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Nummer 84 — 27. Jahrgang Srlchelnl emal ivschentl. mit den illustr. Dratisbeilagen .Di» veil' und »Für unsere «einen Leute', sowie den Terlbeilag«,, ,Lt. Venno-VIatl', .NiUerhaltung und Wissen'. .Die Well der Frau'. .Aerzllicher Ratgeber'. .Da» gute Buch'. .Filniruud. schau'. Monatlicher Bezugspreis S Mk. einschl. Bestellgeld. Kiujeluummer 10 4. Sonnabend- u. Soiuitagnnminer itO HMchllchristleiter- Tr. G. TeSczyk, Dresden. ÄüchsWe Freilag. den IS. April 1928 Verlags«»», LreSdeu Unjetgeupreile! Die tgespalteue Pelltzeile»O 1. Familie» anzeigen >md Stellengesuche SSO Z. Die Petttrellaniezell«, 89 Millimeter breit. » X. Off-rlengrbNhr »0 1- Im Falle höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung ans Lieferung sowie Erfüllung v. Aiizeigeu.Autlriigeu u. Leistung v. Schadenersatz. GeschiisMcher Teil: Artur Len», Dresden. (ileschäftSftelle, Druck«.Verlag - Germama.il..». lür Verlag und Druckerei,Filiale Dresden. Dresden-?!. t. PolierslrageN. FenirusLIOIS. Postlchecklonto Dresden rrar Bankfonto Stadtbank Dresden Nr «I7ill Für christliche Politik und Kultur Dresden Redaktion der Sächsische» Volks,ettuug Sden-Slllsladt 1. Polierstratze 17. Fernru» SMli und 710,2. Bor -er Wahlparole Wenn das deutsche Volk diesesmal zur Wahlurne geht, wird es nicht mehr zu entscheiden haben, unter welcher Staaisform es leben will. Die Festigung der neu- lautlichen V e r h ä l t n i s s e ist trotz immer noch vor- ,aiideiier Widersacher, der sogenannten Unentwegten, die ?s immer und überall gibt, dennoch so weit fortgeschritten, daß diese Frage den Wahlkampf kaum belasten wird, ja Las, sie ihn auch nicht zu belasten braucht. Die Bedeutung dieser Wahlen liegt vielmehr auf einem anderen Gebiet. Sie liegt darin, das; wir uns darüber werden schlüssig mach eil müssen, wie Geist und Gesinnung be schaffen sein sollen, von denen Wesen und Inhalt des Saales und seiner Einrichtungen bestimmt werden und von denen sich die im Staate wirkenden politischen und wirt schaftlichen Kräfte bei ihren Matznahmen bestimmen lassen. Diese Zweckbestimmung, die wir den Maiwahlen von 1828 geben, führt zu der Fragestellung, die wir klären wollen und von der auch Parteien und Wähler ausgehen »üiiien: Wallen wir den christlichen, sozialen nnd demo kratischen Valksstaat, der auf deu Grundfesten und der sittlichen Idee des Rechts und der Gerechtigkeit steht? Ls ist gar keilt Zweifel, datz diese Frage voinZentrum bejaht wird, und das; alles eingesetzt werden mutz, um die Verwirklichung des Zieles zu fördern, und datz dort gebessert und ausgefüllt werden mutz, wo heute noch erheb liche Lücken klaffen. Gehen wir aber mit Mut an diese Auf gabe heran, dann erscheint es uns zunächst notwendig, datz im kommenden Wahlkampf den rein materiellen Fragen derzweite Platz zugewiesen wird, und datz dafür die g r o tz e n, die Richtung weisenden Gedan ken in die vorderste und erste Linie rücken. Die Frage, was hat diese oder jene Partei für diesen oder jenen Stand getan, darf nicht entscheidend sein, wenigstens nicht innerhalb einer weltanschaulichen Eesinnungsgemein- schaft, wie sie das Zentrum ist, die dafür Sorge zu tragen hat, datz alle den gebührenden Platz im Staats- nnd Wirtschaftsleben einehmen, und datz allen nach inenschlichen Möglichkeiten Gerechtigkeit widerführt. Die letzte Zeit spanne, durch die der vergangene Reichstag hindurchgehen mutzte, hat sich bereits dadurch charakterisiert, datz Entschei dungen gesucht wurden, die darauf hinwiesen, datz wir uns mehr