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Sächsische Volkszeitung : 01.01.1928
- Erscheinungsdatum
- 1928-01-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192801014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19280101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19280101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1928
-
Monat
1928-01
- Tag 1928-01-01
-
Monat
1928-01
-
Jahr
1928
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 01.01.1928
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Arbeiksfrle-e im Transporkgewerve Dresden, 31. Dezember. Zur Lohnbeivegung im sächsischen Transyortgewerbe wird mltgeteilt, Las, -er am LU. d. M. gesällte Schiedsspruch, über dessen Annahme oder Ablehnung sich die Parteien bis Freitag zu erklären hatten, sowohl von den Arbeitgebern wie auch von den Arbeimehmern angenommen worden ist. so daß mit dem Jahreswechsel die neuen Tarisbestimmungen in Krast treten können. Der Dresdner Arberksmarkt «m Aahresend" 21000 Erwerbslose Dresden, 31. D:z: "i>r. NaftSem fiejtt Jahres die Zahl der A -':"sucke> ?>» bcsr.il -r acie! :-i ha! nach einem Bericht deS "tz> ei Ar- bcitsnachwei'cs Mitte November ein cnivsindticher Rückschlag ein. Durch den p'ötzlich elnsctzendcn Schneesall und aulmstenden Frost „inslen fas» alle Außenarbeiten eingestellt werden, sodaß sich die Zahl der Dresdner ArbciiSlescn in kurzer Zeit um rund 10 000 crhökte. Der Witterungsum'chlag nach den Wcihnachtsfeiertagen ermög lichte zwar eine teilweise Wiederaufnahme der Außenarbeite», sie muütcu aber im Kaufe dieser Worbe erneut eingestellt werden. Hin zu kam außerdem.'daß zwischen Weihnachten und Neujahr die Arbeit geber mit Ncucimtellungen sehr zurückhaltend waren, sodaß säst nur kurzfristige Aushilfen gemeldet wurden. Ta cs sich aber in der Hauptsache um eine saisonbedingte Ar beitslosigkeit bandelt, ist daraus zu erkennen, daß bereits für Beginn des neuen Jahres zahlreiche Anforderungen von Arbeitskräften für einzelne Berufe (Etastwirtsgewerbe. Hutindustrie, Musiker und Land wirtschaft- eingeaanaen sind. Tie Zahl der Arbeitsuchende» ist in der Beiich'smoche um 1898 auf 28218 (26320) gestiegen. Aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung wurde» 18460 (15524) und aus denen der Kriscnsür'orge 3736 (3736) Vollerwerbslose unterstützt. Knrz- arbeilcruntcrstützung erhielten 217 (226) Personen. Bei Not- standsarbcitcn waren 86 (18) Mann beschäftigt. : Wiedereröffnung des Belvcdere-Tanz-KabarcttZ. Am Ncn- sahrStage eröffnet das Belvedere erneut seine Kleinkunstbühne mit einem ausgezeichnet» Spiclplan. Man wird sich deren früheren Darbietungen noch gern erinnern, galt sic doch als eine der besten in nerhalb Sachsens und über dessen Grenzen binaus. Der Brühlschc Saal ist mit seiner vornehmen Gestaltung wie geschaffen für derar tige Vorstellungen, und die Direktion hat es sich angelegen sein lassen, den an sich schon wunderschöne» intimen Raum in ein angemessenes farbiges Gewand zu kleiden. Eine Sehenswürdigkeit für Dresden wird das Lichtparkett sein, das bisher noch nirgends in Dresden vorhanden ist. Sowohl die Darbietunoen der Künstler als auch der i» den Pausen slattfindcndc Gesellschaftstanz findet auf -cm Lichtpar- 'eil statt : Der Tigerdompteur — ein Landsmann! Im Rabmcn des unübertresslichcn Weltsiadtprogramms Sarrasanis siebt allabendlich der Dompleur Richard Rößler mit einem Dutzend machtvoller ben galischer Tiger. Die Nunnner ist insofern aus dem Gebiete der Raub- tlerdrcssur eine Sensation, weil die Tiaer. die von vielen For- schuugsreiscndcn und Großwildjimer» als die gefährlichste» aller Naubliere geschildert werden, zahm wie Hauskatzen