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Sächsische Volkszeitung
- Erscheinungsdatum
- 1902-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190212074
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19021207
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19021207
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-12
- Tag 1902-12-07
-
Monat
1902-12
-
Jahr
1902
- Titel
- Sächsische Volkszeitung
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Das Zünglein an der Wage. Die „Deutsch-evangelische Korrespondenz" machte ihrem Groll Luft über die Vonseiten der sächsischen Katholiken be absichtigte Ausstellung des Herrn Iustizratcs Dr. Felix Porsch in Breslau als Zählkandidatcn für die nächste ReichstagS- wahl. Sie wirft de» Katholiken vor, das; sie sich die Sach lage in Sachsen, „wo bei de» kommenden Reichstagswahlen in mehr als einem Bezirk die Entscheidung, ob sozialdemo kratisch oder nicht, auf des Messers Schneide steht, für eigene Sonderzwecke nusbeuten". Dieses Wort gibt Zeugnis von einer genauen Kenntnis der Verhältnisse im Königreich Sachsen, aber auch von dem ganz richtigen taktischen Vorgehen der sächsischen Katholiken. Wenn sich die Sachlage wirklich also verhält, so mochten wir nur wissen, warum sie nicht ebenso wie die übrigen Parteien die Reichstagswahlen für ihren Vorteil ansnntzen sollen. Tie „Deutsch-evang. Korr." mns; ja selbst gestehen, das; die .. Ultramontanen" hier und da das „Zünglein an der Wage" bilden werden. Nun ist das Blatt darüber er grimmt, das; sie diese „Notlage" zu „Schacherdienslen" be näh n wollen. Was die Herren anderswo politische Klugheit, Komprvmis; :e. nennen würden, heis;en sie bei den Katholiken „Schacher". Ans den Namen kommt es gar nicht an, sondern nur ans die Sache. Warum die „Deutsch evang. Korr." doch nicht gleich von Erpressung spricht, wundert uns sehr. Tenn wenn man die Notlage jemandes snr seinen Vorteil ansnützt, so wäre das eigentlich Erpressungspolitik. Und das machen ja nach ihrer Meinung die „Ultramontanen". Durch unsere ossene Stellungnahme, die wir präzis und schars knndgaben, wissen nunmehr die Parteien genau, woran sie sich zu halten haben. Sie haben noch Zeit und Muse, die Sache z» überlegen. Wenn sie lieber einen Sozial demokraten gewählt wissen wollen, gut, dann mögen sie nur Knltnrpanker als Kandidaten in den gesälpdeten Wahlbezirken ansstellen, wo die „Entscheidung, ob sozialdemokratisch oder nicht, ans Messers Schneide steht". -Wir versichern der ver ehelichen „Deutsch evang. Korr.", das; der Zweck sicher erfüllt wird: I. Wahlgang: Stimmabgabe snr den ZentrnmS- zählkandidat Dr. Porsch: Stichwahl: Wahlenthaltnng der katholischen Wählerschast. Die Sache ist dann prompt er ledigt und macht den Ordiinngspartcien nicht viel Kopf schmerzen, besonders wenn die „Tentsch-evang. Korr." schreibt: „Im Gegenteil, es kann »ns nur lieb sein, trenn die Römlinge sich abseits jener vaterländischen Parteien halten, die unter Znrnctsiellnng von Sonderinteressen Schulter an Schulter de» sozialdemokratischen Ansturm abznwehren suchen." Die Srdnnngsparteie» habe» eine gegenseitige Lebens- versichernngsgesellschast gebildet, aber beileibe nicht wegen ihrer Sonderinteressen; denn ihre Fahnen haben sie sein säuberlich in die Futterale verpackt und nur das herrorgeholt, was sie eint, ni» begnem Schulter an Schulter gegen den roten Feind kämpfen zu könne». Und was haben sie denn gemeinsam? Was eint sie denn? Tie Angst um ihren Besitzstand, den sie erhalten wollen, ohne an die gerechten Forderungen verschiedener Be- völkernngskreise Konzessionen machen