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,>«E N«««er 14 — r7. Iahrganß »A»»<nt ,»a> t»s»»«tNch «lt »m illustrteeten »ratt«»etlagen ,L>« «»»' und .FSr unser, Nein»» Leute', sowie den »ext. b,Nagen ,«t. »enno-Llatt'. .Vnlerhaltung und «iss»»'. .Dt« Welt der Ara»', ^klerzilicher Ratgeber'. .Da» gute Ruch". .Ftlmrundtchaii'. Monallicher Bezugspreis il.- Mk. einschs. veliellgeld. ei„«elniminikr Itt z Sonntagnuminer ist» Hanpischrislleiler- D».«. D»s«»yk, Dretde». Sächsische Mittwoch, den 1«. Januar ISLt «,»l,,»«»e, Dresden Anzetgenprets«, Die I gespaltene OrtUieU» Kt» s Famtlten- «njeigen und Stellengesuche !sv Die Petitretlamezeil«. 8!t Millimeter breit. 1 ^ Offerte,igebllbr «»4. Im Fall, »bherer »«mal» erlischt >eb« «erpNichtuiig aus Lieferung sowie itrsiillung v. Anzeigen-Austrisgeil u. Leistung v Schadeners«^ Selchafilicher r«U Artur Len». Dretden. tAeichitstssteN«, Druck«.Verlag, Bermant». A.-ch. sllr Perlug und Dnickeret. Filiale Dresden. DreSden-A. I. Volierslratze >7. Fer»r,i>2I0I2. Posvcheikloiito Dre-den 77NÄ. Biuillunto Stadtbank Dresden Ai «17>t» Für christliche Politik und Kultur lltedaktioa der Sächsische» Volkszettung " ^ 2MU DreSdenAttsladl 1. PoNegtruke II. u»d rlülü. Fcrnru, Der 18. Januar Am 18. Januar 1871 hat im Spiegelsaale des Schlosses zu Versailles die Proklamation des durch Bismarcks Staatskunst geschaffenen neuen deutschen Kaiserreiches stattgefunden. Unter der Monarchie war es nicht üb lich, diesen Tag als Festtag zu begehen. Heute aber for dert mau seine Erhebung zum Nationalfeiertag. Reichs gründungsfeiern aller Arten verkünden die Würde dieses Tages. Die Teilnehmer solcher Feiern sehen in diesem 18. Januar mehr als eine historische Erinnerung. Drei Vorstellungen sind bei ihnen miteinander verbunden: Sie sehen in der Proklamation von 1871 die Gründung des heutigen deutschen Reiches. Sie stellen die Verfassung von 187t über die von 1010. Und sie sehen in der Monarchie das die Republik au Wert überragende Ideal. Ueber diese drei Vorstellungen wollen wir ein paar sachlicl)e und ver söhnliche Anmerkungen mache». Wenn ein Tag der R e i ch s g r ü n d u n g gefeiert werden soll, dann kommt dafür in erster Linie Weihnach ten in Frage, denn ein Weihnachtsseiertag war es. an dem .Karl der Grotze im Jahre 800 die Kraue des Römischen Kaisertums empfing. Seitdem freilich geschah einiges, >r>as den Charakter dieses Kaiserreiches änderte und seinen Be stand gefährdete. Der 18. Januar 1871 brachte die Er neuerung des alten tldeiches in veränderter Form. Eine Form, die uns unvollkommen erscheint in doppelter Hin sicht: Das alte Reich hatte den deutschen Kaiser im Bunde mit den Statthaltern Christi gesehen, das neue Reich nahm sofort eine Kampfstellung gegen die Kirche ein. Und vor allem Oesterreich, das ein tragender Pfeiler des alten Rei ches gewesen war, mar in dem Bau des neuen Reichs nicht eingefügt worden. — Seit 1870 sind wiederum einige Din ge geschehen, die den Charakter des Reiches änderten und seinen Bestand gefährdeten. Bismarck sah in dem Reich nur einen Bund der Fürsten, der sofort zerfallen muhte, wenn die Dynastien verschwänden. Die Dynastien sind verschwunden, aber das im Weltkrieg mit furchtbarer Milcht zusammengeschmiedete deutsche Volk hat sich in der Republik die Form geschaffen, in der das Erbe von 187t wie das van 800 geborgen werden Kami. Unter dieser Staatssorm ist es nur eine Frage der Zeit, wann der Hauptfehler von 1871. der Ausschluß Deutsch-Oesterreichs «lis dem Reiche wieder gutgemacht werden kann. So is> uns der 18. Januar nur ein Tag historischer Er innerung, die wir ehren, aber kein Festtag. Vor 101-l wur de der 18. Januar non dem Geburtstage des Kaisers über strahlt. heute fordern wir den gleichen Vorrang für den Tag der Verfassung. Und wenn wir hären, daß Kritiker die Verfassung von 1871 über die von 1010 stellen, dann möchten wir zunächst aunehmeu, sie