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Sächsische Volkszeitung : 07.03.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-03-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192203079
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19220307
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19220307
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-03
- Tag 1922-03-07
-
Monat
1922-03
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 07.03.1922
- Autor
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Diensiag den 7. Marz Sächsische VoltSzeltung «r. bk. S««v , Die Tätigkeit der deutschen Zentrums partei im neuen deutschen Reichstag Tine unübersehbare Fülle von gesetzgeberischer Arbeit ist seit dem Zusammentritte des neuen deutschen Reichstages ge leistet worden. Und unter allen den Parteien, die sich mn den Wiederaufbau des deutschen Volkes unaulässig bemühen, gehört das Zentrum in die vorderste Linie. Es ist nicht leicht, zu sagen, an wie vielcrleiTinge» des staatlichen Lebens es. nicht nur den regsten Anteil genommen hat, sondern auch Urheber und Förde rer auf den Wegen des Gesamtausbaues d«S neuen Reiche» ge wesen ist. Allzu leicht Hallen gerade die Dinge mühsamer, ge wissenhafter und bis in die Einzelheiten gehenden Gesetzes- arbeit der Vergessenheit anheim. Um so mehr wird man es begrüßen dürfen, wen» nunmehr ein Büchlein vor uns liegt, das in wohlgeordneter und übersichtlicher Art und Weise der Tätig keit der deutschen Zentrumspartei im neuen deutsch» Reichstage mit Sachkenntnis und liebevoller Ausgestaltung nachgeht. Der Zentrumsabgeordnele Dr. Fortmann hat sich dieser Aufgabe gewidmet und sie so gelöst, daß dieses Buch für jeden praktisch in der Zentrumspartci arbeitenden Parteifreund ein unentbehr liches Hilfsmittel ist, um ihm das Material zu bieten, das er unbedingt braucht, wenn er die Zentrumsarbcit der ersten Neichs- tagssession nicht nur verstehen, fanden, auch vermitteln will. Dr. Fortmaun hat mit der Harausyobe dieser wohlgclungenen Arbeit die Geschichte der Zentrumstatigkeit bereichert; denn er ,st der Fortseher der Arbeit geworden, di« Mathias Erzberger in bienenhaftem Fleiß für das Zentrum ein Jahrzehnt lang als Geschichtsschreiber des Tätigkeitsberichtes der Zentrumsfraktion geleistet hat. Das Buch enthält IN Kapitel, die sich miss ein gehendste mit den einzelnen politischen und wirtschaftlichen Ge rieten beschäftigen, auf die sich die Arbeit der Zentrumsfraktion erstrecken mußte. Die Tätigkeit des Zentrums auf politischem Gebiete, auf wirtschaftlichem Gebiete, auf dem Gebiete der Volks- ernährnng und Landwirtschaft, aus sozialem Gebiete, in der Tätigkeit für die Berufsstände, für den Mittelstand, seiner Ar beit in der Rechtspflege, beim Wiederaufbau des Heerwesens, fein Kampf für die christliche Schule, wie überhaupt seine ganze Kulturpolitik, das alles sind die Dinge, die behandelt werden und durch HiiiLusügung der wichtigsten Abschnitte aus den Reden der ZentrumsWgeordneten, wie sie zu jeder Frage Stellung ge nommen haben, eine dankenswerte Illustrierung und Charakte risierung erfahren. An Material und an Stoff, die dein Ver ständnis der Zentrumspolitik der letzten Jahre dienen soll, ist wirklich fleißig und gewissenhaft das Unentbehrlichste zusammen- getragcn worden. Das Buch gehört in die Hand jedes Partei, freundes. Die Herausgabe hat sich infolge bedeutender