zu müssen. Darin sind sie einig, warum also die verstaubten Programme aus den Parteiarchlven ansgrabe»? — Und das tun sie blvs; — selbst verständlich mit Selbstverlängnnng und innerem Widerstreben — um der rote» Macht ein Paroli bieten zu können. Wen» nun diese „vaterländischen Parteien" mit solcher Hingabe die Erringung des Erfolges ermöglichen wollen, dann werden sie, ob cs der „Tentsch-evang. Korr." „lieb" ist oder nicht, auch mit der Sachlage zu rechnen ver stehe». Sie werden es der katholischen Wählerschaft möglich machen, wcnigstenS bei der Stichwahl für den Kandi daten der S rdnnngsparteien stimmen zu könne»! Infolge dessen mühte es ihre aufrichtige Sorge sein, auch das Banner der Knltnrpankerei, womit die sächsischen Abgeordneten, im nnangenehme» Gegensatz zu ihren Klnbgenossen, stets in den Ncichstag zu ziehen sich nicht schämen, schön in die Tasche zu den übrigen Programmen ihrer Partei zu schieben; sie mühten mit andcren Worten die Ausstellung solcher Kandi daten veranlasse», welche für die paritätischen Forderungen ^er deutschen Katholiken ein gewisses Gerechtigkeits Eine Audienz bei Leo XIII. „In Nom gewesen und den Papst nicht gesehen ?" — Diese halb verwundert, halb bedauernd ausgerusenen Worte mussten wir so manches liebe Mal vernehmen, als wir vor zwei Jahren aus der ewigen Stadt zurückkehrten, ohne unseren sehnlichsten Wunsch, das Oberhaupt der Christenheit von Angesicht zu Angesicht zu schauen, erfüllt zu sehen. Je nun, wir trösteten uns danials mit der Gewißheit, das; schon ganz andere Leute als wir sich mit dieser allerdings nicht angenehmen Tatsache abzufinden genötigt gewesen waren. Wer übrigens die Verhältnisse in Rom kennt, weiß, das; es infolge der vom Papste seit der gewaltsamen „Okkupation" Roms zu beachtenden strengen Zurückgezogenheit verhältnismäßig nur wenige» Romfahrern vergönnt werden kann, den Statthalter Christi auch nur von weitem zu sehen, geschweige denn in seine unmittelbare Nähe zu gelangen. Zudem gehört ja schließlich auch der Papst nicht zu jenen Sehenswürdigkeiten Roms, bezüglich derer die hierin ganz besonders spekulative italienische Regierung gesorgt hat, das; man sie gegen Erlegung des feststehenden Taxpreises ohne weiteres in aller Nähe in Augenschein nehmen kann. Und hilft auch dem grvßkarrierten englischen Lord die wohlgcsüllte Börse und der rot eingebundene Bädecker über alle Schwierigkeiten hin weg, so versagen doch die Macht seiner Gvldpfnnde und die weisen Ratschläge seines gedruckten Führers an jener Pforte des Vati kans, die zu den päpstlichen Gemächern cmporführt. Beides hätten wir übrigens, so angenehm auch namentlich das erstere Reisesurrvgat ist, nie und nimmer eingctauscht gegen jene roten, vornehm ausgestatteten Zutrittskarte», die wir bei unserem diesjährigen zweiten Aufenthalte in Rom infolge einer besonderen Empfehlung seitens des liebenswürdigen neue» Rektors der Anima, Monsignore D,. Lvhninger, durch die Güte Sr. Ex zellenz, des AUvijteo cki Onmsrrr Sr. Heiligkeit, Msgr. Di ümlati, erhielten, und die uns, ein ganz außergewöhnlicher und unver hoffter Gunstbewcis, berechtigten, an dem am 24. Jnli vormittags '/r-12 Uhr angcsctztcn Empfange eines kleinen Pilgerzugcs katho lischer Amerikaner der höheren Stände tcilznnehmen. Schon geraume Zeit vorher begaben wir uns in begreiflicher Erwartung in der für derartige Empfänge vorgeschriebenen Klei dung (schwarzer Frackanzug, weiße Halsbinde, ohne Handschuhe und Kopfbedeckung) nach dem Vatikan, wo uns die an den ein zelnen Treppenabsätze» postierten Schweizergardisten über den Säulenhof des hl. Damasus hinweg