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Nummer 9 Sächsische Volkszettung 12. Januar 192t Die Einheit -er Kirche Die katholische Kirche UN- -ie Wiedervereinigung im Glauben Do«> Kaplan Dr. L. Baum, Kellerau Nachstehend geben wir de» Bortrag über die Ein heit der Kir,he wieder, den der Leiter des katholischen Erziehungsheimes Hellerau, Kaplan Dr. Baum am Montag im Dresdner Künstlerhaus gehalten hat. Es gehört mit zu dem Uebcrraschendsten, was der Christ ti» Lebe» ersahrcn kann, wenn er dessen inne wird, das; auch aus dem scheinbar ganz Widergötllichen und dem scl)«inbar ganz Bösen und Schlechten unter bestimmten Boranssetzungen im ein zelnen Menschen und der Gesamtheit Segen erivachsen kann. Mit anoeren Worten: Wen» er die Wahrheit des Schristivortes erlebt, daß den Menschen, die Gott lieben, alle Dinge zum besten gereichen. So hat die Christenheit es erlebe» können, daß aus dem furchtbaren Krieg, der doch zunächst als eine einzige un geheure Uebertretung aller Gebote Gottes erscheinen mutzte, eine segensreiche Saat ausgegaugen ist. Nicht nur, datz zahl lose einzelne Mensche» in der Not und den Schrecknissen dieses Krieges ihren Gott wieder gefunden haben: auch die Gesamt heit der Christenheit ist von einer starken religiösen Welle ergriffen worden, die sich vor allem als eine Sehn sucht »ach der Kirche auswirkt. Das grosse Ideal der einen, heiligen, allgemeinen Kirche, in der sich- bar alle zusammengeschlossen sind, die geistigerweise verbunden sind durch den Glauben an Jesus Christus. Dieses Ideal ist in unseren Tagen lebendiger i» dem Bewutztseiu der Christen geworden, als je zuvor. Demzusolge wird die Tatsache, datz die Christenheit uneinig und in mehrere Kirchen und Religions gemeinschaften zerspalten ist, allenthalben mit großem Schmerz empfunden. Wie aber konnte es überhaupt dazu kommen, dag ?"Icl)e Spaltungen in der Christenheit entstanden^ Mau kann die Geschichte der christlichen Kirche unter dem Gesichts winkel des Kampfes zweier geistiger Gesetze betrachten. Es ist, als ob das Gesetz Christi, das auf Zusammenschluß, Vereinigung, Liebe hinzielt in einem ständige» Kampf läge mit dem Gesetz der Welt, das auf Zerreißung. Zerspaltung, Auseinandcrfallen hinarbeitet. Zeiten, in denen die Christenheit ihrer gottgegebe- neu Aufgabe untreu wird, so datz das Gesetz Christi von dem Gesetz der Welt überwoge» wird, sind darum stets auch Zeiten der äußeren Spaltung. Das läßt sich bei den beiden großen Kircheiürennungen im orientalischen Schisma und der abendländischen Reformation deutlich er kennen. Beiden Spaltungen ging eine Periode innerkirchlicher Zerrüttung voran. Daraus ergibt sich die Erkentnis, daß es sich bei solchen Kirche »Millingen nicht um das Werk einzelner Männer, an deren Name» sich die Katastrophe knüpft, handelt, sondern stets um verhängnisvolle Auswirkungen innerster Zu stände und Verhältnisse. Der Weg zu einer Wiedervereinigung kann daher nur über ehrliches Schuldbewutztsein und der daraus entspringenden Demut und Liebe führen. In unseren Tagen nun ist ein großer Teil der Christenheit bereit, diesen Weg zu gehen. Nicht nur datz in der katholischen Kirche des Ostens die Unionstcndenz stärker ist denn je Auf fallender und beglückender ist die Tatsache, daß auch in den Kirchen der Reformation, die doch grundsätzlich auf dem reli giösen Individualismus ausgebaut sind, der Wunsch und die Sehnsucht nach einer äußeren Demonstration der innersten see lischen Verbundenheit wach geworden ist. Die beiden Konse- renzen von Stockholm und Lausanne erscheinen so trotz aller Mängel und Enttäuschungen doch als Ereignisse von außer ordentlicher Bedeutung. Fragen wir uns nun, wie steht die katholische Kirche zu der Tatsache der Kirchenspaltungen