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Der delannte Reiseschilderer I> Dr. Klotz, heut» Erjabt des Pcnedikliiierftiltes St. Peter in Soltburo jchikoert Im „Neuen Reich" llyrolta-Wien) fortlaufend feln« Andienfahrl, der wir s»I- «enden »ldfchntlt entnehmen. Da ich bei meiner Reise nach Bombay die ganze Ge birgslandschaft der Ostghats verschlafen hatte, fuhr ich wie- sbcr das groteske, szenerienreiche Dergland hinauf, um zu- rich auch den berühmten Karlitempel zu besuchen. Ich stehe vor einem der größten und schönsten Felsen tempel Indiens. Ein eindrucksvolles Werk alter, merk würdige Kunst! Einfach und edel wölben sich die Linien unv strecken sich die Säulen. Stünde nicht der buddhistische Reliqnienschrein in der Apsis, würde ich glauben, in einem ! frühromanifchen Gotteshaus M weilen. — ! Und doch kein Bau — kein Steingefüge! Nur Meißel und unerschöpfliche Geduld haben hier vor mehr als zwei- ! tausend Jahren gearbeitet. Aus dem Felsmasfiv hat man die Riesenformen kühn herausgehauen, Atrium und Por- ! tal, Säule und Kapitell, wie auch die mächtigen Steinbil- ! der der Elefanten, Löwen und Greise. So bildet der Berg Dach und Wände wie auch den filigranen Jnncnbau, und der ganze Tempel ist ein einziges gigantisches Steinmas- fio sonder Fug und Falte, Mörtel und Balken. Der Bau mit all seiner Schönheit lag als Idee wie das edle Gold schon seit Iahrhunderttausenden im Mutter- gestrin verborgen und harrte der Befreiung durch die Hand des Menschen. Endlich kam der schaffende Geist, berührte den Stein der Finger des Künstlers. Der Felsen stieß seine Schlacken ab, und was blieb, erscheint heute uns als das, was sonst der schaffend« Meister durch mühsames Bauen, durch mühsames Fügen von Stein zu Stein, von Ziegel zu Ziegel uns vor Augen führt, als ein Tempel im Fels! Der Granit gehorchte dem höhlenden Meißeldruck, als wäre er weich wie Ton und Lindenholz. Ich dachte an Dürer, der irgendwo schreibt: „Wahrhaftig, die Kunst steckt in der Natur, wer sie Herausreißen kann, der hat sie!" Nirgends in der Welt steht so gigantisch und künstle risch erhaben der Fels im Dienst der Religion, wie hier in Indien. Auch der Nil der alte Tempelstrom, hat nichts aiifzuwcisen, was an die Felsenbauten von Karl!, Ad- schanta und Ellora erinnert. Welcher Fleiß, welch zwingender Geist muß hier ge arbeitet und welch starker Gedanke muß dieses Bergvolk hier oben mit seinen Mönchen einst beseelt haben! Aus senkrechter Steinwand ist der Bau geschnitten und bildet mit seinen Höhlen eine kleine Stadt im Leibe der Felsen! Als Christus den verfallenen Stall von Bethlehem z»m ersten Kirchlein weihte, stand dieser Tempel schon in voller Pracht. Heute ist er öd und leer. Die Götterbilder sind zerfallen, die Priester ausgestorben und kein buddhi stischer Beter pilgert mehr die steilen Pfade herauf. Drunten im Tale winkt auf kleinem Hügel eine Kapelle. Das Türmlein ragt aus buschigem Grün und zeigt den Weg zum Gott der Christen. Ein schwacher, armer Bau, kaum der Schatten des Tempels hier oben, aber er steht auf einem Fels, der noch stärker ist als der Granit von Karli und Ellora, auf dem Geistesfelsen Christi, der auch mit dem letzten Eck der Mell nicht zer splittern wird. Auch konnte ich es nicht unterlassen, den buddhistischen Klosterberg zu Kanheri aufzusuchen. Er liegt mitten auf der Insel Salsette, und der Weg hinauf, der eigentlich kein Weg ist, geht zuerst durch die Dschungel, steigt dann berg an und ist selten begangen: denn unter tausend Indien- fahrcrn ist vielleicht kaum einer, der sich in diese