und die prachtvolle Seal» gefühl besitzen und daher bereit sind, für diese im Reichs tag einzutrcten. Diese Alternative winkt den Herren Kartell trägern der Ordnungsparteien, wo immer sie offen oder unter der Hand bei der kath. Wählerschaft anklopfen tverden. Das mögen sich — um die Worte der „Dcutsch-cvang. Korr." zu bcnützeu — „die Bannerträger des Protestantismus in Sachsen uck notuin nehmen". DaS Blatt droht zwar: „Hier gilt es auf dein Posten zu fei» und keinen Zweifel darüber zu lasse», wie ein sächsischer Reichslagskandidat, der solche» Schachers sich schuldig macht, unsererseits eines Mandats nicht mehr würdig zu erachten ist, wie er für eine katholische Stimme, die er gewinnt, zehn oder zwanzig evangelische Stimmen verliert." Mit Verlaub, wem werden denn die „zehn oder zwanzig evangelische Stimmen" zufallen? Etwa den Sozialdemo kraten? Unmöglich ist das nicht, da ja nicht selten in der protestantischen Wählerschaft sehr stark die Entscheidung „auf des Messers Scheide" steht, ob man doch nicht lieber rot oder freisinnig wählen soll, als Parteien, welche kein Verständnis für die Fragen einer freiheitlichen Zeit haben. Es ist traurig, das; die Parteidisziplin bereits so tief gesunken ist, wie die „Deutsch evang. Korr." eingestellt. Aber die kath. Wühler schast wird sich durch solche Bedenken nicht im geringsten schrecken lassen und kann selbst ans die Gefahr hin, das; ein Sozialdemokrat dnichdringt, nicht nm Haaresbreite von ihrem Rechte abweichen, weil sie cs nicht darf. Die Verantwortung trägt hierfür nicht die kath. Wählerschast, sondern eine ge flissentlich durch Wort und Schrift ins Volk getragene kvn- f e s s ionell e Undnld s a m keit. Tie „Deutsch evang. Korr." schreibt weiter: „Cs in unvergessen, in welch' widerwärliger Weise die Ultra montanen Trcsde n s de» yochselige» König Albert als den Ihrige» reklamiert haben und geradezu vvr der Verdächtigung, als sei er an gebrochenem Herzen ob der Stellungnahme weitester protestantischer Kreise in Sachen der Kiiiebeugnngssrage und des Anstretens des Prinzen Mar gestorben, nicht znrncsgescheut sind. Tiefe selben »llramontanen müssen nun es wissen, wie oft und eindringlich König AlbertS Majestät persönlich für eine Koalition aller staatserhaltenden Parteien eingctreten ist. Warum nun doch eine andere Slellnngnahme? Weil ihnen der Papst mehr gilt als der König!" Nun möchlen wir aber denn doch wissen, womit das Blatt diese schweren Anklagen begründen kann. In welcher Versammlung Dresdens wurden obige Behauptungen ansge stellt? Wo hat die „Lächs. Volkszeitnng" — das einzige „iiltramontane" Blatt — eine solche Bemerkung ans Eigenem gemacht? Unser Blatt ist doch nicht verantwortlich für das, was in nichtsächsischen Zeitungen — und seien cS auch Zentrnms- blätter — geschrieben steht. Ten hochseligcn König Albert haben wir Katholiken Sachsens jederzeit mit aufrichtiger Ge nngtnnng als einen treuen Sohn unserer hl. römisch-katho lischen Kirche hochgeschätzt und uns an seiner tiefen Religio sität tief erbaut. Ebenso haben wir ans die Glanbenstrene des ganzen Königshauses stets mit aufrichtigem Stolz hin geblickt. Kann die „Deutsch evang. Korr." uns das etwa übel nehmen oder will sie uns das gar verbieten? In ganz Deutschland steht der Monarch mit der christlichen Kirche, der er angehört, in so innigem Zusammenhang, das; er sogar der oberste Landcsbischof ist. Nur bei dem katholischen Königs hanse im Königreich Sachsen will man das von gewisser Seite and.rs haben. Da möchte man eine hohe Scheidewand zwischen beiden errichten nndersteresanfeinenIsolierschemel steilen, welcher