und zu der Möglichkeit einer Wiedervereinigung. Da sind zunächst zwei dogmatische Begriffe von grundlegender Bedeutung. Das Dogma nennt eine Kirchenstraltung. die ohne Veränderung der Glaubenslehre vollzogen wird, ein Schisma sTrcnnung der morgenländischen Kirche von der römischen): die Kirchenspal tung die gleichzeitig eine Veränderung des dogmatischen Glau- bensbestanöes mit sich bringt, heitzt dagegen Häresie sz. B. die Reformation). Es ergibt sich aus dem gesamten Kirchenbegrisf der katholischen Kirche, datz sie eine Gleichberechtigung dieser später abgetrennten Kirchengemeinschaften mit sich nicht an erkennen kann. Sie mutz vielmehr grundsätzlich daran festhal- ten, datz es nur eine Kirche ist, die von Christus gestiftet ist und die seit den Tagen der Apostel die christliche Tradition durch die Iahlhundertr hindurch fortgepflanzt hat. Eine Ausgabe dieses Anspruches würde für die katholische Kirche gleichbedeu tend sein mit einem Verrat an dem Werke Gottes hier auf Erden. Man geht sicher nicht fehl mit der Annahme, datz die römische Kirche an den christlichen Weltkonferenzen von Stock holm und Lausanne deshalb nicht offiziell teilgenommen hat, weil sie um keinen Preis den Anschein erwecken darf, als sei auch sie unsicher und suchend. Eher mutzte sie das Odium des hochmütigen Beiseitestehens auf sich nehmen, als datz sie diesen Verdacht hätte erwechen dürfen. Hier ist es aber notwendig, klar auszusprechen, datz diese unerbittliche Konsequenz im Theo retischen aber nicht zum Prinzip der Lieblosigkeit im Prak tischen werden darf und vor allem, datz niemand sich vermessen darf, daraufhin Gottes Barmherzigkeit und seinem allgemeinen Heilswillen einzuschränken. Die Kirche lehrt ausdrücklich, datz Gott allen Menschen genügend Gnade gibt, um selig zu werden. Allen Menschen, ohne Ausnahme. Wenn also schon alle Menschen soviel Gnade von Gott erhalten, datz sie bei richtiger Mitwirkung das ewige Ziel ihres Lebens erreichen, so gilt dies selbstverständlich in weit höherem Matze noch von allen Getauf ten, die durch Jesus Christus den Weg zu Gott suchen. Es ist aber ein Unterschied, ob man das Schicksal der einzelnen Men schenseele ins Auge faßt, zu deren Rettung Gottes Barmherzig keit sicher stets e^nen Weg finden wird, wenn der Mensch aus seinem freien Willen heraus nicht alle Pläne Gottes vereitelt: oder ob man das allgemeine Heilswerk Gottes ins Auge faßt, las durchStiftung der Kirclpe schon hier im irdische» Leben einen Durchbruch des Reiches Gottes gewallt: das gewollt hat, datz hier auf Erden schon alle die guten Willens sind und alle die einig sind im Glauben an den einen Herrn Iesum Christum hier auf Erden schon in der sichtbaren Einheit des Leibes Christi ver bunden seien. Das Wort von der „alleinseligmachende n" Kirche offenbart sich also als eine unglückliche — weil mißverständliche — Formulierung. Es ist entstanden aus dem alten christlichen Prinzip: „Außerhalb der Kirche kein Heil", vom Standpunkt der alten Christenheit aus, die die Welt in der schroffen Alter native sah: Hie Heidentum als Inbegrifs aller Verworfenheit und Gottcsfeindscl)aft — hie christliche Kirche, als Inbegriff aller 'ältlichen Gnade, Hot dieses Wort seine tiefinnerliche Berech tigung. Außerhalb der erst durch die Kirche Christi der Mensch heit zuslietzenden Gnade Gottes ist kein Heil. In dem Sinne einer hochmütigen Heilsgewitzlieit, den erst der konfessionelle Kampf dem Wort gegeben hat, müssen wir es ablehncn. Was nun die Stellung der katholischen Kirche zur Frage der Wiedervereinigung angeht, so Kann diese Wiedervereinigung nicht aus dem Wege der Einzel-Konversionen erhofft werden. Den wenigen einzelnen Menschen, die durch die besondere Gnadcnfiigung den Weg zur alte» Kirche