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Erscheint täglich ««ch«. mit Ausnahme der Sonn« u. Festtage. Bezugspreis r Bierteljährl. 1 Mk. 80 Pf. (ohne Bestellgeld). Post-Bestellnummer 0888. Bei autzerdeutschen Postanstalten laut Zeitungs-Preisliste. Einzelnummer 10 Pfennige. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit. vucbilnicltttti. HKHaktioi» una «ercbSMtteller Presdm, Pillnitzer Straße 43. Inserate werden die 6 gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 18 Pf» berechnet, bei Wiederholung bedeutender Rabatt. Redaktions-Sprechstunde: 11—1 Uhr. Fernsprecher: Amt I. Nr. 1006. Nr. 46. Mittwoch, den 25. Februar 1903. 2. Jahrgang. Die „Sächsische Vslkrzeitnng" kostet für den Monat WM- März 50 Pf. -WU (ohne Bestellgeld.) Bei dieser Gelegenheit danken wir her,liehst für die bisherige Mitarbeit und bitte» um gütige Empfehlung > nserec Zeitung, sowie um weitere rege Unterstützung durch Mitteilung allgemein interessierender Vorgänge und nm Zuweisung von Inseraten, welche durch die „Sächsische Bollszeilnng" eine große Verbreitung erlangen. Wedakliorr und Oeschästsstesse der „Sächsischen Volkszeitnng." Militärische Fragen. Die Vudgetkommission des Reichstags hat die ge felderte Gehaltserhöhung für die Oberstleutnants der Infanterie voll 5850 auf 7200 M. abgelchnt. Die mili tärischen Mitarbeiter verschiedener Blätter zeigen sich sehr entrüstet über diese Ablehnung, die sie zu einem Miß trauensvotum gegen die Fnßwosfe, die Infanterie über- Haupt, stempeln möchten. Um zu dieser kühnen Schluß folgerung zu gelangen, gehen sie von der an sich unbestreit baren Tatsache aus, daß bei den andereil Waffengattungen das Avancement besser ist, als bei der Infanterie. Die Stabsoffiziere der Infanterie rücken langsamer vor, und es dauert erheblich länger, als bei der Kavallerie, bis ein Oberstleutnant, der jetzt nur das Gehalt eines Bataillons- kaininaildeurs bezieht, in eine selbständige Stellung und damit in das Gehalt eines Regimentskommandeurs <7800 Mk.) vorrücke. Die Verweigerung eines Ausgleichs für dieses schlechte Avancement durch Aufbesserung dos Ge halts werde daher in der Infanterie als eine Zurück setzung empfunden, welche die Berufsfreudigkeit des Jn- fanteiieoffiziers beeinträchtige und znr Folge habe, daß der Andrang zur Infanterie weit geringer sei als zur Kavallerie usw. Nun, wenn bei der Kavallerie die Beförderungs- Verhältnisse soviel günstiger liegen als bei der Infanterie, dann wird der größere Andrang znr Kavallerie diesen Unterschied mit der Zeit von selbst ausgleichen, falls nicht durch eine starke Vermehrung der Kavallerie der verstärkte Andrang von Offiziersanwärtern wieder ausgeglichen wird. Ist aber — woran kaum zu zweifeln ist — eine solche Vermehrung der Kavallerie beabsichtigt, dann kann es der Militärverwaltung doch nur angenehm sein, wenn durch das jetzige Angebot von Offiziersanwärtern dafür gesorgt wird, daß es später für die Kavallerie-Formationen nicht an Offizieren fehle. Uebrigens dünkt es uns auch noch sehr fraglich, ob die Gehaltsverhältnisse der Oberstleutnants für den Zndrang znr Infanterie eine so große Rolle spielen. Die Oberstleutnants bilden doch nur ein Zwischen glied zwischen Major und Oberst; wer als angehender Offizier daran denkt, es bis zum Oberstleutnant zu bringen, der