Volltext Seite (XML)
Eine Sechzehnjährige von heute Die Aussagen Kilbe Schellers im Morbprozeh Krantz Der zweite Derhandlungstaa begann mit der Fortsetzung ver Vernehmung der Hilde Scheller, deren Aussagen nicht nur für die Beurteilung der Schuld des Oberprimaners Krantz von einschneidender Wichtigkeit ist, sondern auch in das Milieu, in dem diese frühreifen halben Jungen und Mädchen aus gewachsen sind, erschreckend deutlich hineinleuchtet. Bon ihrer Freundin Ellinor will Hilde Scheller für Paul Krantz interessiert worden sein. „Er sollte auch schöne Gedichte machen können und auch hübsche Geschichten schreiben" (wir kennen ja diese schriftstellerische Betätigung des jungen Krantz. dessen markantestes Gedicht „Mord" ja sogar in die Anklage hineingrarbeitet worden ist). Hilde erzählt weiter, daß sie Mitleid mit Paul gehabt hätte, weil er sich zu Hause nicht glücklich gekühlt hätte. Auch hätte sie ihn gerne betreut, seine Sachen in Ordnung gehalten. Sie hätte ihn sehr gerne gehabt. Die Verteidigung kämpft noch immer um die Glaubwürdig keit der Zeugin Hilde. Lin Antrag von ihr, di« Polizeirätin Wiking als Zeugin über ihren Eindruck von der Glaubwürdigkeit der Hilde zu laden, ist vom Gericht angenommen worden. Auch Polizelvizepräfident Weih soll als Zeuge erscheinen. Er soll bekunden, datz Hilde zu ihrer ersten Vernehmung am Tage nach dem Tode ihres Bruders und ihres Geliebten tänzelnd, lächelnd, direkt freudig und strahlend hereingetreten wäre, datz sie eine Sicherheit zur Schau getragen hätte, wie er sie noch nie erlebt hätte. Datz er einen geradezu erschütternden Eindruck der Ünglaubwürdigkeit des Mädchens gewonnen hätte. — Auch gegen die Mutter Scheller wendet sich die Verteidigung. Frau Scheller soll vor dem Eerichtssaal versucht haben, trotz strengen Verbotes Hildes Freundin Ellinor über ihre Aussagepslicht sachverständig zu „belehren". Dann endlich kann die Zeugin Hilde zur Schilderung der Vorgänge in der Mordnacht kommen. Sie stand am Abend an einem Fenster der Schellerschen Stadtwohnung, als sie ihren Bruder Günther mit Paul Krantz daherkommen sah. Unten aus der Straße ging Hans Stephan, oen Hilde sich zum Rendezvous bestellt hatte, aus und ab. Als Hans den früher befreundeten, jetzt bitter verfeindeten Günther sah, trat er hinter ein Gitter So kam es, meint die Zeugin, datz Hans wohl den Günther, aber Günther nicht den Hans gesehen hat. Hilde hat sich dann, während Günther und Krantz die Wohnung aufsuchten, mit Hans Stephan etwa eine Stunde im Hausflur unterhalten. Aus Wunsch ihres Bruders ist sie dann gegangen, um ihre Freundin Ellinor abzuholen. Hans brachte sie aus den Weg, und zu dreien kamen sie zurück in die Wohnumg, Hilde versteckte den Hans zunächst in einer neben der Wohnungstür "gelegenen Kammer. Günther Scheller und Krantz saßen im Eßzimmer. Plötzlich ist dann Günther Scheller allem sortgcgangen, Run waren die vier, Hilde, Ellinor, Krantz und Stephan, allein in der Wohnung, Ellinor konnte nicht bleiben, weil sie nach Hause mutzte. Krantz erklärte, daß er bleiben wolle, und so bat Hilde auch den Stephan, dazubleiben. Als Günther Scheiler ebenso