die Fühlung mit dem Leben der katholischen Kirche im Lande vollständig verloren hat. Die Katholiken sind so zartfühlend, das; sie keinen Augenblick die delikate Situation und er habene Ausgabe vergessen, welche die Krone über alle Par teien und alle Konfessionen stellt, um allen gerecht zu werden, damit jedermann durch volles Vertrauen in ansrichtigcr loyaler Gesinnung erhalten werde. Wo hat unser Blatt ans der Konfession unseres Herrscherhauses jemals eine Prärogative für die kath. Kirche beansprucht? Wo haben die Katholiken dieses gegen die evangelische Kirche ansgespielt? Das Ver hältnis der sächsischen Katholiken zum Königshaus bewegt sich streng in den konstitutionellen Formen. Es ist daher nm so »»faßbarer, das; gerade die Konfession unseres Königs hauses immer und immer wieder in unverantwortlicher Weise in den Streit der Parteien hineingezerrt wird, während es selbst nicht die leiseste Veranlassung zu diesem Manöver gibt. Und das geschieht von Leuten, welche sonst nicht müde werden, nollils empor bis in den Saal Klemens VIII. geleiteten, der für die Audienz vorgesehen war. Wundervolle Wand- und Decken gemälde mit historischen und allegorischen Darstellungen schmücken die marmornen Decken und Wände, und durch Vorhänge gedämpft dringt das Tageslicht in den sonst schmucklosen Raum, der eine feierliche Wirkung auf den Besucher ausübt. Eine Abteilung der Schweizergarde, die von nur tadellos gewachsenen jungen Hünen der Südschweiz gebildet wird, die in ihrer buntfarbigen Uniform, mit Seitengewehr und Hellebarde bewaffnet, einen außerordentlich würdigen Eindruck machen, nimmt an der Rückwand des Saales Aufstellung, um den ab und zu eintretenden höheren kirchlichen Würdenträgern die vorgeschriebcneu Ehrenbezeugungen zu erweisen: Ein Zug der päpstlichen Nobelgardc in reich verzierter Uniform, mit gewaltigen Raupenhclmen und gezogenem Stvßdcgen, begibt sich in den Vorraum der päpstliche» Gemächer, um beim Umzüge das militärische Ehrengeleit zu geben, das ja dem Papste als einem Souverän in militärischer Ausführung mit vollem Rechte zukvinint. Freilich verzögert sich der Beginn der Audienz; denn die Abfertigung einer indischen Gesandtschaft, die unter Führung eines indischen Fürsten in reicher Nationaltracht an uns vorüber- schreitet, sowie die Unterredung mit einigen amerikanischen Prä laten nimmt immerhin eine längere Zeit in Anspruch. Es ist fürwahr wunderbar, das; der hl. Vater in seinem hohen Alter von 92 Jahren immer noch imstande ist, alle die Pilgcrzüge, Vereine, Deputationen und Gesandtschaften zu empfangen und abzufcrtigen, die fast an jedem Tage, nur die heißesten Monate ausgenommen, im Vatikan erscheinen. Aus unserer Betrachtung dieser wohl einzig dastehenden Tatsache schreckt uns ein Glockenzeichen empor, das das Nahen des päpstlichen Zuges verkündet. Gegen 200 Augcnpaare der erschienenen Damen und Herren richten sich mit gespannter Erwartung auf jene Thür des Saales, durch die der Zug riuherschrcitet; von allen Gesichtern läßt sich die erwartungs volle Frage ablesen: „Welchen Eindruck wird wohl der hl. Vater auf dich ausüben? Wird er in allem und jedem dem Bilde ent sprechen, das du seit Jahren von seiner erhabenen Person im Herzen trägst?" Die Frage findet gar bald ihre Beantwortung; denn unter einem durch die anwesenden Italiener begonnenen Händeklatschen der sFreude nnd unter begeisterten Evvivarufen erscheint in der Türöffnung unter Vorantritt der militärischen Ehrenwache und verschiedener kirchlicher Würdenträger der hl. Vater, ans einem niedrigen Tragstuhle sitzend, der von den scharlachrot