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Sächsische Volkszeitung : 24.03.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-03-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192803245
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19280324
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19280324
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-03
- Tag 1928-03-24
-
Monat
1928-03
-
Jahr
1928
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 24.03.1928
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Kammer 71 Sächsische Volkszeilunq »4. MSrz >°W Schimpf- und PuttdeckeMon.^erk — Zwei Auslösungsanlrüge Debatte über die Talsperrenfrage Dresden, 23. März. e. ic »eitrige Lauolagsiiyuiig »«ihm wieder einmal einen rccln „bewegten" Verlauf. Vor Eintritt in die Tagesordnung gab -:r Abg. Bcthke (ASPD.) eine längere Erklärung ab, in der er hci, gegen die Erklärung, die Abg. Edel (Soz.) in der letzten Sit zung abgegeben balle, wandte Er suchte nachzuweisen, daß sich Edel .n'..ege» seiner Behauptung um eine Beamtcnstellung an der Staats- ilung beworben habe. Von sozialdemokratischer Seite wurde Pcihke fortgesetzt durch Rufe wie „Lump! Schwindler! Verleumder!" unterbrochen. Der Präsident mußte mehrere Ordnungsrufe erteilen. PeN'ke legte zum Beweise seiner Behauptungen ein Protokollbuch vgr. von dem sozialdemokratische Zwischenrufe behaupten, es sei ge stohlen worden Der Präsident ließ das Buch vom Tische des Hau ses durch ei»-.» Diener holen und verwahrte es auf seinem Platze, Den Abg. Kauksch (Soz.) und Miller lPlanitz, Soz.) drohte der Präsident mit Entfernung aus dem Saale. — Abg. Edel (Soz.) ertnell kaS Wort zur Geschäftsordnung, erging sich aber in so schwe ren Peleidioungen gegen den Abg. Bcthke, daß der Präsident uiiauS- ge w mit deni .Hammer auf das Pult klopfte und dem Redner drei P mnmsrnse crleilen mußte. Präsident Schwarz: „Ich bitte drin, gend. mir das Amt nicht schwerer zu machen, als es schon ist. E s muß Ihnen doch möglich sein auch einen Gegner r n h i g a n z »höre n. Das Haus ist sich einig, daß derartige Er- kchnngcn in Zukunft nickt mebr cntgegcngenommen werden." N-.ch Wiederherstellung der Ruhe trat das Haus in die zweite Pc aiiing über das Etatkapitel betreffend Staatsantcil an verlore nem Bauaufwand beim Umbau der Lößnitzbahn. Der Bericht et! il'er Abg. Wirtb lASP.) trat dafür ein, daß der Staatsantcil noch der Vorlage genehmigt und die Regierung ermächtigt werde, übe: diese Mittel bereits vor der endgültigen Verabschiedung des 7 ilshaush.'.lts zu verfügen. Nach längerer Beratung wurde der S.Meanieil und im Anschluß daran die weitere Kapitalbeteiligung an -er Dresdner Ueberlandverkkehr-G. m. b. H. gcnelnnigt. Ais hiernach -er Präsident die Tagesordnung der nächsten Saning verkündete, bemerkte Abg. BSttcher (K.) zur Gefchästsord- lU'Uili Der Staalsgcrichlshos sei völlig einig mit der Bürgcrblock- Rk.nerunq nick cs >ci nicht zu erwarten. daß durch seinen Spruch Ke A'ablcn von 1926 für ungültig erklärt würden. Deshalb habe seine Parwi einen Antrag auf Auflösung des Laud- taecs eingebracht, damit die Wahlen zum Sächsischen Landtag ge meinem mit den Reichstagswählen durchgeführt werden könnten. E> veanlraic. den Auslösungsantrag bereits <iP 27. März zu be- l». ^ ». — Präsident Schwarz: „Es liegt kein Auflösungsantrag der .9 wwmnisii'chen Fraktion voor. (Große Heiterkeit.) Aber ein so- ' >cmokratiicher Auslösungsantrag hat dem Vorstand bereits vor- ! iicn 'wd cs ist mit Einschluß der Kommunisten beschlossen wor den. diUcn Antrag am 19. April in sofortige Schluß- bewnnng zn nehme» Soeben wird mitgctellt, daß der lonnnn- >.:>!!'