plötzlich, wie er davongelaufen mar > ' ' - > wurde von Hilde ehrenwörtlich verpflichtet, ihrem Bruder nichts von der Anwesende,t Stephans in der Wohnung zu sagen. Bruder Günther und Krantz hatten die ganze Rächt hindurch, ohne zu schlafen, in der Küche gesessen. In der Morgen dämmerung, als Stephan den Plan erwogen halte, durch das Fenster hinauszukommen, Hilde aber diesen Plan wegen des etwaigen Aussehens bei der Nachbarschaft verworfen hatte, krachte in der Küche ein Schutz, Hilde eilte hinaus. Sic fand die Küche voll Ziaarettenaualm. aus dem Tiick standen leere Obstwetnslaschen "und Gläser. Dazwischen lagen voNbeschriebem Zettel (die Abschiedsbriefe des Günther Scheller und P„»l Krantz). „Wohin habt ihr geschossen?" fragte Hilde, „In die Tür", sagte Günther. „Beinahe wäre ich getroffen worden", sagte Krantz. Hilde ging zurück zu Stephan und sagte ihm: „Die schießen nur zum Spatz". „Na. ich danke schön", argwohnte Stephan. Und er hatte recht, denn jener erste Schuß miss Geratewohl war nur der Auftakt zu der nun folgenden Bluttat, Als die Vernehmung der Zeugin an die näheren Begleit umstände der Tat rührten, erlitt die Zeugin plötzlich einen Schwächeanfall, der eine Pause erzwang. Ursache dieses Schwäche- anfalls war neben der allgemeinen Erschöpfung nach über zwei stündiger Vernehmung ein Beweisantrag der Verteidigung, einen Wirt zu laden, der bekunden solle, datz die Hilde Scheller einen Tag vor dem Verhandlungsbeginn dieses Prozesses in seiner Tanzdiele getanzt und von ihm wegen ungebührlichen Benehmens aus dem Saal hätte gewiesen werden müssen. U, Die Bluttat selbst schilderte die Zeugin nach Wiederaus nähme der Verhandlung im ivesentlichen übereinstimmend mit den Aussagen des Angeklagten. Es sei alles in wenigen Minu ten vorübergegangen. Beim Betreten des Schlafzimmers habe sie zunächst geglaubt, Krantz habe ihren Bruder erschossen, Lie habe dann den Revolver versteckt, um Krantz abzuhalteu, sich auch noch zu erschießen, Krantz, Ellionore und sie hätten dann eine Verabredung getroffen, und nach dieser Verabredung hätten sie vor der Polizei zunächst falsche Aussagen gemacht, « In der N a ch m i t ta g s s i tz u n g wurden eine Reihe weiterer Zeugen vernommen. Dr. Freund, der Hausarzt der Familie Scheller, schilderte die Auffindung der LeiciM, Krantz habe ihm den Eindruck eines kalt berechnenden Men sche» gemacht. Er habe ihn angesichts der Leichen um nur Zigarette gebeten. — Studienrat Dr. K l a b o w , der Klassen lehrer von Günther Scheller und Paul Krantz schilderte Krantz als einen begabte», aber leichtsinnigen und flüchtigen Säüiler, Günther Scheller sei ein sehr verschlossener Charakter gewesen, der sicher iveniger leicht zu beeinflussen war. als Krantz, Der Berliner Polizei-Vizepräsident Dr, W eise schilderte den Eindruck, den er bei der ersten Vernehmung der Hilde Scheller hatte. Sie sei ganz unbefangen, liebenswürdig und beinahe kokett erschienen. Er habe bei der Vernehmung den Eindruck gehabt, daß Hilde Scheller ein autzerovdeiillich unglaubwürdiges Geschöpf sein müsse, — Die Polizei- rätin Wieking bestätigte diesen Eindruck, Es sei ihr