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Sächsische Volkszeitung : 15.12.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-12-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192712156
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19271215
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19271215
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-12
- Tag 1927-12-15
-
Monat
1927-12
-
Jahr
1927
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 15.12.1927
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M MNSMk WEM Fünfundzwanzig Zeugen Vor dem Schwurgericht des Landesgerichtes Frank- surt a. O. Kot am Niontog die zunächst auf vier Taue berechnete vauptverhandlung gegen die Arensdorfer Landwirte August und Paul Schmelzer begonnen. Der Äntlage liegen di« tief bedauerlichen Vorgänge, die sich in dem Flecken Arensdors am 25. Juni d. Js. abgespielt haben, zugrunde. An dieiem Tage po sierte ein Landkrastwage» mit Reichsbannerleuten besetzt und geleitet von radsahrenden Neichsbannertameraden. von Erkner kommend. Arensdorf mit dem Ziele Frankfurt a. O. zur Teil nahme an einem Reichsbannersest. Zwischen einem der Rad fahrer und Werwolfangehörigen, die sich am Wege ausgestellt haben, kommt es zunächst zu einem Wortwechsel und dann zu Tätlichkeiten. Der Reichsbannermann wird vom Rade gerissen und verprügelt. Die Reichsbannerangehörigen aus dem Landauto stoppen daraufhin ihren Wagen und kommen dem Kameraden zu Hilse Es entsteht eine allgemeine Schimpferei und Schlä gerei zwischen Ortsangehörigen und den Reichsbannerleuten. Auf Seiten der Arensdorfer standen der Briuernhofbcsitzer Paul Schmelzer und sein Sohn August in vorderster Kampffront. Der Vater schwang eine Forke, nach anderen Aussagen eine Sense, der Sohn war zunächst mit einem Säbel bewaffnet. Uno als ihm der abgenommen und krummgebogen worden war lies er spornstreichs nach Hause und bolte aus dem verschlossenen Kleiderschrank des Vaters ein hinter den Kleidern verstecktes Jagdgewehr, nahm sich dazu Patronen aus der Tischlade und stürzte wieder aus die Strotze. Viermal hat er — wie es Hecht, aufgehetzt vom Vater oder von anderen Ortsbewohnern —, mit Pistolen geschossen. Der Angeklagte behauptet, zweimal in die Lust, gewissermatzen als Schreckschüsse, geschossen zu haben. Aber die als Reoei^.äger zugelassenen, damals verletzten Neichsbannerleute und andere Zeugen bekunden, datz alle vier Schüsse mitten hinein in den Reichsbannertrupp abgeseueri worden find. Schrecklich waren die Folgen der Schüsse Ein Neichsbannermann, Karl Tietze, war auf der Stelle tot: ein anderer. Richard Wollank. starb vier Wochen später an den Folgen seiner Verwundung: verschiedene Schwer- und Leicht verletzte mutzten ins Krankenhaus geschafft werden. Einer von ihnen hat achtzehn Wochen dort verbringen müssen: mehrere leiden noch an den Folgen ihrer Verletzungen. Die Anklage lautet gegen den Sohn August Schmelzer auf oolle"dci-'" in ""e> Füllen and versuchten ^"t'^'ag in sechs Fällen, gegen den Vater Paul Schmelzer auf Anstiftung zum Totschlag. Es ist zu hassen, datz die mehrtägige Ver handlung eine restlose Aufklärung der unfatzlichen blutigen Tat bringt. Man wird das Ergebnis des Prozesses abwarten müssen, ehe man endgültig urteilt, wenn es auch scheinen mag, als stünde schon nach dem ersten Verhandlungstag der Sachverhalt ziemlich unverrückbar fest. Eine Ueberlegunq aber wird man schon heute anstellen können, und in dieser Ueberlegung scheinen sich di« publizistischen Oraanc aller politischen Laaer einig ru sein: Di« Arensdorfer Bluttat ist rin Mene-Tekel für diejenigen, dl« der politische« Verhetzung urteilslos folgen. August