tech nischer Schwierigkeiten leider um ein halbes Jahr verzögern müssen. Das Buch ist erschienen im Verlag der „Germania" und mit einem Preis von 28 Mark pro Stück vom Rcichsgeneral- sekretariai der Deutschen Zentrumspartei, Berlin W 8, Franzö sische Straße 62, zu beziehen. Deutsches Reich Einen Vorstotz des Re'chsfinanzministers Dr. Hermes geoen de« Reichskanzler Dr. Wirth konstruiert die „Vossische' Zeitung" (Nr. 105 v. 3. März 1922) in ganz willkürlicher Weise, indem sie Tatsachen entstellt wiedergibt, und ihnen eine Bedeutung beimißt, die ihnen gar nicht zukommt. So viel das Blatt zu berichten weiß, ist in einem Antrag, den u. a. auch vom Abgeordneten Herold mit unterzeichnet war und der dem Steucrausschuß zur Umsatzsteuer eingebracht war, und der bezwcclte, die ländlichen Genossenschaften, deren Mitglieder ausschließlich die Erzeuger der Urerzeugnisse sind und deren Zweck ausschließlich in der Veräußerung unverarbeiteter oder verarbeite ter Urerzeugnisse besteht, gefordert worden, von der Umsatzsteuer zu befreien. Die „Vossische Zeitung" spricht von einen« „neuen Konflikt". Die „Vossische Zeitung" ist mit ihren Schlußfolgerungen ehr voreilig und bevor sie zu einer solchen tendenziösen Dar- iellung eines au sich harmlosen Vorgangs kommt, hätte sie ich doch zunächst einmal über den wirklichen Hergang unterrichten müssen. Nachdem die Sozialdemokraten erklärt hatten, daß sie in dem erwähnten Antrag ein Abweichen von dem vereinbarten Steucrkompromiß erblickten, hat der Abgeordnete Herold sofort seine Unterschrift unter dem Antrag zurückgezogen. Diese Tat sache verschweigt die „Vossische Zeitung" vollständig. Von einem „neuen Konflikt" kann also gar keine Rede sein. Die „Vossische Zeitung" läßt es sich mit der tendenziösen Darstellung des Vor falls im StcuerauSschuß aber nicht genügen. Sie konstruiert wieder abzunehnien, kühn eine „Offensive Dr. HermeS gegen den Reichskanzler" nnd bezeichnet das Ersuchen Dr. Hermes als ein Ultimatum. Es scheint nur der „Vossische» Zeitung" nicht be kannt zu sein, was alle Welt sonst weiß, daß Herr Dr. Hermes bereits vor Weihnachten den Reichskanzler dringend gebeten hat, eine endgültige Besetzung der beiden Ministerien vorzunehmcn. Herr Dr. Hermes hat seinerzeit auf Ersuchen des Reichskanzlers beide Ministerien so lange beibehalten, bis die Steuerfragen geklärt seien. Wenn also Dr. HermeS setzt sein Ersuchen an den Reichskanzler erneuert hat, so ist die» deshalb nichts unge wöhnliches, soiidern etwas ganz selbstverständliches. Der krampf hafte Versuch der „Vossischen Zeitung", hier einen Vorstoß gegen den Reichskanzler konstruieren zu wollen, ist ebenso eigenartig, als in der „Vossischen Zeitung" selbst wiederholt die Forderung zum Ausdruck gebracht worden ist, daß zwei so wichtige Mini sterien, wie das ErnährungSministerium und das Finanzmini sterium auf die Dauer nicht von einer einzigen Person verwaltet werden könnten. , Die ganze phantasievolle Darstellung der „Vossischen Zeitung" ist also nicht», als eine tendenziöse Auf bauschung durchaus harmloser, bezw. selbstverständlicher Vorgänge. Und wenn die „Vossische Zeitung" davon spricht, daß durch den Schritt Dr. HermeS „oer Reichskanzler gezwungen werden soll, der Steuerpolitik des Reichsfinanzministers zuzustimmen, denn sonst, das ist die unausgesprochene Drohung, würde er nicht nur mit dem Abfall der Deutschen Volkspartei, mit der