nach kein junges Mädcben vorgekommen, daß so wenig von der Tragik der Ereignisse berührt worden sei. — Hilde Scheller ver suchte den Aussagen der beiden Polizeibeamten in einzelnen Punkten zu widersprechen, mußte aber auf die Vorhaltungen des Vorsitzenden ihre Aussagen korrigieren, — Als letzte Zeugin wurde die Lehrerin von Hilde Scheller, Fräulein Fried lä». der vernommen, die Hilde Scheller als ein sehr burschikose» Mädchen bezeichnete. Die Frage nach der Wahrheitsliebe de» Mädchens könne sie nicht beantworten, da sie keine Gelegen heit gehabt habe, in dieser Richtung eine Prüfung anzustellen. 1SS6 fällig. Di« aus de» Steuerbescheiden ersichtlichen Termins beträge sind innerhalb einer Woche an die zuständigen Kassen- stellen abzusühren. Noch Ablauf dieser Frist beginnt das Mahn verfahren. : „Praktikum" d«S Verbandes für Iugendhilfe, ZirkuSstvatze 8, 1., am Dienstag, den 14. Februar 1928, nachnültags 5 Uhr (17 Uhr) im alten Stadtverordnetensaal. Londhausstratze 7, 2,, sechzehnter Vor tragsabend: Herr Amtsgericbtsdirektor Dr. Ne» mann (Vormund- schciftsgcricht): Der Vormundschastsrichter als Erzieher, f.eij>rig uncl Umgebung Der Kaushattplan 1928 Leipzig. 11. Februar. Der Gesamtrat genehmigte in seiner Sitzung vom 10. Fe bruar den vom Finanzausschuß in mehreren Sitzungen vor beratenen Entwurf des Haushaltplans der Stadt Leipzig für da» Geschäftsjahr 1928, der in Einnahmen und Ausgaben mit rund A4 Millionen Mark gegen rund 194 Mil lionen Mark im Geschäftsjahr 1927 adfchlieht. ) Fllr 21000 Mark Stoffe gestohlen. Das Große Schöst- fengericht Leipzig verurteilte den kaufmännischen Angestellten Richard Schmidt wegen schweren Diebstahls und Betrugs zu einem Jahr neun Monaten Gefängnis und drei Jahren Ehren- rechtsverlust, den Handlungsgehilfen Hugo Schulze wegen der gleichen Verbrechen zu sieben Monaten Gefängnis und die kauf männische Angestellte Charlotte Köhler wegen der gleichen Ver brechen zu drei Monaten Gefängnis. Der Handlungsgehilfe Karl Bär wurde von der Anklage der Hehlerei freigesprochen. DI« Angeklagten, soweit st« verurteilt wurden, sind jahrzehnte- lang in großen hiesigen Firmen angestelli gewesen und haben großes Vertrauen genossen. Dieses Vertrauen haben sie dadurch getäuscht, daß zunächst der Schmidt an eine Lieferantenfirma seines Arbeitgebers fingierte Bestellungen leitete, die auch aus geführt wurden. Di« Waren verklopft« er zu 40 Prozent ihres Wertes. Bald wurde di« Köhler in diese Praxis eingeweiht und schließlich der Schulze, der lm anderen Geschäft tätig war und der die Betrügereien entdeckt«, sich aber alsbald an Ihnen beteiligte. Lemelnrie- unE Vereinsveren Archipresbyterat Plauen i. B. Donnerstag, den 1«. Februar, nachmittags 2 Uhr. Konferenz im Pfarrhaus«. Leipziger Sender Sonntag. 12. Februar: Y.30—9,00 Uhr: Orgelkonzert aus der Leipziger Matthäi- Kirche, (Organist: Max Fest.) 1. Felix Mendelssohn- Barlholdy (1809-1847): Sonate (D-Moll), op, 66. Nr, 6. über den Choral „Vater unser im Himmelreich". — 2. Franz Liszt (1811—1886): Präludium und Fuge über B-A-C-H. 9.00 Uhr: Morgenfeier. Mitwirkende: Kammersänger Alfred Stephani (Gesang), Paul Heber (Posaune), Dr. Sigfrid Karg- Elert (Harmonium), am Bliithner-Flügel: Friedbert Samm ler. 11.00—11.30 Uhr: Hans-Bredmv-Schule. Vortragsreihe: „Das freie Arbeiterbildungswesen in Mitteldeutsclfland." 