Schmelzer wird überein stimmend als ein Mensch geschilden. der von der Welt nichts weih und auch nicht viel wissen will: der eine auheordentlich traurige Figur ist, der einen wenig intelligenten, höchstens ver schlagenen Eindruck macht. Gerade auf solche Leute aber wirkt die Verhetzung Unverantwortlicher am stärksten, und mit welchen Folgen, das hat die Arensdorfer Bluttat erschreckend dargetan! Der angeschüttelte Angeklagte will sich hinter den Schutz des 8 5,1 verkriechen, aber durch die ganz« Art seiner Verteidigung, durch die Schlauheit seines Versuches, durch Kassilier ihm günstige Aus sagen der Eltern, vielleicht auch anderer Ortsbewohner, zu er- reichen, scheint er selbst gegen seine Verschanzung hinter Unzu rechnungsfähigkeit im Augenblick der Tat zu zeugen li. Am zweiten Tag des Prozesses erfolgte die Vernehmung der Zeugen aus Arensdorf gewidmet. Nicht weniger als 25 Zeugen konnte der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Rothe, bei Beginn der Verhandlung aufnehmen Rechtsanwalt Dr I. beantragt« die Vernehmung des Zeugen von Alvensleben und vorläufig« Ausweisung aus dem Zuhörerraum. Das Gericht beschloh, sich die Vernehmung noch vorzubehalten, und bat Herrn von Alvens- lebcn, den Zukörerraum einstweilen zu verlassen Auf die Frag« von Alvcnslebens, ob das eine Ausweisung sei, erwiderte der Borsitzende, es sei ein« Bitte Daraus erklär,« von Alvensleben, dah er im Saal bleibe. Nach einiger Zeit wurde dann von Alvensleben die Ladung als Zeug« zugestellt, so dah er den Saal verlassen mußte. Die Zeugenvernehmung wurde dann fort, gesetzt Ein Rcichsbannerangehöriger, der am Tag« des Zu- >amnl«nstohes eine halbe Stunde vor dem Auto mit dem Rade Arensdorf passiert hatte, bekundete, dah er ans seiner vier stündigen Fahrt nirgends belästigt worden sei, nur in Arensdorf sei er von einiaen Leuten mit Hitter-mützen bedroht worden Der fünfzehnjährige Angehörige des Wehrwolf Willy Hossmanii, landwirtschaftlicher Arbeiter in Arensdors behaup tete, von dem Meichsbamierauto sei dem begleitenden Rad fahrer zugerufen worden, er solle sich den mit der Wehrwolf- mütze mal genau ansehen. Daraus sei der Streit entstanden, zu dem dann Zemlrc hinzu gekommen sei. Nun sei der Reichsbannerradfahrer auf Zemke losgegangen, worauf sich die Schlägerei entwickelte. — Der Zeuge Zemke bekundete, datz er dem Reichsbannerradfahrer mit dem Hoftmannschen Eichenknüppel eins über die Schulter gegeben habe Dann seien Reichsbannerleute hinzugekommen und er sei ver droschen worden. — Die Sensation des Tages bildete di« Vernehmung des dreizehnjährigen Will! Vormelcher, der angab. der alte Schmelzer habe im Vorbeigehen gesagt: „August, nun aber ran mit der Flinte!" An die Aussagen dieses Zeugen knüpft sich eine längere Auseinandersetzung, in der von seiten der Verteidigung die Glaubwürdigkeit des Zeugen angczwcifelt wurde. Auf Antrag des Nebenklägers versvrach der Vorsitzende die Ladung von Prof. Placzek als Sachverständigen für die Bewertung von Kindcraussagen. »alionalen gab Abg. Laverrenz eine Erklärung ab, in der n in der Vorlage di« Einlösuilg e nes der Beamtenschaft gcge denen alten Versprechens begrüß!