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!? W rrummek 67 — 27. Jahrgang «mb"», »mal wö»»nil. «U »»« '»»Nr. «ra»t4b«»a,»n .D.» Mil- »»d .glir un,e« Nrmkn Leut»' «»wie d«n r«ul>«»aa"> S, Peimo-Bialt'. .llniert>ain>»i> und «Illen' .Di» «eil der ftr»«' .?>erp„»»r Ralgeber- .Da« «uie B»«' .gilmnmd. MouaNichcr Be,«a»»eet» S Mi. ein,»,, „»Hella«,», »»nzelnummer 10 «s Sonnabend, u. Sonntagnummer SO (>mwl,chrlttletter: Lr. G. Le-ezhk. Dresden. oolrs SachMe Dienstag, den ?v. Mürz 1928 Vrrl,,«»»», Dr»«d»n Au»«i»e»prktl«i Die igelvaliene Beiitieii, »« ^Hainiiie». ailieigen und Siellengemih» idi» z. Di» PeittreNamezeti«. 8N Milli,neier breiig « ^c Offer »„aebllhr »N z Im Pall« höherer iiiewa» erliichi ,ede Serpllichiunn aus Lieferung loivt« itrflllliing v Aiijetgen-Attiiröge» >,. Lelltung v Schadenermtz. «eichöfUich», r»U Ar»« Lru^ Dresden. ,«e,chas«»kell». Druü a.iveela«; »ermama 'ür iierlag imd Druckerei. Filiale Dresden, Dreöde».«.1. Polieri,ratze II. gerimi'2,012. Poll,ckieck.onio Dresden ?7», ^indeb"" ^r»4l>en !»r NI >" Für christliche Politik uni> Kultur Nedaliion der Sächsischen «olkS,ei»uog DreSden-Aitiind, l Polieilirai,» II. .iernru Mil und »lenz örücken zur Gemeinschaft Der Katholische Akademikerverband war vor acht Tagen in Duisburg zu einer Tagung versammelt, die sich aus innerer Unruhe und ernstem Verantwortungsgefühl mit der Entwicklung unseres Gemeinschaftslebens befaßte Stistsvikar Dr. Landmesser, der mutige Wegberei ter der soziologischen Ziele des Verbandes, hat der Tagung an dieser Stelle einen ausgezeichneten Aufsatz vorausge schickt. Nachdem wir über ihren Verlauf berichtet haben, dürfte eine rückschauende Betrachtung über Sinn und Er gebnis der Duisburger Arbeit geboten sein. Ihre Eigenart und Bedeutung liegt darin, daß sich katholische Arbei - tcrund Akademiker aus den Nöten unseres Ge meinschaftslebens heraus zu einer offenen Aussprache zu- sammengefunden haben. Akademiker und Arbeiter stellen zwei Schichten unseres Volkes dar, denen eine besondere ge- sellschaftsbildende Kraft innewohnt und die darum auch in besonderem Maße die Exponenten unseres Gemeinschafts lebens sind. Es ist also nicht verwunderlich, daß ihre sozio logische Funktion, wenn sie sich von den zentralen Ideen der Gemeinschaft löst und entfernt, sehr leicht zu Gegensätzen und gegenseitigem Mißtrauen führen kann. Daß dies gegenwärtig der Fall ist. kann leider nicht bestritten wer den. Eine Entfremdung zwischen Akademikern und Arbei tern besteht, und das erfüllt unsere Gemeinschaft mit Spannungen, die sich auf die Dauer als überaus schädlich auswirken müssen. Bei dieser Sachlage verdient es rück haltlose Anerkennung, daß der katholische Aka- demilcrverband von sich aus eine Begegnung mit den katho lischen Arbeitern gesucht, und diese eine aufrichtige Bereit schaft zu ihr bekundet haben. Es ist ein hoffnungsvolles Zeichen, wenn beide Teile nach vielstllndiger Aussprache übcreingekommen sind, das begonnene Werk in dauernder Arbeitsgemeinschaft fortzusetzen. Wir wollen dieses Ergeb nis nicht überschätzen: ebensowenig aber wollen wir über leben. daß hier in einem kleinen Kreise lebendiger und auf geschlossener katholischer Menschen über alle Gräben hin weg ein Brückenschlag zur Gemeinschaft ver sucht wird. Sie dürfen nicht allein bleiben Ihr Beginnen verlangt nach dem Einsatz auch jener Kräfte, die noch resigniert beiseite stehen: denn es kann nur dann zum Er folge führen, wenn es auf beiden Seiten gelingt, die vielen noch schwankenden Gestalten zu einem festen Stand ort im sozialen Leben hinzuführen. * Dieser Standort ist dem katholischen Menschen von vornherein gegeben. Den soziologischen Problemen des Lebens stehen