Dr. Hermes sich ein» weiß in den Auffassungen über die Zwangs auleihe, vom Kompromiß rechnen müssen, sondern womöglich auch mit der Gegnerschaft des rechten Zentrumsslügels, dem Dr. Hermes bekanntlich angehört" so ist das eine Art und Welse, die nicht scharf genug zurückgewiesen werden kann. Wir glauben nicht, daß die „Vossische Zeitung" so töricht ist anzunehmen, daß die Steuerpolitik von einem Reichsfinanzmniister allein ge macht wird, sondern daß das eine Angelegenheit ist, die das gesamte Kabinett deckt und verantivortet. Im übrigen glauben wir die „Vossische Zeitung" beruhigen zu können. Es hat zwischen dem Reichskanzler Dr. Wirth und dem Herrn Reichsminister Dr. Hermes im Verlauf des Freitags eine Aussprache über die endgültige Besetzung der beiden von Letzterem bekleideten Mini sterien stattgefunden, die ganz zweifellos, wie wir zuversichtlich hoffen, eine Klärung dieser Angelegenheit bringen wird. Die Rede Stegerwnlds im Zentrumsarbeitertag Bochum, 6. März. Ein aus allen Teilen Westdeutschlands besuchter Zentrumsarbeitertag fand am Sonntag in Bochum statt. Rei'chstagsabgcordneter Joos-M.-Gladbach sprach über das Thema: „Wir und die Parteien". Das Hauptinteresse wandte sich dann der Rede Stegerwalds über die Spannung zwischen Staat und Wirtschaft zu. Siegerwald verteidigte unter anderem seine Politik als Ministerpräsident, lehnte die Kassenpolitik ab und bezeichnet«: eine Gefolgschaft von Moskau als verfehlt. Not wendig sei dagegen die politische Anlehnung Deutschlands an England und Frankreich, die wirtschaftlich denken. In breiter Linie führte Stegcrwald die Entwicklung der christlichen Gewerk schaften vor, während er die leichtfertigen Streike um Bagatellen verurteilte. Von der Regierung verlangte er äußerste Energie gegen alle Forderungen der Entente, die uns Lasten auferlegte, die wir nicht tragen können. Gegen «ine Ueberspannuiig der Re- parationsforderungen müsse die Regierung entschieden Einspruch erheben. Alsdann beschäftigte sich Stegcrwald mit dem Verhältnis zwischen Staat und Wirtschaft. Die Weimarer Verfassung habe eine Klarstellung der Beziehungen zwischen beiden nicht gegeben. Die Revolution habe nicht eine Bindung des Kapitals, sondern die Entfesselung des Kapitals gebracht. Es fehle die Gesinnuiigs- demokratie in einem äußerlich demokratisierten Staate. Heute gingen die fast unsichtbaren Kanäle der Hochfinanz in beinahe alle Parteien, auch in die radikalsten. Der betriebSrätliche Ge danke der Gegenwart müsse ausgestaltet werden; der Reichswirt schaftsrat müsse organisatorisch in die Gesetzgebung eingefügd werden. Stegerwald erblickt keinen anderen Ausweg aus dem Dilemma als durch Errichtung des föderalistischen allgemeinen Wahlrechts. Zum Schlüsse vertrat Stegerwald den völkisch- wirtschaftlichen Gedanken gegenüber der internationalen Hoch finanz. Selbstgestellnng Kapps Die „Dresdner Nachrichten" veröffentlichen am Montag, den 6. März eine Zuschrift, die mit der handschriftlichen Unter zeichnung „Wolsgang Kapp" versehen ist und nachstehenden Wort laut hat: Schweden, 1. März 1922. Mit der Bitte um Veröffentlichung dieser Zuschrift teile ich der verehrlichen Schriftleitung ergebenst mit, daß ich heute dem Reichsgericht meine Bereitwilligkeit erklärt habe, mich unter Leistung einer Sicherheit von 100 000 Mark gegen Gewährung freien Geleit» und Verschonung von der Untersuchungshaft zu stellen. Grundsätzlich