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Sächsische Volkszeitung : 04.01.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-01-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192801044
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19280104
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19280104
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-01
- Tag 1928-01-04
-
Monat
1928-01
-
Jahr
1928
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 04.01.1928
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vberr«gt«rungssekretar Hatten. ^verkriminalkommissar lSö- ,ick« unt> die Kriminalkommissare Börner. Trybisch und Krü ger. In althergebrachter Weise wurden sie von ihren Vor gesetzten geehrt und beglückwünscht. ) Tödlich verunglückt beim Aufspringen aus die Stratzen- bahn. Beim Aufsprlngen auf die Straßenbahn verfehlte der in Sportkreise» bekannte Handlungsgehilfe Arnhold das Tritt brett und geriet unter den in Fahrt befindlichen Straßenbahn wagen. Arnhold wurden beide Beine abgequetscht. Kurz nach seiner Einlieferung in das Diakonissenhaus ist A. seinen schweren Verletzungen erlegen. ) Autounsall bei Bad Lausick. Nach einer Meldung aus Bad Lausick geriet aus der Straße Lausick—Pomßen beim Aus weiche» vor einem Auto am Neujahrstage ein mit vier Per sonen besetzter Leipziger Kraftwagen auf der vereisten Straße ins Schleudern, fuhr gegen eine» Chausseebaum und endete im Straßengraben. Die vier Insassen erlitten durch Glassplilter erhebliche Schnittwunden. Das Auto wurde schwer beschädigt. Lbemnitr, rvicstsu. ?lsu«n Tragisches Ende einer Siiveslerseier Gera, 3. Januar. In seiner Wohnung in Gera wurde der dreiundsreißig- lährige Gejchästssührer Heinz Kunz und dessen sünsund- zwanzigjährige Braut Marie Nagler tot aufgefunden. Das Paar war spät von der Silvesterfeier zurückgekehrt und hat noch den Gaskocher zum Kochen benutzt. Plan hatte aber an scheinend vergessen, den Hauptabschlußhahn zu schließen. Der Gasschiauch. der nicht besonders fest saß, löste sich, so daß das Gas entströme» konnte. Mittlerweile hatte sich das Paar, das in Lürze heiraten wollte, bereits schlafen gelegt. Das Gas drang in den Schlasraum ein und brachte den Brautleuten den Tod. Messe oder Markt? Vor dem Einigungsamt Gera wurde ein Fall ver- yanocit, dem folgender Vorgang zugrunde log: Ei» Warenhaus, das früher Sonderveranstaltungcn unter der Bezeichnung „Textilmesse" angekündigt hatte, wurde von der Kammer dahin unterrichtet, daß sie di« Ankündigung „Messe" für unstatlhast halte. Das Warenhaus erließ danach seine Ankündigungen unter dem Neklameort „Textilmarkt" und erstattete gegen mehrere Firmen Anzeige bei der Gewcrbe- pollzei, weil sie „Textilmesse" als Schlagwort gewählt halten. Die Kowerbepolizei wurde gebeten, die Verfolgung der Angelegenheit auszusctzen, bis die Einigungsstelle gesprochen haben würde. Der Vertreter der beklagten Firma machte geltend, daß „Blesse" und „Markt" den gleichen Begriff deck ten. Dem wurde entgegengehalte», daß jeder Begriffsinhalt im Lause der Feiten Wandlungen erfahren könne, und daß dies insbesondere hier gelte. „Messe" sei etwas anderes geworden als „Markt". Der Begriff „Messe" habe durch die Veranstal tungen in Leipzig, Frankfurt usw. eine Bedeutung bekommen, die heule schon jedem bekannt sei, und die daher als geschützt betrachtet werde» müsse. Es gehe daher nicht a», daß eine ein