Wildnis verirrt. Es war schon gegen Mittag, als ich den fünfstün digen Fußmarsch antrat. Die Sonne heizte und schürte, als gelte es, ein Regiment Teufel zu backen. Ich kleidete mich so leicht wie möglich, trug frei und offen die ge raunte Brust, bedeckte aber mein teures Haupt mit Kork und Tüchern. Ein Boy und ein Kuli begleiteten mich. Der eine war aus Bagdad, der airdere ein Kind jener Scholle, die ich gerade brennend heiß unter meinen Füßen hatte. Endlich auf der Höhe. Der ganze Berg ein einziges Kloster! Hundertneun Zellen sind mit Kirche, Schule und „Remter" in den Fels gemeißelt. Auch das „Haus" der Novizen war da. Zwölf finstere Löcher münden in einen quadratischen Saal, der nur an der vierten Seite für sich und seine Räume das Tageslicht empfängt. Der ganze Klosterfels verliert sich in steile Schluchten und Klüfte ind ist von rauhem Gewächs bis zum Gesims der Zellen hinauf umsponnen. Ausgehauene Treppen verbinden Klause mit Klause, lehnen aber so kühn an der Wand, als sübrten sie zum Matterhorn oder zum Tiroler „Toten- lirchl" empor. In sechs Terrassen reihen sich die Höhlen. Ein wahrer Dtauenbau, der als „Klosteroerg" in seiner Art und kröße nicht seinesgleichen findet. Aus der Ferne würde man den gigantischen Dachsbau im Innern des Berges nicht vermuten. Und die Einsamkeit! Hart wie der Stein, düster wie der schwarze Schatten der Felswand, öde und kalt wie Totenkammern grinsen die Zetten in den Tag hinaus. Eine Einsiedlerstätte, wie man sie landschaftlich schöner kaum in Italien und Spanien findet. Ich dachte an die Mönche von Subiaco, an die Eremiten von Cordova, und doch kam mir diese Stätte so kalt, fremd und öde vor. Ich suchte hier vergebens die Poesie, die Mystik und Roman tik jener Klöster und fand auch nicht die Anmut des Aszetcnberges Karmel, auch nicht di« Würde und Weihe der Thebais, wo die alten Wüsteuwächter bei Brot und Nilwasser, die Welt verachtend, sich in Gott versenkten. Doch ich darf nicht schelten! Wie ein altes, vergilbtes Sanskritblatt aus der Kulturgeschichte Indiens lag der einst so heilge Berg vor mir, und wenn auch die Liebe nicht im Herzen schlug, so mußte doch Ehrfurcht und Stau nen hier das Haupt entblößen. Vier Stunden weilte ich hier oben, und ein eigen artiges Gefühl kam über mich. Es war nicht Furcht, nicht Angst, aber auch nicht das Gefühl der Ruhe und Geborgen heit. Es wälzt sich zuviel Gift durch diese Felsenftwen, und auch vor wildem Großvieh ist man nicht sicher. Noch vor kurzer Zeit wurde hier ein Tiger erlegt, was um so unheimlicher wirkt, als oft Wochen und Monate vergehen, ohne daß ein Mensch sich diesen Höhlen nähert. Immer und immer wieder blickte ich, Abschied neh mend, zurück zur großen schweigenden Natur von Kanheri und seinem alten Klosterberg. Auf der Bahnstation drunten im Tale entließ ich meine Begleiter, aber nicht, ohne zuvor noch eine klein« tragikomische Szene erlebt zu haben. Ich händigte dem Kuli eine Rupie ein, in der Meinung, ihn damit reichlich bezahlt und beschenkt zu haben. Der indisch« Kuli war wie gewöhnlich nicht zufrieden und lief mir jammernd und bit tend nach. Das sah der Boy. der Mohammedaner aus Bagdad, und kam mir zu Hilfe. Nachdem ich ihm mitgeteilt hatte, wieviel ich dem Kuli gegeben, maß er mich mit so eigenartigen Blicken, als wollte er mir sagen, ich sei der größte Esel der Welt, nahm dem Kuli die Rupie aus der Hand und legte nur den vier- s len Teil davon wieder hinein. Da begann ein Streiten und Zanken zwischen Brahma > Aus dem Znhali. Ergabt Dr. Petrus Klotz-Salzburg: Um Bombay. Maria Jbel«: