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Avmmer v» Sächsische Dvikszeiiunq IS. Mär, ,«2« Ausschuhverhandlungen über Schule und Kirche im Wahlrechlsslreil — Die Verkagungsmelhode Dresden, 14. März. Der yausyaltsaus>chuß A trat am Dienstag in die Le.atuug des Staalshaushaltplanes sür das Rechnungsjahr 1vi8 ein. Aus der Tagesordnung stand an erster Stelle das Ministerium sür Volksbildung, über das Abg. Voigt (D. Vp.) den Bericht erstattete. Für die sau s> che Akademie der WissensclMsten zu Leipzig, sür das Atustum für Völkerkunde in Leipzig, für die sächsische Kom mst) :on sür Geschichte und für die Stiftung für deutsche Volks- linü Kuliuriwdensorschung sind im diesjährigen Etat erhöhte bez.v. neue Mittel angesordert. für die sich der Berichterstatter eiiijetzt. Ebenso sind die Anträge für das Volkshochschulwesen, für das Volkshochjchuiheim Sachsen'burg und für die Betrieds- räieschulen um je 10 >00 Mark heraufgcsetzt. Die Betriebs rates. ulen seien nach Ansicht des Berichterstatters geeignet, für Arb.i.n.chm.'r-Rechtssragen geschulte Funktionäre heranzubilden, uni sinnvoller Anwendung der einschlägigen Gesetze vorzuabbei- ten und den wirtschaftlichen Arbeitsplätzen uird damit der gesamte» Produktion Nutzen zu erweisen. Auf diesem Gebiete, rw allen Dingen aber vom Volkshochschulheim Sachsenburg müsse erwartet werden, daß es allen Kreisen ohne Unterschied der Weltanschauung ofsenstehe: denn es handle sich um Unter- stüüung aus Mitteln der Allgemeinheit. Erwünscht sei die V ieiniaung aller Gebiete staatlicher Kunstpflege im Volks bist ungs-ministerium, weshalb die Negierung um Stellungnahme ersucln wurde, wie weit diesbezügliche Bemühungen fortgeschrit ten s-icn. Abg. Voigt bemängelte weiter, datz in Sachsen slaatlicherseits zu wenig geschehe zur Förderung volks tümlicher Kunst. Nickt nur der volkstümliche Gesang., sondern auch gleichartige Bestrebungen im Zeichnen, Malen uno vor ollen Dingen auf dem Gebiet der Musik und der darstellen den Kunst verdienten staatliche Förderung. Hier könnten weit gehende praktische Leistungen errielt werden, z. B. in der Pe'-ämpfuiig des Alkobolismus und zur Pflege des Familien lebens. Abg. Weckel (SPD.) sprach sich besonders scizars gegen den noch bestehenden Dualismus im sächsischen Berufs schulwesen aus. Volksbildungsminister Dr. Kaiser crl'ärte, daß die Vereinheitlichung des Schul- und Kunstwesens den Gegenstand ernster Beratung innerhalb der Regierung bilde. Demnächst sei mit abschließenden Verhandlungen zu rechnen, und dem Landtag würden dann entsprechende Mitteilungen zug hm Mit dem Anfwan-d der gleichen Mittel erhoffe man dann Weitgehenderes und Höheres erreichen zu können. Für volkstümliche Kunst pflege würden in Preußen an- sebvüche Aufwendungen gemacht und auch für Sachsen sei aui d'.el m Gebiete staatliche Förderung nötig. Die Regierung verwies weiter darauf, daß die Volkshochschulen eine steigende V .ncker'-'hl aufweisen, die Einrichtungen seien aus den Groß städten me'-! mehr wegzudenken. Das Volkshochschulheim Sach- sev'mro arbeite uinxrrteüsch und zufriedenstellend. Für Volks- hockschiilleiter würden Kurse und im übrigen Votkshochschul- wohen veranstalte!. Die unterstützten Volksbüchereien seien jede-"min zugönalich. ."bg. Dr. B l ü h e r <D. Vp.) vertritt die Ansicht, daß die Mmisterien von Kleinarbeit befreit und der Gedanke der Selbstverwaltung stärker betont werden müsse. Er be mcknet die Unterstützung der ivirtsci-aftl'chen Studentenhilse als dring.nd nötig, ste sei von modernem Geist getragen. Im Inierosi' deutscher Kulturpolitik, würden — ähnlich wie in Paris für iran'ösi'che Ziele — Niederlassungen für ausländische Studenten ins Auge gefaßt werden müssen. Dies werde in Dcntsckland am besten im Anschluß an eine der beiden sächsischen Hochschulen geschehen