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Sonntag, -en iS. Februar 1S2S 27. Jahrgang Nummer 42 «SeschüstsfteUe, Drucku.Verlag: Germania. A.-G. iür Verlag und Druckerei. Filiale Dresden. DreSden-A. l. Polierllraftcl?. Fer»r»s2wl2. Poiilcheckloiito Dresden Mr Baullanio Ltadtbank Dresden Nr. 6l7ln Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen Volks,ettiina Tresden-Nlisiadl 1. Policiiirahc >7. Zernrin 2V7II und rwl2. Ein zweiter Brief an Len Reichskanzler — Der Reichstag sott erst nach Erledigung -es Notprogramms aufgelöst werden Berlin, 18. Februar. sTiahtbencht.) Fn den Verhandlungen über das Fortarbeiten oder dir AllllölUilg des Reichstages ist heute eine neue Wen» „ n g einarilelc,,. Ter Reichspräsident hat, wie verlautet, a n d r» R eichskanzlcr Tr. Marx wiederum einen Bries gerichtet, in dem er sehr energisch dem Wunsche Ausdruck gibt, die Parteien möchte» das vom Reichs-Kabinett ausgestellte Not- programm unbedingt vor der Auslösung des Reichstages erledi gen. Lee Bries läßt »einen Zmeisel zu, daß der Reichspräsident entschlossen ist, falls die Parteien diesem Wunsche nicht ent sprechen, seine Zustimmung zur Auslösung des Reichstages zu verweigern. Tiis R e i ch s » a b i » e t t ist 12.30 Uhr mittags zu einer L i tz u ii g zusammengclreten. Man erwartet, das; das Reichs- Kabinett mit einer Erklärung an die Oessenilichkeit tritt, ln der zu dem Briefe des Reichspräsidenten Stellung genommen wird. Es ist anzunehmcn, dag das Reichskabinett auch seiner seits einen Appell an die Fraktionen richtet, dem Wunsche des Rcichspränüiiltcn Folge zu leisten. Tie gestrigen Verhandlungen, die in einer ununter-- dto6gn> .! .nette von Kabinetissitznngen und Fruktionsbera- tiiligeu von 1» Uhr vormittags bis mitternachts 12 Uhr ge- r.nn-'. haben, habe» dos erwartete Ergebnis nicht gezeiugl. Eine Cluichr ünng über bas Schicksal des Reichstages ist gestern noch nicht ge lasten. Dabei war bemerkenswert, daß das Kabinett einig -vor, dagegen die Parteien verschiedener Meinung. Das Kabinett hat ein Not Programm vorgelegl. aas den Be- rai.uw.n der Fraktion zugrunse gelegt wurde. De,,, Rolprogramm des Kabinetts stimmte nur die Zen- lnimslraktion voll zu. Die Z e n t r u m s s r a k t i o n hat do- mst als einzige Fraktion der Regierungsparteien bewiesen, das; sie ansrichtig geivillt ist, der Aufforderung des Reichspräsidenten entsprechend die staatsnotwendigen Arbeiten am Etat, so nne das Kriegsschädenschiusjgeset; und die Hilfsmaßnahmen sür dlc standmirtschast noch in diesem Reichstag unter Dach und Fach zu bringen. Dagegen hat die Deutsche V o l k s p a r - tri Kürzungen der vom Reichsiabinelt vorgesehenen sozialen Ä'.m'Mben verlangt. Alts der anderen Seite forderten die ? e 7! s ch n o t j o » a l e n iveitergehenöe Hilfsmaßnahmen iür dir ttandivirtschast. Die weitergehenden landwirlschafUiche» Anträge der T c n i s ch n o t i o n a ! e ii Volkspartei erkläre» sich zum D i voraus, oas; in der bäuerlichen Anhängerschaft der Partei em. bi., n'llint; ciitstandc» ist. der jetzt zur Bildung einer neuen ti'a'.mi geführt Hot. Drei bäuerliche Abgeordnete der deutsch- »alw.iale» Rsichstagssraktion, die Abgeordneten Dübrich. Dorsch uno Hönse sind gestern aus der. Deutschnationalen Volks- pa.7.7 ausgetreten und hoben eine Christlich-nationale Bauern partei gegründet. Ten Vorsitz hat der Abgeordnete Töbrich liocriw mneii. Ueler die sachlichen Meiiiungsvcrschieüenheilen der bis herigen Regierungsparteien konnte keine Einigung erzielt irewe.i. Ebensowenig konnte man sich über die Forderung der Teuttchnationale» einigen, das; bei der Beratung des Notpro- grannns im Reichstag sich die Regierungsparteien verpflichte» sollten, sür keinen Antrag der Opposition zu stimmen. Alan