zelne Firma ihre Ausstellung oder ihren Verkauf als „Messe" bezeichne. Tue sie es, so werde dadurch bei einem Teil des kaufende» Publikums ein Irrtum über geschäftliche Verhält nisse oder den Ursprung der Ware erweckt. Man verkenne je doch nicht, daß der Verklagte im guten Glauben gehandelt habe und eine Tüuschungsablicht bei ihm nicht vorlag. Es wurde foloender Vergleich geschlossen: Die beklagte Firma verpflichtet sich, das Wort „Messe" in ihren Ankündigun gen in Fortfall kommen zu lassen, worauf die Firma T. sich damit einverstanden erklärt, daß eine gerichtliä>e Weiterver folgung der Angelegenheit unterbleibt. Die bereits erstattete Anzeige soll zurückgezogen werden. Bezüglich der Ankündi gung „Markt" ist die Sckiedsstelle der Auffassung, daß auch dieser Begriff für eine Sonderveranstaltnng nicht zweckmäßig und '»treffend gewählt ist. daß aber sein Gebrauch als nicht unzulässig an-usprechen ist, da bisher noch keine Maßregeln gegen seine Verwendung getroffen wurden. Ein Omnibus vom Zug anqe'ahr"n Chemnitz, 3. Januar. Montagvormitlag wurde bei dem- Straßenübergang am Bahnhof Göritzhain ein von Cossen kommender Kraftwagen der Staatlichen Krastwagenlinie Mittweida—Königstein—Lun- zenau von einem von Chemnitz kommenden Güter,zug anocfah. ren und t"!sck)ädigt. Hierbei wurden vier im Kraftwagen be findliche Personen leicht verletzt. Der Fug faßte den Kraftwagen in der Nähe der Hinterachse, schob den Hinteren Wagenleil etiva 15 Meter vor und kam durch Schnellbremjen kurz hinter der Unfallslelle zum Halten. Es ist sestgestellt. daß der Lokomotivsiihrer die vorgeschriebenen Läute- und Pfeifen- signale richtig gegeben hat. Die Schuldsrage ist noch nicht geklärt. h. Sühne für einen Betrug an Siedlern. Dos Chemnitzer Schöffengericht verurteilte den Ingenieur Wilhelm Göpsert hier zu einem Jahr acht Monaten Gefängnis und drei Jahren Ehren rechtsverlust. Göpsert hatte als Kassierer des Vereins Sied- lungseigenheim 9000 RM. Siedlungsgelder unterschlagen und damit zahlreiche kleine Angestellte und Arbeiter, die durch Ein zahlungen an den Siedlungsverein sich eine eigene Heimstätte schaffen wollten, schiver geschädigt. tz. Industrielle Fusion. Der Chemnitzer Allgem. Zeitung zufolge hat di« Slrickivarenfabrik von Ehr. Ludwig Wagner in Calw sich »ml zwei Chemnitzer und zwei Stuttgarter Firmen zu einer Aktiengesellschaft zusammengeschlossen mit dem Sitz in Chemnitz Fabrikant Emil Wagner wird als Generaldirektor der Gesellschaft seinen Wohnsitz »ach Chemnitz verlegen. Der Geschäftsbetrieb in Calw wird zunächst in vollem Umfange auf recht erhalten. Von sächsischen Firmen, die am Zusammenschluß beteiligt sein sollen, werden vom genannten Blatte u. a. die Firmen C. A. Roscher in Markersdorf und I. Allmann in Lichten stein aufgesührt 51U5 cker I.suLitr Zum Tobe -es Oberlehrers Ernsl Fm» Tode des Oberlehrers August Ernst in Fittau geht uns seht folgender aussübrlicher Nachruf zu: I» der Abendstunde des Slephanusiestes riek Gott unsere» verehrten, hochgeschätzten Ober lehrer A u g u st Er » st zu kssh. Fu früh für die trauernden Sei nen und für die katbolikche Kirchen- und Schulgemeinde, in deren Diensten er über 10 Jahre in vorbildlicher Treue und Ausovscrniig fruchtbringend seines Amlcs gewaltet bat. Unter selten zalüreicher Teilnabmc seitens der Psarrgcmeinde und weiter Kreise von kern und nab baben wir ib» am 30 Dezember in die küble Gruft