stehe ich nach wie vor auf dem Standpunkt, daß eine Regierung, die den Besitz der Macht lediglich einem tatsächlich begangenen Hoch- und Landesverrat verdankt, weder das Recht hat über Hochverrat zu Gericht zu sitzen, noch irgend welchen Anspruch darauf erheben darf, daß ein durch sie des Hochverrats Bezichtigter Recht bei ihr sucht. Obwohl mir eine Ausfertigung der gegen Regierungs präsident v. Jagow ergangenen Reichsgerichtsentscheidung vom 81. Dezember 1921 noch nicht Vorgelegen hat, entnehme ich doch dem mir darüber inzwischen bekannt gewordenen Inhalt, daß ein Fehlspruch des Gerichts vorliegt. Herr v. Jagow ist nach meiner Ueberzeugung mit Unrecht zu langjähriger Frei heitsstrafe verurteilt. Die gegen ihn ergangene Entscheidung ist endgültig. Da mir aber aus derselben Veranlassung die gleiche Handlung zur Last gelegt wird, wie die, derentwegen Herr v. Jagow verurteilt worden ist, so übt ein neues gegen mich durchgeführtes Verfahren tatsächlich dieselbe Rechtswirkung aus, als fände eine Revision des Jagow-Prozesse» statt. Ehre und Gewissen gebieten mir daher, für den Verurteilten «inzutreten. Demgegenüber haben alle grundsätzlichen Erwägungen, die mich bisher von einer Selbststellung abgebalten haben, zu schweigen. General Freiherr v. Lüttwitz und die anderen im Auslande befindlichen Herren, die am März-Unternehmen beteiligt gewesen ind, werden, dem natürlichen Antrieb ihrer vornehmen Ge- innung entsprechend, den Wunsch hege», meinem Beispiel zu olge» und gleichzeitig mit mir in Leipzig zu erscheinen. Sie alle bitte ich dringend, hiervon Abstand zu nehmen und mir als politischem Haupt des März-U»ternehi»enS in diesem Falle deil Bortritt zu lassen. Aus ähnlichen Gründen, wie sie jetzt sür mein Vorgehen maßgebend sind, können sie sich später immer noch stellen, falls sie dies dann noch sür geboten erachten. Ihre Interessen werden von mir in Leipzig, ohne ihrer etwaigen künftigen Stellungnahme irgendwie vorzugreifen, als -wären sie meine eigenen, wahrgenommen werden. Wolfgang Kapp, Königl. Preuß. Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat. Gegen die Kriegsschuldlüge Berlin, 6. März. Eine Kundgebung gegen die im Ver sailler Vertrage kodisizierte Lüge von der deutschen Schuld am Kriege und gegen die Forderung nach Auslieferung der Kriegs verbrecher veranstaltete am Sonntag der Verband national ge sinnter Soldaten im großen LehrervereinShauSsaale. Im Vor dergründe stand ein« Rede des Grafen von der Goltz. Oft von der unmittelbar in Zurufen hervorbrechende» Zustimmung un terbrochen, reihte er die Tatsachen der deutschen Unschuld anein ander. Die alten Soldaten und die Jugendbewegung gehören in diesem Erneuerungskampfc gegen Lüge und Feigheit zusam men. Es gelte bereit zu sei», denn der Trost und die Zuver- sicht des kleinen Finnlondvolkes müssen auch im großen nach Stegemanns Worten vor allem anderem in dem mit Lorbeer gekrönten großen deuiscken Volke lebendig sei». Noch ist nicht alles. Noch kommt der Tag, an dem Deutschland wieder aufer steht. — Das Echo der Rede was das Gelöbnis, daß eine AuS. lieferung von Kriegsverbrechern nur dann möglich sei, wenn kei ner der Versammelten und derer, die ihres Geistes sind, mehr lebt. Die Lüge der deutschen Schuld am Kriege, deren Halt- lösigkeit bereits durch Bibliotheken füllendes Material nachgewie sen worden sei, behandelte dann NeichStagsabgeordneter