können. — In der Abstimmung werden Anträge auf höhere Mittel für die Volkshochschulen abgelebnt. ein solcher sür die Betriebsräte- sciwlsn angenommen. Ein Antrag des Abg. Voigt sD. Dp.), die Neaierung -u ersuchen, Maßnahmen ins Auge zu st.ssen. um die Pflege und Förderung aller Zweige volkstümlicher Kunst mehr als bisher zu ermöglichen, fand einstimmige Annahme Die Linke stimmte gegen das Ministergchalt. Im übrigen wurden die Einstellungen nach der Vorlage genehmigt. Bei Kapitel 62. Staatsletstungen für die evangelisch- lutherische Landeskirche entspann sich nach dem Berichte des Abg. Siegert (Dn. Vp.) eine längere Aussprache, in der Abg. Liebmann (SPD.) die Lage der Kirche als günstig und keiner Untertttzung bedürftig bezeich net«. Abg. Voigt verwies auf das kirchenfeindliche Religlons- steuergesetz ln Sachsen, das seinerzeit von der Linien verabschie det worden sei und das mit Schuld trüg« an den unzulänglichen Finanzverhältnissen der Landeskirche. Im übrigen sei bereits im vorigen Jahre auf Antrag der Deutschen Volkspartei vom Landtag beschlossen worden, die Verhandlungen über die finanzielle Auseinandersetzung mit der Lan deskirche möglichst bald zum Abschluß zu bringen. Die Regierung möge über den Stand der Verhandlungen Aufschluß geben. Die Regierung erklärte, daß Verhandlungen mit dem Landeskonsistorium im Ganoe leien und daß man hierin Schritt um Schr'tt oo- wä 's ' Weitere Entschließungen des Reichsgerichts über die Ablösung einzelner Titel ständen Der Kampf um di« Geltung in Staat und Lesell schaft das Ringen um den Anteil an den Formen staatlichen und wirtschaftlichen Lebens, die Aus einandersetzung um die Formen selbst und ihre Ver änderungen sowie die Steigerung der jeweils in der materiellen und sittlichen Freimachung begriffenen Kräfte bis zur Eroberung voller Gleichberechti- 1 u n g : Das alles sind Erscheinungen, die so alt sind, wie die Geschichte der Menschheit selbst. Von der Sklaverei der oyramidentiirmenden Fronarbeiter, vom griechischen Helotentum über die Zeit der Eracchen und der römischen Plebejer hinweg zur Bauernbewegung der mitteldeutschen Geschichte und zur bürgerlichen Emanzipation der 48er Jahre und schließlich bis zur politischen, gesellschaftlichen and wirtschaftlichen Befreiung des modernen Industrie arbeiters im demokratischen und sozialen 6 olksstaat ist nur ein einziger, großer, von leidenschaft- icher Bewegung erfüllter Weg. Ist der Weg der gleiche — ?,iel und Mittel sind verschieden. Strebt das Ziel über )ie Erkümpfung der Gleichberechtigung hinaus zur Herr- chaft einer Klasse, dann ist der Staat selbst in Gefahr. fteiiAdas bedeutet den Kampf aller gegen alle im Staate elbsll Sind die Mittel rein materiell, sind sie allein aegatio und entbehren sie des Verantwortungsgefühls zegen die Gesamtheit, verzichten sie auf sittliches Ethos und auf geistige Grundlegung, dann tragen sie den Keim von Mißerfolg und Zersetzung selbst in sich. Jede Arbei terbewegung wird vor diesen ernsten Fragen stehen, rbenso wie sie sich klar darüber werden muß, wie und wo ie wirken will, wie weit sie Nur-Organisation ist und wie veit sie politische Bündnisse schließen kann und will. Wir sehen den weit über den engeren Rahmen der Organisation hinausgehenden Wert der Duisburger kiaauna der christlichen Arbeiter, die sich zur noch aus. Ebenfalls könne die Negierung Zusagen, daß von ihr aus die Verhandlungen tatkräftige Förderung erführe». Die vom Landtag vorher gewünschte Kirchenaustritts, statistik würde demnächst dem Landtag zugeleitet werden. Kommunistische Anträge wurden abgelehnt, ei» Entschließungs antrag des Berichterstatters, der sich auf die finanzielle Aus einandersetzung bezieht, fand Annahme, und die Etateinstel lungen wurden genehmigt, desgleichen diejenigen bei Kapitel 63. katloiisch-geistliche