Wiedersehen. Heinrich Leis: Nächtliche Straße. A. Iwars: Betrogen« Betrüger. Willi Lind« er: Weihe im Wald. und Mohammed, da» sich solange auf der Plattform auf und nieder wälzte, bis Mohammed mit einer nach Mekka schallenden Ohrfeige auf der Wange des Hindu den end gültigen Echlußpunkt machte. Mich erbarmte der arme Kuli bis in die Seele hinein. Er hatte mir so treu gedient, war ein so ruhiger, netter Bursche und hatte mir in der größten Hitze Gepäck und Tiffin getragen. Ich konnte und wollte ihm aber nicht hel fen. da der dumme Kerl mit meiner viermal so großen Gabe nicht zufrieden war und vor aller Welt Spektakel machte. Der schlau« Mohammedaner gab mir dann seine „Er oberung" zurück, di« ich ihm als nobler Sahib aber natür lich wieder znm Dank für seine Treue lassen mußte. Wiedersehen Früher, als Dr. Schön noch unbekannt und unverheiratet war, traf er ihn täglich, den alten Oeftering, in dem kleinen Cafe, wo man von der Kassiererin für zwei Pfennige Trinkgeld gleich ein Dutzend Zeitungen zum Lesen bekam. Viele Monat« sind seitdem vergangen. Große politisch« Prozesse hatten den unbekannten Schön zu einem gesucht«» Ver teidiger gemacht und ihm die Liebe und die Hand der einzigen Tochter eines Großindustriellen geschenkt. Das klein« billige Lass von einst war jetzt vergessen. Nur ab und z» erzählt« Dr. Schön seiner jungen Frau von dem alten, eigenem Oestering, dem Spieß, wie er ihn nannte. Und es gab immer ein lustiges Lachen, wenn er von seinen filz dicken Ohrcnschützcrn sprach, von der kübelsormige» Pelzmütze, dem Muff, den er an einer Kette um den Hals gehängt trug, und dem fettsüchtigen, grindigen, asthmatischen Hund, der durch die Jahre fast taub und blind geworden war. An einem Abend, als das junge Paar im Trokadero saß vor perlendem Sekt, inmitten von violettem Zigarettendunst, der durchwirkt war von feiner Musik, von Gekicher, Geflüster und hitzigen Blicken, halt« die junge Frau den tollen Wunsch, den „Spieß" einmal zu sehen und zu sprechen. Dr. Schön lächelte und führte sein« junge Frau am anderen Tag in das kleine Caft. Auf der Schwelle blieb sic entsetzt stehen und schob das nach Ean de Colognc duftende Taschentuch unter die Nase. Welch ein häßlicher, betender Tabakgeruch sie hier anstel! Dann erst die schrecklichen Leute! Die Männer hatten abgeschabte Röcke wie Bettler. Verstaubte Hüte hingen an den Wänden. Wie ungeniert sich die Kellnerinnen mit den Gästen unterhielten; Dr. Schön entfernte sich, um den Spieß zu suchen an seinem gewohnten Platze. Unendliches Mitleid befiel di« junge Frau init ihrem Manne, der einmal in dieser Umgebung Halle leben müssen, während sie damals noch drei prächtige Zimmer bewohnt« und von einer Terrasse aus den Blick hatte in weiß blühende Gälten. Dr. Schön kam zurück. „Er fehlt feit ein paar Tagen. Vielleicht 'st er krank", sagt« er. „Wir werden den Löwen, in der Höhle aussuchcn," meinte er vergnügt und hängt« sich ein. Am liebsten hätte di« junge Frau widersprochen. Sie hatte ^läeliÜielke 8traüe Wie glänzend gelbe Früchte hängen die Laternen n tiefer Steinschlucht nachtbetauter Mauern; ie Häuser scheinen dämmertrunken sich zu kauern Und senden traumwärts ihre Sehnsucht zu den Sternen. Verzaubert liegt die Straße in der dunklen Starre, Darüber tastend nur der Lampen Lichtschein gleitet; Den Riesenleib von Stein dem Schlummer hingebreitet» Zuckt sie im Schlaf, als ob sie schon des Weckrufs harre. Denn keine Ruhe findet noch das wilde Leben. Das klirrend mit dem Taglärm um die Mauern schallte: Nun spät zur Nacht sein Brausen kaum verhallte, Macht