zurück- sinden, wird wohl stets eine größere Anzahl gegeniiberstchen, die sich von der Kirche abwendeu. Eine wirkliche Vereinigung der getrennten christliche» Kirchen kann auch nicht so gedacht iverden, datz dm einzelnen Gruppen alles, was ihnen bisher teuer und heilig war, ablegen müssen. Das ist weder psycholo gisch möglich, noch entspräche cs dem eigentlichen Ideal eines „katholischen", d. h. universalen Christentums. Eine wahrhaft katholische Aufsassung dieses Problems mutz ausgehen von der Tatsache, daß, wie schon jeder einzelne Mensch, so erst recht ganze Völker und Rasten spezifische Eigenarten und Begabungen von Gott erhalten haben, auf deren Entfaltung sic — gerade im Interesse des Ganzen — nicht verzichten dürfen. So auch haben die einzelnen getrennten christlichen Kirchen auf der Grundlage des Volkstums, oer Nasse, der politischen und kul turellen Entwicklung religiöse und kirchliche Eigenarten ent wickelt, die unveräußerliche religiöse Werte darstellen und die alle zusammen dann erst den ganzen Reichtum einer wirklichen universalen christliche» Kirche ausmachen. Hier offenbart sich auch erst die ganze Tragik, die in den Abspaltungen begründet liegt. Es tritt einmal notwendig eine geistige und religiöse Verarmung ein, indem jede Gruppe ihr Sondergut isoliert ent wickelt, oas doch erst einen rechten Sinn erhalle» würde in der Zusainmenwirkung mit den andere». Bei einer Wiedervereini gung der Ostkirche mit der römischen müßten also diese den ganzen Reichtum ihrer religiösen Eigenart beibchaltcn und das selbe gilt von einer Wiedervereinigung der resormalorischen Kirchen mit der römischen. Es liegt ofsen zutage, datz die be sondere religiöse Begabung der germanischen Völker ebenso gottgegeben und gottgewollt ist, wie die spezifische religiöse Anlage der Romanen. Bei einer Wiedervereinigung müßte also wieder der Zustand eintreten, der schon im Mittelalter so herrliche Früchte gezeitigt hat, datz nämlich germanischer Norden und r o m a » i s ch e r S ü d e n in gegenseitigem Aus tausch und in lebendiger Verbindung miteinander innerhalb derselben Kirche wären. Ja man kann noch weitergehen: Auch die spezifisch-metaphysischen Elemente des Protestantismus, der grundsätzliche Protest der christlichen Einzelseele gegen eine möglichste Unterdrückung durch die Gemeinschaft mutz als etwa» in sich notwendiges und darum wertvolles angesehen werden. In diesem Sinne ist „Protestantismus" ein seelische» Prinzip, das innerhalb jedes kirchlich geformten, religiösen Lebens ist und sein mutz. Es ist das große Unglück der deutschen Reformation, datz dieses „protestantische" Prinzip sich aus dem Zusammenhänge des kirchlichen religiösen Lebens loslöste und versuchte, eine neue Kirche zu konstituieren, zu dem es doch durchaus weder befugt noch befähigt ivar. Eine Wiederver einigung des germanischen Norden mit der katholischen Kirche kann überhaupt erst dann als eine reale Möglichkeit erkannt iverden, wenn man sieht, daß alles, was im Protestantismus an wirklichem religiösen Gut steckt und woraus kein Protestant verzichten will, tatsächlich beibehalten und in die Kirchengemein schaft hineingebracht werden kann. Wenn so die tatsächliche Wiedervereinigung aller christ lichen Kirchen nicht als eine Utopie, sondern als eine Mög lichkeit behandelt wird, so darf uns das doch nicht zu einem flachen Optimismus verführen. Der Christ weiß, daß immer und immer wieder das Gesetz der Well sich gegen das Gesetz Gottes auflehnen wird und daZ infolgedessen die Wiederver einigung ein Geschenk und eine Gnade »gäbe Gottes ist, die nicht nur mit aller Hingebung erarbeitet und erkämpft werden mutz, sondern die vor allem auch verdient werden mutz. Eine Christenheit, die sich gegenseitig