Behörden und sonstige katholische Kultus zwecke. Ueber Kapitel 72, Anstalten sür Taubstumme. Ertaubte und Schwerhörige, berichtet Abg. Claus (Dem.). Nach kurzer Aussprache wurden auch diese Einstellungen vorlagegemüß genehmigt. Die Kapitel 50 Landwir'schastliche Versuchsanstal ten. 51 Höhere Staatslchranstalt sür Gartenbau in Pillnitz, uns 52 Versuchs- und Beispielsgärtnerei in Pilinitz wurden nach kurzer Aussvracl)e nach den Einstellungen genehmigt. Im Haushaltsausschuß B wurde die Vorlage über die Loßnitz bahn tUmwandlung der Schmalspur in Normal- fpur und Verlängerung bis Eosmig), nach eingehender Aus sprache unter dringender Befürwortung durch die Regierung und durch die Abgg. Koenig (D. Vp.) und Wirth (ASP.) ein stimmig angenommen mit dem Zusatz, die Regierung zu ermächtigen, die Arbeiten sofort vor Erledigung dos Gesamt banshalts in Anorisf w nehmen. Ueber die Weiterführung von Eoswig nach Weinböhla—Meißen gab die Regierung einaehend« Darlegungen. Es schweben über die endgültige Linienführung noch Erwägungen. Iin Rechtsansschuß würben beute dle Anträge über das Wahlgesetz bis nach der Entscheidung des Staatsgerichtsbotes vertagt. Die Regierungsvorlage, betr. Abänderung der Unfall versicherung für die Land- und Forftwirt-ickoft wurde angenom men, und ein Antrag, betr. Aufhebung Mutsbezirke Zeit hain und Dresden-Albertstadt aus 8 Tage vertagt. pointjcyen Partei des Zentrums bekennen, eben darin, da, mit Mut und Entschlossenheit, mit Offenheit und starkem Verantwortungsgefühl an diese Fragen herangegange» worden ist, daß zugleich mit der Antwort auf die Frag« nach der eigenen Bedeutung der Standort bestimmt werde« sollte, wo die Bewegung im Staat, in der Wirtschaft, in det Gesellschaft und in der Partei, steht, zu der sie sich au« eigener Entschlußkraft rechnen will. Daß dieser Versuch, dem nur ein Tor oder jemand, der nicht guten Willens ist, den Erfolg abstreiten kann, mit so viel Disziplin und Liebe zur Sache durchgeführt wurde, zeugt von einer großen Reife. Wer die christliche Arbeiterbewegung in den letzten Jahren auch mit innerer Anteilnahme näher verfolgt hat, ist sich der Bedeutung der Duisburger Tagung von vornherein bewußt gewesen. Gegenüber der Sozialdemokratie und den freien Gewerkschaften hat di« sich politisch dem Zentrum zurechnende organisierte Arbeit nehmerschaft die ungeheure Last der dauernden Verant wortung mit getragen, in einer Zeit, wo ein verarmter, in seiner Wirtschaft erschütterter Staat, der nach unserem Willen zu einem wahrhaft und wirklich sozialen Bolksstaat fortschreiten soll, stärkste Opfer erfordert hat. Diese Opfer und die Hemmungen, die wir in dem im Jahre 1919 begonnenen politischen Aufstieg der Arbeitnehmer schaft jetzt wahrnehmen, haben Spannungen und radikale Strömungen herbeigefiihrt, sie haben geistige Bend« gelockert, die man für unerschütterlich fest gchalte- hat. Es war doch ein beispielloser Vorgang, der von der Ver irrung, aber auch der Not der Geister beredte Kunde gibt, daß Millionen im katholischen Lager der bischöflichen Parole bei der Fürstenabfindung nicht gefolgt sind. E i n Fanal! Der christliche Gewerkschaftsführer steht vor einer roßen Aufgabe. Sie wurde in Duisburg Herz, aft und erfolgreich angepackt Pftuokralie oder Volksslaal Ein Nachwort zur Duisburger Gewerkfchaf skagung M öemner Sürer-Ausslellung In diesen Tagen wurde zur 400. Wiederkehr des Todestages Macht Dürers eine reichkaltige und glänzend, aufgemachte Jubiläumsausstellung von Zeichnungen. Graphiken und einer kleineren, im preußischen Miljeumsbesitz befindlichen Anzahl von Gemälden feierlich eröffnet. Mit Bedacht hatte man an Stelle muiealer Räume wie etwa des zunächst in Betracht kommenden Kuiserstichknbinetts doch das Haus der Akademie der Künste am Panier Platz gewählt, um so der ganzen Schau