gebettet. Der »»übersehbare Fua von Lcid'ragcnden, i» dem sich Vertreter der Behörden, eine große auch »ichtfatbolsicher Lcbrer der Stadt »nd Um- genend. die Sckulk'nder und Vereine mit ibrcii Fahnen zum Geleite aus seinem lekten irdischen Gwoc vereinten, bekundete die allseitig« Verebrukio Liebe und Dackk-arkeit die der Vcrewiate in und außer- balb der Gemeinde aenoß. Mit Recht konnte Herr Vfarrer Schind ler i» seiner Grabrede saoen: „Er hatte wohl keinen Feind!" ..Einen guten Mann bähen wir begraben: uns war er mehr!" so kann die aaine Kirch"emei„de se-n Andenken ebren. ?Es nor'rcssl-cher Vädaooae nnd christlich idealer Erzieher bat er dem Ausbau und der Eniwicklmig unseres kachpstschen Schulwesens seine besten Kräfte ge- ExerMen filr Priester in Hoheiielchen-Hosterwitz sind vom 18. bis 2V. Jan. 1828 widmet. Damit war aber seine Wirksamkeit nicht abgeschlossen. Nebcrall, in ger Schuloraanisation, im Gemeinde- und Vcreinsleben bat er fruchtbringende Tätigkeit entfaltet. Wo irgend guter Rat und eine helsende Hand benöftgt wurde, war man seiner stillen sreudigen Mitarbeit sicher. Ein besonderes Ruhmesblatt seiner Lebensarbeit bedeutet seine Tätigkeit als Förderer der kirchlichen Mn- sik'in innerer schönen Pfarrkirche. Al? Mitbegründer des Cäcilien vereins hat er diesem in der behrcn Kunst der hl. Cäcsiia in uneigen nütziger treuester Hilfsbereitschaft über 10 Jabre als Organist ge dient. Und wenn der Kircheuchor durch den Opferst»» seiner Mit glieder zu beachtlicher Höhe und zur Anerkennung auch nichtlckboli- scher fachmännischer Krcile gelangt ist, so verdanken wir dies zu einem hervorragenden Teile der allzeit ov'crbercitcn Hilfe des Ver storbenen und seiner Kunst, die sich so recht an der neuen herrlichen Orgel entfalten und bewähren konnte Wenn der sonst so stille liebe Mann an seiner Orgel saß. war er ein anderer geworden, wie vergärt In inniger Begeisterung für das Hobe Lied der hl. Eäcilia zum Lob preise Gottes »nd zur Erbauung der gläubigen Gemeinde. Festliche Freude und tiefe Ergriffenheit wußte er durch die von Andacht und Kuustliebe getragenen meistccrhaftcn Oroclklänqe in den Herzen der lauschenden Gemeinde zu wecken. Noch kurz vor dem Zusammenbruch seiner Kräfte bereitete er eifrig die Gaben vor, die er zu der kirchlichen Gesaiigsausfübrnnq gelcgen'lich des 10 Stiftungsfestes des Cäcilie». Vereins kam 29. Januars beisteuern wollte. Nun werden himmlische Klänge der seraplsssche» Ebäre ihm ersetzen, maS er HIniedcn nicht voll ende» konnte. Möge der liebe Gott aus die Bitten der hl. Eäcilia ibn all seine Mühen reichlich lohnen im Reiche des ewigen Friedens! Sein Andenken wird ein gesegnetes sein! R. i. P. 6. 8. Die soziale Lage -er Jagen- Am Donnerstagabend sprach Im Rundfunk Ministerialrat Dr. Maier vom Sächsischen Ardeits- und Wohlsahrtsministe» rium über die soziale Lage der Jugend. Er ging davon aus, daß man das Iugendalter vielfach als Zeit des Frohsinns, des Lernens, der Freiheit betrachte, daß diese Aussassung aber nur auf die Jugend der dünnen Oberschicht des Volkes, nicht aber aus sie Jugend der Massen zutiefst Von den männlichen sächsischen Jugendlichen im Alter von 11—20 Jahre» sino rund neun Zehntel, von den weiblichen vier Fünftel berufstätig Nicht Frohsinn und Freiheit ist ihr Los. Sie sind eingespannt in einen Arbeitsprozeß, der ob seiner Eintönigkeit Keine Be rufsfreude aufkommen läßt. Besonders schwer