« mit dcm Bedauern, dah cs rngefichts der ungünstigen Finanzlage nicht durckzujetzcn gewe sen wäre, auch die Pensionäre nach den gleichen Grundsätzen wie die im Dienst beiindlichen Beamten zu behandeln. Jeder versuch, Pinsionskllrzilngen durchzusühren, wird von den Deutsch- rationalen abgelehnr. Die Erklärung verlangt dann zusammen mit einer Zusammenstellung des Bihördenaufbaus eine Ver- waltungsresorm zugleich mit einer durö greisenden Berfa Nungsresor m. Der Sprecher der Deutschen Dolks- partei, Abg Morath. sah mit Rücksicht aus nicht erfüllte auch berechtigte Wünsche infolge der schlechten Finanzlage ein« Ver besserung der Vorlage in dem Ersatz der vorgesehenen indivi duellen Zulagen durch Weitere Besoldungsgruppen. Die Angriff« der Oppositionsparteien wies er mit dcm Hinweis zurück, datz die BesolLungsordnung im engen Zusammenhang mit der preuhischcn Regierung ausgestellt worden sei. Er gab damit den vom Abgeordneten Bender gegen die Regierungsparteien er habnen Vorwurf der Demagogie an die Angreifer zurück. Ebenso wandte Abg. Morath sich gegen den sozialdemokratischen Vor schlag. die Deamtenorganisationen etwa in die Stellung von Tari,Io»trahenten zu drängen. Abg. Seppel (Saz) erwiderte gleich seinem Vorredner, indem er auch aus die Stellungnahme des Abgeordneten Stegerwald zurückkam, der die schlechte Vor bereitung des Entwuns gerügt habe, wie er überhaupt seine Antwort in der Hauptsache auf d.n Vorwurf der Verschleppung der BesoLungsresorm zuspitzt«, für di« das Jahr 1925 die beste Zeit gewesen wäre. Abg. Seppel machte dann der Bcsoldungsvrdnung den Vor wurf, Latz sie für die Beamten ein Danaergeschenk in ideeller Hinsicht sei, da den unteren und mittleren Besoldungsgruppen damit die Aufstiegsmöglichkeit genommen werde. Der demokratische Abg. Dietrich-Baden machte einen Angrisf aus die Wirtschaftspaktes, welche im Ausschuß ganz ver schiedene Ansichten vertreten habe. Den Regierungsparteien warf er Mangel an klaren Richtlinien und an einer festen Füh rung vor Im übrigen trat er für die Aufbesserung der Gehälter lm Interesse auch des Staates selbst ein, ebenso für eine Er höhung der Gehälter der oberen Beamten, die wegen ihrer geringen Zahl kein« grotze Wirkung auf die Reichssiuanzen habe. Bezeichnend für den demokratischen Sprecher war. datz er neben einer Verwaltungsresorm auch für eine Verfassung s- resorm vor allem hinsichtlich der Länder eintrat. Er vertrat dann noch die bekannte Forderung, datz der Reichsgericht s- präs ident das gleiche Gehalt beziehen müsse wie die Mini ster. eine erklärliche Sonderanschauung der Demokraten, di« in der wirklichen Bedeutung der Minister und Staatssekretäre für den Staat im Gegensatz zu der des Reichsgerichtspräsidcnten keine Stütze finden kann. Es ist nicht verwunderlich, datz der kommunistische Sprecher, Abg. Torgler, besonders hef tige Töne anschlug. Es fehlte bei ihm nicht an Vorwürfen gegen das Zentrum, wie al»er vor allen Dingen an ironischen Bemer kungen gegenüber den Sozialdemokraten und Demokraten unter Hinweis auf die Haltung ihrer Minister in Preutzen. Die vor liegende BesolLungsordnung sei das reaktionäre Produkt des reaktionären Bürgertums. Für den Ausdruck, die Haltung der Sozialdemokraten und Demokraten mache den Eindruck, datz sic ihre Minister in Preutzen für ausgemachte Trottel halten, brachte dem Sprecher der Kommunisten eine Rüge von Seiten des Präsidenten Locbc ein Abg. Luke (Wirlschp) brachte trotz Verständnisses für die Notwendigleit einer aiigcmesfenc» Erhöhung der Beamtenge- häiter Bedenke» gegenüber steuerlichen Auswirkungen vor. Be kanntlich aber besteht nach öfteren Erklärungen des Reichsfinanz ministers Dr. Köhler kein Grund zu der Befürchtung, datz die Besoldungserhühung neue steuerliche Belastungen mit sich bringt. Im grotze» und ganzen mutz man sagen, datz die Ausführungen ves Redners der Wirtschastspartei sich nicht gerade durch Folge richtigkeit auszeichneten. Das Wenn und Al>«r gegenüber der Besoldungsresorm lief denn schließlich darauf hinaus, datz die Wirtschaftsparici besonders stark die Notwendigkeit betonte, den mittleren und unteren Gruppen zu helfen, unter Einsparung bei den höheren