lchtten eine die ser beiden Verfassungen nicht gelesen. Gewiß ist auch die Verfassung von Weimar Menscheuwerk, ihre Unvollkom menheiten werden auch von ihren Freunden erkannt. Die Verfassung von 1871 aber hat in der erjlen Schicksalsprobe versagt. Bismarck hatte diese Verfassung anfgebaut aus seine Person: als Reichskanzler und preußischer Minister präsident regierte er, der alte Kaiser gab ihm' gerne freie Hand. Dieses Bild änderte sich verhängnisvoll in das Gegenteil, als andere Reichskanzler, denen der Beifall ihres allerhöchsten Herrn das letzte Gesetz politisäzen Han delns bedeutete, neben einem jungen und eigenwilligen Monarchen standen. Wir Haben ans diesem Weg den Un tergang der Verfassung von 1871 erlebt. Diese Verfassung war nicht aus dem Willen des Volkes geboren. .Kein ge ringerer als Bischof non Ketteler, der sieb in de» ersten Reichstag hatte wähle» lassen, um an der Beratung der Verfassung teilzunehmen, beklaat sich darüber bitter: „Dieser Grund (zur Annahme des Mandats) fiel aber da durch gänzlich weg, daß eine Reichsverfassnng im ganzen gar nicht zur Beratung kam und statt dessen die Verfas sung des norddeulscken Bundes einschließlich der beiressen den Verträge lediglich zur Auuahme vargelegt wurde. Es liegt auf der Hand, wie dadurch die Aufgabe des Reichs tages eine ganz andere gewvrden ist. als ick voransseki n konnte." Diese Begründung, mit der der Volksbisckos Ketteler sein Mandat niederlegte, zeigt sehr deutlich, wel ches Verhältnis das Volk zu der Verfassung Bismarcks halte. Diese Verlassiiiia war der Mehrzahl der Staats bürger, die linier ihr lebien, so gut wie unbekannt. D,e Verfassung von Weimar daaegen ist von Abgeordneten des Volkes geschossen worden, be greift täglich lebendig in das volitische Leben ein und bleib' in Beifall und Gegnersckas! im Bewußtsein des Volkes, Wie die Verfassung von 1871 sich im Kulturkampf und bei anderen Gelegenheiten gegen die Katholiken ausivirktc, ist bekamst: der Fori schrill, den die Verfassung von 1010 in dieser Rihtnng bedeutet, ist unbestreitbar. men bl Wenn schliesslich der 18 Januar zm» Anlaß aenom n wird, um den all:» Stteil ouszusruscheu, ob Repu- ik ob e r M o n a r ck i e die lus-ere Ttaalssarin sei. >o 1««, Der Streik -er Meinungen über die Reichsreform — Referate von Bazitte, Ketd und Braun Berlin, 17. Januar, Die Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder hat gestern lediglich den ersten Punkt der Tagesordnung: „Ver änderung im Verhältnis zwischen Reich und Ländern behandeln könne». Zu diesem Thema äußerten sich der Hamburger Bürgermeister Peiersen, der württembergische Ministerpräsident Bazille, der bayrische Ministerpräsident Held und der preußisch Ministerpräsident Braun. Büryermeisler Dr. Pelersen (Kamburg) der nach der Erössnungsansproclfe oes Reichskanzlers das War: ergriff, betonte, das; das Deutsche Reich im internationalen Ver kehr bereits heute ein Einheitsstaat sei. Der Dualismus von Reich und Ländern berge große außenpolitische Gefahren. Ein Ausbau des FlÄeratw-Syslems sei deshalb nicht denkbar. Eine Zerbröckelung Preußens wäre für bas Deutsche Reich ve-häng- nisooll, Preußen müsse mit ber Gesamtheit seines Verwal- tungsaufbaues im Reiche ousgehen können. Die Vorschläge zur Reich sceform seien heute alles andere als überein stimmend. Ilebereinstimmung könne nur in folgenden Punkten ieslgestelll werben: 1. Durchführung des demokratisäfen Prin zips der Reichsverfassnng. auch bei der Einwirkung der Länder auf die Wiiiensbildung bes Reiches. 