lilst-, .roher diese Frage offen und beschloss, erst den Versuch zu machen, ein Uebe reinkommen milder Opposition zu lrcsteil. Tie Verhandlungen mit den Oppositions parteien haben im Lause des heutigen Vormittages statt- geiunücn. Tie Oppositionsparteien haben erklärt, das; sie zu dein Nvtprogramm der Regierung erst Stellung nehmen könnten, wen,, eine Uebereinslimmung innerhalb der bisherigen Regie rungsparteien hergestellt sei. — Diese Verhandlungen sind in zwischen durch das Eingreisen des Reichspräsidenten überholt worden. Welchen Zweck das gegenwärtige hi» und her der Frak- stcn-wmzoiioluiigen eigentlich haben soll, ist unklar. Es ixandelt sich doch nur noch um den Wahlter m i u. Bekanntlich i'eilchl bei de» Deutschnalioualeu der Wunsch. Maiivahieu zu nc.mc.om. man hält m weilen Kreisen der Teutschnatioualeu Partei Ende März oder den Herbst für einen günstigeren Wahl- termin. Die Möglichkeit, den Reichstag noch bis zum Herbst blsaliiiiienzuhalten, scheidet heute aus. Ob ober Wahlen Ende Marz, also am 2 5. Mürz »och möglich sind, ist eine umstrit- iclie Frage. Würde der Reichstag ain Sonnabend aufgelöst, dam, bstebe nur nocheine F r i st v o n 3 5 Tageu sür die Wahlvorbereitung. Die kürzeste Zeitspanne, die bisher für die Pottnreiluiig einer Reichstagswahl gesteckt war, belief sick ober oiti ls Doge, das ivor bei der Neickstagsauslösung am 2t>. Okto ber stjü! der Fast. Die Fachleute des Reichsiiineiimi,nsterii...is erklärieu damals 12 Tage sür die alleräusterte Miudeslgreuze, innerhalb derer die Vorbereitung einer Neuwahl möglich wäre. Alan rechnet damit, dos; die Gemeinden zur Erneuerung der Wählerlisten niindeslens 3 Wochen Zeit haben müssen. Als erschwerendes Moment kommt hinzu, das; in Preußen und Baliern gleichzeitig Landtagsivohlen mit Wahrscheinlichkeit Zu erwarten sind. Sollte sich also Herausstellen, dos; der 25. Mürz ans formalen Gründe» als Wohlsonntag unmöglich ist. dann würde sich der Wahltermin zwangsläufig weit iir den April ver schieben. Denn es ist mehr als fraglich, ob man einen der ersten drei Aprilsonnluge (Palmsonntag. Oster». Weiher Sonnlagl als Wahltag verwenden tan». Weiter scheint es untunlich, den Wahlkampf ausgerechnet in die Oster,zeit zu legen. Man würde also, falls die Reichstagsaujläsung schon jetzt erfolgt, entweder auf eine Wahl am Palmsonntag, oder aus eine Wahl Ende April —Anfang Mai zukommen. Das Arbeilsprogramm -es Slabmetts das den Verhonalniigen am Freitag zugrunde lag. sah folgende Mosznahmen vor: Das Liquidationsschädengesetz über dos Reichssilianzminister Tr. Köhler den Porteijührern berichtete, sieht eine ungesöhre Anpassung der Stasselung der Sätze an die Vorschläge des Reichswirtschostsrates vor. Ter Häriefvnds soll von 10 ans 30 Millionen Mark erhöht werden. Auch die Möglichkeit einer späteren Besserung wird durch dos Gesetz nicht verschlossen. Das landwirtschaftliche Hilssprogramm besteht ans folgenden Mahnohmen: Zur Organisation des Ab satzes von Schlachtvieh und Fleisch sollen etwa 30 Mil lionen Mark als Kredit zur Verfügung gestellt werden, um der starken Preisspanne zwischen Erzeugern und Verbrauchern ent. gegenznwirken. Nach der Art der beabsichtigten Aufbringung soll nur ein Teil dieser Summe als Belastung des Etats aus- zufossen sein. Zur S i ch e r n n g d e r r a t i o n e l l e n F o r t s ü h r n n g und des Ausbaues der Betriebe werden ebenfalls 30 Mil lionen Mark in den Etat 1028 eingesetzt. Hier,;» verlautet noch, bah das Zentrum die Einsetzung eines Ausschusses verlangt, der die Verteilung überwachen' soll. Zur Verhütung des Nieder druckes der landwirtschaftlichen K re d t l g e n o s s e n s ch a s - ten sind 20 Millionen Mark vorgesehen. Zur Hebung der Ge flügelzucht iverden in den Nochtrugsetal 1927 und