sind. Es dürfte für alle Dresdner van ganz besonderem Interesse sein, zu er fahren. daß Herr Rößler ibr Landsmann, ei» echtes Dresdner Kind ist. Sein gefährlicher Beruf, den er von der Pike an erlernte, bat Hn durch alle Länder der Erde und schließlich zu Sarrasant gebracht, der ihm, in klarer Erkenntnis seiner glänzenden Domteurssähigkeiten, eine Horde junger wilder Tiaer anvcrirau'c, die beute, vmr Rößler „fertiggemackt", eine zoologisch« Sehenswürdigkeit allerersten Ran ges darstcllen. Rößler ging bei der Dressur nicht etwa mit glü hendem Eilcr oder gar Actber zu Werke, er hat cs mft der vielgc- riibmicn „sächsischen Gemütlichkeit" erreicht, aus den Tieren, die der VolkSmund noch gern mit „Bestien" bezeichnet, liebenswürdige, vier beinige Artisten zu machen, Tiacrkatzen, die beinahe sogar das Fau chen und Kn„rren verlernt bahr,,. : Landesschiedsaerlckt für Ge,neindebeai"«enbesoldung. Der Vorsitzende des Lan^esschiedsperjchts sür G-meindebeamten- besoldung hat nach Gebär der ständigen Mitglieder einen wei teren Nachtrag zur Gesck'ästsordnung beschlossen, der die Mit glieder zur Verschwiegenheit verpflichtet. Der Nachtrag zur Geschäftsordnung wird heute in der Sächsischen Staatszeitung veröffentlicht. : Deutschs Arzneitare. Die vom Reichsrat beschlossene Deutsche Nrzneitaxet ritt mit Wirkung vom 1. Januar 1828 ab auch für Sachsen in Krakt. Die Sächsische Staatsztg. veröffent lichte am Freitag die sächsischen ministeriellen Ausführungs- besiimmungen hierzu Dresden, de» 31. Dezember Der Verband Sächsischer Industrieller teilt über die Wirtschafts lage im Jahre 1927 mit: Jedes der seit dem Kriege verflossenen Jahre zeigt charakteristische Züge, die es scharf und deutlich von anderen Nachkriegsjahren unterscheiden. Die Schwankungen, die unsere Wirtschaft auch nach Beendigung der Inflation durchmachen mußte, sind so außerordentliche, daß auch jedes der seit der Stabill- i flcrung verflossenen Jahre noch einen vollkommen verschiedenen Ty- ' pus trägt. Auch das Jahr, von dem wir jetzt scheide», hat die sächsisch« Industrie vor Ausgabe» gestellt, die grundverschieden von denen der Vorjahre gewesen sind. Halt im Jahre 1926 der englische Kohlcn- arbcitcrstrcik seine unerivarteten und weitreichenden Wirklingen auf dem Kontinent und über die Schwcr-Jndustric hinaus auch in die Hauptgebicte der deutschen Ferlig-Jndustrie auSgcübt, so siel dieser starke Antricbsfaktor für nn'ere Wirtschaft ini vergangenen Jabrc um wesentliches weg. Wenn cs sür die sächsische Wirtschaft möglich war, bis in die letzten Monate die Arbeitsuchenden in immer höherem Maße wieder in die Betriebe aufzunebmen, und sie von einer Zahl von 256 000 im Januar bis auf 64 000 im November zu senke» und an der Senkung sich die Metall- und Maschincn-Jndustrie. die Textil- Jndustric, das Holz- und Schnitzstosfgcwcrbe. das Baugewerbe, die Nabrunas- und Genußmittcl-Jndustrle, die Papier Industrie, also wichtigste in Sachsen vertretene Industriezweige ungcsäbr gleichmäßig beteiligt haben, so bat dieser zweifellos in sozialer Hinsicht zu be grüßende Erfolg seine Ursachen hauptsächlich ans andere» Gebieten als dem eines Wegfalles ausländischer Konkurrente», wie diese stän dig steigende Meßrausnahmc von Arbeitskräften auch nicht durch zu nehmende Aufnahmebereitschast des Auslandes für sächsische Produkte veranlaßt worden ist: denn es blieb z. B. die Ausfuhr nachdcn Vereinigten Staaten bis auf die Zeit der Sommermonate ziemlich konstant, was zum Teil auf die das sächsische Wirtschafts leben stark tangierend« Hochschuhzollgesctzacbung zurückzu'ührcn ist. wie auch die Ausfuhr nach anderen wich'igen Absatzländern wie England, Italien, Spanien, den