das erforderliche rcnäsentative Gepräge und die unmittelbar ins Leben hinein- rcitzende Bedeutung zu geben. Und so erleben wir aufs neue das; Dürer, das künstlerische Snmbol des Deutschen, zwar vor vierkundert Jahren leiblich gestorben ist, daß aber Werk und Enst des Meisters lebendig geblieben sind. Dies besonders, wenn wir die Kunst des zur Weltgeltung gelangten Nürn bergeis rein ästhetischer Betrachtung entziehen und eher als die dem Volksganzen entsprechenden „bürgerliche Befriedigung der schöpferischen Funktion'' gelten lassen. Als vor siebenunfünfzig Jahren der 400. Geburtstag Dürers herannahte -- es war der 21. Mat 1871 —, da konnte man der alles Interesse überwuchernden Kriegszeit wegen in Berlin nicht an eine würdige Feier denken, und auch der 450. Geburtstag, der ins harte Jahr 1921 fiel, wurde da und dort nur still be gangen. Damals schrieben wir die wunschvollen Worte: ..Möge in sieben Jahren, wenn wir de» vierhundertjährigen Sterbe tag des Meisters begehen, die furchtbare Prüfung, die über unser Volk verhängt ist, der Vergangenheit angehören! Bis dahin und darüber hinaus sei auch Dürer unser Symbol des Leides, des Kampfes, des Sieges. Nur wer sie nicht kennt, unterschätzt die Kunst oder denkt sie sich weg als Macht." Mit welch anderen Ee ahlen, die wieder von innerer Festigung zeugen können, be geben wir jetzt das neue Dllrerjahr, nicht rauschend und äußcr- liä> sondern »m eben durch diesen patrongleichen Meister die dei'is-ke Kunst überhaupt zu ehren. Dies sicher im Sinne Dürers selbst, der als Künstler nicht Sondermensch, vielmehr Bürger war und in dessen Werk sich wie in einem Sammelbecken das Vorher wie das Nachher der deutschen Kunst findet. Der auch über jenen Zeiten einigend steht, die in überindividualisti- schcr Zuspitzung mehr von deutschen Künstlern als von deutscher Kunst als solcher reden lassen. Eie große Kunstgemeinde fand sich in den Räumen der Akademie ein, als ver Präsident, Max Ltebermann, in geist- voller Form die Wirkung des Dürerschen Werks auf den Künst ler klarlegte und dabei betonte, daß gerade durch Dürer an dieser Statte einer bewußt gegründeten Akademie neben der unerläßlichen Intuition des Schaffenden auch Zeugnis abgelegt »erde vom Lehr- und Lernbaren in der Kunst- Eeheimrat Waetzoldt. der Generaldirektor der preußischen Museen, wies in ftingeschliffener Rede den Gedanken, Dürer gerade als Museumsangelegenheit gelten zu lassen, weit von sich und be tonte die ungeheure Wichtigkeit dieser Ausstellung — neben den anderen Veranstaltungen, im Reich, vor allem aber auch in der Heimatstadt des Meisters, Nürnberg —. die im Ausbreiten der Originale liege, heute im Zeitalter der Reproduktion. Viele wissen freilich um Dürer, aber wieviele haben ihn wirklich ge sehen. im wirklichen Sehen erlebt, so fragen wir die Leser all der Berichte über Dürers Kunst. Und Kultusminister Becker, der die Berliner Ausstellung für eröffnet erklärte, sprach angesichts der vom Ringen um die Form erzählenden Werkes das immer gültige Wort, wonach es doch nicht auf das Alt oder Neu in der Kunst ankommen dürfte, sondern auf die Qualität. Wirklich vor dem Besten, das auch stärkste Lebendigkeit in sich trägt, ver gessen wir die Zeit und identifizieren uns nacherlebend mit dem Geschaffenen, Für dies letzte gleich rin Beispiel aus dieser Gedächtnis schau: Im Hinteren Hauptsaale hängt ein« winzige Farbskizze lDas Tal von Kalkreut), «ine jener absoluten Landschaften des Künstlers, der so mitgebaut hat an einer bald mächtig an» schwellenden Kunst der Landschaftsdarstellung überhaupt. Vor diesen wie gestern erst hingesetzten Pinselstrichen und faszinierend frischen Farben, vor diesem fest gebauten Raume findet man Liebermanns kühnes Wort bestätigt, daß in Dürers Kunst be reits der kommende Rembrandt und der Heros der