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O 4 Zeil« lge zur Si ichs iscl »ei »Bol lkszeil tun g Nr, L»7 I Mittwoch, den 18. Zuni 1919 abends I L8. Jahrg. Der Wortlaut der Antwort In ihrer Antwort cmf die deutschen Gegenvorschläge erklären die verbündeten und assoziierten Mächte: Sie glnn- ben, daß der von ihnen vorgeschlagene Friede von Grund ans ein Gerechtigkeitssriede sei und den Grundsätzen ent- spreche, die bei Abschluß des Waffenstillstandes von beiden Teilen als Grundlage für den Frieden angenommen seien. In Durchführung dieser Grundsätze hätten die verbündeten und assoziierten Mächte Maßnahmen getroffen, Polen als unabhängigen Staat mit freiem, sicherem Zulab 4»m Meere wieder aufzurichten, alle nicht unzweifelhaft i» der Mehrheit polnisch bevölkerte Gebietsstücke außer einigen iso- lierten Städten und Kolonien, die in erst kürzlich gewaltsam enteigneten Ländern errichtet und inmitten unzweifelhaft polnischen Ländern gelegen seien seien Deutschland belassen geblieben. Ucberall, wo der Volkswille zweifelhaft fei, fe> Volksabstimmig vorgesehen. Danzig werde Freistadt: feine Einwohner tverden autonom und kämen nicht unter polnische Herrschaft, noch würden sie einen Bestandteil des polnischen Staates bilden. Polen werde gewisse wirtschaftliche Rechte in Danzig erhalten, die Stadt selbst von Deutschland gelöst, weil es kein anderes Mittel gäbe, Polen diesen freien, sicheren Zulaß zum Meere, den Deutschland zu gewähren ver sprochen hatte, zu geben. Tie deutschen Gegenvorschläge stünden in völligem Widerspruche mit den für den Friedeus- schluß angenommenen Grundlagen. Sie sehen vor, daß die große Mehrheit unzweifelhaft polnischer Bevölkerung unter der Herrschaft Deutschlands belassen würde. Sie verweiger ten aber einer Nation von über 20 Millionen Einwohnern, deren Landesangehörige längs des ganzen zur Küste füh renden Weges'in der Mehrheit seien, den sicheren Zulaß zum Meere, um Verbindung zu Lande zwisckzen Ostpreußen- und Westpreußen zu erhalten, deren Handel immer haupt- lächlich zur See erfolgt. Diese Gegenvorschläge könnten sämtlich von den verbündeten und assoziierten Mächten nicht angenommen werden. Indessen hat die deutsche Note eine A bänd e r n n g eorgeschlagen, die zugestanden wird: Auf Grund der Be hauptung, daß Oberschlesien, obzwar von einer polnischen Mehrheit im Verhältnis von 2 : 1 (nach der lebten deutschen Volkszählung von 1010 125,0 000 gegen 05,0 000) bewohnt, deutsch zu bleiben wünsche, willigen die Mächte ein, daß dir Frage, ob Oberichlesien zu Deutschland oder Pole» gebören soll, durch eine Abstimmung der Bewohner selbst entschieden werde. Das für das Saargebiet vorgeschlageue Regime muß 10 Jahre dauern. Dieses Arrangement wurde für notwendig erachtet einmal als Be standteil des allgemeinen Wiedergukmachuugsplaues und dann als sofortige und für Frankreich als notwendig er kannte Kompensation für die systematische Zerstörung der Kohlengruben Nordfraukrcichs. Dieses Gebiet gelangt nichr unter französische Oberherrschaft sondern unter die Kon- trolle des Völkerbundes. Tiefe Lösung hat den Vorteil, keinerlei Annexion in sich zn schließen, trotzdem Frankreich das Eigentumsrecht an den Gruben znerkann-t wird. Außer dem hält sie die wirtschaftliche Einheit des Saarbeckens auf recht, die für die Interessen der Bewohner wesentlich ist. Rach Verlauf von 15 Jahren wird die Bevölkerung, die in der Zwischenzeit unter Ueberwachung und Regierung der Gesellschaft der Nationen die Kontrolle über i.uc örtlichen Äuai-'egenh-'iten ausgeübr hat, völlige Freiheit .esiben, um zu entscheiden, ob sie die Vereinigung mit Deutschland oder mit Frankreich oder die Fortsetzung des im Vertrage vor- geichene.-, Regimes wünsckK. Tie Gebietsteile, die »'an von Tenttch.