Balkan ländern durch ähnliche zollpolitische oder nationalistische Ausnahmen in einer gerade sür dt Fertig-Jiidnstric sehr e m p f i nd l i ch e n W e i s e se tz r o s s e l t ist Dazu kam. daß die Fortdauer des polnft'chen Konfl-fts, der kickte zum Teil sür wichtige sächsisch« Industrien sehr nachteilige Abschluß des französischen Handelsvertrages, die Verzögerung der Verhandlun gen mit den österreichisch-ungarischen Nachfolgestaaten, bcunrubigende Gerüchte aus Holland, eine Belebung des Fcrligwarcncxportes kaum zuiicßeu. Die im Lause des Jahres sich fortschreitend geltend machende Besserung hatte ihre» wesentlichen Grund daher in der K a u f- krast des I n la n d m a r kt e 8 . die sich schon bald nach dem ersten Vierteljahr mebr und mebr zeigte. Nach den in der „Säckstschen Industrie" regelmäßig veröft'ent- llchien sächsischen Konjunkturberichten war kckon im ersten Halbjahr die Produktion an Nobstabl und Walzcjse n um unge fähr 33 Vroticnt gegenüber der gleichen Zeit des Vorjahres gestiegen; eine gleiche Steigerung verzcichnetc !m ersten Halbjahr der Rciii-.n- gang von Wohnungen. Die erlisten Bau Grsg-ck» ft,- G-tzen ans eine kommende starke Bautätigkeit schlichen. Die Vraunkoblenzewiiinnag wies erheblich böbere Fördcrzahlen auf. Der Giroverkcbr der ReickS- bank zeigt bis zum November eine beträchtliche Zunahme der Um- t.riprig uncl Umgebung Zur milleldeulscherr Fraae Halle, 31. Dezember. Aus der Dcnkschrist des Landeshouvtmanns Mitteldeutsch land aus dem Wege zur Einheit sei nachstehend einiges Zahlen material zur Mitteldeutfchen Frage mitgeteilt. Ein interessan te'- mittelbarer Beweis sür die SchwierigkeUcn. die durch die Staatsgrenzen in Mutcldcutschland von jeher bestanden, liegt in der Auf-ählung der mitteldeutschen Staatsverträge seit 1813, die zehn Seiten der Denkschrift füllen. Ueber hundert E i s e n bo h n ve r t r ä ge mußten geschlossen iverden um das preußisch-hessische Eisenbahnnetz über das mit'eldentsche Geb-et führen zu können. Die Gren-Iänge der 49 nfttteldeutschen Exklaven beträgt über tausend Kilometer, die der Provinz Sach- Tic Konkurse waren im ersten Halbjabr gegenüber der glei> chen Zeit des Vorjahres auf ungefähr die Hälfte zurückgegan. g e u. Sie nahmen bis um die Mitte des Jahres auch weiter ab. Leider konnte aber dieser niedrige Stand am Jahresende nicht mehi aufrecht erhallen werden. Vielmehr wuchs ihre Zahl infolge der wel, ter unten zu crör'erndcn Kreditmaßnahmcn wieder beträchtlich am Jahresende a». Die in der zweiten Johrcsbä'stc sich deutlich bemerk bar mack.-nde Koniunkturheiacrung ging jedoch unter einer, das all. gemeine Wirtschaftsleben stark beeinträchtigenden Krisis dcsVer- trauens ln die Berechtigung dicker Konjunktur wie unserer allgemeine» Finanzlage vor sich. Sic war zum Teil durch die Unstetiakeil in der Diskontpolitik der Ncichsbank, insbesondere durch die Schivaukungen in der ersten Jahreshälfte, wie durch die damalige Ausgabe der Reicksauleihc und die damit in Verbindung stehenden Krediterschwerungen veranlaßt. Mil dem Konjunktiira». stieg stieg die Notenausgabe und führte zu weiteren Krediteiiftckräu- knngen. denen bald ein starkes Mißtrauen in die allgemeine Lage un serer Wirtschaft folgte. Die Beunruhigung, die durch die Maßnahme der Reichsbank wie auch durch die fortwährenden Diskussionen über die Berechtigung der Ausländsanleihen, wie schließlich durch den Briefwechsel des Reparationsaaeiiten mit dem RcichSsinanzministe- rium, und die Erörterung der Priorität der Dawcszablungen gegen über den Zinsen ausländischer Anleihen in die Wirtschaft hiiieinge- tragc» wurde, tvar durchaus geeignet, die fttesundung unserer