jäh ein Schritt, eiir Ruf die Stille beben. Da geht, noch traumumspielt, ein Flattern durch die Mienen Der grauen Straße zwischen lichtzerfetzten Mauern, Und blinzelnd ihre schlasgetriibten Augen lauern» Ob neu« Unrast kündend schon der Tag erschienen. Lolruckob Lai«. aber Angst, sich mit einem Widerspruch zu verraten, am Ende ihrem Manne wchezutun. Im Auto fuhren sie an Ocsterings Haus vor. Die eintönig blasse, abgcbiöckelt« Fassade hatte viele Fenster mit billige», gestärkten Vorhängen. Wie schmal und abgclaufen di« Korkziehertreppe war! Kinder, die im Etiegcnhnus gc- schrie» und getollt, verstummten, als die Fremden kamen, D'n Pntzkiibel mit schmutzig schwankendem Wasser stand recht unge schickt mitten auf der Treppe. An der Türe war ein spiegeln» gefegtes Messingschild, ein Briefkasten und eine Ziehglocke. Eintönig bimmelte sie. Es dauerte nicht lange, so hörte man Schritte, das Heben des Deckels am Euckloche — und dann wurde die Türe schnell geöffnet. Eine alte Person mit einer Spitzenhaube schaute miß trauisch und recht unfreundlich heraus. „Sie wünschen?" „Kann ich Herrn Oeftering sprechen? Hier ist meine Karte", sagte Dr. Schön. Die Alte nahm die Karte, legte die Türe wieder ins Schloß und ließ das junge Paar draußen im Stiegenhans warten Bald kehrte sie wieder zurück. „Darf ich bitten?" sagte sie jetzt etwas höflicher und sühne sie in ein winziges Zimmer mit deckcnbelcgten Möbel». Wie kalt und unbewohnt dieser Raum war! Nicht ein per sönliches Ding, das einen erwärmen konnte! Die junge Frau fröstelte. Oestering stand plötzlich unter der Türe, in einem Schlos- rock und einem Turban mit einer Quaste ans dem Kopie. „Ich wollte mich mir als neugebackenen Ehemann vor stellen". log Dr. Schön und nahm seine Frau bei der Hand, die ganz erschrocken diesen alten Menschen betrachtete. „Dürfte ich die Herrschaften Herüberbitten ins warme Zim mer?" meinte Oeftering, „ich habe einen Patenten drüben, de'» ich nicht allein lassen kann." Die junge Fra» mär froh, iir die Wärme zu komme». Als sie ins Wohnzimmer trat, sah sie als erstes etwas Din« gehülltes ans dem Sofa liegen, das hüstelte und sich bewegte. „Meinen guten Freund hat vor ein paar Tagen der Schlag getroffen", sagte Oestering, während er Fron Dr. Schön zum Kanapee führte. „Sieh dir diese Dame an, Marko! Es ist die Frau des guten Herrl« von einst, den du immer so lieb gebotst " Die junge Frau fühlte plötzlich etwas Seltsames in sich. Sie nahm die Handschuhe ab und streichelte das tranle Tier und wußte in diesem Augenblick, warum der alte Mansch feit ein paar Tagen im Lass gefehlt. Oeftering hotte den kleinen Eisbeutel ne» gefüllt »»d dem Hunde aufgelegt Die alte Brigitte war ganz leise hercingelonimen und deck,« geräuschlos den Tisch. Und während Schön und Oestering mit einander plauderten, ging die junge Frau tm Zimmer herum und hätte das Gespräch am liebsten alle Augenblicke unter« b-roche», well sie so viel Schönes und Neues sah Ans der bauchigen, glänzenden Kommode stand unter einem Glasdach- lein eine türkisblaue Uhr mit zwei spielenden Kindern. Dann ließ sie sich von einem großen Lehnstuhl umarmen der Polster halte, wie Muskeln. Ei» übermästete. Kanarien vogel piepte und schaute sic mit glänzende» steckiindelgros-.n Augen an. Am Ofen entdeckte sie plötzlich eine >v,picr»e Schlange, dt« sich um einen Nagel drehte. Moronis mi> ge platzten braunen Körperchen knisterten auf der -ore» Ose»-- platte. „Zu einem kleinen Imbiß müssen die Herrschaften aber bei mir bleiben!" sagte Oeftering und holte die junge Frau an den Tisch.