-n» an Dänemark und Belgien zu übertragen beabsichtigt, wurden teilweise gewaltsam von Preußen genommen und keinerlei Uebertraguug wird cnol ge», die nicht Ergebnis eines Entschlußes diw Einwohner sein wird. Dieser Entschluß wird mit solche« Vorsichtsmaß regeln gefaßt werden, daß die Freiheit der Abstimmung vollständig sein wird. Endlich sind die verbündeten und assoziierten Mächte der Ansicht, daß die Eingeborenen deutscher Kolonie» sich lehbaft dem Gedanken widcrseben, unter deutsche Ober herrschaft zurückzufalleu. Die Tradition deutscher Verwal tung, deutscher Regieruugsmethodeu, sowie der Gebrauch, der von ihren Kolonien gemacht wurde, um sie als Basiv zu gebrauchen, von wo aus mau sich auf de» Welthandel stürzen könne, machten es den Verbündeten und Assoziierten unmöglich, diese Kolonien Deutschland zurückzugebcn, noch ihm die Verantwortung anzuvertrauen, ihre Bewohner zu erziehen und zu bilden. Aus diesen Gründen sind die ver bündeten und assoziierten Mächte nicht gewillt, diese Vor gänge abzuäudern, außer den angegebenen Punkten. Tie Vorschläge, betreffend das internationale Regime der Flüsse bilden eine Ergänzung zu dem territorialen Reglement. Es ist konform de» Grundsätzen des Friedens, wie sie angenom men wurden, sowie dein in Europa in Kraft befindlichen öffentlichen Recht, daß Biuucnstaatcn auf den ihr Gebiet durchfließenden schiffbaren Flüssen Zugang zum Meere er halten. Tie verbündeten und assoziierten Mächte erachten deshalb die von ihnen vorgeschlagenen Arrangements als von grundlegender Bedeutung für die freie Entfaltung der neuen kontinentalen Staate». Außerdem haben sie keine Verletzung der Rechte anderer llserstaaten zur Folge. Vor kehrungen, die die Teilnahme der Vertreter von Nichtufer staaten in den Flüssetommissioncn vorschen, bilden eine Ge währ dafür, daß das allgemeine Interesse in Betracht ge zogen wird. Jedoch sind in der Ausübung dieser Bestim mungen einige Aenderungen an den ursprünglichen Vor schlügen zugebilligt worden. Es hat den Anschein, daß die deutsche Delegation den Sinn der wirtschaftlichen und finanziellen Bedingungen in erheblichem Maße mißdeutet hat. Es besteht bei den ver bündeten und assoziierten Mächten in keiner Weise die Ab sicht, Deutschland zn erdrosseln und es zu verhindern, im internationalen Handel die Stellung einznuehmen, die ihm zukommt. Vorausgesetzt, daß die Bedingungen des Frie deusvertrages erfüllt und vorausgesetzt ebenfalls, daß es seine Methoden des Augreisens und Ausichrcißcns aufgibt, die seine Gelchäftsmethoden, die seine politischen Methoden charakterisieren, ist Absicht der verbündeten und assoziierten Mächte, daß Deutschland eine gleichmäßige Behandlung ge nießt in bezug auf den Einkauf von Rohmaterialien und den Verkauf von Waren unter Vorbehalt der zeitlich bereits angeführten Maßnahmen, die im Interesse dev durch Deutschlands Taten zerstörten und geschwächten Nationen ausgestellt worden sind. Tie verbündeten und assoziierten Mächte wünschen, das; die dinch de» Krieg aufgepeitschten Leidenschaften io bald als möalich erstächen und daß alle Nationen an dem wahren Wohlergehen teilnehmen, das aus einem Austau'ch hervorgchi, wo jeder ehrlich den Forderungen des anderen nachkommt. Sie wünschten, daß Deutschland wie alle an deren Nationen sich dieser Wohlfahrt erfreue. Aber auf viele Jahre hinaus wird noch ein beträchtlich Teil dieser Wohl fahrt dazu diene» müssen, bei den Nachbarn die Schäden wieder auszubcssern, die Deutschland verschuldete, lim ihre Absicht klarer zu gestalten, haben die Verbündeten »und asso ziierten Mächte eine gewisse Anzahl finanzieller und wirt schaftlicher Klauseln des Vertrages abgeändert, aber di. Grundsätze, auf denen der Vertrag beruht, sind unantastbar. Ter Vorschlag der Verbündeten und assoziierten Mächte über die Wiedergutmachungen —., umschließt keineswegs seitens der Commission des repara- tions eine Einmischung in das innere Leben Deutschlands, wie die deutsche Denkschrift behauptet. Sie bezweckt ledig lich, beiden Parteien die Bezahlung der Wiedergutmickyrng möglichst zu erleichtern. So muß sie auögelegt werden. Infolgedessen sind die verbündeten und assoziierten Mächte nicht gewillt, sie abzuändern. Aber gleich der deutschen Dele gation erkennt sie die Vorteile an, die daraus erwüchsen, wenn man so schnell wie nröglich den