Regie» rungsrat Laverrenz. Es gebe nur eine heilige Aufgabe: Auf» kläriingskampf und im Zusammenhänge damit Aktivität gegen jede Auslieferung. Eine Gedenkfeier für die im Kriege Gefallene« Berlin, 6. März. Im Reichstage fand gestern ein« vom VolkSbund deutscher Kriegergräber-Jürsorge veranstaltete Ge denkfeier für die im Weltkriege Gefallenen statt, an der unter anderem Neichswehrminister Dr. Geßler, General Seeckt, NeichS- tagspräsident Loebe, sowie zahlreiche Parlamentarier teilnah- men. Reichstagspräsident Loebe hielt eine längere Rede, in der er unter anderem die Hoffnung aussprach, daß das Gedenken an die teuren Toten zur Selbstbesinnung mahnen möge, um in der Welt den Gedanken der Rache und des Unterdrückungswillens z» töten nnd den der Versöhnung und der Liebe zu wecken. Die Zwangsanleihe ist seit einigen Tagen Gegenstand von allerhand Mitteilungen, die durch die Presse gehen. U. a. wird vor allem behauptet, daß die Ne'chSregierung, bezw. das Reichsfinanzministerium beabsichtigt, die Verhandlungen über die Zwangönnleihe in diesem Jahre nicht mehr borzunehmen. Angeblich soll die ungültige Umlegung der Zwang», anleihe erst vorgenommen werden, wenn die Vermögenseinschätzuiig nach Jahresschluss vorgenommen ist. Wie der „VorwärlS" mitleilt, wird die sozialdemokratische ReichstagSiraktion dahin willen, daß mit Rücksicht an» den drin enden Geldbedarf des Reiche« möglichst bald ein erheblicher Teil der ZwangSanleihe zur Einhebung gelangt und daß der Rest nach Fertigstellung der Einschätzung der Vermögen eingezogen wird. Tie Voraussetzung zur Annabme des Gesetze» über die ZwangSanleihe wird, w e der „Vorwärts" weiter mitteilt, sür die Sozialdemokratie die sein, daß festgesetzte Termine und bestimmte Summen in Ansatz gebracht werden Wie uns von parla mentarischer Seite mltgeteilt wird, sind die Mitteilungen über eine beabsichtigte H nauSzögerung der Zwangsanleihe nnbegriiudet. Der Reichsfinanzminister Dr. Hermes hat gelegentlich der Besprechungen über die ZwangSanleihe ausdrücklich erklärt, daß die Veranlagung der ZwangSanleihe noch in diesem Jahre erfolgen müsse. Die Gelder des alten Heeres Berlin, 3. März. Die Banken, Sparkassen usw. sind auf Grund des Gesetze« brtressend dir Verpflichtung zur Auskunft über militärfiskalische Gelder vom 2b. Oktober 192t auf Aufforderung des ReichsfinanzministerS veipflichtet, ,hm über die bei ihnen be stehenden oder seit dem 1. April 1V14 vorhanden gewesenen Gut haben militärischer Dienststellen deS alter« Heere«, der alten Marine der alten Heeres- und Marineverwaltung sowie sonstiger ausgelöster Heere»- und Marineteile jede mündliche oder schriftliche Auskunft zu geben und Kontoabschriften zu liefern. — Der NeichSfinanz- minister hat diese seine Befugnisse den Landesfinanzämtern über tragen. Sächsische Volkszeitung — Nr. 65 — 7. März 1922 Auf Altenhammer Roman einer Ehe von Dina Ernstberger (4. Fortsetzung.) L. Wie ei» Schlößchen war das Wohnhaus des Gutes Alten» Hammer anziisehcn. Ein großer, stolzer Vau; reichverziert mit Erkern und Türmchen. Wenn man auf der großen Steinveranda vor dem Hause saß, tonnte man die sämtlichen Wirtschaftsgebäude und den gan ze» Hof überblicken. Da wimmelte es von Hühnern und Tauben und Gänse», vom nahe» Weiher herüber hörte man eine Herde Enten schnattern und in den Ställen brüllte das Vieh. Rings um üppige Felder und Wiesen, ganz nahe der Wald. Und alles dies