fällt dabei noch ins Gewicht, daß der junge Mensch in den ersten Lehr- oder Arbeitsjahren keinen oder nur einen ganz geringen Urlaub hat, während ihn, im letzten Schuljahre noch 77 Ferientage vergönnt waren. Dieser schroffe Gegensatz birgt schwerste Gefahre» für den jungen Menschen in den Jahren seiner Entwickelung in sich Abgesehen davon läßt der Arbeitstag dem Jugendlichen nicht Muße und Freizeit, die er zur Reifung an Leib und Seel« mibedingt bedarf. Darum erklärte Ministerialrat Dr. Maier die Forderung der Iugendverbände aller Richtungen für be rechtigt. die auf eine Verkürzung der Arbeitszeit und gesetzliche Regelung der Ferien abzielen. Die Lage der Jugend ist mitbestimmend für die Zukunft des Volkes als Gesamtheit. Darum sollte niemand an der A u s st e l l u n g „Das junge Deutschland" voriibergchen, die der Landesausschuh Sachsen der Iugendver- bände in der Zeit vom 7. Januar bis 5 Februar 1928 in Leip zig. Rliigmeßhaus. zeigt. Sie bringt die Ergebnisse eingehender Untersuchungen über die Lage der Jugend, sie zeigt aber auch wie durch freie und öffentliche Einrichtungen eine rechte Verwendung der geforderten Freizeit gewähr leistet ist. l. Die Weihnachtsfeier der beiden katholischen Pfarrgemeiuden in Bautzen wies einen erfreulich guten Besuch auf, so daß im Ge- scllcukause kein freies Plätzchen z» haben >var. Um die Ausgestal tung des Abends hatten sich die Or'svcrcinc erfolgreich bemüht. Der Domchor bot Ehöre von Meßner. O. Seifert und Phiftpp unter Lei tung des Herrn Oberlehrer Bubl: ein kleines Orchester, zusammen« gestellt aus Damen und Herren der Gemeinde, erfreute durch Werke von Manfrcdini, Scpbold, R. Wagner »nd Fr. Schubert. Der In- aendvcrcin batte einen Sprechchor gebildet und bot einen von Hochw, Herrn Kackan Nowak verfaßte» Vordruck — eine mystische Vertie- kling des Geheimnisses von der Geburt Christi. Der Marienhund 'picftc einen traulichen Einakter .Weihnachten bet Schlichtemanns"; die Spielerinnen beherrschte» ihre Rollen ausgezeichnet. Der (die. 'cllenverein hatte die Ausacstck'ung der Verkokung übernommen Der Verein der Erwerbstätige» Frauen und Mädchen war um Cbrist bäum- und Tischschmuck bcmübt. Hochw. Herr Scholastikas He tz u sch kc betonte i» seiner Ansprache, daß die heutige Feier der Pf-rrfamilie im Zeichen der Freude stehe, daß sie ein Bekenntnis rum göttlichen Erlöser sei. Hochw. Herr Pfarrer Sprcnhel dank te alle» für ihr Erscheinen und den Mitwirkcndcn für die vorzüglichen Darbietungen. Mitteilung des Landessinanzamtes Dresden. Nach 8 68 der Ausfiihrungsbestinimungen zum Einkommensteuergesetz haben die Arbeitgeber ohne besondere Aufforderung sür die jenigen Arbeitnehmer, deren Arbeitslohn im Kalendersahr 1!tz27 9200 RM. überstiegen Hot. bis zum 31. Januar 1928 Lohnzettel noch vorgeschriebenem Muster an dos für den Arbeitnehmer zu ständige Finanzamt zu übersenden Die Lohniettcl sind noin Arbeitgeber auf seine Koste» zu beschaffen. Hetzer das Muster geben die Finanzämter Auskunft. Wetterbericht -er -vresvner Wetterwarte Witterunosaussickten: Meist lebhafte über Süd nach Nordwest ni drehende Winde. Allnwk'liche Temperalur'»natzme. Im Lauie des Mittwo-tz zunehm-'nde Trübung und am Nachmittag Auftreten von Nletzerkchsäaen. Jin Gebirge nur geringe Temperaturänderung. sonst wie Flachland. ^eraniworUi-g 'dr den voltzii-yo» Teil >r. Gerkari Desczin. Dreien. -I>r de» iächstsche» Teil „nd d»4 