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Erhöhung Ser Eisenpreise? Berlin, 12. Januar. Gestern fand in Berlin «ine Zusammenkunft von Ber- Ireirrn der eisenschassenden und -verarbeitenden Industrie statt, in der die Frage einer Eisenpreiserhöhung besprochen wurde. Infolge der jüngsten Verkürzung der Arbeitszeit und der damit verbundenen Lohnerhöhung in der Eisenindustrie, sowie mit Rücksicht aus eine Reihe anderer, die Selbstkosten steigernden Ursachen steht in den bevorstehenden Sitzungen der Berkaussverbände der Eisenindustrie die Frage der Preiseri'öhulig zur Beratung. Die Vertreter der Eisen verbraucher sind mit der cisenschasfende» Industrie der Ansicht, das; der Schiedsspruch, der eine neue Erhöhung der Gestehungs kosten mit sich bringt, ein Fehispruch ist und datz mit der fort währende» Erhöhung der Belastungen ein Ende gemacht werden muh. Wenn die cisenarbetlende Industrie auch sür die sckwierige Lage, in welche die Eisenindustrie durch den Echiedssvruch geraten ist. durchaus Verständnis hat. so ver wackle sie doch mit Rücksicht aus ihre eigene schmierige Lage und die bereits seit einiger Zeit zurückochende Beschäftigung ihre Zustimmung zu den geplanten Maßnahme» nicht zu geben. Das kriegsschädenschlußgesetz Dem Reichstage ist jetzt dis Begründung des Kricgsschäden- schluhgesctzes zugegangen. Insgesamt sind rund 391 666 Schadens- jälle zu entschädigen, darunter 61 006 Wertpapierjchadenssälle. Bon de» restlichen 6.16 «tvt> Schadensfällen entfallen 95 966 auj das Ausland. 17 566 aus die ehemaligen Schutzgebiete, 136 866 aus die abgetretene» Ost- und Nordgebiete. 34 866 aus ober- schlesische Ausstandeschäben und 45 666 auf die abgetretenen West- gebicle. Der Friedenswert sämtlicher Schäden wird sür Liqui dationsschaden aus 7,6 Milliarden, sür Gemaltschüden aus rund 2,8 Milliarden, insgesamt auf rund 10.1 Milliarden Mark ge- , schätzt. Auf diese Schäden sind bis zum 1. Dezember 1927 als Entschädigung bewilligt worden insgesamt 1611 Millionen Mart, wovon auf Liquidationsschäden ruirb 129, aus Gewalt schäden rund 585 Millionen entfallen. Weitere 59 Millionen wird das Reichsenlschädigungsanu noch ausschüllen, so dag sich die Gesamtenschädigung auf rund 16 Prozent des Schadens be laufen werde. Gegenüber diesem gewaltigen Umfang der Schäden stehe die begrenzte finanzielle Lage Leistungsfähigkeit des Reiches, die der Reichsregierung die Notwendigkeit aus- «llegte. bei der Regelung der Schlußentschädigung, eine im Interesse der Geschädigten zu bedauernde, aber durch die Ver hältnisse gebotene dringende Zurückhaltung zu üben. Das sich nach dem Entwurf ergebende Entschädigungslapita! belaufe sich aus 1628.5 Mill. Mark. Hiervon entfallen rund 165,5 Mill. auf die Barenlschädiguug. ruud ','37.6 Mill. auf die tilgbaren Schuld bucheintragungen und rund 131,1 Mill. aus den untilgbaren Zuschlag. Die Gejamlbelastung des Reiches, die durch die Be wirkung der Barzahlungen, die Verzinsung und Tilgung be gründet wird, beläuft sich auf rund 1561,1 Mill. Mark. Ermächtigungsgesetz in Bayern München, II. Januar. Der bayerische Minislerrat hat sich gestern abschließend mit der Siaatsvereinjachungssrage beschäftigt. Am Abend wurde dann den Führern der Koalitions-Parteien Mitteilung von einem neuen Ermächligungsgejetz gemacht, das die Regierung noch in dieser Woche vorlegen wird. Dieses Ermächtigungsgesetz ent hält im Gegensatz zu dein bisherigen Ermächtigungsgesetz auch die ausdrüctliche Ermächtigung für die Regierung zur Aende- rung auch der Ecrichtsorganisation sowie Bestimmungen über einen weiteren Beamtenabbau. Für die Annahme dieses Ge setzes im Landtag genügt die einfache Mehrheit, da es keine ver- fassungsänderndc Bedeutung hat. Explosion im Kamburger Käsen Hamburg, 12. Januar (Drahtbericht). Im Hamburger Hasen querüber vom Reihersteg ereignete sich heute morgen kurz vor 7 Uhr aus einer mit 96 Arbeitern besetzten Motorbarkassc eine Motorexplosion, wobei k>5 Personen mehr oder weniger schwer verletzt und ins