wirt. schastlichen Verhältnisse zu beeinträchtigen, zumal diese »och i» einem starken Maße sich auf der Grundlage von Auslandsgeldcrn vollzog und die deutsche No'-stoffversorguna mangels eigener Rohstoffe Re servoire im Auslände in stärkster Weise durch dortige Preisschwan kungen beeinflußt wurde. Die wcftere Ankurbelung unserer Wirtlchaft ging danach zn-ar über eine Stärkung des Auslandsmarktes vonstaftcn, lübrie aber man gels eigener Ersparnisse wie zuweitgebender sozialpolitischer Maßnah- inen und sich weiter steigender inländischer und ausländischer Laste» zu einer bedenklichen Verteuerung unlerer Produktion, die Infolge dessen jene Grenze überschritt, die zur Mdeckung der deutschen NuS- landsvcrpfltchtiingen durch einen entsprechenden Eiport hätte inn» gehalten werden müssen Der intensive Wille zur Ralionalisieriinz und die fortschreitenden Maßnahmen in dieser Richtung konnten dich ungünstigen Wirkungen der von außerhalb in die Wirtschaft einwiv kendcn Vorgänge nicht in vollem Umfange auSglcichcn. Das kommende Jalir wird uns vor die Ausgabe stellen, dl« hieraus erwachsenden Gefahren, die bereits seit langem in ein aku-cg Stadium getreten sind, z» beseiftaen. um der gegenwärtigen inter nationalen siiiaiizwirtschaftl.cken Verflechtung der deutschen Wirtschaft mit dem Auslände u ebr als bisher eine Verflechtung im Waren- und Leistungsverkebr an die Seite zu stellen. Bei der Beurteilung dieser Ausgabe wird es ober notwendig sein, auf säiiacre Sicht zu Handel», und von der Voraussetzung auszugc« Heu. daß die uuS im letzten Jahrzehnt unseres Ziisammcnbnichz er- wach'enen Wicderausbaulasten nicht Innerhalb weniger Jahre odc« im Lause einer Generation behoben werden können. Unsere Laie gleicht noch durchaus der eines Reko.iva.eZ- zcnten, dessen Wiedergcnesung nicht durch eine allzu piotzftcke Ab tragung der aus ccm Zusammenbruch und der Gesundung entstande nen Last:» innertialb eines zu kurzen Zeitraumes gefährott werte» darf. scn 8468 Kilometer, Di« Exklaven umfassen 80 000 Hektar. s>« kleinste etwa 10, die größte 70 060 Hektar, die kleinste Hai ke-nen Einwohner. Achtzig Jahre '.wisckeiislaatlicher Verhand lungen waren notig, um über di« Umschulung von zehn Torf. Kindern aus dem Kischlitzcr Ländchen zu einem — negative» Resultat zu kommen. Ueber 3000 Gesetze und Verordnungen wurden in Mitteldeutschland erlassen, die als überzählig gelte» können, wenn man auf dem Standpunkte steht, daß Rechts- einheit anzustrebcn sei. Der Steuerfachmann sür den Braun. Kohlenbergbau muß 12 preußische, 22 anhaltische. 13 thüringisch«, 5 sächsische, 6 braunschweigische, zusammen 61 Gesetze und Ver ordnungen beherrschen, wenn er die steuerliche Belastung d«i mitteldeutschen Vcrgwerksindnstrie beurteilen will. Der Ver. kehrstachwann muß das verschiedene Gebietsrecht der achl früheren thüringischen Staaten, die Wegeo'-dnungen der betei ligten preußischen Provinzen, dazu die Wcgercchle der Frei, stactten Sachsen, Braunschweig und Anhalt kennen Es aibt aber memaden, der diele Ausgaben bewältigte. Diese Zahlen. icwe Der sibirische Expretz Ein Roman aus der Inflationszeit. Von Frank Heller. Erstes Kapitel. Iss etwas los in Danzig? i. Tiefer Versailler Friede ruhte über Europa, Asien, Afrika rnd Australien: Valuten rasselten bergabwärts; Politiker wurden »rmovdel; Bevölkerungen starben Hungers; die halbe Welt ttes rmck Waren, und die halbe Welt ging arbeitslos; man führte Krieg im Ssten, Süden und Westen. Polen führte Krieg gegen Litauen; Rußland führte Krieg geaen Polen; Rumänien bedrohte Ungarn; Ungarn bedrohte Oesterreich; Jugoslawien sagte: Halt den Mund zu stallen und Italien sagte: Halt fftber den Mund zu