.de t'lnslö »nosantrag erst vor einer Vierte'stnnde in der Kanz. sei ad: e reben worden ist." (Heiterkeit.) — Das Hans erklärte sich mii "er voin Präsidenten ausgestellten Tagesordnung für den 29. !'P c cniocrst.rndcn. Sic Ela > bcrat u n g wurde dann fortgesetzt. Einstimmige -. > w.nng fanden die Einstellungen i» Kap. k>0 (Landnürtschast- l P.'i'inchsnistalten). Kap. 51 (Höhere StaatSlehranstall für Gnr- leii.-a» in Pillnitz). Kam 52 (Perincks- und Beispielsgärtnerei Pill- ! d Tit 5 des außerordentlichen Etats (Förderung des Baues uw ^ ä-nnnoen für Staatsbeamte und -Bedienstete). Pbo. B öttchcr (Kom.) begründete einen Antrag ans E r b ö - ' » n g d c r E r iv e rb S l o s c n » n t c r st ü hungssätz e Hier in -wen mehrere Eingabe» und Mindcrhcitsanträge vor. die u. a. -.muk tiinzielcn. den Erwerbslosen die Miele zn erstatten, keine A -iiusstciicr zu erbeben und eine Verordnung zu erlasse», wonach P> crbslosc nicht auSgewiescn werden dürfe». Sämtliche Anträge m'wen samt dein Antrag Böttcher abgelebnt. Es folgt die erste Beratung über die Denkschrift der Regle rn! i über die technischen Mittel zur Bekämpfung von Hocb- >v ; s s e r ka ta st r o p h c n in den Tälern des Müglltz- »nd i tl e» ba ta l c s. — Finanzniinistcr Weber legte entsprechend den bekannten Angabe» der Denkschrist dar, welche Arbeiten in den vom Hochwasser betroffene» Gebieten bereits durchgesührt seien und in nächster Zeit fertiggestclll werden sollen. Es stehe zu hoffe», daß die Vorarbeiten der Reichsbahn über die Frage des Umbaues der Müglitztalbah» auf Normal-pur bald zu Ende geführt werden. Der Minister legte daun ausführlich die in der Denkschrift ausgezeichnete» Pläne über den Bau von Talsperren dar. Die Regierung halte zu nächst den Bau von drei Rückhaltbeckcn für wünschenswert und mög lich; wegen der Trinkwassertalsperrcu müsse noch mit den Inter essenten verhandelt werden. In Verbindung mit der Denkschrist wurde über einen Antrag auf Steuererlaß für die Hochwassergeschädigten verhandelt. — Abg. Aßmann (Wirtsch.-P.) beantragt namens des Ausschusses, die Regierung zu ersuchen, für die im ostelbischcn Iliiivetlcrgebiete geschädigten Einwohner wie bisher Steuererleich terungen und bei einer Notlage Steuererlaß zu gewähren. Abg. Schwarz (Soz.) meinte, der Landtag scheine nicht wchr viel sür die Hochwassergeschädigte» übrig zu haben. Die Regierung erkläre, sie habe kein Geld und könne darum nichts tun. Man hätte Zeit genug gehabt, sich entweder für Rücklzaltsbeckeu oder Talsperren zu entscheiden. Er selbst sei sür Rückhaltbeckcn, weil sie 10 Milli onen Reichsmark billiger seien. Erneute Verhandlungen mit den Anlieger» hätten keinen Zweck. Wenn wir Mittel hätten, sollte man die Trinkwasserversorgung von ganz Sachsen regeln. Er erkenne rückhaltslos an, daß die Regierung in bezug auf Wcgebautcn und Flußregulicrungen das Mögliche getan habe. Die Denkschrift reiche aber nicht hin, um in den Kreisen der Geschädigten Vertrauen zu er wecken. Abg. Lippe (DVP.) tritt für den Bau von Talsperren ein, da die Rückhalts»ecken nicht di« erregten Hoffnungen erfüllen könnten. Es müsse mit größter Beschleunigung versucht werden, mit de» Un terliegen! über die Uebernahme entsprechender Lasten zu verhandeln. Abg. Lieber« sch (Komin.) wünschte den Bau von Talsper ren und trat für de» Minderbeitsantrag seiner Panei ein, bei Ver mögen und Besitz bis zu 25 000 Reichsmark bis zur Beseitigung des erlittenen Schadens die Geschädigten von der MictzinS-, Grund- und Gewerbesteuer zu befreien und für die Erbauung von Talsperren 10 Millionen Reichsmark einzustelle». Abg. Tr. Kästner (Dem.) hielt ebenfalls den Ban von Tal sperre» sür erwünscht, besonders im Interesse der Trinkwasserversor gung. — Abg. Dr. Eckardt (DN.) hob die Vorteile der Rückhalt- vccken vor den Talsperren hervor. — Abg. Härtel (VolkSr.