gekleideten ihre Ergebenheit in den lebhaftesten Farben vor den Stufen des Thrones in Erinnerung zu bringen. Man sucht damit Mißtrauen zu säen, um die Spitze desselben gegen die Katholiken zu richten. Der König ist ein konstitutioneller Monarch, und die konstitutionellen Rechte, welche die Reichsverfassung auch der katholischen Wählerschaft Deutschlands zuteil werden läßt, sind die Grundlage, auf der wir eine Beseitigung der noch Herr schenden Knebelungsparagraphe anstreben, wodurch einzelne Konfessionen — nicht bloß die katholische — in unwürdiger Weise in der Ausübung ihrer Religion gehindert werden. Papst und König sind die beiden von Gott gesetzten Autori täten, von denen jeder ein anderes Reich gehört. Gottes Gebote stehen höher als Menschensatzungen — nnd wo letztere gegen erstere sich erhebt, da sind wir des Gehorsams entbunden. Das Zentrum ist übrigens nicht der Papst, wir können es daher auch nicht über den König stellen. Von einer „Hofpartei" weiß die „Tentsch-evang. Korr." zu berichten, als welche die „Ultramontanen" sich geriere» sollen. Wir wissen nicht, ob der Schreiber dieser Zeilen nicht selbst über den abenteuerlichen Einsall gelacht haben mag, denn die nächsten Berater des Königs sind denn doch keine Katholiken, nnd von einer besonderen Schmeichelei, einer her vorragenden Aufmerksamkeit dieser Herren gegen die Wünsche der Katholiken haben diese bisher fürwahr nicht das Geringste gespürt. Freilich eine Knltnrkanipsstimmnng weht auch nicht in jenen Kreisen, und das ist es, was so manche Protest»» tische Matadoren übelnehmen nnd wogegen sich ihre vergifteten Pfeile fortwährend richten. Zum Schluß des Artikels kommt der Grund des Ärgers zum Vorschein. Da heißt es, das; die Kaholiken im Zittauer Wahlkreis lieber für einen deutsch-freisinnigen Kandidaten als einen „l-ff Nationalliberalen" bei der Stichwahl eingetreten sind. Ans welcher Veranlassung sollten die dortigen Katho liken denn für jene Leute cintreten, die bisher noch immer nicht die Schlangenhant der Knltnrpankerei abgestreift haben / Man nenne uns doch gefälligst einen Grund! Weil sich etwa das nationalliberale Dreigestirn — Ordnnngspartei nennt? Man sieht, gelernt hat die „Dentsch-cvang. Korr." bisher ans der Wahlgeschichte nichts; hoffentlich gehen die übrige» Parteien nicht in die gleiche Schule einer kopflosen Politik, sonst könnte das „Zünglein an der Wage" — die katholische Wählerschaft — im „Notfälle" freilich den Dienst versagen. Das möge man „uck notunr nehmen"! —r. „Je evangelischer um so deutscher." In Nr. 33 der „Wartburg" verbricht der berühmte Kloster gröber Ungnad einen Artikel: „Warum müssen wir die „Los van Ram"-Beivegung unterstützen?", in welchem er u. a. in ganz „un gnädiger" Weise den Katholischen volles deutsches Sinnen nnd Fühlen abstreitet. „Rom ist von jeher deutschfeindlich ge wesen. Nom kennt nur Knechtung: völlige Ertötung der eignen Persönlichkeit im Interesse der herrschenden Kirche. Freiheit und Knechtung haben so wenig miteinander gemein, wie Licht und Finsternis. Darum ist es ausgeschlossen, daß ein Mensch ein bewußter Vorkämpfer deS Deutschtums und zugleich ein überzeugter,besser gesagt, überzeugungsloser „guter Katholik" ist. Anders mit dem evangelischen Glauben: „Je evangelischer, um so deutscher, je deutscher aber auch, um so evangelischer." So Herr Pastor Ungnad aus Nieder würschnitz! Gut, Herr Pastor, machen wir einmal eine Probe aufs Exempel! „Je evangelischer, um so deutscher", rufen sie aus. Also muß nach Ihrer Ansicht doch wohl der Evangelischste unter allen Evangelischen, Dr. Marlin Luther, der