wird auch hoffen, eiu Regimentskommando zu erreichen. Viel wichtiger für den Andrang zur Offiziers- laufbahn sind doch wohl die Gehaltsverhältnisse der Ober- lentnants, Hauptleute und Majors. Im übrigen wird die flotte Neiterwaffe auf jugendliche Gemüter immer ver lockender wirten als die Fußwaffe — trotz der über ragenden Wichtigkeit der letzteren. — Niemand erkennt diese hohe Bedeutung der Infanterie lieber an als gerade die das Prinzip der Sparsamkeit vertretenden Mitglieder der Reichstagskommission, die für eine Bevorzugung der Kavallerie am allerwenigsten zu haben sind. Daher ist es unbillig, in ihrer Ablehnung einer Gehaltsfordernng für eine einzelne Ostiziersstufe ein „Mißtrauensvotum" gegen die Infanterie erblicken zu wollen. Die Ablehnung erfolgte nur im Hinblick ans die traurige Finanzlage und weil es bedenklich ist. eine einzelne Gehaltsklasse aus dem ganzen Besoldungsshstem herauszngreifen. Wirkliche Härten zu beseitigen, wird später immer noch Gelegenheit sein. z. B. wenn dem nächsten Reichstag das neue Militärpensions gesetz vorliegen wird. Freilich werden die nächsten Jahre ohnehin unter dem Zeichen großer Militärfordernngen stehen. Der Kriegs minister von Goßler suchte diese Besorgnis in der Kom mission allerdings möglichst abzuschwächen, aber die Aus sichten bleiben auch bei dieser Abschwächnng noch derart, daß heute nm so größere Sparsamkeit am Platze ist. Man kann aber auch heute schon darauf Hinweisen, daß die Masse allein nicht ausschlaggebend ist. Es gibt Ver- besserungen, die für die Schlagfertigkeit des deutschen Heeres im Kriegsfälle mindestens ebensoviel wert sind, als die Erhöhung der Friedenspräsenzstärke. So wäre cs z. B. doch wirklich an der Zeit, daß die Uniformiernngs - frage endlich von kriegsmäßigen Gesichtspunkten aus neu geregelt würde. Die Kleidung und feldmarschmäßige Aus rüstung des deutschen Soldaten ist so unzweckmäßig wie möglich. Die Kleidung ist unbequem und zu eng. die Halsbinde vom gesundheitlichen Standpunkte durchaus ver werflich; die Stiefel, die alle über einen Leisten geschlagen und nur nach verschiedenen Größen abgestnft, überdies meist so hart wie Holz sind, sind wahre Fnßmörder und werden bei Kriegsmärscheu große Verluste znr unausbleib lichen Folge haben; völlig unzweckmäßig sind auch die Tornister mit ihren komplizierten Verpacknngsvorschristen (eine Art Rucksack wäre weit vorznziehen) und die Patronen taschen, die beim Schießen im Liegen, wie es die Regel sein wird, nur mit de» größten Verrenkungen geöffnet und entleert werden können. Daß die Pickelhauben im Kriege eine sehr unglückliche Kopfbedeckung sind, darüber ist sich auch alle Welt klar; würde an ihre Stelle eine Art Mütze treten, so bedürfte es nicht mehr des Mitführens einer besonderen Feldmütze. Von »nie wesentlicher Bedeutung diese Ansrüstnngsfragen für den Kriegsfall sind, ist allen Offizieren klar und muß auch jeder Laie einsehen. Warum kommt es nun trotzdem zu keinem durchgreifenden Fort schritte ailf diesem Gebiete? Weil zweckmäßige Uniformen, bei denen auch alles Glänzende ausgeschlossen wäre, weniger schön sind? Nun, gar so schön können wir auch die heutige deutsche Infanterie-Uniform nicht finden. Glaubt man aber auf das Parademäßige nicht verzichten zu können, so belasse man unseretwegen den blanken Helm, die Metall knöpfe usw. für die Parade- und Ansgeh-Uniform, sorge aber zugleich im Frieden schon auch für kriegsbranchbare Uniformen und Ausrüstungsstücke. Solche Verbesserungen dünken uns wichtiger, als die Gehaltsfrage der Oberst leutnants oder selbst als eine Vermehrung der Kavallerie. Reichstag. X. Brrlin. 