1, Bor trog. Martin Lohie: „Das Arbeiterdildungsinstitut Leipzig (20 Jahre A. B. I.)". 11.30—12.00 Uhr: Hans-Bredow-Schule. Vortragsreihe: „Der Geist des 19. Jahrhunderts." 5. Dortrag. Prof. Dr. Ernst Bcigmann von der Leipziger Universität: „Die realistischen Grundlagen". 12.00—13.00 Uhr: Musikalische Stund«. Die Dresdener Rund- funkkapelle. Dirigent: Gustav Agunt«. 16.00 Uhr: Wichtiges aus den Wochenereignissen. 16.46—16,00 Uhr: Sprachecke des Deutschen Sprachvereins. 16,00—17,00 Uhr: Chorkonzert. Der Iakobi-Kirchenchor (Chem nitz). Leitung: Prof. Franz Mayechoff. 17.00—17.30 Uhr: Heinrich Zerkaulen, Dresden: „Eine Fahrt durch den rheinischen Karneval von Düsseldorf bis Mainz". — Anschließend: Uebertragung aus der Oeffentlichen Karne valistischen Fremdensltzung des Mainzer Karnevalvereins aus der Etadthall« in Mainz. 1S.30 Uhr: Schwedischer Abend. Mitwirkende: Wilhelm Mal- ten (Rezitationen), Dresdener Streichquartett (Fritzsche, Schneider. Riphahn, Kropholler). Flügel: Rönlsch. 22.00 Uhr: Sportfunk. 22.30— 0,30: Taii'musik. Uebertragung aus Berlin, Dr, Becces Gloria-Symphoniker. Montag. 18. Februar: 16.00—16,30 Uhr: Deutsche Welle, Berlin, Studienrat Bölcker und Lektor Claude Grander: Französisch <Kultt>rkundlick>- literarische Stunde). 16.30— 17,66 Uhr: Konzert der Dresdener Rundfunkkapclle. Dirigent: Gustav Agunte, 18.00—18.65 Uhr: Deu'.sche Welle. Berlin. 18.00—18,30 Uhr: Maschinenbauoberlehrer Vehr: Technischer Lehrgang für Facharbeiter und Werkmeister: Spanlose For mung. 18.30— 18.65 Uhr: Sludienrot Friede! und Lektor Mann: Eng lisch für Anfänger, 19.00—19,30 Uhr: Bortragsreihe: „Friedrich der Große". 1. Vor trag. Prof. Dr. Erich Brandenburg. 19.30— 20.00 Uhr: Vortragsreihe: „Einführung in die Pho netik der deutschen Sprael-e". 4. Vortrag. Prof. Dr. Otto Bremer, Halle: „Die Einzelloute. a> Die Konsonanten", 20.16 Uhr: Aus dem Wirrsal des Lebens. (Ernste Prosadichtung,) Mitwirkende: Harry Langewisch vom Alten Theater und Gertruds Langselder vom Leipziger Schauspielhaus (Rezi tationen). 21.16 Uhr: Heileres Konzert. Das Leipziger Rundfuvl>."w>->w»- Dirigent: Hilmar Webber, 22.16 Uhr: Pressebericht und Sportsunk. 22,30 Uhr: Tanzmusik, kaiSio-Wsrrkv Lutz« appsr»»« unrl prim» ruvvkür ru billigsten Preisen (urMiseke, . Vrercßen kl liönigsbrllcker 8tr, 26 Der sibirische Expretz Ein Roms« au» der Inflationszeit. Von Frank Heller (Oop/rigkl by Georg Müller, Verlag München) (35. Fortsetzung.) „Sie hoben gesagt", fuhr Brandstedter fort, „daß du ihrem Hund den Kragen umgedreht hast." „Der verteufelte Hund! Ja, das ist die größte Leistung, die ich vollbracht habe, seit Ich hrrauskam. Du wirst zugeben, datz meine Hosen die Fasson verloren haben? In der letzten Sekunde er wischte ich ihn beim Halsband und drehte ihm den Hals um. Ich hasse Hunde Der Hund ist da» einzige Tier, das andere Wesen aus ebenso gemeinen Motiven angretft, wie der Mensch. Gott sei Dank gehören