wir ja nicht hilflos gegenüber. Wir haben vielmehr eine eindeutig bestimmte Auffassung von der Gemeinschaft, von dem sozialen Nebeneinander von Mensch und Mensch, das wir von einer großen Liebe erfüllt sehen wollen. Die Grundlagen solcher Gemeinschaft, altes Erb gut katholischer Lebenshaltung, sind weiten Kreisen durch Irrtum und Not verschüttet worden. Die letz ten Ursachen der dadurch hervorgerufenen gemeinschafts- fcindlichen Spannungen sind die Abkehr vom Religiösen, seelische und materielle Not. die Uebersteigerung und Ver absolutierung des Besitzgedankens und schließlich auch die ttebcrheblichkeit einer sich Bildung nennenden inneren kln» bildnng. Von diesem Gedanken ging die Duisburger Aus sprache aus. Fern von allem Politischen suchte sie in der Ebene des Religiös-Sittlichen jene Kräfte bloßzulegen und neu zu wecken, die allein geeignet sind, eine Belebung des katholischen Gemeinschaftsgeistes zu bringen. Arbeiter wie Akademiker fanden sich dabei zusammen in der Abwehr jener Zerspaltung undZersetzung der christ lichen Persönlichkeit, zu der uns die Irrlehre von der Eigengesetzlichkeit der verschiedenen Lebensgebiete ge- führt hat. Die Teilung des Menschen in den religiösen, den wirtschaftenden, den knlturgenicßenden und -schaffenden sowie das eigengesetzliche Nebeneinander dieser Funktionen wurde als das Verhängnis unserer Zeit bezeichnet. Der geistig einheitliche Mensch, der in all seinem Tun und Lassen von weltanschaulichen Kräften getrieben wird und sich scharf abgrenzt gegen sozialistische und libe rale Eedankengänge, kurz die christlichePersönlich, keit wurde dem gegeniibergestellt: als Forderung, die jeder in sich zu erfüllen hat. Die Anwendung ergab sich von selbst. Ein Arbeiter sagte: „Wenn die katholischen Arbeiter sehen, daß der katholische Unternehmer und der leitende katholische Akademiker sich in ihrer Haltung von anderen unterscheiden, dann wird es mit unserer Esmein- srhaft bald bester". Der in dieser Wendung liegende Vor- wun wurde von einem anderen Arbeiter vor allem auf oie Aerzte zugespitzt, die als Vertrauensärzte industrieller Betriebe ihre Entscheidungen häufig genug unter Ver- letzuna ihres Berufsethos und ihrer sozialen Pflicht träfen. Als mildernder Umstand wurde ihnen dabei allerdings zu- gebilligt, „daß sie sicher gerne anders möchten, aber nicht anders könnten, weil sie zu sehr abhängig seien vom Ka pital". Hier trifft offenbar die an einen Menschen zu rich. tende sittlich-religiöse Forderung mit harten wirt- k-b ältlichen Tatlachen zulammen. Hier ist Zwei von den sechs verhafteten Deutschen aus der Kaft enttaffen Berlin. 1i>. März Wie wir erfahren, bestätigt sich die Meldung, wonach sich rtn »rstern der Direktion der Allgemeinen Elettrizitätsgesellschast in Berlin zugegangenrs Telegramm als rcht erweist, das von ihrem erst wenige Woche« im Donezgebiet tätiggewesenen und milver- hasteten Obeeingenieur Eoldstein unterzeichnet ist. Das Telegramm bringt die Kunde von der Freilassung und bal digen Rücklehr de» Oberingrnieurs selbst und des Monteur- Wagner der A. E G Die Haftentlassung Golüsteins und Wagners ist inzwischen auch durch eine Mitteilung Tschit scher ins an den deutschen Botschafter In Moskau bestätigt worden. Dagegen bestätigt sich die Meldung einiger Berliner Blätter, daß auch der Ingenieur Otto freigelassen worden sei. nicht. Wann und ab die Freilassung der übrigen vier deutschen Ingenieure ersolgt, steht nicht fest, doch wird von der deutschen Batsckmst unter Berufung auf den Niederlassungsvertrag daraus hin gewirkt. daß ein deutscher KonsularSbeamter zu den Gefangenen Zutritt erhält. Die Vertreter des Politbüros Bubnow und Schwarz sind wieder in Nostow