in den ordent lichen Etat 1928 je 500 000 Mark, zusammen also 1 000 000 Mark eingesetzt. Der Neichsfinanzmiiüstee soll ermächtigt iverden. inlän dische Kreditinstitute zur Hergade von Kredite» zu unterstützen, die den ll mschuldnn g s r r a n sa k t i o n e n der Landwirt schaft dienen, die Regierung glaubt hierfür bei den Kreüil- inslitnlen im ganzen etwa 200 Millionen Mark mobil machen zu können. Der Etat würde durch diese Mahnerinnen nicht belastet iverden. Ratenweise Herabsetzung des Einfuhrkonlingents für Ge frierfleisch. serner veterinäre Mahndkmen zur Unterstützung der Viehzucht und die Ausdehnung des Sostems der Einsnhrscheine auch auf Schweine und Schweinefleisch. Der Rentenbankkreüitanstalt endlich soll die Möglichkeit gegeben werden, der Landwirtschaft direkte Kredite zu geben, die nicht erst über die Prcnhenkaste zu laufen brauchen. Aus dem Gebiete der Sozialpolitik ist eine Erhöhung der Invalidenrenten in der Form vorgesehen, daß die Ltcigerungssötze vom 1. Juli ab um 10 Prozent erhöht werden, dos würde für jemand, der 29 Mark bekommt, eine Erhöhung ans etwa 32.30 Mart bedeuten und eine Belastung des Etats sür 1928 um 75 Millionen Mark herbeisührcn. Der Ncsamtmehrbedorr per 'Ausgaben gegenüber dem bis herigen Bedarf ist. nach dem augenblicklichen Stande, ans n»- gejähr 158 Millionen Morn berechnet worden, so das; sich dle Summe der sür die Maßnahmen erforderlichen Kapitalien ein schließlich der 200 Millionen Umschuldungslneüiie für die Land wirtschaft. deren Beschaffung die Regierung unterstützen wira. auf etiva 360 Millionen Mark stellen. Ter Anteil der dauern den Ausgaben des Programms beträgt 133 Millionen Mark. Nach den Erklärungen, die der Reichssilianzminister den Par teien abgegeben hat. will die Legierung die 158 Millionen Mark durch eine Erhöhung der Z o l l e i n n a h m e n herein- vekowmen. Sie sind jetzt mit 1050 Millionen Mark angcsctzt. Der Reichsfinanzminisler rechnet mit einem Mehraufkomme» von 200 Millionen Mark. * Die deutsche Delegation für Sie Sicherheitskonferenz in Gens wird heute abend Berlin verlassen. Sie besteht ans dem srüheren Staatssekretär Simon, Geheimrat Wciszecker und Le- gationsrat Frowein. Als Sachverständige werden ein Vertreter der Reichsinarine und des Neichsheeres mitfahren. Tarifvertrag und Friedenspflichk Don Keinrich Kreil Mitglied des Reichswirtschaftsrntes Als im Jahre 1918 die Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer das bekannte Nove n: b e r- a b k v m m e ii vereinbarten, da trat auch hinsichtlich der Art der künftigen Festsetzung der Lohn- und Arbeits bedingungen eine grundsätzliche Aenderung ein. Durch Unterzeichnung des Abkommens stellten die Unternehmer ihre frühere Gegnerschaft zum Tarif zurück und erklärten sich bereit, die Arbeitsbedingungen durch Kollektivverträge zu ordnen. War der Tarifvertrag vordem in der Haupt sache nur im Buchdrucker-, Bau- und Kleingewerbe üblich, so fand er nunmehr Eingang in alle Gewerbe und Industrien, insbesondere auch im Bergbau, in der Textil-, der chemischen und der Metallindustrie, die sich vordem grundsätzlich ablehnend verhielten. Auf Grund dessen arbeiten jetzt zirka 12 Millionen Arbeiter unter tariflich vereinbarten Arbeitsbedingungen. Eins der wichtigsten Merkmale und Borzüge des Tarifvertrages lag darin, daß für eine b e st i m in leZeit der Friede innerhalb eines Wirtschaftszweiges gesichert sein sollte, und zwar bei Neichsverträge für das gesamte Reichsgebiet, bei Bezirlsverirägen für einen festbegrenzlen Bezirk. Die Befristung erstreckte sich bei den Tarifverträgen der Borkriegszeit auf mehrere Jahre, im Bnchdincker- gewerbe z. V. auf fünf Jahre. Da Anfang 1921 zwar eine Währungsstabilisiernng erzielt wurde, aber eine Preis- stabilisiernng