bekämpft, während gleichzeitig in der Welt immer mehr gegen den Glauben und gegen jede Verbindung mit Gott angekümpft wird, eine solche Christenheit ist allerdings dieser Gnade noch nicht würdig. Wir müssen erst innerlich umdenken, müssen durch liebe volle und gerechte Beurteilung der getrennten Brüder Butze tun für allen Hatz und alle Feindschaft, die je die Christen getrennt haben und müssen dadurch uns würdig machen, datz Gott, wenn die Zeit erfüllt ist, wieder alle zusammcnsührl, die guten Wil lens sind, ut omass unum sint, datz alle eins seien! Der neue Dompropst von Passau. Am Stelle des verewigten Donrpropstes Dr. von Pichler hat Pius XI. den bisherigen Domkapilusar Prälat Dr. Karl Da» gl zum Dompropst in Passau und an dessen Stelle den bisherigen Domvikar Joseph Brunner zum Domkapitular er- iiaiint. Der neue Dompropst ist Diözesanpräses der christlichen Milt« tcrvercine und weiblichen Iugeiidvereine und t. Vorsitzender des Dlözesancaritasverbandes. IÜOI zum Priester geweiht, wirkt er seit 1909 in der Bischofsstadt Passau. Kaust bei unseren Inserenten! Der Abend Bon Ojstp Kalenter. Am Abend fahren die großen Barfeil ein. mit Kisten Säcken, geheimnisvollen Füssen, beladen. Die Schifsrieu.r singen, und rasselnd gehen die Segel nieder. Am Abend ruht der See stahlblau in einem milden, gläser nen Glanze. Vla», blau verschwebt die Ferne: Berge r.ftt grünen Alme», Weingärten und silbernen Olivenhainen: F ls- wände mit Dörfern, Klöstern, verfallenen Kastellen: Buchten mit alten Stödten, an deren Häsen noch die gesliigelten Löwe» Venedigs Wache halten ... Am Himmel brennt still das Abendrot, tief, bis hinab in die sanfte lombardische Ebene. Die grotzen Segelschiffe im Hafen heben und senken sich sacht. Und aus der schmalen, rosa Mole, sieh da, der Herr Kapellmeister und das Hündchen mit dem Ringelschwänzchcn! Zwei ernste, bewegte, kohlschwarze Silhouetten, auf und ab und aus und ab spazieren sie. Und sein Stückchen, das er mit der Linken hinterm Rücken hält, während die Rechte, entschlossen zur Faust geballt, in der Manteltasche steckt, wippt wie in einer feinen imaginären Musik, und auch das Ringelschwänzchen seines Hündchens wippt, und er denkt vielleicht an die großen, schwungvollen Abendmusilcn, die er des Sommers bei elektrischer Illumination und buntem Feuerwerk vor dem heitern Volk der Fremden ans dem Marktplatz dirigierte, an die stolzen Troinpeteilsansarcn und die zart verebbenden Pionissimt der Flöten. O, welche Lust. Kapellmeister zu sein! Am Abend rücken die Gassen enger zusammen, die Gassen mit den hochgegiebelten, bemalten, verbauten und verbogenen Häusern und Häuschen, deren eins am andern lehnt in un endlicher Lieb«. (Macht man den Versuch eins herauszureißen, was ja zuweilen vorkommt — der unermüdlich« .Zortschr-itt" heischt es —. so muß man die andern stützen, mit Balken und Fachwerk, datz sie nicht in Lreue und Anhänglichkeit und un« endlicher Liebe ihm nachsinken . . .) Unterm Torbogen huscht ein buntes Kätzchen. Esel kommen brav und grau die hohe», steilen Wege herab, schwer bepackt. Andere, in Toren und Nische», sieht man, werden schon abgezäumt, schütteln die dicken Köpfe und iahen froh. Kühe kehren heim. Wärme dampft aus den offenen Slall- türen, und Gemuhe brummt. Von der Campagna kommen die hohen, zweirädrigen Maul tierkarren. je »ach der Jahreszeit mit Sardinen, Ccidciikokoiis, Oel, Wein, Melonen, Orangen, Zitronen beladen. In einem stillen Winkel bei windschiefen Fensterläden, ver schnörkelten Balkongittern und wappengeschmückten Haustoren, in der Dämmerung, sitzt eine alte Engländerin und malt. Hoch über dem Orte thront die große, weiße Kirche. Die steilen Stufen, Stück um Äiick. kommt am Abend ein Mütter chen herauf. Drinnen ist