-P.) erkannte lobend die Tätigkeit der Regierung und der Wasserbau direktion an. — Die Denkschrift wurde schließlich an dcu HauSbalt- ausschnß B verwicsen, der kommunistische Mindcrheitsanirag abge- lchut und der Antrag der Wirtschastspartet augenommeu. In zweiter Beratung wurde darauf die Vorlage einer zweiten Aendcrmig des Gesetzes über die Unfallversicherung in der Land- und Forstwirtschaft angenommen. Ein Antrag Arzt und Gen. (Soz.) ging dahin, bei der Reicks- rcgicrnng energisch Protest gegen ihre Finanzpolitik ein- znlcgcn. da die Rechtsparteien durch die Bc-chliißsassung über de» vorläufigen Finanzausgleich die industriclleu Länder, vor allem Sach sen, zugunsten erhöhter Zuwcuduiicic» au Länder wie Bayer» und Württemberg in schwerster Weise geschädigt hätte». Ter Antrag fand Annahme, da ein großer Teil der biirgcrlickirii Abgeordneten fehlte. Zum Schluß wurden in verbundener Beratung über die kom munistischen Anträge auf Aushebung der Ministcrialvcrordnnng über die G c m c i ud e >va h l o r d u u u g und auf Aendcruiig der Ge rn c i » d e o rd u u u g verhandelt. Die Anträge wenden sich dagegen, daß ein großer Teil der Wähler durch diese Verordnungen an de» unbesangeneu Ausübung des Wahlrechts verhindert werden und sehen eine Reihe radikaler Acnderungeii der Gcmeindcordming vor. Nach längerer Aussprache gingen beide Anträge au die zuständigen Aus schüsse. Die Kommunisten batten in Verbindung mit ihrem Anträge auf Auflösung des Landtages beantragt, die nächste Sitzung schon am Dienstag, den 27. d. M., abzuhalteu. Dieser Antrag wurde aber abgelchnt. — Nächste Sitzung Donnerstag, den 29. März, nachmittags 1 Uhr. Schluß gegen 0 Uhr. * Das Schimpf- und Pultöeckelkouzert gegen Bcthke, mit dem die gestrige Sitzung des Landtages begann, zeigte auss neue, wie wenig man sich in dem Wallotbau an der Brühlschcn Terrasse der Würde dcS Parlaments bewußt ist. Aehulich unwürdig war der koinmuuistisch- sozialisti'che Wettlauf um den Auflösungsantrag. Wenn man be denkt, daß cs sich hier um eine grundsätzliche verfassungsrechtliche Frage lpmdelt, daun will uns ei» solches Spiel geradezu als ein« Verhöhnung Ser Volksrccl'te erscheine». Für die SPD., die zuerst selbst beim Staatsgerichlshof Klage erheben wollte, dann von dieser Absicht abging und nun mit Auflösniigsanträgen operiert, ist das Stanze offenbar nur eine Frage der politischen Taktik Freilich muß man sage», daß die Negierung mit ihrer Verschleppungstaktik hier Vas böse Beispiel gegeben lml. Um das Bild der parlamentarischen Sitten in Sachsen abzurunden, brauch, man nur aus das „Pstichlbe- wußlseiii" vieler bürgerlicher Abgeordneter hinznweisen. die durch ihr Fernbleiben der Opposition eine Mehrheit verschaffen. -- Wirklich ein Mnsterparlament! vr«5<len un<i Umgroung Dom Dresdner Zwinger Als vor drei Jahren der Ruf des Landesvereins Säch sischer Heimat schütz durch de» deutschen Blätterivald ging „Rettet den Dresdner Zwinger", da sah es schlimm im Zwinger zu Dresden aus. Ganze Figuren und Figurenteile waren herab- gefallen, waren in tausend Stücke