Hafenkrankenhaus geschasst werden muhten. Zwei Personen werde» noch vermisst. Ein Teil der in der Barkasse befindlichen Personen sprang sofort über Bord. Sie konnten von rasch hin zugeeilten Fahrzeugen an Bord genommen werden. Auch dk noch an Bord Befindlichen wurden von den Fahrzeugen aus genommen. Die Enistehungsursache der Explosion steht noch nicht fest. Der neue Sauziger Senat Danzig, 11. Januar. Der neu zu wählende, aus 11 Mitgliedern bestehende parla mentarische Senat wird sich aus acht Sozialdemotraten, vier Zentrnmsangehörigen und zwei Dcutschliberalen zusammen- setzen. Folgende Kandidaten sind ausgestellt worden: Zcitungs- verleger Gehe (Soz.) (zugleich stcllverlrciender Präsident des Senates), Landgcrichtsrat Dr. Kamnitzer (Soz.), Eewcrkschasts- stkretär Grünhagen (Soz), Bürgermeister Reek (So;.). Bürger meister Ramminaer (Sor). Kewerklcbcntssekretär Arczyuski (Soz.), Landgerichtsdircktor Dr. Zint (Soz.), Zimmerer Rey- berg (Soz ), Weingroßhändlcr Fuchs (Ztr), Gewcrksckxfftssekretär Formell (Ztr.). Rechtsanwalt Kurowski (Ztr.), Dekan Sa- rvatzti (Ztr.), Kaufmann Jewelowski (Dtsch.-lib.), Kaufmann Ein sozialistischer Wahibiolk Warschau, t l. Januar. Ebenso wie in Ostobcrschlesien haben nun auch in Lodz die deutschen Sozialdemokraten mit den polnischen Sozialisten einen Wahlpakt abgeschlossen; somit werden sie sich nicht, wie bei den letzten Landtagswahle», am Minder heitenblock beteiligen. Ein Millionenbetrug Paris. 11. Januar. Wie Havas berichtet, hat die Pariser Staatsanwaltschaft auf Antrag des Finanzministeriums den Untersuchungsrichter be auftragt. eine Reihe von Angelegenheiten zu untersuchen, bei denen es sich um betrügerische Manöver bei der Ausführung von Sachlieserungen auf Reparationskonto handeln soll. Durch falsche Angaben des wahren Wertes der aus Reparationskonto bezogenen Waren hätten sich die beiden kontrahierenden Par teien, Deutsche wie Franzose», beträchtliche Vorteile zu sichern gewuht. Bei diesen betrügerischen Manipulationen sei auch der nicht gestattete Transfer von Bargeld von Deutschland nach Frankreich die Folge gewesen. Die französische Regierung habe, sobald sie Kenntnis von diesen betrügerischen Manövern er halten habe, durch die in Frage kommenden Verwaltungsstellen eine Untersuchung veranstaltet und beschlossen, ein gerichtliches Verfahren in allen Fällen einzuleiten, in denen strafbare Hand lungen festgcstellt worden seien. Nach dem „Echo de Paris" erklärt man In gut unterrichteten Kreisen, dah es sich um Betrügereien handele, die ein Mehr faches von zehn Millionen betragen. Die Regierung sei ent schlossen, volles Licht In die Angelegenheit zu bringen, da andern falls die Loyalität der französischen Kontrahenten bet Ab machungen über die Liescrung aus Nrparationskonto diskredi tiert werden könnte. Nach dem „Petit Journal" hat die Polizei bereits Feststel lungen nicht nur in Paris, sondern auch in Straßburg. Schlett- stadt und Besanyon unternommen. Etwa zwölf Personen seien in die Angelegenheit verwickelt, und wahrscheinlich seien die französischen Käufer mit den deutschen Lieferanten einig ge wesen hinsichtlich der Fälschung von Papieren, die es ermöglicht hätten, den Betrag durchzusiihren. der in der Hauptsache darin M W«W ittt Zaristische Methoden Wenn auch die Meldung über die Verbannung der russischen Oppositionsführer noch nicht bestätigt ist, so läßt doch das Ausbleiben eines russischen Dementis die Nachricht als sehr glaubhaft erscheinen. Zum mindesten aber wird die Negierung, wie wir an zuständiger russischer Stelle erfahren, den Oppositionellen irgendwo in der Provinz Gelegenheit geben, „positive Arbeit für den Kommunismus zu leisten", d. h. als Arbeiter oder Bauern unterzutauchen. Die Meldung über die Verschickung der 36 Führer der rus sischen Parteiopposition hat mit Recht das grösste Aussehen er regt. Handelt es sich doch in» dreisstg der bekanntesten Männer kes Eowjctregimes, um Trotzki, dem Schöpfer der Rolen Armee, der stets in einem Atem mit Lenin genannt