eingetrossen. Bubnow wir- sich nach Moskau zuriickdegeben, um Rykow und Stalin Bericht über die Donez-Angeleg«nl>eit zu erstatten. Aus gutunterrichteter Quelle wird mitgeteilt, daß der Prozeß in der Donez-Angelegen- heit am l4. Mai in Moskau unter dem Vorsitz von Ullrich, des Vorsitzenden des Obersten Gerichts der Sowjetunion, stattfinden wird. Die angeblichen Gründe -er Verhaftung Der „Rul" erfährt aus besonderer Quelle den unmittel baren Anlaß für die Verhaftung der deutschen Ingenieure im Donez-Becken. Demnach erschien angeblich im Austrage der GPU. ein gewisser Ingenieur Lisschütz auf der Arbeitsstätte, um eine Revision vorzunchmcn. Der Ober ingenieur der Bergwerke, Wilenko, verweigerte ihm aber den Zutritt und verwahrte sich gegen die Einmischung der GPU. in die technischen Arbeiten. Die deutschen Ingenieure stellten sich an die Seite des Oberingenieurs und er klärten gleichzeitig, daß die Kontrolleure der GPU. nichts von Jngenieurwissenschaften verständen. Gleich darauf wurde Wilenko und die deutschen Ingenieure verhaftet. Kowno, 17. März. Wie aus Moskau gemeldet wird, werden jetzt Einzelheiten über die Donezverhastungen bekannt. So wird der Ingenieur Wilenko als einer der Anstifter der „Verschwö rung" genannt Er wird beschuldigt, den deutschen Ingenieuren wichtige wirtschaftliche Angaben gemacht zu haben, die dem Sowjetstaate offensichtlich Schaden zufügen soll ten Ueber ein Schuldbekenntnis Wtlenkos wird von amtlicher Seite nichts mitgeteilt. Weiter wird gemeldet, dob die Fra»e der st'ikaNnno deutscher Verteidiger zu den Gerichtsverhandlungen in Sachen der verhafteten Ingenieure nicht m vollem Maße positiv gelöst werden könne. Es beständen jedoch Aussichten dafür, daß di« Sowjctregierung deutsche Rechtsvertreter als Privalpersone» zu den Gerichtsverhandlungen zulasten werde. Ein Protest der Deutschen Industrie Der Reichsverband der Deutschen Industrie hat am 17. Mürz sein Präsidium und den deutscl>-nissi!chen Wirtschaftsausschuß so wie befreundete Wirtschaftsorganisationen zu einer Aussprache -usammenberuscn, um zu der durch die Verhaftung deutscher Ingenieure in Rußland geschaffenen Lage Stellung zu nehmen. Die Versammlung sagte einmütia die iolaend« Ent schließung: Die Verhaftung von Ingenieuren und Monteuren deutscher Firmen in Slldrußland lDonezgebietl hat in allen deutschen Wirllchastskreisen größte Entrüstung hervorgerujen. Dl« deutsche Wirtschaft hat im Lause der letzten Jahre die Sowiet- union bei ihrem wirtschaftlichen Aufbau trotz gewichtiger Be denken unterstützt Die einzelnen industriellen Firmen haben aus besonderen Wunsch der Sowietregierung bewährte und zu verlässige Ingenieure und Monteure zur Montage und In betriebsetzung von Maschinen und ganzen Anlagen nach Rußland entsandt. Dies konnte nur unter der Voraussetzung geschehen, daß Leben und Eigentum dieser Personen auch in Rußland ge sichert seien. Durch dieses Vorgehen der Sowjetorgane gegen deutsch« Ingenieure und Angestellte ist dieses Vertrauen, das die Vor aussetzung für jeden geschäftlichen Verkehr bietet, aufs schwelst« erschüttert: der praktische Wert der mit der Sowjetunion unter großen Opsern der deutschen Wirtschaft abgeschlossenen Staatsverträgc, insbesondere des Abkommens über Nieder lassung und allgemeinen Rechtsschutz, ist dadurch in Frage ge stellt. Die Unterzeichneten Wirtschaftsorganisationen erbeben nach drücklich Protest dagegen, daß bewahrte Personen, die im In teresse der russischen Wirtschaft tätig sind, unter Vorenthaltung von Gründen ihrer Freiheit beraubt und in Kerkerhaft genom men werden. Sie bitten die Rcicbsregiernng, die sofortige Frei lassung der Verhafteten zu erwirken und den bctrofsenen Per