zerschellt und hatten großen Schaden angerichtct. Man hätte die Museen un Zwinger schlie ßen müssen, da ihr Besuch mit Lebensgefahr verbunden war. Andere Putten und Ornamente lagen in Stücken in den kupfernen Dachrinnen oder waren sestgebunden worden, um sie vor weiterem Schaden zu bewahren. Rastlose Arbeit hat in drei Jahren Wandel geschaffen. Die reichsten und ge führ dosten Teile sind gerettet. Etwa die Hülste des Bauwerkes ist heut« kür die Nachwelt gesichert. Mit dieser technischen Wiederher stellung ist aber auch eine künstlerische Wiederherstellung Hand in Hand gegangen. Viele Fenster der ursprünglich allseitig vom Licht durchfluteten Pavillons waren zugemauert worden, um Wandflüchen für die Museen ni schassen. Anbauten von seltener Scheußlichkeit versperrten verborgene Schönheiten. Die Beleuch tungsanlage wurde im Zeitalter der Technik ahne Rücksicht auf den Bau angebracht. Mit Hilfe der uns gottlob erhaltenen alten Kupferstiche ist der alte Kern des Wunderbaucs wieder hcrausgeschält worden. Wir wissen ja heute, daß es sich beim Zwinger nicht um „französierende Rokobotäudelei" lzandelt sondern um das bedeutenste Werk deutscher Barockbail- k u n st. das zu erhalten Pflicht der deutschen Nation ist. Daß dies von allen Schichten unseres Volkes anerkannt wird zeigen die schönen Erfolge der Zwinoerlotterien. Ziehung dei 5 Zwingerlotterie sinket am 5. und 7. April 1928 statt. Hels« jeder mit an der Erhaltung dieses nationalen Kunstbesitzes! Schwere Sturmschäden Dresden, den 23. März. Der Sturm, von dem der Eintritt der Tag- und Nacktgleich'. begleitet war, bat allerorts zu nicht unerheblichen Stimmch den ge führt. So wird aus Gottleuba gemeldet, daß das Dach eines der Firma Lcinbrock-Werke gehörigen Holzlagerichnppeiis ln einer Länge von 40 Metern losgerissen und auf einen danebenstebenden Schupvcn geschleudert wurde, dessen Dach dabei durchbrach. Auch in Alteubcrg hat der Sturm bedeutenden Schaden angerichtet. Der Sturm reißt den Schnee von den Feldern »rd verursach! Schnce- vcrwchnngen aus den Straßen, sodaß der Motorichncevtlug nochmals in Betrieb genommen werden mußte. Aus Ba d S chan da » wird berichtet, daß der Sturm an der dortigen Stadtkircke großen Schecken anricktetc. Er deckte am Dach der Kirche unoefähr acht bis zehn Oua'dratmetcr Ziegel ab die mit großem Gepolter a»> das bewohnte Haus des Molkereiiiibabers Hostnann stürtteu. dessen I-cnsser sie an der einen Seite des Hauses durchschlugen. Auch aus Nordbök» men werden Sturmschäden gemeldet. Für die nächste Zeit werden derartige Schäden wobt nicht mebr in Aussicbt stehen, da durch das lanaßime Fort-ckreiten der I-rdlachmAmwn'-tt,,,' auch ein lang'-iines Abstichen des Schnees gewcckrkeiiket ist. Die Wildente Iciicinitiidicniiift des Dresdner Schauspielhauses zur Fbscn-Fricr. Mau spielt sie nicht mehr allzuoft, die Wildente. Sie will uns -inllar scheinen, stößt uns ab. Vielleicht wäre auch zum 100. Ge- liiinetag des Dichters „Brand" das richtigere gewesen oder „Peer Einil", sür den wir in Paul Wieckc so etwas wie einen Spezialisten gelabt hätten. Nun. „Peer Gynl soll ja demnächst an anderer Stelle erscheinen, und die Wildente, die zwanzig I^chre auf dem Dresdner Spiclplan gefehlt hat — eine einzige Gastspielvorstelliitig im Alberttheatcr zählt da nicht mit — paßt recht in unsere Zeit. Jn- ioscrn sie nämlich Pseudo-Charaktere oder besser Pseudo-I'dealisten unter die Lupe nimmt. Weniger zeitgemäß ist freilich ihr Naturalis mus. Sein Rüstzeug — oben die Ente, dann die Pistole und