und mehr dem Zeitpunkt nähern, wo mit dem rein Politischen auch die g e i st i g e n E e st a l t u n g s k r ä f t e, die im neuen Staat wirken wollen, sich in den Vordergrund schieben. Das deutsche Volk wird die Probe zu bestehen haben, ob es tolerant genug ist, die Temolratie auch wirklich durchzitführen, d. h. sie auf alle Lebensgebiete zu erstrecken oder ob es mit der S t a a t s a l l m a ch t den Götzen der Gewalt und der geistigen Diktatur nufrichten will. Die Antwort darauf mutz in erster Linie den Macht- bestrebungen des Liberalismus gegeben werden, der durch die Verhinderung des Neichsschulgesetzes gezeigt hat, datz der liberale Begriff dort halt macht, wo er wirkliche Liberalität verlangt. Dazu kommt, daß die I n t e r e s s e n- politik stärker denn je ihr Haupt erhebt, und datz sie leider auch in Kreise eingedrungen ist, die nicht nur auf der Seite der Rechten zu suchen sind. Dieser ungesunden Er scheinung mutz gesteuert werden. Denn wie die Ver- materialisierung im Kleinen zur Verflachung des politischen und geistigen Lebens führt, so ist das starke Vordringen wirtschaftlicher Einflußnahme auf den Staat mit der Ten, denz seiner Beherrschung die ernsteste Gefahr für die Ge, meinschaft. Die Plutorratie ist der entschiedenste Gegner der Demokratie. So sehen wir uns im Wahljahr 1928 vor den zwei grotzen Aufgaben: datz die Interessenpolitik zurück, gedrängt wird zugunsten der politischen und geistigen Ziele, die wir uns gesetzt haben, nnd die Garantien geschaffen werden, die einen Staatsaufbau im christ lichen, sozialen und demokratischen Geiste gewährleisten. Das Zentrum für sich genommen mutz sich deshalb auf das ge naueste darüber klar werden, was für einen Standort es unter den Strömungen einnimmt. Der Liberalismus, der Sozialismus und der parteipolitisch vergewaltigte Kon servativismus machen die äuhersten Anstrengungen, um ihre Stoßkraft zu erhöhen nicht allein nur durch eine Ver, stärkung der Zahl nach, sondern auch dadurch, datz durch festes Herausstellen der geistigen Eigenart die innere Ge schlossenheit verstärkt und der Einfluß auf den Staat und seine Gesetzgebung erweitert wird. Waren wir bei früheren Wahlen mehr oder weniger abhängig von außenpolitischen Zwangslagen oder innenpolitischen Not parolen, diesesmal haben alle Gruppen Zeit und Gelegen heit, sich auf sich selbst zu besinnen. Das Zentrum — darüber geben wir uns weder einer Illusion noch einer Täuschung hin — hat keinen Freund. In seiner eigenen Brust sind seines Schicksals Sterne. In diesem Auf-sich- ^.,.vut.,e>n. Las nicht Bindungen und Vervinoungen enthält, das freie Entscheidungen in jeder Situation zu- lätzt. liegt eine große Stärke, sofern wir selbst stark sein wollen und uns -.essen auch bewußt lind. Eine klare Stellung müssen wir zuerst zum Staat ein nehmen. Die Staatssorm steht fest. Das Zentrum hat dadurck. tzak es seil gckit Jaliren ununterbrochen an Ter M MMWW MM Diplomatische Schritte -er Dereinigken Skaalen bei den Großmächten Ueberreichung -er amerikanischen Note in Berlin Berli ». 