wurde, um S i n o w j e w, der jahrelang als Präsident der Kommunistischen Internationale Sowjelrusstand für die gesamte Arbeiterschaft der Welt personisizicrte. um Radel, der ebenfalls lange Jahre der eigentliche Leiter der China-Politik der Sowjetregierung war. Ueberraschcnd ist nur der Zeitpunkt, den Stalin, der Purteidiktator, für diese Masstiahme. die „ultima ratio" des Kreml gegen die Opposition, gewühlt hat. Man hatte ganz allgemein energische Repressalien gegen die Parteirebellen sofort nach Abschluß des Parteikongresses erwartet. Die Parteileitung begnügte sich aber zunächst mit dem Ausschluß der Dreißig aus der Partei und ihrer Entsernung aus den Etaalsänstern. Die Parteiblätter brachten ihrerseits spaltenlange Berichte über den „Zerfall der Opposition", der eine immer größere Zahl ihrer bisherigen Anhänger den Rücken lehrte. Bereits während der letzten Parteidiskussion vor dem Kon greß rückte die Wahrscheinlichkeit dieser Lösung des Parteiion- flitts immer näher. Auf einer Versammlung der Moskauer Parteifunktionäre hatte der bekannte „proletarische Dichter" Demjan Bctny unter dröhnendem Beifall erklärt, man werde die Oppositionsführer nach dem hohen Norde», „zu den Eskimos", wandern lassen. Das Zentralorga» der Partei, die ..Prawda", schrieb zur gleichen Zeit, die Opposition müsse „endgültig zusaminengchauen" werden. Es liegt nahe, die Verbannung der dreißig Oppositions führer mit den Verschickungen nach Sibirien unter der Zaren regierung zu vergleichen. Es wäre aber falsch, diesen Vergleich zu überspannen. Die Negierung des Zaren, die noch wenige Tage vor der Revolution zahlreiche ihrer Gegner nach dem Norden verschickte, lebte und wirkte in einer beispiellosen Un kenntnis der wahren Volksstimmung. Den Ministern des Zaren waren die Revolutionäre psychologisch völlig fremd. Der heu- tiacn Moskauer Parteileitung, in der Männer sitze», die selbst lahrzehntelang „unterirdisch" gegen die Zarenregterung gewühlt haben, kennen dagegen die Hintergründe und Kampsmethoden der Opposition ganz genau. Die Opposition ist Fleisch vom eigenen Fleisch Stalins. Wenn auch die Verschickung Trotzkis, Sinowieivs und der a»deren Oppossiicnissiihrer dafür spricht. Lper de Masaryks sür lrie ..CsncorlNa" Prag, lO. Januar. Der Präsident der Republik hat aus dem zu Ehren seines 76. Geburtstages gegründeten Fonds dem Verein deut scher Schriftsteller und Künstler „Concordia" zur Unterstützung von Mitgliedern und für Z>veckc des Pensions fonds 166 666 Kronen gespendet. Die erste Rate von 56 660 Kronen wurde lrcreits flüssig gemacht. * Reichsaußenmlnister Dr. Strcsemann, der an einer schweren Grippe erkrankt war, befindet sich aus dem Wege der Besserung. Er hofft Mitte oder Ende der nächsten Woche di« Geschäfte des Auswärtigen Amtes wieder übernehmen -u können. bestehe, sich Zollfreiheit für die Einfuhr der auf Reparation» konto gelieferten Waren zu beschaffen. , Paris, 11 Januar. Die Gerüchts über die angebliche Ausdeckung bedeutender Reparationsschwindeleien geben dem „Malin" neuen Anlaß zu einer Hetze gegen dl« Reichsregierung, die verdächtigt wird, von diesen Schwindeleien gewußt zu haben. Das Blatt behauptet weiter, die sranzöstsche Regierung befürchte, daß die Reichsregie rung di« Schwindeleien als Vorwand sür eine Revision des Dawesplanes benutzen könnte, unter Hinweis darauf, daß Frank reich gar nicht in der Lage sei, die im Dawesplan vorgesehenen Lieserungen auch tatsächlich zu verwenden. Deutsche Bestätigung Die Pariser Berichte über Unregelmäßigkeiten bei den deut schen Sachlieserungen werden auch von zuständiger deutscher Seite bestätigt. Aus französische Anregung hin sind zwischen fran zösische» und deutschen Firmen Verträge abgeschlossen worden, die wesentlich gegen den Sinn und Geist der Vertragsoorschris- tcn sür die Sachlieserungen verstoßen. Daraufhin hat der Reichs kommissar für Reparationslieferungen sofort eine scharfe Kon trolle angeordnet, diese ergab, daß tatsächlich Manöver vor- licgen, die das Vertrauen der von