Betrag kennen lernte, den Deutschland zahlen muß und die Verbündeten annehmen können. Dieser Betrag kann nicht sofort festgesetzt weiden, da die Höhe des Schadens und die Kosten der Wiedergut machungen noch nicht festgesetzt werden konnten. Infolge dessen willigen die verbündeten und assoziierten Mächte ein. Deutschland alle notwendigen vernünftigen Erleichterungen zu gewähre» und ihm zu gestatten, sich ein Gesamtbild der Verheerungen und Sclstiden zu machen, in der Frist von viel Monaten von der Vertragsunterzeichnung an, Vorschläge für die Regelung des von ihm verschuldeten Schadens zu machen. Falls man im Laufe von zwei Monaten, welche der Inkraftsetzung des Vertrages folgen, zu einer Einigung gelangen kann, wird die genaue pekuniäre Verantwortlich keit Deutschlands festgelegt werden. Falls in dieser Frist eine Einigung nicht Platz gegriffen hat. wird das im Ver trage vorgesehene Arrangement ausgeführt werden. Die verbündeten und assoziierten Mächte können der Forderung der deutschen Delegation auf sofortige Zulassung Deutschlands zur Gesellschaft der Nationen nicht Nachkommen. Die deutsche Revolution wurde bis zum letzten Augenblick des Krieges verzögert und bisher haben die Verbündeten und Assoziierten keinerlei Garantie, daß die Revolution eine dauerhafte Aenderung darstellt. Bei dem augenblicklichen Zustande des internationalen öffent lichen Gefühls kann man von den freien Nationen der Welt nicht erwarten, daß sie sich unverzüglich und auf dem Fuße der Gleichheit mit deueB assoziier»», welche ihnen so großes Unrecht zugefügt lz-aben. Jeder Versuch, dieses Ergebnis in verfrühter Weise herbeizuführen, würde das Aubrechen der von allen gewünschten Beschwichtigung nur verzögern, statt es zu beschleunigen. Aber -die verbündeten »und assoziierten Mächte glauben, daß, wenn das deutsche Volk durch seine Handlungen, seine Absicht, die Friedensbedingungen zu er fülle», seine endgültige Verzichtleistung auf Angrisfspolitik und seine Umwandlung in ein Volk bekundet, mit dem man auf freundschaftlichem Fuße in guter Nachbarschaft leben kann, die Erinnerungen an die letzten Jahre sich schnell ver wischen und es möglich fein wird, in nicht ferner Zukunft die Gesellsclzast der Nationen zu vervollständigen, indem mou Deutschland zuläßt. Die alliierten und assoziierten Mächte wünschen auf richtig, daß dem so sein könne. Sie glauben, daß die Zu kunft der Welt von >einem engen freundschaftlichen Zu sammenwirken aller Nationen im Hinblick auf die Rege lung internationaler Fragen »und die Begünstigung alles dessen, was die Wohlfahrt und den Nutzen der Menschheit berührt, abhängt. Aber es wird lzauvtiächlich von der Hal tung des deutsckien Volkes selbst abbäugeu, den Zeitpunkt s»ines Eintrittes in die Gesellschaft der Nationen näher zubringen. Tie alliierten und assoziierten Mächte erklären, daß die Blockade Deutschlands eine gesetzliche Kriegsmaß- nahme ist und infolgedessen und nur infolge des i erbreche rischen Charakters des von Deutschland unternommenen Krieges und der von Deutschland durchgesllhrten barbari schon Kricgsmethode. jedoch stets gemäß dein internationalen Rechte verschärft werden mußte. Schließlich erklären die alliierten und assoziiertet! Mächte, daß ihre heute Ihnen übermittelten Bedingungen Durch schwere Not . . . Originalroman von Anni Hruschka. (47. Fortsetzung.) Dann ging Anneliese in ihr Zimmer, um zu packen. Aber sie machte sich nicht sogleich an die Arbeit, sondern trat an das osfenstehende Fenster und starrte mit bitterem Lächeln hinab in den Park. Nun war es also doch gekommen, was sie vom ersten Tage an dunkel gefürchtet! Schlimmer, viel schlimmer und demütigender, als sie je gedacht . . . Kein Zweifel beirrte sie. ob sie richtig gehandelt habe oder nickst. Es war ja selbstverständlich, daß sie Willfried in keiner Weise beeinflußt«, was ihr der alte harte Mann zum Vor wurf gemacht. Nie und nimmer hatte er gesagt. Nie und nimmer! sagte auch sie. Nie und nimmer wüvde sie zwischen Vater und Sohn treten. Nie lind nimmer aber auch den Versuch