gehörte zur Besitzung Altenhammer. Früher war sie noch viel größer gewesen. Wenn die Groß eltern des jetzigen Besitzers vom Dachfenster ans Umschau hiel- ten, dann gehörte ihnen alles, so weit das Auge reichte. Damals war das Wohnhaus ein einfaches zweistöckiges Bauernhaus mit hohen spitzen Giebeln. Einfach war mich die Einrichtung nnd der ganze Betrieb. Einfach, aber solid! Die alten Leute erzählten immer noch, wie bescheiden nnd sparsam es damals in Altenham- mer zugegaiige» sei nnd wie angesehen die Leute trotzdem bei Hoch und Niedrig ivarcn. Aus der ganzen Umgegend kamen die Menschen und holten sich in Blienhammer Rat. Und war einer in Not. so ging er auch dahin. Keiner ging enttäuscht davon, l^renslellen wurden dem Besitzer angetragen; aber er hatte dafür keinen Sinn, wollte nichts anderes sein, als ein tüchtiger Bauer. Der Nachkomme strebte weiter. Er ließ es sich was kosten, daß er als Landrat gewählt wurde. Von da an trug er städtische Kleider. Er war viel auswärts. Die Wirtschaft überließ er keiner Frau und de» Dienstboten. Kam er dann heim, so wollte «hm alles nicht mehr paffen. WaS er von den hohen Herren sah, das versuchte er nachzi:machen. Bei Tisch mußte stets ein weißes Tischtuch m,fliegen, man aß mit doppelten Tellern und seinen Bestecken. Die Menstbotcn durften nicht mehr in der Wohnstube essen. Moderne Möbel wurden gekauft. Bauten geändert. Als der einzige Sohn älter wurde, entschloß der Besitzer sich, da? alte Wohnhaus abzubrecben und eine große Villa zu bauen. Als sie fertig und ganz modern eingerichtet war, kamen viele Besuche von anSwärtS und blieben oft wochenlang. Und lustig ging eS dabei immer zu AVer in der Familie selbst war Unfrieden. Dir Frau ivar fleißig und einfach. Die vielen GekdanSgabcn ängstigten sie. Sie sah nur zu gut, daß es auch im Betriebe nicht mehr vorwärts ging nnd daß die Gelder nicht mehr so reichlich im Kassenschrank lagen. Das machte sie ungut. Der Mann aber suchte die Freude immer mehr außer dem Hause. Als die Frau auf Altenhammer starb, war ihr Sohn bereits zwanzig Jahre alt. Er machte dem Vater reichlich Sorgen und legte diesen, den Gedanken nahe, es sei das Beste, wenn Christian möglichst bald heirate. Es fehlte nicht an Enttäuschungen und Körben, bis die Wahl auf des reichen Schulzenbauern einzige Tochter siel. Die Stine war zwar nun mal ein Bauernmädchen, darüber konnte ihre städtische Kleidung nicht hinwegtäuschen, aber das viele Geld mußte ersetzen, was ihr sonst fehlte. Dem Schiilzenbauern waren die Verhältnisse auf Altenham mer von seinen Eltern her bekannt, die mit den Großeltern Christians eng befreundet gewesen waren. Aber als der damalige Besitzer von Ältenhanimer starb, hörten die gegenseitigen Besuche auf. Der Schulzenbaner war bei der Leichenfeier von Christian» Großvater gewesen, und ans den damaligen Verhältnissen bildete er sich ein Urteil, als Stines Heirat beschlossen wurde. So kam Stine als neue Herrin auf das Gut Altenhammer. Sie fand dort aus der alten Zeit, von der ihr Vater so viel er zählt Ihaite, nichts mehr vor als eine alte Base, die mit kräftiger Hand die Führung des Haushaltes leitete, seit Christians Mutter tot war. Sie war schon als kleines Waisenkind zu den Ver wandten auf Ältenhanimer gekommen und hatte alle Wandlungen dort miterlebt. Die Dienstboten mochten sie nicht leiden nnd nannten sie eine verbissene alte Jungfer. Ihren Befehlen aber