205. Sitzung am 22. Februar, 1 Uhr. Am Montag wurde die Beratung des Kapitels „Reichsgesnndheitsamt" im Etat des Reichsamts des Innern begonnen. Der sozialdemokratische Abgeordnete Antrick trug Beschwerde über die Zustände in zahlreichen Krankenhäusern, besonders in Berlin und Köln vor, und veranlaßte dadurch eine längere Debatte, in welcher auch die schlechte Bezahlung vieler Aerzte und die im Prozeß Nardenkotter hervorgetretene Proletarisiernng des ärztlichen Standes gestreift wurde. Dann kam ans Anlaß einer sozialdemokratischen Resolution — die aber ganz überflüssiger Weise Reichsmittel für eine Aufgabe verlangte, die Sache der Zechenbesitzer und weiterhin der preußischen Bergwerks- Verwaltung ist — die Ausbreitung der Wnrmkronkheit unter den westfälischen Bergleuten znr Sprache. Der sozial demokratische Abg. Sachse machte das schlechte Trinkwasser, die Unsanberkeit in den Waschränmen usw. für die Aus breitung der Seuche verantwortlich, während der Abg. Hilbeck (natl.) auf die vorgeschriebene Berieselung der Gruben verwies. Mit einer Einschränkung, aber nicht der Abschaffung derselben will Minister Möller einen Versuch machen. Im übrigen besteht über die zweckmäßigste Art der Bekämpfung noch keine Klarheit. Am Dienstag wird die Beratung fortgesetzt. Der Verlauf der Sitzung war folgender: Bei ganz schwacher Besetzung des Hauses wird in die Be ratung des Kapitels Reichsgcsiindheitsaint vom Etat des Reichsamts des Inner» eingetrete». Es sind hierzu zwei Resolutionen beantragt. Eine Resolution Baumann (Ienlr.i, Blankenborn >nnt.-lib.» und Genossen, welche in Wiederholung der schon früher beim Weingesetz ange nommenen Resolution die II e b c r w a ch n n g des Verkehrs mit NahrnngS- und G e n n ß m i 1 t e l » nach einheillichen Grund sätze» sowie durch Bestellung besonderer Beamten geregelt wissen null. Eine Resolution Sachse (Soz.) will den in Westfalen bereits bestehenden Ansschuß znr Bekämpfung der Wnrmlrank- heit im Bergbaurevier von Reichswegen unterstützt wissen. Abg. Antrick «Soz.s bellagt die Neberfüllimg der Kranken häuser in Berlin und Umgegend, sowie auch in Köln, wo außerdem eiu großer Mangel au Aerzte» vorhanden sei wegen swlechter Be zahlung. Werde doch in einer Annonee des .Kölner Magistrats, in der ein Assistenzarzt gesucht werde, ein Gehalt augelwten von nur Aschermittwoch. Aschermittwoch! Ernste Stunde! Glocken trogen in die Runde Dumpfe Aschermittwochsklänge. Bei des ew'gen Lichtes Knistern Hörest du den Priester flüstern — Dos; doch tief ins Herz dir's dränge: „Mensch, gedenke, du bist Stoub; Wirst dereinst des Stonbes Nonb!" Fostnochtstrubel sind vorüber. Ans dem Osten hebt sich trüber Blntigrot der Boll der Sonne. Ruft sie nicht: „Flieh' ird'sche Freuden, „Folg' dem Herrn in seinen Leiden „Mit der schweren Dornenkrone! „Mensch, gedenke, du bist Stonb; „Wirst dereinst des Stonbes Ronb!" Menschenherz! Loß den Gcdonken Ephengleich dich stets umronken. Gleich in Glück, in trüben Zeiten! Denn es wird dein letztes