetzt fünf Glasen (halb elf), und da die Leute bis auf die Haut durchnäßt, und durch die furchtbare Arbeit bis zum Tode erschöpft waren, erhielten sie einen Grog. Der Zimmermann peilte aufs neue die Pumpe, und meldete eine Zunahme des Wassers von drei Zoll. Diese erschreckende Entdeckung ließ keinen Zweifel mehr, daß das Schiff leck war. Um die Mannsck-aft nicht zu entmutigen, befahl der Kapitän, daß der Befund ge heim gehalten werden^ollte. Um sechs Glasen legte sich der Sturm beinahe ebenso Plötzlich wie er gekommen war. Das Wrack hatte noch Schwimmkraft genug, um sich leicht über die Wogen zu heben; aber ein trostloseres Bild, als er in dem matten Schein der ab und zu zwischen den Wolken hindurch blinkenden Sterne dar bst, läßt sich nicht vorstellen. Der Fockmast stand wie ein schwarzer, vom Blitz getroffener Baum stamm, der Klüverbaum hing in zwei Stücken am Bugspriet; an der Stelle des Großmastes ragten nur noch einige große spitze Splitter über Deck, und hinten knarrte der seiner Stengen beraubte schwankende Kreuzmast. Das Ganze bot einen überwältigend traurigen Anblick. Um acht Glasen meldete der Zimmermann, daß eine Vermehrung des Wassers im Kielraum nicht stattgefunden hätte. Diese erfreuliche Nachricht machte der Kapitän der Mannschaft sofort bekannt, und diese empfing sie mit einem schwachen Freudenruf. Die Leute der Steuerbordwache hatten sich inzwischen beim Pumpen dreimal abgelöst, eS kam jetzt die Backbordwache an die Reihe. Mit frischen Kräften gingen nunmehr die Schwengel auf und nieder, das Wasser sprudelte auf das Deck und floß in Strömen durch die Speigatten und den eingc- schlagenen Teil der Schanzkleidung ab. Um ein Uhr ging Holdsworth. der sich seit Eintritt des Unglücks auf -Deck befunden hatte, hinunter, um trockene Kleider anzulegen. Als er wieder — 29 — Während er mit dem General Erinnerungen austauschte, stritt der Ka- pitän mit St. Aubiu über den Charakter des Engländers in Bezug aus den Gcldpunkt. St. Aubin erklärte, das englische Publikum wäre im allgemeinen knickerig; nur selten fände man es hier und da freigebig und dann stets am Unrechten Fleck. Es unterstützte marktschreierische Anpreisungen und Reklame machende Institute, für die wahre Kunst, insbesondere für die wahre Schau spielkunst hätte es aber kein Geld übrig. Beide wurden schließlich so hitzig, daß Herr Holland es für angezeigt hielt, das Gespräch aus Gegenstände zu leiten, welche zu einer gemeinsamen Unterhaltung führten. Inzwischen wurde es in der Kajüte dunkel und der Neger sah den Ste ward fragend an in Erwartung des Befehles, die Hängelampen anzuzünden. Da, plötzlich, erklang auf dem Deck lautes Geschrei, begleitet von eiligem Hin- und Herlaufen. Das Schiff legte sich auf die Seite — tiefer — tiefer — und immer tiefer. - Die Frauen kreischten, das Oberlicht wurde finster. Teller, Flaschen, Gläser, Bestecks, alles rollte vom Tisch und fiel klirrend auf den Boden. Die Tecks von hinten hallten wider von lauten Rufen. Man hörte das Wasser in den Schlitzfenstern der Leeseite gurgeln. Ein scharfer, blauer Schein leuchtete über dem Oberlicht, aber wenn ein Donner dem Blitz folgte, so tvar er doch unhörbar unter dem Geheul des Plötzlich losgebrochenen Sturmes. Der Schiffer und Holdsworth stürzten nach der Treppe und anfs Dock. Im Nu sahen sie. was geschehen tvar. Das Schiff tvar mit allen Segeln plötzlich gegen den Mast geweht. Windwärts, derjenigen Richtung direkt entgegen, aus welcher der Wind vor dem Mittagessen gekommen war, sah der Himmel schwarzblau aus und hüllte das Meer in nächtliche Schatten. Ein Orkan, welcher das Wasser bis in die Tiefe in Schaum zerriß, brauste von dort heran, und drückte mit seiner ganzen Gewalt auf die Segel. Das Schiff lag auf der Seite, und seine Stengen bildeten einen Winkel von 40 Grad mit dem Horizont. Tie Verwirrung war unbeschreiblich. Es wurde versucht die Naaen niederzulassen, sie waren aber von den Segeln so festgeklemmt, daß jede An strengung vergeblich blieb; auch die Geitaue versagten ihren Dienst, kein Block funktionierte, keine Schootc ließ sich loswerfcn. Dabei stand der schlimmste Teil der Bö, des Gewitters, oder des rOkanes noch bevor; jener schwarze Wolkenmantel, welchen der Blitz im Zickzack durchzuckte, war noch zu erwarten, und mit ihm die volle Wut, die sein drohendes Aussehen ver kündete. „Mein Gott!" donnerte der Kapitän den zweiten Maat an, welcher bleich, eingeschüchtcrt und hilflos dastand, „was haben Sie angerichtct?" Das Rad war hart nach Steuerbord gedrückt, das Schiff aber lag wie ein Klotz breitseit gegen den Wind, und seine Maste bogen sich tief zum Wasser herab. „Zieht I um euer Leben, Leute, zielst!" brüllte der Kapitän wie wahn sinnig. denn die Mannschaft stand wie gelahmt durch die plötzliche Katastrophe an den Geitaucn und Refftaljen. Holdsworth, der sich auf der Mitte der Hintcrdccktrcppe befand, sah durch seine erhöhte Stellung früher als der Kapitän was jetzt kam. „Alle Mann nach der Wetterseite!" schrie er mit Stentorstimme. Mehr zu sagen