macken, nach all den ungerechten Beschuldigungei. eine Versöhnung anzustreben. Nur eines bereitete ihr Pein: wie würde Willfried es tragen? Wenn sie an die Tiefe und Innigkeit der Liebe dachte, die sie verband, dann empfand sie Plötzlich eine Schlväche, daß ihr ordentlich schwarz vor den Augen wurde. Und doch mußte es getragen werden. Und er, der Menschen besaß, die ihn liebten, würde selbst über eine Trennung leichter hinwegkommen mit der Zeit als sie . . . Nur ihn in diesem Augenblick nicht Wiedersehen müs sen! Das wenigstens wurden sie ihr doch ersparen? Anneliese überlegte. Am besten, sie nahm eine Stelle als Krankenpflegerin nach Auslvärts an oder meldete sich zum Dienst in ein Feldspital. Allerdings würden darüber Wochen vergehen, die sie notgedrungen bei -er Mutter ver bringen mußte. Aber die Mutter war ja immer gegen diese Heirat ge wesen. Tie würde jetzt triumphieren, wenn sie alles er fuhr, und dann gern bereit sein, ihr zu helfen. Wie ei» Cerberus würde sie dankbar wachen, daß niemand zu ilu drang. Sie einfach verleugnen und sagen, ihre Tochter 'ei irgendwo weit fort, sie wisse nicht, wo . . . Und dafür kannte Anneliese ihre Mutter: Ter würde dies Amt eine an Wonne grenzende Genugtuung bereiten, und keine Bitte würde sie erweichen, denn sie haßte alles Männliche und besaß einen unbezähmbaren Stolz und eine an Haß grenzende Feindseligkeit gegen alles, Ums mit de:» Adel zusammeuhing. Darum hatte sie ja gerade Anne lieses Liebe zu Willfried nicht verziehen. Einem einfache» Arbeiter gegenüber ustire sie vielleicht milder gewesen. . . , So also . . . Hinter Anneliese wurde Plötzlich die Tür stürmisch aus- gcrissen, Trixi flog herein und ihr direkt an den Hals. „Liebste beste Schwester Elisabeth, Sie sollen es zuerst wissen, denn Sie haben mir ja den richtigen Weg gewiesen: Ich habe mich soeben mit Felix v. Willeneck verlobt! Und ich bin so rasend glücklich! Wirklich närrisch bin ich . . ." Anneliese schloß das junge strahlende Geschöpf zärtlich in die Arme. „Wie mich das freut, Komtesse Trixi! So von Herzen! Möge Gott Sie beide segnen und das Glück Ihnen stets treu bleiben." „Das wird cs sicher' Wir passen ja so gut zusammen! Sckzon immer fühlte ich es. Nur die dumme Eifersucht bat uns trotzig gemacht gegeneinander. Aber das ist ja nun vorbei. . . und bitte, sagen Sie nicht mehr Komtesse zu mir, sondern Triri und „Du". Sie sind ja Onkel Willfrieds und meine Tante! Lix hat mir alles gestanden — das mußte er doch, nun, wo ich seine Braut bin, nicht lvahr'e Aber ich verrate es gewiß niemand!" Anneliese strich sich das Haar aus den Schläfen und trat einen Schritt zurück. „Sie wissen cs schon — alle. Trixi." sagte sie tonlos, „O — wirklich? Sie haben es Großpapa gesagt?" „Das besorgte die Gräfin Neumeister, die mich vc», Höhnel her kennt." ,-So? Die Str r ißvogelin? Na. dann b-at's wohl ein-? dramausche Szene gegeben? Wenn die alte Elster so was in oic.Hand »'Mint, dann kann ich mir ja ungisähr denken. . . war sagte denn Großpapa dazu?" „Erlassen Sie es mir, zn wiederholen, was gesprochen wurde, liebe Triri. Es war sehr häßlich und . . . traurig. Genug, ich verlasse Graditsch nock heute und wer weiß — vielleicht werde ich mich von ,.. Ihrem Onkel... trennen." Einen Augenblick stand Trixi wie vor den Kopf g» schlagen. Dann aber fuhr sie heftig auf. „Oho! Das gibts nickt! Das leide ich einfach nicht! Ich habe dick ja furchtbar lieb, Tante Anneliese, und stehe mit Leib und Seele zu dir! Du fortgehcn und Onkel Will sried lassen wegen der alten Klatschbase, der Straußvogelin? Das wäre noch schöner! Und warum denn? Ist ja gar kein Grund dafür da! Na warte, gleich laufe ich zu Großpapa und stecke ihm ein Licht ans! Dann wird er wohl anders reden!" Und so schnell, wie sie gekommen, wollte sie davon- stürmen. Aber Anneliese hielt sic fest. In ihren blauen Augen war ein hartes flimmerndes Leuchten. „Ich ve> biete dir, Trixi, in dieser Sache irgend einen Schritt zu tun. Es ist ganz allein meine Angelegenheit Du würdest selbst ja genau io handeln! Ober würde deine