die Hosen nicht mir, sondern einem Irrenarzt, und die Fetzen kamen mir gut zupatz, als ich meinen kahlköpfigen Freund hier traf!" Siegfried Brandstedter griff sich an den Kopf. „Ich kann es nicht glauben, datz du wahnsinnig bistl Ich will es nicht glauben! Aber du sprichst so sonderbar, daß mir der Kopf schwindelt. Wer ist der kahlköpfige Nlann in deiner Gesellschaft? Warum verwendest d» seinen Mund als Aufbewahrungsort für deinen zerrissene» Anzug?" „Das ist ein alter Bekannter, Ich traf ihn vor deinem Gar ten, Wie ich konstatierte, zwang ihn sein Kassenzustand, zu Fuß von Danzig nach Zoppol zu gehen. Er stand still und starrte dich so träumerisch an, als glaubte er, dein Gesicht sei der Vollmond. Ader als er sich umdrehte und mich erblickte, da vergas, er zu schwärmen, das kannst du mir glauben. Ich konnte kaum die Finger in seinen HalS stecken, gluck, gluck, sagte es. Das übrige weißt du." „Aber —" „Jetzt sage ich kein weiteres Wort mehr, bi» du mir zu essen gegeben hast. Ich brauche wenigstens zwanzig belegte Brötchen, Hast du Wein im Hause? Aber wecke die Dienerschaft nicht." V. Al» Siegfried Brandstedter» Gast über die Brötchenfchüssel herfiel, erinnerte er am ehesten an jene Blitze, di« vom Himmel fielen und die Opfer auf den Altären verzehrten Der kahlköpfige Mann mit den versiegelten Lippen sah mit vor Neid tränenvollen Augen zu. Brandstedter »»artete, bi» die Schüssel «ahezr leer war. „Jetzt wirst du mir vielleicht eine Erklärung geben", sagte er. „Du mutzt bedenken, datz ich dick seit sechzehn Jahren nicht gesehen habe. Das letzte Mal war es. als ich als unverbesserlich nach Lon don geschickt wurde. Ich Hörle von zu Hause, datz du dich deinerseits anließcst, ein ebensolcher Taugenichts zu werden wie ich." „Ach, so gut war es nicht." „Dann Hörle ich, datz du einmal ums andere rund um die Erde reistest. Wenn du zu Hause warst, sagte man, datz du das Haus deines Vaters nach irgendeiner sonderbaren Idee umbautest." „So, das hast du gehört?" „Ja, Aber als ich wieder hrimkehrte, es >var unmittelbar vor dem Krieg, wußte niemand einxis von dir. Einige behaupteten, datz du im Frühjahr 1914 zu Hause gewesen und wieder weggrreist seist, andere behaupteten, du wärest an einer traurige» Krankheit ge storben, Dein Vetter Kasimir sagte, du seiest tot. aber vorher hättest du noch das ganze Geld der Familie durchgcbracht," „Kasimir! Weil er »iclner letzten Million nicht habhaft wer den konnte! Weil es mir gelang, sie vor ihm zu retten al» ich merkte, was für Pläne er mit mir hatte. Weil sie in der Erde lag. als er mit Professor Freudenthal kam!" „Mit Freudenthal kam? Eine richtige Million? Ich kann nicht recht folgen," „Eine richtige Million in barem Gelbe. Meine absolut letzte." „Die du in die Erde vergraben hast?" „Hahahaha, ja. justament in dir Erde! Ich sagte: vom Staube bist d» gekommen! Und da liegt sie noch! Reicher goldhal tiger Distrikt in der Erde, den niemand noch finden konnte!" Siegfried Brandstedter kratzte seinen kugelrunden Kops au» allen Kräften. Ein ersticktes Stöhnen kam von dem kahlköpfigen Manne, Er lauschte ihrem Gespräch mit gespitzten