beugten sich alle, selbst Christian und ihr Vater. Kurz vor Christians Hochzeit erkrankte plötzlich sein Vater und starb. Christian war nun alleiniger Besitzer von Altenham mer. Die Base nmr von der Stunde an noch mürrischer nnd stil ler geworden. Wenn die Leute tuschelten und sagten: „Das bedeut nix Gutes, ein Todesfall so kurz vor der Hochzeit," dann schimpfte sic wobl über dummen Aberglauben, im stillen aber dachte sie: „BrauchtS da noch eine böse Bedeutung? Ist das nicht schon Un glück genug, daß dem Christian der Vater fehlt? Daß er sich bei dieser Jugend schon als alleiniger Herr fühlt? Daß er sich sagen kann: Ich bin reich und kann mir alles erlauben nnd niemand hat mir was vinznreden! Kaum deckte die Erde den Toten,^ so wußte die Base auch schon, daß ihre Gedanken sie nicht getäuscht hatten. Jetzt blieb Christian noch weniger daheim alZ seither. War irgendwo in der Umgebung eine Festlichkeit, so stand er an der Spitze. Bei keiner Jagd, bc' keiner Versammlung fehlte er. Wollte er aber einmal daheim bleiben, so holte man ihn, denn wo er war, da ging e» nobel und lustig zu, und er gönnte auch anderen etwas. Waren früher schon viel Gäste in Altenhammer, so wurde jetzt das Hau» erst recht nicht leer. Die Base schüttelte oft den Kopf. „Wenn das so weiter geht, essen dick) die Fremden noch arm," sagte sie oinmal un mutig zu Christian. Der aber ließ sie brummen und ging pfeifend weiter. Da suchte sie Trost in dem Gedanken: Wenn die innge Frau kommt, wird eS anders werden, und sie drängte zur Hochzeit. Dem Christian aber eilte ev nicht. Nur selten sah man ihn mit seinem schönen Rappengespann nach dem Schnlzenhof fahren. Vom Schreiben war er kein Freund. -» Wenige Wochen, bevor die HocAeit statifinden sollte, kam er einmal mürrisch ans der Stadt heim und zankte mit den Dienstboten. AIS die Leute alle auf dem Felde waren, kam er zur Base in die Küche." „Des mit der Hochzeit wird nix," sagte er mit finsterer Mene. „Erstens brauch ich noch kei Frau und zweitens bekomm ich noch was ganz ander» als di« Stine." Die ll^ase, die auf einem Stuhle saß und Kartoffeln schälte, ließ daß Messer aus der Hand fallen und blickte ihn zornig an. „Und des weißt etzt erscht?!" sagte sie streng. „Ich Habs immer gewußt. Der Vater war schuld, daß es so weit kommen ist mit der Stine." „Der Vater werd gewußt haben ivarum." Christian lachte spöttisch. „Der Vater hat auch net immer recht gehabt. Der hat gar viel gewollt und kei Mensch hat ge. wuht warum," sagte er ärgerlich. Als die Züge der Base immer strenger wurden und sie den Arm in die Seite stemmte, warf er das Messer, daß er spielend in der Hand gehalten hatte, zornig auf den Anrichttisch mitten in die Gläser und Tassen hinein, daß die Scherben auSeinander- flogen. Die Base war ausgestanden und stellte sich vor ihn hin. „Was soll etzt das heißen? Wem sei Sach machst denn kapnt?" Er ließ sie nicht weiterreden. „Meine ists!'^ schrie er sie an. „Kein Menschen gehtS was an, was ich t-u. Und wenn ich eine andere Heirat, das geht auch keinen was an. Dich auch nicht» merk dirSl" - Mt großen Schritten verließ er die Küche und schlug dis Türe krachend zu. Die Base setzte sich wieder an ihre Arbeit. Jetzt war nichts mit ihm zu machen, das wußte sie. Wenn aber der Sturm bei ihm vorüber war, dann wollte sie ihm die Mei nung sagen. sFortsehung folgt.)
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