TeniNeio» r>«. N, - Don-ih.e Dresden >IIr An,einen: Ar > » r Sen, Dr-?»en. Der sibirische Expretz Ei» Roman auS der Inflationszeit. Von Frank Heller (Copyright by Georg Müller, Berlag München) (2. Fortsetzung.) Der grauhaarige Diener des Professors sah ihn an und ant wortete mit unendlicher Würde: , „Und der Herr Professor ist kein aewck'iilichcr Professor. Seine pstzchiatrischcn Studien haben ihm den Geheimratstitel von", er salu tierte. „unserem Allerguädigsten Kaiser verschafft. Professor Freu- tzcnthal nennt niemand anderen Kollegen als sich selbst." Vl. Was socke Gerdt Lvman «»saugen? Derart war dir Nebcr- legcnhcit seines Sinnes über die Mißerfolge, daß er keine zehn Mi nuten brauchte, um zu einem Entschluß zu komme». Da drei Vier teile seiner Kasse futsch waren »nd Professor Freudenllsal nicht vor vieizck» Tagen empfing, mußte er einen neuen Pump machen. Seine Indossenten konnle» sich der Notwendigkeit dieser Maßregel unmög lich verschließen. Bis di« Anleihe Persekt war, mußte er billig woh nen. »nd wenn das Geld gekommen war, konnte er ja wieder mit dem Kasino anbändcl». Er telegraphierte al'o an seine Strahniann AIcptautc», ei» neues Darlehen zuslandczubringe» und begab sich daun i» das Hotel Krake» in der Hciligcngciststraße i» Danzig. In diesem Hotel, das von seinen Nachbarhäusern dadurch abslicht, daß es der Straße nicht de» Giebel zuwendet, mietete er ein Fimmer im oberste» Stockwerk, das einzige Zimmer, das sich Im obersten Stockwerk befand, ei» gro ßes Fimmer mit einem Veit, einem Tisch, einigen S schien und einem gcivoltigen Kleiderschrank auS Eiche. Es kostete hundert Papier mark den Tag — fünfzig Oere. Der Portier war ein alter Pole, der ein beinahe unverständ liches Deutsch sprach. Es klang wie eine einzige Spuckserie. Gerdt Ly man sah zum Fenster des Zimmers hinaus und entdeckte unter den .Hausdäckiern etivas, das sein Interesse erregte. In einiger Ent- fernung erhob sich eine seltsame, wcißlichgrüne Glaskuppel über dlc spitzen Dächer. ,LLos ist das dort?" kragte Gerdt Lyman. „Etn Obscrvato- rium?" So sah es am ehesten ans. Der alte Pole spuckte das elne saftige Wort »ach dem andcn aus: endlich begriff Gerdt Lyman ein Wort, das einmal ums andere wiederkehrte: „Strüwermanu! Strüwermaunl Strüwermaun!" Wer war Strüwcrmann? War er Astronom? Hafte Danzig noch andere wisscnjchastliche Berühmtheiten als Proscssor Freu- dcnthal? Die Sprache des Polen machte dies z» einem uucrsorschlichcn Geheimnis. Gerdt Lyma» gab es auf, in dicker Frage Klarheit zu er langen. Nachdem er sich etn wenig erfrischt hatte, ging er hinunter und aß in dem einfachen Spcisesaal des Hotels zu Abend. Als er damit sertia tvar, >nar cs gegen zehn Uhr. Sollte er ausgehcn und sich das näch« licke Danzig anseben? Hatte es irgendwelche Attrak tionen? Er beschloß, den Portier zu Rate zu ziehen. In seinem besten Deutsch sagte er zu dem alten Polacken: „Was sagen Sie, Herr Portier? Soll ich ein bißchen in die Stadt aehen? Ist etwas loS In Danzig?" Der alte Pole gurrte abratend: „Nsenje! Air los! nix los >u Danzig!" Gerdt Lyman ging in lein Fimmer hinauf. Genau bedacht, hatte er viel Schlaf zugute. Er lcnic sich aiigckkcidet auf de» Rücken ins Bett und zündete eine Zigarette an. Wen» sie ausgeraucht war, gedachte er sich ordentlich »iederzulegen. Er gedachte cs z» tun, aber er kam nicht t» die Lage, es zu tun. Etmas ereignete sich Es zeigte sich, daß der