die piänmiptiven, anzüglichen Dialoge — können uns gelegentlich ein Lächeln abringcn. Wenn die Welt, der Sumpf, der hier bloßlicgt, nick! allzu düster und tragisch wäre! Keine Tragödie im Lessing- sch.ii Sinne, keine Komödie trotz des bitteren Spottes, der sich er gießt. auch keine Tragikomödie stellt dieses Stück scheinbar zwecklos, um zerscticnd und wühlend im Lebenswcrk Ibsens als „Schau- Sl»i:'". Wühlend, das ist das rechte Wort, und da dieses Wühlen ciu Fragen ist. wird der Zweck wieder klarer. Der Sumpf ist im Umriß der Handlung gekennzeichnet. Der Großhändler Werte lml de» alten Leutnant Ekdal zugrundegcrichtet, ihn dann als Schreiber beschäftigt und seinen Sohn Hsalmar mit Gina, seiner iVcrses) Maitrcssc verheiratet. Werkes Solm GregerS, ein unglück seliger Moralist, dem der Lindekuh in der vorigen Schauspielhaus- Premiere („Musik") verwandt ist, wühlt den Sumpf auf. Er gibt das Ge' eimnis Giugs preis. Hsalmar will die Konsegucnzen zie hen. ist aber zu schwach dazu, und die „Frcibeltsaktion" geht in einem Trinkgelage unter. Bei der kleinen Hedwig, HIakmarS Toch ter. bat Gregers mebr Glück. Sie soll auf seine dringende Auffor derung dem Vater das Liebste opfern. Leutnant Ekdals Wildente, gcwisscrmaßcu das Symbol seines Lebens, Ist- ihr das Liebst«. Sie will das Tier erschießen, richtet dann aber, plötzlich verstehend, die Pistole gegen sich selbst. Durch diese Katastrophe ist auch GrcgerS, der mit seinem Wahrhetlsfanattsmus die Familie Hsalmar» ver nichtet hat, erledigt. Auf seinen letzte» Weg folgt sty» der Fluch des Doktor Relling. der die Lcbcnslüge als notwen-tges Lebcns- reimisit preist. Dieser kurze Umriß scheint nicht für Ibsen zu sprechen. Der Dichter selbst sagst über die Wildente: „Sie nimmt in meiner drama tischen Produktion einen Platz sür sich ein; das Verfahren weicht in mancher Hinsicht von meiner früheren Methode ab." Er schrieb dies, als er noch bei der Arbeit war. Wir Heutigen wissen jedoch, daß wir der Wildente diese Sonderstellung nicht cinräumcn dürfen. Sie musste geschrieben werden nach dem „Volksfeind". Dieses Stück steht jetzt gerade auf dem Spiclplan des Alberttheatcrs, ist uns also besonders gut in Erinnerung Dort wird der Wahrheitsfanatismus (Stockmanns) verherrlicht, hier wird die Kehrseite der Medaille ausgezcigt. Die beiden Dramen ergänzen sich also. Ja, manche Jbscnforschcr gehen noch weiter, indem sie auch dos folgende Drama „Rosmersholm" dazunehmcu und eine Trilogie feststellen, deren innere Zusammenhänge gar nicht zu verkennen sind. So zum Bei spiel der Wiener Professor Dr. Emil Reich, der ausdrücklich betont, daß die drei Werke nur ml' ineinandergreifeirden Zusammenhang richtig verstanden werde» können, obwohl es sich bei Ibsen fast stet» so verlKilt, daß die Probleme des voLliernchcnden Stückes im nächsten nochmals vorgenommen, nach anderen Möglichkeiten untersucht und verschieden gelöst werden. Ter „Volksfeind" läßt die Zukunft rosig erscheinen. Die Wahrheit muß und wird siegen. Die „Wildente" betont den falschen Wahrheitsfanatismus, und „Rosmersholm" baut aus den beiden Ertremen die in höhere, geistige Sphären entrückte Verbindung her, in der die Gegensätze zu einer neuen Einheit, zum Ideal des Dichters, zusammcnsließcn. In der „Wildente" steht nur die Frage, dumpf und trostlos, fast verzweifelnd. Keine Antwort beruhigt den Drang des Fragenden. Rcicl/ist cs auch gewesen, der in der nutzlosen Opferung der beiden Idealisten GrcgerS und Hedwig die Dramatisicrung des Sprichwortes „Kinder und Narren