12. April. Der amerikanische Botschafter Shurin an überreichte heute vormittag im Aufträge seiner Regierung dem Reichs- auhenminister de» gesamten zwischen Staatssekretär Kel logg und Außenminister Briand Uber den Abschluß eines Kriegovcrzichtspaktes geführten Briefwechsel. In einer bei- gesiiqten Note wird die Reichsregierung ausgesordert werden, ihre Stellungnahme zu einem gemeinsamen Abkommen zwischen Amerika, Deutschland. England und Frankreich, Italien und Japan über die Ungeseßlichkeitserklärung des Krieges zuin Ausbruch zu bringen. Aehnliche Schritte werden auch die diplomatischen Bertreter der Vereinigten Staate,, in den übrigen Hauptstädten der Länder unternehme». Der Wortlaut der Note ist noch nicht bekannt. Es wird erst morgen der Oessentlichkeit übergeben iverden. Die kriegerischen Verladerampen Die Sorgen der N h e i n l a n dk o m m i s s i o n. Die R l) e i ir l a n d k » »r m i s s i o n hat die Reichsbahn- direllion iu Trier in einem Schreiben angewiesen, in ihrem Bezirk sämtiiche Verladerampen, die in der Zeit von 1811 bis 1918 zur Verladung von Truppen hergerichtet worden sind, abzureitze» oder unbrauchbar za machen. Es soll sich dabei um etwa 20 solcher Verladerampen handeln. Der ablehnende Standpunkt der Reichsregierung in der Frage der erneut angeordneten Vernichtung dieser Ver- lade-Rampen ist unverändert. Sowohl bei der Rheinlanc» kommission als auch durch die deutsche Botschaft in Paris ist das Ansinnen der Kommission im Laufe der nun mehr drei Jahre währenden Auseinandersetzungen wieder holt zurückgewicsen worden. Auch das letzte Schreiben der Rheinlandkammifsion dürfte an der deutschen Auffassung, die,uni so berechtigter ist, als die Angelegenheit ezhn Jahre zurückliegt, nichts andern. Die pottlische Kochkonjunktur in Rom Berlin. 12. April. Wie aus Berlin gemeldet wird, bürste Parker Gilbert bis Sonnabend in Nom bleiben. Reichssinanzminister De. Köhler hat seine Besprechungen mit Gilbert und mit dem italienischen Finanzminister Bolpi fortgesetzt. In Rom ist auch der päpstliche Nuntius Pacelli aus Berlin eingelroffen. Er würbe vom Papst sowie vom Kardinalstaatssekretär Gasparri in Privatautienz empfangen. In Moskauer politischen Kreisen wird der Reise Za« Ieskis nach Rom vor allem im Zusammenhang mit der Reise Temjik-Ruschdy-Bei nach Ron, größte Bedeutung beigemessen. Es wird die Ansicht vertreten, die Sowjetunion könne einem Zusammenschluß der Staaten des nahen Ostens unter der Füh rung von Italien und Polen nicht gleichgültig gcgenüberstehen, falls Polen die Verhandlungen mit der Sowjetunion dauernd verschleppe. Die gleichzeitige unfreundliche Haltung Frankreichs, das systematisch eine Kommimisteiiversolgung betreibe, lasse ver muten, das; England bemüht sein werde, den französi'ch- italienischeii Gegensatz im Mittelmeer auszugleichen um er>'e ge schlossene Froni gegen die Sowjetunion zu bilde». Am Montag findet in Rom eine Besprechung der ge- schäftssührenden Vorstandsmitglieder der großen industriel- leu S p i tz e n v e r b ü n d e der verschiedene» Industriestaaten statt. Ter Reichsverbaud der deutschen Industrie wird durch Geheimrat Kastl und Dr. Herne vertreten sein. Die Be sprechungen gehen ans eine Initiative der britisct>en Industriel len zurück, und dienen der Erörterung gemeinsamer industrieller Interessen. Parker Gilberk bei Mussolini Rom. 12. April. Mussolini hat gestern den Generalagenten sür Reparations zahlungen, Parker Gilbert, empfangen, der vom Finanzminister Grasen Volpi begleitet war. Ein lürkijch-ilalienisches Abkommen? Paris, 12. Avril. In Paris eingetroffene Nachrichten bestätigen, daß im Verlauf der Unterredung des türkischen Außenministers Tewsik Nuelchy Bei der Abschluß eines neuen Handelsvertrages und eines F r e u » d scha f t s - und N i ch ta n g r i f f s p a k- l e s zwischen Italien und der Türkei besprochen worden sei. Dieser Vertrag solle der Türkei ihren gegenwärtigen europäischen Besitz und ihre Grenzen sichern. Tie zwischen den beiden Staatsmännern geführte Unterredung hätte sich