es nun ganz dunkel. Der Heiland schläft, und die Heiligen all Nur das ewige Lämpchen wacht. Und draußen am schönen, schlanken Campanile läuten die Glocken den engli schen Grutz. Eine uralte Zeder steht düster gegen den rotflammenden Himmel. Vom Kirchhof grüßen die ernsten Zypressen. Tief unten im See ruht dunkel die kleine Insel mit dem einsamen Oelbaum. Aber im Ort ist Leben. Auf dem neuen gelbe» Kiesplatz vor dem Kriegerdenkmal spielen Knaben brüllend Fußball. Mädchen lehnen kokett mn neue,, Geländer. Dräuend, bleich erhebt sich dahinter die Schule. Wer denkt an die, wenn man sich im Wettkampf übt, ehrgeizig, kühn, vor den Augen der Mädchen! Abend wird, und die Dächer drängen sich zum Kastell. Rauch steigt aus, gekräuselter, hellblauer Herdrauch. Denn nun ist es Zeit, daß man Polenta, Spaghetti und die dicken Gemüsesuppen bereitet oder die Vögel, die man tagsüber schoß, knusprig n rvsto brät. In den bauchigen, gläsernen Fiaskc» mit dem freundliche» Strohgeflecht funckelt der neue Wein. Droben ums Kastell, wo die Geister der Scaliger Hausen, geht der Abendwind scharf, singt und pfeift um den Turm. Aber unien ist gut sein, bei Feuer und Wärme, winklig, eng. * Die Lichter werden angestcckt. Die Fenster beleben sich froh. Nacht sinkt in die steilen Gassen. .Hoch über dein Ort steht die große, weitze Kirche und das mächtige, düstre Kastell. Hoch über Kirche und Kastell stehn di« große», verschneiten Berge und halte» steinern Wacht. Es ist Zeit, die Nacht und den Schlaf zu bereitem Ein Lachen verklingt. Eine Tür rocht zu. Beim Schmied, horch, wird »och gehämmert. In »ine« krummen Hause ist noch Musik: jemand spielt sich aus seiner Geige das Lied von Valencia. Und wenn der Mond aufgeht, biegt um die Ecke, schweren, iiiäniilichc» Schritts der Abt. Seine lauge, schwarze S«tan« rauscht. Und ich selber? — Durch die Gassen wehe ich, und beim Krämer im engen, verwinkelten Gewölbe kauf ich Marsalla, den Feuerwein von Sizilien, und bernsteinfarbenen Vermouth von Turin, für die Nacht und die Melancholie. Tief in dem stillen Winkel bei windschicsen Fensterläden, verschnörkelten Baltougittern und wappengeschmückten Ha«»- toren sitzt noch die alte Engliingcrin lcs ist Nacht ...) und maU. Erich Kleiber im Dresdner Gewerbehaus Ei» eckt deniseber Abend: Weber — Oberonoiivertürc, Mo zart — J»vileri!iifoine, Rich. Strauß — Till Enlenspicgel. Rlch. Wagner — Mcisicrsingcn'orsvicl. Und . . . um eS gleich vorweg, zuiiehiiieu. . . eine Siedehitze von Begeisterung. DaS war nach dem ersten Abende, der Kleiber schon einen stürmischen Erfolg brachte, kaum anders zu enrurrleii. Der Berliner Generalinusit'direUor hatte wieder einen Sieg ans der ganzen Linie zu verzeichnen. Genau so, wie er seine Musiker siiggeüicrt seines eisernen Willens zufolge mit fortreißt, genau so bannt er seine Znbörcr und steigert ihr« Begei sterung bis zur Weißglut. Die Farbcuftala, deren Kleiber sich be dient, ist schier unerschöpflich. Pastellzarlen Tönungen bei Mozart stehen leuchtende Reflexe bei Rich. Straus; gegenüber. Vollgesöttigle Färbungen bringt sein Meisiersingervorspiel. Mozarls Iiipitersin- sonie, ein kokettes, rauschendes, soniieiislrahlciides, aniinilSvolles, im Dust der Puderpcrückc zauberhaft wirkendes Rolokogeinäldc. Till Einenspiegel durchtränkt mit einem Humor, einer Groteske, einer aus- gelassenen Lustigkeit, wie cs kaum ein zweiter noch lcbciisivahrer nach zuschaffen imstande wäre. Aber ich will mich nicht i» Einzelheiten versteigen. DaS wäre imisikkntischcs Spießbürgertum. Das hieße Kleibers Mustkgcnie zerstückeln, lieber seine Art zu dirigieren, sprach ich schon am letzte» Male hinreichend. Auch diesmal nurren eS haupt sächlich dt« Auge», die de» Orchesterkorver unbedingt seiner Persön-