sagen die Wahrheit" erblickt hat und sein Vergleich Gregers' mit dem Don Quichote ist unbedingt zutreffend. Jener betet Hsalmar so blind lings an wie dieser die Dulcinea von Toboso. Die ganze Absicht dieses Ritters von der traurigen Gestalt ähnclt dem Kampf mit den Windmühlen. Erst auf der Höhe seiner ManucSjahre findet Gregers ein« Lebensaufgabe, oder er glaubt sie zu finden. Er will das Haus seines Jugendfreundes, den er sechzehn Jahre nicht ge- sehen hat und der ihm völlig fremd geworden ist, säubern. Daß aus dieser Groteske sich die tragischen Konflikte ergeben müssen, ist bei nahe peinlich, jedenfalls unfympathisch. Gregers ist ein armseliger Phrasenmenfch, der immer etwas vergöttern muß. Wieviele Men- . scheu, di« ..«uttn WillrnS" sind, werden einen solchen Gregers an sich entdecken! hl.nd der Dichter selbst hat ein Stück von sich In diese Gestalt getan. Dr. Wölls formuliert« das neulich. Auch Ibsens Forderung war cs. dis wirkliche Leben mit dem I-cal in Einklang zu bringen. Hsalmar sollte das Objekt sür die cs Erperi- inent sein. Auch hier lugt ein Stück Sathrc aus der düsteren An- gelegeiilieit. Im „Volksfeind" wie in „Rosmersholm" zeichnet Ibsen den wabren Idealismus, in der „Wildente" seine Fratze. Dennoch kann der ivabrc Idealist auch an Gregers Werl« nicht irre werden. So scheinbar zwecklos wirst ein Ibsen ja keine Frage auf. Gregers ist eben das abschreckende Beispiel des fal schen Idealisten, das im Zusammenhang dieser Trilogie ru zeigen notwendig war. Ilnd dieser falsche Idealist ist heute ein Ge schwür der Zeit Die Extreme der Parteien, die unser Leben so ungeheuerlich erschweren, werden nur von solchen Gregers Wertes produziert. Dann» sagte ich eingangs, daß die „Wildente" so recht in unsere Zeit passe.... Von den übrigen Charakteren ist iw zeitgemäßen Sinne weni ger zu sprechen. Hsalmar Ekdal ist vielleicht noch ciu TiiPuS. der häufig ist und dem Ausstieg im Wege siebt. Trägheil und »ngedeure Uoberschähung des eisernen Könnens kennzeichnen die'en Typ Eine der schlimmsten Lcbenslügen geht aus ihm hervor. Er ist proiaisch gesprochen der Alkoholiker, das jämmerlichste Glied der menschlichen Gesellseliast. Auch Stelling bat sein Bestes vergeudet und trägt schwer an den Folgen. Die rührende Gestalt der kleinen Hedwig, die so sehr an ihrem Pater Hsalmar hängt, daß sic darüber in den Tod geht, ist vielleicht der einzige Lichtblick in dieser Welt des Sumpscs. Ibsen hat ihr nicht ohne Grund den Name» seiner Schwester, die er sehr liebte, verliehen. In dumpfem Zorncsbrütcn zweifelt Hjalmar an ihrer Liebe und versetzt dem Kinde de» Todes stoß Ihre Verzweiflungstat ist durch den erregten Gemütszustand erklärt, und es ist des Dichters Verdienst, wenn dem Zuschauer der Eindruck verbleibt, daß dieses Kind eines besseren Schicksals wert gewesen wäre. Ginas Entsühnung durch ihre starke Liebe ist zwar augcdcutct, der Elmrakter schwankt aber uuler der Bemühung des Dichters, sie als durchschnittliche, phlegmatische, sorgsame Hausfrau darzustcllen, die sich dem Etalte» verbunden fühlt, weil er, der Mann aus vornehmerem Hause, zu ihr hcrabgestiegen ist. Die anderen Rollen sind nebensächlich und können aus unserer Betracht»»'! auS- scheiden. — Die „Wildente" zählt nicht zu den „Vererbungsstückcn" Ibsens. Trohdeni finden sich auch hier Aukläiige an die Vererbung»- sragc. Ihr Herkommen bleibt freilich unerördert. So ist zum Bei» spiel dt« kleine Hedwig augenleidend. Sie muß erblinden. Au»
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