Jugoslawien. — Tiefer Friede rubtc wie gesagt über der ganzen Welt (mit Aus nahme von Amerika das sich die Seonnnacn des Friedens verbeten batte) als ein blonder Herr an der Küste von Rügen ans Land stieg. Er war schwedischer Kandidat der Medizin, aber wenn man ihn, wie er da in Saßnitz ans Land stieg, mit einem Bilde charakte risieren wollte, kan» ke>n Vergleich besser passen, als ein Dcrolcich mit Vater Noab. SUs Noab aus der Arche stieg, da ergrift das Aller und der Zweifel aufs neue Besitz von der Erde die die Sintflut ver gebens z» erneuern gesucht hafte. Ifts Gerdt Lvman über den Lan- duiwsstcg in Saßnitz oing nnd de«, Fuß aul Deuftchlands Erde setzte, da stiegen auch das Alter und Mr Zweifel in dem vergeblich ver heerten Europa ans Land Der Patriarch, der die Erde Im Wasser untergeben gesehen batte, konnte sich nickt sscvtlscker gegen die Zu- kunst der Menschheit verhalten, als der Mediziner, der die Erde in Blut mftergehen geftben hatte. Er war den Jahren nack nicht alt. wohl aber, wie er hoffte, dem Sinne nach. Sckon als Gtmmasiast in der Schule batte er i-en Standpunlt des lächelnden Zweifels an genommen; Klasse sür Klasse hatte» ihn seine Zeuaiftsse dabln ge bracht, sich Immer skevsifchcr zu der Mönlichkcit zu stellen, d'e Welt- räftcl zu lösen, und I» ihm den Grundstein zu der Anschauung gelegt, daß alle Anstrengungen unnük und sinnlos sind Fünftebn Jabre Ilniversit 'tsideen trnoc» das ihre dazu bei. diese Anschauung zur Reife zu bringen. Aber drei Dinge verttefteN sic. Das erste war der Weltkrieg, die Dankcrottcrklärung der Menschheit. DaS zweite war der Umstand, daß ein Beiter von ibm und nicht er selbst die Volks küche der Stadt erheiratete und sich dadurch weitere unnötige An strengungen ersparte Das dritte, worauf er selbst das Hauptgewicht legte, waren seine psychiatrischen Studien. „Glauben S-e mir als Neruenspettalisten". pfleatc er zu saacn, das ganze Westküsten, ist eine TMiaiisbli-iiftakic: alle Menschen sind verrückt; was wir in einen vieriiuduvanziokarätlg vernüuktisen Men schen nennen, erllliert nickt — Macke dick mit dem Ebarakter der manodcprcssivenGcistcskrankhc'ttn vertraut, diekenKrankbeit'-n. die ein Kreislauf von übertriebener Freude über ein Nickis und übertriebe nem Cckmerz über ein Nicki? sind, dann wirst du verkleben, daß w'r alle miteinander an einer solcken Krankbcit leiden. Wir freuen uns über idiotische Klciniakeitc». ein Eramen. das wir bestanden, einen Wechsel den wir gezogen haben, oder w'r trauern, wenn sic m'ß- lnnncn sind — iss das etwas anderes, als wenn die Wahiisiiiniaen Im Irrenhaus sick über Gllis'ckerben und Vavier'ct-cken die Hände reiben oder vor Sckmerz beulen, wenn man sie ihnen weonimnit? — Nein, der ganze Weltverlauk ist nickis anderes als eine Geistes krankheit. Gegenwärtig durck'anken wir das depressive Stadium, weil mir einen Wel'ki-leg gehabt k-iben aber eS lieat kein Grund vor, einen Weltkrieg feierlicher zu nehmen als andere Dinar. Nack ciniaer Zeit freuen wir uns ebenso sinnlos über iroendttwas. Alle Anstren gungen sind gleich sinnlos. Ein Achselzucken ist meine einzige Geste für das Dasein." Zuweilen ries dieser graße Skeptizismus eine acwikke Bcänasti- auna be> jenen Personen hervor, die seine Weckucl trassierten, aus Furcht, sich konst in keinen Augen lächerlich zu machen; eine Unter schrift darf ja am allerwenigstcn feierlich genommen werden. Dan» lächelte er »ackkicktig und sagte rätselvoll: „Ein Skeptiker, wie ick kann an der Moral aller Handlungen zweifeln, aber eine unworali'cke Handlung kann er nicht begehen, weil er es nicht der Mühe wert findet." Zuweilen driftete jemand den Wunkch an. daß er sich lieber der Idiotiscken