Deutscheste gewesen sein, wie er denn auch der „Deutscheste unter den Deut schen" so gern genannt wird. Doch wie sprach er, wie handelte er? Nur eins mag angeführt sein. Er hielt den Untergang des deutschen Reiches durch die Türken für nahe bevorstehend und spricht darüber seine Freude aus. (De Wette 5, 77-l.i Durch Wort und Beispiel „trug er nicht wenig dazu bei, die aufrührerische Stimmung im Volke zu nähren." (Hagen, Deutsche Geschichte II, 182 ff.) Das Volk forderte er auf, dem Aufgebote des Kaisers gegen die Türken „ja nicht zu folgen". (Erl. Ausg. 24, 236) War das deutsch? Katholisch war cs nicht! Wie der „Deutscheste unter den Deutschen" den deutschen Kaiser, die deutsche Nation, die deutschen Fürsten benannte, mir welchen Ehrentiteln er sie belegte, das anzuführcn, mag man mir aus Rücksicht auf unsere evangelischen Mitbürger erlassen; man mag es Nachlese» päpstlichen Leibdicnern über den glatten Marmorfußboden des Saales, au dem Viereck der Besucher entlang, dahiugeschvbeu wird. Eine erwartungsvolle Stille tritt ein, und jeder harrt begierig des Augenblickes, da der Papst in seine unmittelbare Nähe gelange» wird. Unterdessen haben wir genügend Zeit, die ehrwürdige Ge statt des hl. Vaters zu betrachten, der ohne jeden Prunk in der einfachen weißen Soutane, das altersgraue Haupt mit dem weißen Käppchen bedeckt, erschienen ist. 92 Jahre, so überreich an geistigen Anstrengungen in den höchsten und verantwortungs- reichstcn kirchlichen Ämtern, so rastlos verbracht in Wissenschaft licher und künstlerischer Betätigung auf allen Gebieten des alles umfassenden kirchlichen Lebens, und doch welch hohe geistige Irische und verhältnismäßig auch noch körperliche Rüstigkeit svri bt aus diesen noch im Feuer jugendlicher Begeisterung blitzenden Auge», aus der deutlich vernehmbaren, Herz und Gemüt erwärmende» angenehmen Sprache, aus den lebhaften Bewegungen des Hauptes und der Arme! Fürwahr, in seiner Person läßt sich eine natür lichc Offenbarung erkennen, so vermag in diesem Alter nur ein durch die Gnade Gottes mit besonderer Kraft ausgerüsteter Geist und Körper zu leben und zu wirken! Und welche große Herzens güte, allumfassende Liebe, innige Anteilnahme, rege Fässungs nnd Erinnerungskraft spricht aus all seinen Blicken und Worte»' Für alle, die sich zu seiner Sänfte heraudrängen und ihm die zarten, unbedeckten Hände küssen, hat er ein liebevolles Lächeln, ein freundliches Nicken des Hauptes, ein segnendes Wort oder eine teilnahmsvolle Erkundigung übrig. Alle Anwesenden sind ja seine Kinder, und alle sind ans weiter Ferne, über Fels und Meer herbcigecilt, um ihn, den Vater der Christenheit, den Stell Vertreter Jesu Christi, den untadeligen Oberhirten und erlcuch teten Lehrer, den selbsttätigen Förderer der Künste und Wissen schäften, den providenticllcn Papst an der Wöndc zweier Jahrhunderte, dem auch die nicht seiner Kirche angehörenden Machthaber der Erde im Verein mit allen vorurteilsfreien, recht und gerecht denkenden Gebildeten aller Länder und Völker die verdiente Hochachtung und Ehrerbietung, ja Bewunderung zollen, zu sehen und zu hören. Alle kommen an die Reihe, jedem wird seine väterliche Liebe zu teil; nicht die geringste Ermüdung und Ungeduld läßt sich in den päpstlichen Gesichtszügeu erkennen. Und als eine italienische Ordensschwester vielleicht länger als wünschenswert seine gütige Herablassung in Anspruch nimmt und ihm natürlich nur in bester Absicht wenigstens den größten Teil ihres übervollen Herzens mit lebhafter Stimme und ausdrucksvollen Geberden ausschütten
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