Portier sich gründlich geirrt hatte, als er behauptete, es sei nichts „los" in Danzig. Den» plötzlich wurde der Vorhang von Gerdt Lymaps offenem Fenster zur Seite gewgeii. Das Fenster wurde durch eine Warige, sangbärtige Erscheinung verdunkelt, die neugierig hcrcinouckte. Ehe »och Gerdt Lvman de» Nus des Entsetzens ausstohen konckc, der sich seiner Brust entrinnen wollte, machte das Wesen ein paar affen artige Sätze durch das Fimmer und grub seine Finger in Gerdt Lymans voin Punsch« ziemlich volle» Hals. Zweites Kapitel. Inseln, über Ozeane von Mihoerslündnssfen rulenb Es hatte Gerdt Lyman dreiunddreißig Jahre zu je wenigsten» dreilniiidertsünsuiidsKhzig Tagen gekostet, seine skeptische Anschauung vom Wert des L«bens zu begründe», aufzubaucn und auszugestalten; es kostete ihn unter den Fingern des nächtlichen Gastes keine dret- unddreißig Sekunden, seine Anschauung zur Revision aufzunehmen, «Kr» Vei-,ch,l-«ina in Frag« zu ziehen, sie zu verleugnen und um KI, Erlaubnis zu röcheln, am Leben bleiben zu dürfen. Allmählich lockerte der Plast seinen Griff: er auctschte noch ein paarmal auf Gerdt Lymans Kehlkovf. wie man den Poll eines RcsraichisseurS quetscht, und ließ ihn dann los indem er flüsterte: „Schreien Sie nicht, denn sonst!!" Er machte eine illustrierende Geste. Gerdt Ltzwan. dessen Hals äußerlich ärger mitgenommen war als ie Innerlich, sah ibn leise stöhnend an. Wer war er? Was >var er? Klarcrweisc ein Verbre cher, vermcklich aus dem Gcsänonls cntkvrungen, offenbar ein pro- scssionellcr Eiiibruchsdieb und Mörder. Sollte er um Hilfe schreien? Was nützte das? Er wohnte ganz allein im obersten Stcckwerk die ses verfluchten Hotels; bevor jemand ihn hörte, war er schon längst tm Hades. Warum war er se nach Danzla oekoinmcn? Warum hatte er sich in einem solchen Hause «ingcmletct? „Ermorden Sie m'ch nicht!" sletzle er heiser. „Was habe ick Ihnen getan? Was wollen Tie von mir?" „Sie sind Ausländer," sagte der Mann über ihm kurz. „Welche Nation?" „Schwede", sacke Gerdt LdmanS und fühlte eine» Nationalis mus In sich ern-aeben, von dem er labrelana keiuerl-'i Anzeichen ge merkt batte. „Schwede — Sie wisse», Gustav Adolf — wir haben immer den Deutschen geholfen —" „Meine Mu'tcr war Schwedin", sacke der bär-iae Mann Gcrdi Lvman suchte nach eintoen rührenden Worten, um mtt dieser halbe» Verwandtschaft als AuSoaugSpunft seine L benssortze- rung zu motivieren. Der Nkann über ibm mack e eine Gesse, die ibm belabl zu schweigen. Er schwieg. Der Bärt-oe ßudicrte ib» und zog mißbilligend die Auoenhraiicn zusammen, offenbar »nnikrlcdc» mit dem was er sab. Plötzlich schien ihm einznfallen, daß er vielleicht selbst keinen guten Eindruck maccke den» er sagte in drohendem Ton: „Was denken Sie von mir?" Was denkt man von einem Menschen -er um elf Uhr abend» durch ein Fenster im dritte» Stock hcreinkommt. bekleidet mit einem abgetragenen, anliegenden, schwarzen Trilckaiizna. »nd dessen Kovf so baarig ist, daß er dem .fesssende» Gliedc" gleicht? Es ist nickt möglich, ihm große Kaniplimente zu machen, aber solaiw« er imsercn Keckkopf i» seinen Händen bat. ist es auch nicht möglich, allzu auf richtig zu sein. Gerdt Lyman kam eine Eingebung. „Was ich von Ihnen denke?" wiederholte er mit dem Versuch einer Replik. .Ich d-"k- daß es recht lange her ist, seit Sie beim Bankier wäre« " «Fortsetzung folgt.)
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