den zuständigen Stellen be auftragten Firmen nicht rechtfertig«». Die in Frage kommenden Firmen find deshalb, soweit sie festgestellt werden konnten, so fort von der weiteren Sachliefenmg ausgeschlossen worden. Das Reichskommissariat prüft znr Zeit noch, ob auch eine strafrecht lich« Verfolgung in Frage kommen kann. Deutschland ist an sich nicht direkt geschädigt, da seine Licfcrungsverpflichtungcn nrit der Ueberweisung der Geldbeträge auf das Konto des Repara tionsagenten abgegolten sind. daß die Bedeutung und Stärke der Parteiopposiiion keineswegs gering ist, so beweist sie doch gleichzeitig, daß Stalin die Zügel der Macht sest in den Händen hält und die unausbleibliche auf reizende Wirkung dieser Maßnahme im Jnlaude nicht zu ßV'ue» braucht. Die Angaben der Parteimehrheit über den „Zusammenbruch der Opposition" sind zweifellos stark übertrieben. Es kann jedoch nicht geleugnet werden, daß die Lage der Opposi tion in letzter Zeit «ine wesentliche Verschlech terung erfahren hat. Die Opposition stützte und stützt sich immer noch auf die wachsende Unzufriedenheit breiter Ar- beitersch'chtcn. „Sie bedrücken die Arbeiterklasse", erklärte der Oppositionsführer Jcwdokimow in der Parteidiskussion, „so sehr man eine Arbeiterklasse nur bedrücken kann". Tatsächlich ist die Sowjetregierung gezwungen, ans wirtschaftlichen und politischen Gründen der Bauernschaft vielfach auf Kosten der Arbeiter ent gegenzukommen und eine „kapitalistische" Arbefterpolitik zu treiben. Erst kürzlich hat die Sowjetregierung die Industrie angewiesen, angcsichls der bedrohlichen Lage auf dem Gctreide- markt die Warenbclieserung der Dauern maximal zu verstärken und sogar von einer zeitweiligen Einschränkung der Warenvcr- sorgung der großen Arbeiterzentren nicht zurückzuschrccken. Somit griff die Opposition die Sowjetregierung, wenn man die „veralteten" parlamentarischen Begriffe auf das kommuni stische Rußland übertragen will, von links an. Trotzdem er freute sic sich einer regen Sympathie und Gefolgschaft aus allen Kreisen der Unzufriedenen, die von „rechts" her Gegner der Negierung sind. Zweifellos hielten gewisse monarchistische und gegenrevolutionäre Elemente ein Zusammengehen mit der Oppo sition im Kampf gegen die Negierung für notwendig. Dies ersieht ">§„ vor allem aus den Beziehungen einiger Oppositio neller zu, wie sich die Sowjetpresse ausdrückt, „pulschistischen und bonapartistischcn Gruppen in der Noten Armee". Als aber die Opposition ihr Programm veröffentlichte, sahen weite Kreise, die mit ihr bisher sympathisierte», daß von Trotzki und Sinow« jem die Rückkehr zum „Kriegskommunismus" vor allem auf dem Gebiete der Bauernpolitik, verlangt wird Dies schrcckie nicht nur die von rechts gekommene Gefolgschaft der Opposition ab, sondern auch rcalpolitisch denkende Wirtschaftler, wie bei spielsweise den früheren Finanzkommissar Sokolnikow. Es muß auch lierücksichtigt werden, daß durch ihren Aus schluß aus der Partei die Oppositionsführer der „grauen Masse der Parteilosen" gleichgestellt werden und somit jede Möglich keit, sich auf legalem Weg« politisch zu betätigen, beraubt sind. Was dies im Lande der proletarischen Diktatur bedeutet, ver steht sich von selbst. Die Zugehörigkeit zur herrschenden Partei -st andererseits aber mit so großen Vergünstigungen in bezug auf Anstcllungsmögiichkeiten, Vorwärtskommen und dergleichen verbunden, daß das Schicksal der Führer auf die Durchschnitts Mitglieder der Opposition stark „ernüchternd" wirken muß. 0>'. 1.60 Ooi'.sclnin Ermordung einer -enkschcn Farmerin in Mexiko Reuyork, il. Januar, Wie „Associated Preß" aus Mexiko meldet, ist gestern nacht Fra» Margarete Winter, die Gattin eines deutschen Buchhalters, als sic mit ihrem kleinen Kind allein z» Hau!« war, von Räubern überfallen und, obwohl sic sich mit der Pistole zur Wehr setzte, getötet worden. Frau Winter und ihr Kind wurden vorher in grausamster Weise mißhandelt. Als die Leiche der Frau a»fg«fund«n wurde, war der Kopf halb vom Rumpfe ge trennt.