sonen Genugtuung zu verschaffen. Es muß ferner Sicherheit ge geben sein, daß deutsche Reichsangehörige in Zukunst derartigen Willkürakten nicht mehr ausgcsetzt werden. Die Wirtschafts organisationen billigen ausdrücklich die von der Reichsreg erung angeordnete Unterbrechung der gegenwärtig schwebenden Wirtschastsverhandlungen. Bezüglich der Fortsetzung der Tätigkeit der in Rußland be find! chen Angestellten deutscher Firmen wird das Ergebnis der von der Regierung unternommene» Schritte abgewarlet. Was die Entsendung weiterer Spezialisten nach Rußland angeht, so sind die Unterzeichneten-gvirtschastlichen Organisationen ein mütig der Uel>erzeiigiing, daß bis zur völligen Klärung der An gelegenheit sich niemand zur Aufnahme einer Tätigkeit in Ruß land bercitsinden wird Auck, kann unter den vorliegenden Ver hältnissen keiner deutschen Firma die Verantwortung für Lnt- iendung von Personal nach Rußland zugcmutet werden. Deutscher Industrie- und Handelstag. Reichsverband der Deutschen Industrie. Reichsverband des deutschen Groß- und Uebcrseehandets. Zentralvcrband des deutschen Bank- und Banliergewerbes Reichsausschuß der Deutschen Lanöwirtsclmft Deutlck-ruisiichcr Verein. auch der Punkt, von wo die Ausivrache lies in die Proble matik unseres wirtschaftlichen Zustandes eindringen mußte. » Abt Ildefons Herwegen hat jüngst diese Zu- sammenhänge in der letzten Folge des „Katholischen Ge dankens", der Mertelsahrsschrift des Katholischen Aka demikerverbandes treffend gekennzeichnet, wenn er schreibt: ,. . . Schauen wir tiefer, so gewahren wir, daß der Ab grund in der Volksgemeinschaft sich da auftut, wo Be litz und Nichtbesitz sich begegnen. Von hier aus wird ja die ganze materielle Lebensgestaltung be stimmt.. Selbst Bildung und Unbildung, höhere oder ge ringere Kenntnisse sind zu einem großen Teile von hier aus beeinflußt. Somit ist das Problem, besten Lösung wir ver suche.; wollen, hineinbezogen in die wirt schaftlichen Verhältnisse unserer Zeit. Diese hinwieder beruhen auf der heutigen Wirtschaftsord nung, dem Kapitalismus. Der Arbeiter neigt dazu, auch im Akademiker den Kapitalisten zu sehen." Der hier ge schilderte Zusammenhang zwischen wirtschaftlichen Tat- fachen und der Zerrüttung unseres Gemeinschaftslebens ist zweifellos richtig. So sehr wir also die Kräfte zu seiner Erneuerung aus dem Religiösen schöpfen müssen, ebenso kehr gilt es »u erkennen, dak üe in erster Linie Lur Ueber» Windung der tm Wirtschaftlichen liegen, den Widerstände angesetzt werden müssen. Das ist in Duisburg auch klar zum Ausdruck gebracht wor den. Die Widerstände liegen weniger in der Wirtschaits- form, als in dein Eeiste, der sie beseelt. Der kapita listische Geist in seiner heutigen Entartung bat zu jener lleberschätzung des Materiellen geführt, die in Besitz. Ar beit und Gewinn nicht mehr eine dienende Funktion, sondern den Selbstzweck eines völlig objektivierten Stre- Vens sieht. Und hier ist. wie es in Duisburg treffend wr- muliert wurde, der Unternehmer >m Bereiche des Wirtschaftlichen mindestens ebenso erlösungsbedürstig wie der Arbeiter Di« Aufgabe, die dort liegt, hat Pros. B ra u e r in der Aus sprache klar gekennzeichnet. Er forderte die Verdrängung des Kapitalsinteresses aus dem Zentrum der Wirtschaft und seine Ersetzung durch das Arbeitsintereste. Den Weg hierzu, den der Unternehmer im eigenen Interesse betreten solle, erblickt er in der Ermöglichung einer M i t b e st i m - mung der Arbeitenden überall dort, wo sich eine solche aus dem Gang von Betrieb und Unterneh mung begründen laste. Das Arbeits'nteresse als Mittel punkt der WirU'kurft verlange ferner Rücksicht darauf, daß »er Lobn de» Arbeiters das Einkommen seiner