Ringen Dir die Siegcspalme bringen, Wenn die Worte stets dich leiten: Mensch, gedenke, du bist Stonb; Wirst dereinst des Stonbes Ronb! rs. In, Goldfieber. Gin Romon ous dem Kaplond. Bon Erich Friesen. >14. gcillc>iu>ui.) (Anchdnuk vrrl'otcii.i „Es ist hier so gemütlich — viel ongenehmer ols im Solon," fährt Lord Roberts lebhoft fort. „Oder ziehen Sie den Solon vor?" „Mir ist es egnl." „So bleiben wir hier!" Gleichgiltig nickt sic. Ihre Finger spielen mit ein paar Knackmandeln onf ihrem Teller. Ein schneller, forschender Blick ons Lord Roberts' Augen fliegt zu Irene hinüber. Donn sogt er ganz unvermittelt: „Mein liebes Kind, glouben Sie, dos; die Sache so fortgchen konn?" „Welche Soche?" „Nun, die Soche. — Sie wissen schon, Sie über schätzen Ihre physischen Kräfte. Sie werden znsommen- brechen. Sic sind viel zu schön, nm —" Er stockt. Zornig blitzen ihre Angen ihn on. „Sie beleidigen mich, Eonsin! Ich ersnche Sie, jedes Kompliment beiseite zn lösten! Wenn Sie mir etwos zn sogen hoben — donn bitte schnell! Ich bin müde!" „Verzeihung, Irene, murmelt er fost demütig. „Ich wär' der letzte, der Sic beleidigen möchte. Ich wollte Ihnen Mitteilen, doß Herr von Gülpen bereits ver hoftet ist." Sie schweigt. „In nächster Zeit schon findet die Gerichtsverhond lung stott.'^ Wieder Schweigen. „Wenn Sie mit dobei sein wollen, werde ich Sie hinführcn." „Ich Hobe I)r. Horley in der Angelegenheit konsul tiert," sogt sie noch einer Weile, seine Worte ignorierend. „Er Hot mir versprochen. Pnnl sehr bold oufznsnchen, und mir donn sofort Bericht zn erstatten. Er glaubt bestimmt, Pauls Unschuld beweisen z» können." „Der Monn glaubt on Unmögliches," spöttelte Lord Roberts. „Sogen Sie doch selbst Irene: was konn zn seinen Gunsten sprechen? Der einzige Zeuge, den er ver führt. der ihn entlasten soll, belastet ilm. John Förster ist ein Gentleman durch und durch. Sein Ehorokter ist über jeden Zweifel erhoben. Jedermann in Kapstadt kennt ihn als einen Ehrenmann .... Und Pani von Gülpen? Er ist doch gewissermaßen ein Fremder, ein Bur. Er bot offen darüber gesprochen, daß er gern DiomontmineN'Aktien kaufen wolle. Man weiß allgemein, daß dos „Goldfieber" ihn erfaßt Hot. Alles spricht also gegen ihn. Und da einer in dieser Soche schuldig sein muß —" „Io, einer muß schuldig sein," sollt Irene in scharfem Tone ein. „Es fragt sich mir — wer!" „Wie?" Fost wird ihm unbehaglich unter dem forschenden Blick dieser großen Auge», die bis in seine Seele zn dringen scheinen. Hastig ergreift er eine vollsoftige Blntoronge und schneidet sie in zwei Teile. „Armes Kind!" murmelt er wie bedauernd. „Hätten Sie vor zwei Togen meinen Rot befolgt, stände olles anders. Herr von Gülpen wäre frei. Nim ist es zn spät!" „Ist dos olles, was Sie mir sogen wollten?" fragt Irene verächtlich. „Dann konn ich wohl gehen!" Sie will onfstehen. Doch Lord Roberts springt Plötz lich empor und hindert sie daran. „Nein, ich Hobe Ihnen noch etwas zn sogen! ruft er tief erregt. Seine Angen brennen in die ihren. Unwillkürlich rückt sie mit ihrem Stuhl etwos zurück. „Bitte, quälen Sie mich nicht! Ich möchte gehen!" „Nein, nein. Vielleicht bietet sich nicht sobald wieder Gelegenheit. Sie müssen mich onhören!" Er Hot heut Abend mehr Wein ols sonst getrunken. Die Leidenschaft übernimmt ihn. Er weiß, Irene ist das