Ohre», „Darf ich fragen, wer ist -rr kahlköpfige Herr in deiner Ge sellschaft?" ,Mer er ist? Herr Jakub Jsotzki aus Lwow, zu deiner Ver fügung. Er ist Geschäftsmann so wie du, aber er Ist sein ganzer Leben lang vom Pech verfolgt worden. Nichts ich ihm geglückt, weder sein Lumpensammlerberuf, noch seine journalistische Tätigkeit, noch sein Versuch, mich zu bestehlen." „Um deine — hm — Million?" „Nein, nur um eine kleinere Summe, Das ist auch nicht der Grund, weshalb ich auf Herrn JsotzktS Gesellschaft und Zeit Be schlag gelegt habe. Sondern weil er mich sonst den Menschen ver raten hätte, die hinter mir her waren," „Aber warum waren sie hinter dir her?" rief Brandstedter pchend. „Sage doch dt» Wahrheit I" „Ich l>abe dir schon die Wahrheit gesagt. Sie »rare» hinlcr mir her, weil ich ein gefährlicher, ausgebrochcner Narr bin," Siegfried Brandstedter sprang vom Stuhle auf und prallte vom Boden ab wie ein Gnminibatt, „Ich will es nicht glauben! Ich kann es nicht glauben! Du bist nicht toll, obwohl du so sprichst, daß man es glaube» könnte!" Sein Gast brach in ein intensives, aber lautloses Lacben aus. „Nein! Du hast recht! Ich bin nicht toll. Ich bin nicht toll. Die ganze Welt ist toll! Ich bin aus einem Irrcnlnins aus gebrochen und in ein viel ärgeres geraten. Ein Friede, der die Leute zwingt, zu verhungern, Menschen, die de» Frieden rühmen und sofort bereit sind, ihn ums Geld zu verraten, andere Menschen, -le das Gold verfluchen und nur daran denken, das Gold, dcw sie er gattern können, zu stehlen! Wenn das keine wahnsinnige Well nt, dann weiß ich nicht, was wahnsinnig ist, und ich Hab cs doch schnarr auf weiß, datz ich verrückt bin! Und während man vvm Frieden spricht, führt man überall Krieg! Du bist doch Geschütz smann? Wie kannst d» in solchen Zeile» durchkommen? Das begreife ich »ich!' Siegfried Brandstedter kraule sich den Kops, „Leicht ist sie nicht. Die Welt ist nicht so, wie sie einmal war", gab er zu, „Das Geld sinkt und sinkt, und die Arbeit bringt einem nicht viel Verdienst, Aber alles geht noch an, solange man in einem deutschen Lande lebt und sich nicht von Bolschewickcn oder Pole» regieren lassen mutz. Solange das nicht geschieht, lasse ich nicht locker. Man mutz arbeiten und abwartcn," „Hast du schwerere Mißerfolge gelabt? Wie Herr Jsotzki?" „Nicht besonders schwere , Der Lcdcrcxporl liegt brach, »no die Likörsabrik gebt etwas schwach. Und cttc Rcoicinng bat den giös'lc» Teil der Schisse wcggenommen, »in sie anöziilicscrn, Aber mein Verlag geht gut." „Du hast einen Verlag?" „Ja, und er geht gut." „Ist das nicht eine ivahnsinnigc Welt!" „Und ich habe ein Sägewerk gekauft, uni Papier zu fabrizie ren und Holz für meine neuen Schisse zu liefern. Alles würde ganz gut ausschcn, wenn ich nur meine Werkt in Okrng bringen kümne." „Tu willst auch noch eine eigene Werft bauen?" ..Ja-' Siegfried Brandlstädtcr erzählte von seinen Pläncni von, Wacr stände der polnischen Firma und dem Besuch, den er a» diesem Tage gehabt hatte — dem Besuch des Vetreter- der Firma, wobei man ihm all« Rechte auf den Bauplatz, den er tabcn wollte, «„geboten hatte. (Fortsetzung folgt.)