weiter auch auf die Frage des östlichen Miltelmeeres erstreckt. Die türkische Regierung scheine bereit zu sein, die italienische Vor herrschaft im 'östlichen Mittelmeer anzuerkennen, falls Italien bereit iväre..her Türkei im östlichen Aeonischon Meer und im Schwarzen Meer freie Hand zu lassen. Man glaube nicht, daß Griechenland sich ohne weiteres dem italienisch türkischen ijkrkt anschließeii werde. Im Gegenteil wird erklärt, daß Griechen land gegenwärtig getrennte Verhandlungen mit Italien uno der Türkei über die.Frage eines Nichtangriffsr'aktes rühre. der Verantwortung teilnimmt, sür die Befestigung der in der Weimarer Verfassung sestgelegten Staatsgewalt mehr getan als andere Parteien, die sich aus Eigennutz zeit weilig fern gehalten haben. Die Tätigkeit in der Rechts regierung hat keinem anderen Ziel gegolten, als dem, datz die Anerkennung der Republik auch in Kreise hineingetra- gen werden sollte, die bisher abseits standen oder sogar offene oder heimliche Gegner gewesen sind. Es bedarf keiner -Versicherung — es ist oft genug von der Reichstagstrrbllne ausgesprochen worden —, datz siH das Zentrum allen Be strebungen widersetzen wird, die auf eine Rück- revidierung zu überwundenen Formen und Sym bolen hinauswollten. Hier ist unsere Linie fest gezogen. Aber ebenso, wie mir uns selbst gegen die geistige Durchdringung des Staates mit rückschrittlichen Tendenzen — sei es politischer, sei es gesellschaftlicher Art — wenden, ebenso wird es unsere Pflicht sein, einer Ueberfiihrung der demokratischen Republik iu einen Klassen staat sozialistischer Prägung äußersten Widerstand zu leisten. Es scheint nötig, datz darüber gesprochen wird. Denn namhafte sozialistische Führer machen kein Hehl daraus, datz sie in der Republik von heute nur den Ueber- gangszustand für den sozialistischen Zukunftsstaat sehen. Auch hier ist d i e Grenze fest gezogen. Der Sozialis mus ist nicht der Geist der Zukunft. Die Verbindung, die das Zentrum mit den neuen staatlichen Verhältnissen ein gegangen ist, legt uns die Verpflichtung auf, wie Steger- wald neulich sagte. „zuverlässige Garanten des demokrati schen Volkssiaates" zu sein — aber sowohl gegen links wie gegen rechts. Das gebieten uns Weltanschauung und poli tische Vernunft. Deshalb sind wir auch Gegner der Staatsall macht, ganz gleich von welcher Seite sie kommt und wie sie sich auswirkt, ob auf politischem oder geistig- kulturellem Gebiet. Wir beanspruchen das gleiche Recht für alle und volle Toleranz. Der Reichsausfchutz des Zentrums wird selbstverständlich au der Schulsrage nicht vorübergehen. Wir wollen die Schule nicht vom Staate lösen, weil wir auch die Rechte des Staates auf die Schule anerkennen: aber wir fordern die Achtung vor dem Willen der Erziehungsberechtigten, die zu entscheiden haben über die seelischen und religiösen Grund lagen, die uns für die Erziehung unentbehrlich sind. Das Schulgesetz ist im alten Reichstag gefallen. Das Zentrum kennt die Front genau, die ihm hier im vereinigten Liberalismus, Sozialismus und Kommunismus gegen übersteht. Es wird dennoch und trotz alledem seine eigenen Kräfte sammeln, nur endlich doch sein Recht, wenn es notig ist, zu erkämpfen. Die kulturpolitische L i n i e des Zentrums kann nicht erschüttert und verändert werden, und zwar in keiner der kulturellen Fragen, die für uns mit dem Begriff vom christlichen Staate und seiner Gesetzgebung verbunden sind. Fehlt ein letztes: Vor einiger Zeit hat eins der größten liberalen Organe, die „Kölnische Zeitung". die Forderung ausgestellt, dis über-