neuesten Zeit, Eezanne, künstlerisch vorgeahnt werden, So bricht das Genie Bahn, Wir neigen uns. Und würdigen das Große neben tragischer Verflechtung oder Verkennung nur um so stärker. Auch Dürer war n>^ Mensch, wie Rembrandt und Michelangelo. Die Berliner Ausstellung zeigt eindrücklich, in welch um sichtiger Weise innerhalb der letzten vier Jahrzehnt« vornehm lich Dürer im Rahmen der staatlichen Sammeltätigkeit berück sichtigt werden konnte. Von den zehn ausgestellten Gemälden gehören neun dem Berliner Museum; das Bildnis der Elsbeth Tücher, 1499, besitzt das Museum zu Kassel. Die ersten Er werbungen aber geschoben Anfang der achtziger Jahre, so das frühe Temperaporträt Friedrichs des Weisen, dann die unver gleichlichen Köpfe des Hieronymus Holzschuher und Jakob Muffels. Dt« bekannte, in ihrer bunten Eefülltheit von der Auseinandersetzung Dürers mit der venezianischen Kunst zeugend« „Madonna mit dem Zeisig" ist 1892 nach Berlksi ge kommen. Sodann aber hat das Kupferstichkabinett unter Lipp- mann und Friedländer wahre Schätz« an Zeichnungen, rund hundert erlesene Blätter, di« kaum hinter der trefflichen Wiener Sammlung der Albertina zu rangieren brauchen, zusammen- Kupferstiche und die wenigen Radierungen des Meisters, all« in prachtvollen Abzügen, cmsweisen; dies gilt für die Einzel blätter wie auch für die so bekannten zyklischen Reihen und den wenn auch zum Teil nur mutmaßlichen Buchschmuck Dürers. Man hat zeitweise gern über den „Maler" Dürer die Achseln gezuckt und weitrr geschlossen, daß die Deutschen mgcnt- lich überhaupt kein« rechten Maler seien, im Gegenteil zu ande ren Nationen. Aber man Übersicht dabei, daß wie bei Dürer an erster St«lle di« deutsche Art des Malens nur eine andere ist, daß hier zugunsten der Form um eine malerische Synthese gerungen worben ist, wo andere um des Malens willen und der Farbe wegen zu Analytikern wurden. Wer einen Pelz wie den des Ratcherrn Muffel so sachlich und doch wieder so ge heimnisvoll zu malen versteht wie Dürer, der hat nicht anders als die van Eycks in den Engelsgewändcrn des Gentei Altars das malerisch« Halbdunkel Rembrandts vorausgeahnt; Jahr- underte später tritt dann von neuer Seit« her Leibl dar irbe an. In den Zeichnungen ist die bahnbrechend«, befreiend« Tat Dürers erst recht verständlich gemacht; so zeichneten die Vor gänger bei ihrer Werkstattbindung noch nicht Don der flüssigen Studie und Skizze bis zur bildfertigen Zeichnung sind alle Spielart«» da . Natur und Phantastik gehen nebeneinander her. leistet darin Verblüffendes. Um sich dann später souverän aus die wesentlichste Herrschaft auch des einzelnen Strichs beschrün- kn zu dürfen. Der Graphiker aber wächst nicht minder sichtbar über seine Vorbilder hinaus. Der exakt« Kupferstecher, geschult, als Gold schmiedlehrling früh schon mit Metallplatte und Stichel umzu- gehen. schafft dem Kupferstich seinen nie mehr übertrofscnen Stil. Erhöht die graphische Wirkung im Gegensatz von Schwarz zu Weiß. Gibt sich im Ringen darin ganz aus, in langen Jahren, da kaum ein farbiges Bild unter sein«» Händen ent steht. Sckongauer. der Lehrer und Vorfühler, erhält ein« künstlerisch« Rechtfertigung durch Dürer. Sollen wir die be kanntesten Blätter hier noch nennen? Auch in der Reihe der Holzschnitt«? In welcher schnitzerischen Beherrschung des Werk stoffs spornt da Dürer sein« schneidenden Gehilfen an? Das hat sich in ähnlichem Maße nur noch einmal unter Menzel im vorigen Jahrhundert wiederholt. Jetzt erhalten di« grafischen Techniken durch Dürer Selbstwert und eigene Bildgeltung; der „Peintre-Graveur" reiht sich vollgültig ein. Dem Geist und vrr Phantast«, die nur durch di« formale Durchforschuug, die errungene Gesetzlichkeit des nach der idealen Form strebenden Meist«« ein« geiviss« Birümng erhält, folgt im gleichen Sckritt