nicht möglich mar. man also mit einer Stei gerung der Lebenshaltungskosten rechnen mußte, die statistisch durch Steigerung des Lebenshaltnngsinder von 191,9 im Februar 1921 ans 151,3 im Dezember 1928 zum Ausdruck kommt, so wurden die Lohntarise zunächst nur auf einige Monate befristet. Zur Zeit ist ihre Lauidauer meist bereits wieder nenn bis zwölf Monate, und sie wird mit dem Fortschreiten der Preisstobilisiernng auch eine weitere Ausdehnung erfahre». Die N a h m e n t a r i f c. welche die Arbeitszeit, Urlaub und die sonstigen Arbeitsbedin gungen regelten, werden jetzt schon durchweg ans m ehrere Jahre vereinbart. Eine Ausnahme machten nur die Industrien, bei denen neue gesetzliche Borschriften, binsicht- lich der Arbeitszeit, zu erwarten waren, z. B. die Hütien- und Walzwsrksindiistiien. Innerhalb der Laussristen schien der Wirtschaftsfriede für die vom Tarifvertrag erfaßten Eewerüezweige gesichert. Die Kunde, daß der G e s a in t v e r b a n d D e n t s ch e r M e t a l l i n d u st r i e l l e r in Bersolg der Konflilte in Mitteldeutschland am 22. Februar die Aussperrung von weiteren 759 999 Metallarbeitern vornehmen will, war des halb sicher für weite Kreise eine große Ueberraschung. Diese Arbeiter sind fast durchweg von gültigen und »»gekündigten Tarifverträgen erfaßt. Tragen sich demnach die MckM- indnstriellen mit Bern Gedanken eines Tarisbrnches durch Verletzung der Friedenspslicht? G r u n d s ü tz l i ch erkennt die öffentliche Meinung an, daß die Aussperrung ein ebenso berechtigtes Kampf mittel zur Wahrnehmung der Interessen ist. wie der Streik. Dieser kann erst durch das A nsma ß der Forderungen, durch die Art des bestreikten Wirtschaftszweiges und der Form der Durchführung zu einem unberechtigten Kampf mittel werden. Diese Kennzeichnung trifft aber auch in demselben Umfange auf die Anssperr u n g zu. Man wird ihr die Berechtigung nicht aberkennen können, solange sie auf die Arbeiter begrenzt ist, die an dem Ansgang eines Konfliktes direkt materiell interessiert sind und bei Tarif- kämpsen den gleichen Tarifbestimmungen unterliegen. Es kann aber moralisch nicht verantwortet werden, wenn Arbeiter ausgesperrt werden, die an dem Kampf völlig nn- beieiligt sind und auf dessen Beendigung gar keine n Einfluß auszullbeii iu der Lage stnd. Die anaedrohte Metallarbeiteraussperrung ist deshalb ein schwerer Rückfall in die früheren Zeiten der „Scharsmacherei". die man iür überwunden glaubte. Bon Beachtuna christlicher Grundsätze durch christlich sich nennende Unternebmer kann hier keine Rede sein. Die Gewerkschaften bemühen ach seit Jahr und Tag. die Wirtschaftskämpfe zu Iokalisi e reu und lassen das Geschrei der Kommunisten nach „Verbreitung der Kampffront" unbeachtet: die llnternehmei verbände aber setzen sich über alle Bedenken binweg und iverren weaen lokaler Differenzen Hunderttalisende von nnbetei- Keule: Die Welt (Illustrierte Wochenbeilagel Unterhaltung und Wissen Turnen. Sport und Spiel Filmrundschau Verla,Sarti Dresden «nzeigenpr'ise! Die lgespaltene Petit,ette :»U Z. gamttlen« anieigen und Stellengesuche »» Z. Die Pelilreklamezeil«. 8« Millimeter breit, 1 .« Offeriengebithr !tv 1. Im Fall« huherer Gewalt erlischt jede VerpslichNmg auf Lieferung ioivt« Erfüllung v. Auzeigeu-Auflrügeu u. Letinmg v. Schadenersatz« Geichüflltchec Teil: Artur Lenz. Dresden. erscheint Sinai wüchentl. mit de» tllttkr. «ratisbetlagen .Die ip-ii' und .7,iir „Niere kleine» Leute", sowie den Lertbetlagei, .Lt. Vemw-Viatl", .ltiltertinmmg und Willen". .Die Weit der grau". .SlerzMcher Ratgeber". .Das gute Buch" ..gtlmrund. schau". Monaiiicher VezugSpretS t> Mk. elnschl. Bestellgeld, kinzeinummer Ii» 1. Sonnabend- u. Sonnlaginunnier »U 1- Hanpischristleiler! Dr. w. Drsczhk, Dresden.