2. Stärkung der Reiclps geivoll, !i. Vereinheitlichung der politischen Wiiiensbilbnng in einem einzigen Reichsparlament, 4. Ausbau lebendiger unterer und mittlerer Selbstverwaltuugsgebilbe und Verkürzung des Ziislanzenmsges zur Zentralregierung. ö. Gliederung des .Reiches in Gebilde mii kultureller »nd niirtsckmstlicher Lebens fähigkeit. Dr. Peters«,, schlug vor, einen Sachverstän d i g e n a » s s ch » f; einusetzen, der Vorschläge ansarbeite» und »erösfentlichen solle, Uber deren Durchführung da»» weiter zu beschliehen wäre. Minlslerpräsi-en» Bazille (Württemberg) übte scharfe Kritik an dem durch die W e i m a r e r Ver sa s s u n g geschaffenen System. Das Reich wälze die Aufgaben, die es ihrer inneren Ratur nach selbst tragen müsse, vor alle», die Sozial-Laste» ans die Länder und Gemeinden ab. Es zwinge sie zu immer neuen Aufgaben. Wichtige Stenern da gegen, die für die Länder »nd Gemeinden ganz unentbehrlich wären, nehme das Reich in eigene Gesetzgebung und Vermal lung. Das Reich verlange, das; die Länder mit den ihnen zugetellten Sieuerüberweisnngen auskämen, obwohl den Orga neu des Reiches der ausreichende Einblick in die Finanz- gebarnng der Länder und Gemeinden fehle. Die Krankheit, unter der die Steuerzahler litte», liege nicht in der Existenz der Länder, sondern alle:« in den Jrrtümern, die die Baumeister der Reichsverfassnng begangen hätten. Der überstxmnle Unitarismus der Weimarer Verfassung müsse auf «i» gesundes Rias; zurückgeführt werden. Dazu sei noUuendlg, das; die Reichs,zuständigkeit in Gesetzgebung und Ver»ml!u»g eingeschränkt werde. Der Reichsrat müsse wieder ttne ähnliche Stellung bekomme» wie der Bnndesrat in der Verfassung non 1871 oder wie der amerikanische Senal. Die organische Verbindung zwischen Preußen »nd dem Reich müsse wieder hergestelli werde», also der Reichspräsident zugleich preuhischer Staaf-präsideni und der Reichskanzler gleichzeitig preußischer Ministerpräsident sein, Tn,zu bedürfe das Reich einer Abänderung des pa r la m e n l a r i s ch e n Systems. Diese erfolge am besten in der Weise, das; die vom Reichspräsidenten ernannten Minister des Vertrauen des fjiariaments nicht mehr deaürslen, so wie das i» Amerika der Fast sei. Preuße» müsse in, Verhältnis zu der Gesamtheit der Reichem isst mi men aus die Zahl der Vismarckschcn Reichs« Verfassung beschränkt werden. Als Grundlage für einen dauerhaften Zinan-,frieden schlug Bazille vor. den Ländern die Ainanzhoheit über die wichtigsten direkten Steuern zurückzugeben. Wen» einzelne deuische Staa- ien auch bei richtiger Verteilung der Lasten »nd Einnahme» sich als nicht mehr lebensfähig erwiesen, so sollten sie nicht Künstlich ain Leben erhallen nwrden. Die stragen der Enklaven und Ex klaven sei sicher leicht zu rege!». Bazille schloß: Die Bevölkerung der süüüeui scheu Staaten ist dem Reichsgedanken treu ergeben, aber sie will nach ihren eigenen Gewohnheiten leben. Die i» den Eimuftstaulen ver einigte Bevölkerung suhlt sich als eine Einheit und selbständige Staatspsrsönlichkcit und ist, vo» Ausnahmen vielleicht ab gesehen, nicht gesonnen, diesen Zustand preiszugeben. Nur die äußerste Vorsicht ups die schleunige Rückkehr zu den Grund sätzen der Staat weivheit, di« Deutschland vor dem Weltkrieg groß gemacht haben, können uns vor der Entwicklung zur Anarchie und Diktatur bewahren. Ministerpräsident Keid (Bayern, setzte sich zunächst mit den Gründen auseinander, die iür die Durchführung des Einheilsslaaies vorgebracht werden und be zeichnet«! diese Gründe als nicht stichhaltig. Die nalmendige tklerbipigung sei im Vnndesstaate in gleicher Weise und sogar »ocb zueeäimäßiger durchführbar als im Einheilsstaate. Zu- nächst sei es notwendig, die Mängel der Weimarer Verfassung zu beseitigen. LH ne Verfassungsänderung wurde sich uur der .V'schlus; von Bernx'ltuugsaemeinschaste» unter den Ländern ermöglichen lassen. Die Länder sorderten Veriasftingsaula- nomie und Gebietsauionomie. Einlchränkung der Gesetz- gebnngsrechtr cks Reiches. Sicherstellung der Lüiidenrerwal» lunae» gegen Eingrisse der Reicksuerivaltung. einen ginanz- ausgleich. der die Erhaltung der Länderseibständigkcit ermög liche und Ausbau des Reichsrates ,,tt Gesetzgebung-Kantor. Als Mindesiprogrami» der Länder lrezeichneie Held soft gende Zoroerungen: 1. Eme Verbesserung des »inan aus- gleiches, der den Lebensinier-enen der Länder wirklich Rech nung trage. 