Freude über cs» Eramen das er bestanden, anstatt über einen Wechsel, de» er gezogen, hingcbc» möge. Dann antwortete er kurz: „Da alle Anstrenaunaen sinnlos sind, kommen sie immer noch sri"ck genug, und cs liegt kein Grund vor, sic zur Unzeit zu unler- nchmcn." Im übrigen war er bochausgesckossen. hatte einen etwa« runden Rücken und ein dünnes, verkniffene« satiri'cke« Lächeln. Er publi- ziefte die Größe seines Weckselporleieuilles nicht in den Zeitungen nach der Art der Banken, aber er bättc es tun können, obne die Augen niederschlaoen zu müssen. Di« einzigen Dinge denen er einigen Wert zucrkannte, ivarcn das Großhirn, gutsitzende K'eidcr, gutes Essen, Kredit und (tu Uebercinflimmung mit Noah, mit dem er früher verglichen wurdet nute mreinniarken. ll. Eni Dom sicht da mit sliimvfen Türmen und einem Boden, den dreißig Generationen holperig getreten haben: grüne Kanäle kreuzen geschlängelte Siratzen mit Giebelhäusern an Giehelbäukern In iiiiendlichcr Serie. Karnsvcicker erbeben die Tavirvrosilc zu e'nem moirierten Himmel; ein Hasen rasselt von An'crttiien und dräbnt von Hammerkäftä-en: bunderltährige Handelshäiiiel ivinncii Fäden nach Osten und Westen; in alten Patrlzierkälcn glücken die Gold- sedertapcten in der Abend-onnc: ksnae Männer mit selnfühsigen Nasen verkosten Liköre d'e sic an? tzkniucraiizeii und Ggltzssgcken ge braut haben: — das ist Dauzia die Königin der Weichsel, eine Stadt, die nie an sscb selbst aczwcisclt bat. Viele baden um den reichen, mächtigen S'avclvlatz kür Ostciirova gekämpft. Schweden Polen nnt Frainoscn. «her nur einmal ist sie mit Geinait erobert worden und wer sie damals eroberte, batte ziwor halb Europa erobert. tzU? ft« im Versailler Frieden die Freie Stadt Danzig wurde, wurde sic es zum dritten Male, obne den Elmraktcr zu ändern Außer ibrcni Reichtum, ihren Traditionen und ihre» alte» Kgnfmaiiiisgescklcchtcrn hat die Swdt Dornig im gegenwärtigen Augenblick »ock eine besondere Verübmtbeit: Pro'cffor Oskar Freu» dentbal. Professor Freiidculbal ist Nervenarzt. Er weiß alle? übn alle Arten von Geisteskrankheiten. Der Olucriilaiilismus ha! sür Ib» keine Geheimnisse. Er liest den Edaraktcr der Menscken au? ihre» Träumen. Er sammelt selt'ame WaAivorstelluugcu. wie andere gif tige Orckidcen sammeln. Sein Rift dringt bis In d^e Eptentiftänder. In England w'rd ossen eingestandcn. daß Vrekessor Frcudenckal, obgleich er ein Deutickcr ist. wie keiner i» das We'en des Irrsinns eingcdrnngcn sei. — Warum obgleich er ein Deuttcher ist? slüsiern «sie Variier Zeitungen boSbast: warum nickt weil? Ein Land mtt wlcken Lcn'ern muß der ideal« Lttt setti. um Ge!stcssrank'''eiten zu studic'-en. Aber wenigstens eine von allen, le Kaisers Geisteskrank heit (lügen die allermaliziftscsten hinzu) surfte Monsieur Freudeifthal dock immer ein Rätsel bleiben — Allcrböchstoessclben krankhaft« Rcisekucht. Damit spielen die boshaften Zeitungen aus eine Eigenheit voo Professor Frcudenthal an. die allbekannt ist. Wie Professor Kant sick seinerzeit weigerte i'ckcr Königsberg binauszi'gcbcn weiactt sick Prskessgr Freiidenthal über Danzig kun- -'Uszugchcn. Er verläßt sein Han? am Gr-'ben setze» Tag um neun libr, um seinen Morgeiftnattergang zu macken aber dieser Spazier gang gebt nie über das Gebiet pan Danzig hinaus und er gctt nie bi? zum Babickos. Nickt einmal der Fnckliiig weckt in ibm irgend welche Rei'cträumc. und wenn, so sind sie nur Gegenstand seine- psyckcwatlnscheu Fachintcrcsses. Diele Ge^chichtt ist unter anderem die Geschichte, wie Professor Frcudenthal rund >"« die Erde reiste, ohne Danzig zu verlassen. (Fortsetzung iolgt.)
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