2. den Ausbau weiterer Zuständigkeiten .zugunsten der Länder, b. Beseiligung de, unerträglichen Zenlroftsierung des Geld und Kreditwesens in Berlin. Ministerpräsident Braun (Preus;en) hielt ini (tzegensotz zu seinen drei Vorrednern einen freien Vor- trag, in dem er sich mit den Aussnhrungen seiner Kollegen ans Ha,»bürg, Württemberg und Bayern anseinandersetzte. Er er'ftäue, das Bestrebe» der Reichsregierung gehe nach seiner Ausiasftimg-daraus hinaus, in die Kompetenz der Länder kineln- zuregienm. Via» müsse allerdings anerkenne», dal; ein gewisser möchten wir zunächst betonen, bas; diese Erörterung in einem doppelten Sinne geführt wenden kann. Entweder man vergleicht die Republik van 1010 mit der Monarchie van 1871, oder man oergleicht Republik und Monarchie im allgemeinen. Zu dem Vergleich der beide» Einzelfälle möchten wir sagen, das; auch ein Werturteil iu dieser Hinsicht mit einiger Sicherheit erst dann gefällt werden kann, wenn die Republik salauge bestanden I>al>en wird, wie das Kaisertum Bismarcks. Heute kann nur sestgestellt werde», das; die Auswirkungen des Weltkrieges, deren Ende ja noch keineswegs erreicht ist, die .Hoheuzollern Monorchie zerstör!, ober die Festigkeit der Republik nicht erschülterl Koben. Stell! man die Frage grundsätzlich, dann wild s'e in Einigkeit »ich! entschieden werden kön nen. Der Meister der Scholastik, der heilige Tho mas, ba! sie vorsichtig sv beantwortet: die Monarchie sei theoretisch die beste Staatsform, in der Praxis bewähre sich aber vielleicht die Demokratie an; besten, weil ihre vielen Fehler sielt gegenseitig wieder anshäben. Wenn wir bedenken, dos; diese Aensterung geprägt worden ist zu einer Zeit, in der die Monarchie das herrschende System mar. können wir die Formel des heiligen Thomas wohl für uns anuehnien. Entscheidend ist für uns die Tatsache, das; die republi kanische Staatsform heute dem Willen der Mehr heit des deutschen Volkes entspricht. Das hat auch der Vorsitzende der Zentrumsfraktion des Reichstages non Gnerard in seiner Koblenzer Rede zum Ausdruck bringen wollen, in der er feststellle: „Wir sind ein republikanisches Volk." lind den gleichen Sinn hatte die vielerorts entstell te Aeugerung des Re:c!)skanzlers ans der Prestetagnng der Zentrumspartei in Berlin: „Das Zentrum ist eine Ber- sassungspartei." Die Stellung des Zentrums zu, Frage der Staatssorm ist nicht etwa durch die christliche Weltan schauung, die das Zentrum vertritt, zwangsläufig festge- legt. Das Zentrum l)at sich van 1011 für die Monarch-" als für die bestellende Obrigkeit eingesetzt, es Kot sich nach dem Zusammenbruch für die Republik entschieden, weil nur auf diese Weise das Ehaos zu oerin.eck'» war. Eine Wiedereinführung der Mmw,-chj,,> käme ,iir den christ lich denkenden Politiker nur durch Verfassnngsänderung iu Froge, die erforderliche Zweidrittelmehrheit für eine solche Verfassungsänderung ist aber weder Keule noch in den kommenden Jahren zu erwarten. Eine Wiederemfüh rung ober durch Gewalt muf; auch den Monarchisten, so weit sie sich zum Christentum bekennen, als ein Verbre chen am Volke erscheinen. Historische Erinnerungen sind sehr wertvoll, ober ste dürfen uns nicht den Blick trüben für die Gegenwart Die Reichsgründung Bismarcks mar ein glänzendes Ereig nis der deutschen Geschichte, aber dieses Ereianis aehört unwiderruflich der Vergangenheit au Die Gegenwart farde,t unsere Mitarbeit, und diese Gegenwart ist die Re publik. Der Vau von gestern ist zerschlagen, mag er auch nach so schön gewesen sein. Unsere Generalwn aber Kat Gatt die Aufgabe auferiegt, nicht das verlorene zu be klagen. sondern mit ganzer Kraft und unverzagtem Mule ans der Grnndlage der neuen Slaotssorni dem deutschen Volke ein neues und ivohuliäum Haus r» errichten. Dvk.