Gehältern und beim Reichshaushalt. Im an deren Falle schlug die Wirtschafte, arlei vor, sich jetzt um eine Erhöhung der bestehenden EelMtcr in den Gruppen 1 bis 10 ru beschränken auf eine Eihöhung von 30 Prozent bei den Gruppen 1 bis 5, von 25 Prozent bei den Gruppen 5 und 7 und von 10 Prozent bei de» Gruppen 8 bis 10. Inzwischen war von den Regierungsparteien ein A c n d e r u n g s a n t r a g tingegangen, wonach für die Dauer von zunächst 5 Jahren, be ginnend mit dcm 1. April 1928, von je 3 freien oder jreiwcrden- den planmätzigcn Beamtenstcllcn der Bejoldungsorünung (aufsteigende Gehälter), eine Stelle wegsallen soll, salls die Ge schäfte durch eine Hilfskraft wahrgcnommen werden können. Diese Bestimmung soll für Länder. Gemeinden und Organe des ösfenilichcn Rechts entsprechende Anwendung finden Aus nahmen sollen nur mit Zustimmung des Rcichssinanzministers statthaft lein. Es folgte dann die bereits wicdcrgegcbcne Erklärung der Z e n t r u m s f ra k t i o n, deren Sprecher der Abg. Allekotte war. Als Äkrtreler der Fraktionsminderheit stellte Abg. Stegerwald fest datz die Fraktionsminderheit nicht grundsätzlicher Gegner der Besoldungsresorm sei. datz sie aber eine Besoldungsresorm nur in Verbindung mit einer Verwaltungsresorm durchgeführt wissen wolle. Aiig Groß (Zentrum) wandte sich gegen die Demagogie der Wirtschnflspartei Die Wirtschafts-Partei beklage sich >m Plenum über di« Betastung des Mittelstandes durch die Vor lage. im Busschutz aber Hab« sie Anträge gestellt, dl« über die Regierungsvorlage hinaus eine Belastung von weiteren 100 Millionen ergeben hätten! — Den gleichen Vorwurf erhob der Abg. Schmidt, Stettin, (Dnat.). Der Abg. Lucke (Wirtsch. Vereinig«,.) wusste darauf nur zu erwidern, datz die Zahl 100 Millionen falsch sei, so hoch wäre die Mehrbelastung bei Annahme der Anträge der Wirtschaftspakte! nicht gewesen. — Demgegenüber wurde von seiten der Regierung erklärt, diese Zahl beruhe aiif genauen Berechnungen und sei durch aus zutreffend. Die Weiterbcrotung erfolgt am Mittwoch. Auf der Tagesordnung stehen neben der Bcsoldungsvorlage Anträge zur Erwerbslasenfürsarge. Die Besoldungsvorlage dürste >n der heutigen Sitzung in zweiter Lesung verabschiedet iverden. Flüche vehauplungen Zentrum und Besoldungsgesetz. Die Anträge, die mit dcm Besoldungsgesetz nach den Mitteilungen in hiesigen Morgenblättcrn verbunden sind, sind sowohl von der Regierung als auch von den Regierungsparteien angenommen worden. Das mutz ausdrücklich solchen Prcsscnutzcrungen gegenüber sestgestcllt werden, die eine andere Auffassung vertrelen. Beispielsweise hat der „Tag" (Nummer 297) heute früh die Behauptung aufgestellt, die übrigen Frak tionen der Ncgierungskoalition hätten die Entfchlietzungcn und Vorschläge des Zentrums abgelehnt und autzerdem hätte das Zentrum seine Wünsche erst kurz vor der zweiten Zesung d"r Bcsoldungsvorlage angekündigt. Beide Behaus ungen entsprechen nicht den Tatsachen. Nach lan gen, gestern stattgefundcncn Verhandlungen haben sich auch die Dcutschnationalen und die Deutsche Bolkspartei auf den Boden der Zentrumsanträge gestellt. Wenn der „Tag" meint, das Zentrum habe offenbar die Absicht, die Ent- ' schlietzungen mit den Stimmen der Linken gegen die Koa lition ooryubringen, so ist diese Ausfassung als ganz ab wegig zu bezeichnen. Allerdings hegen wir die Hoffnung, daß die Oppositionsparteien den Zentrumsanre gungen gerechte Würdigung zuteil werden lasten und sich zur Zustimmung entschließen. Jedenfalls ist im Aufträge der Regierungsparteien den Sozialdemokraten und Demo kraten der Wortlaut der Anregung noch vor Drucklegung mitgeteilt worden. Der „Tag" spricht autzerdem vom Eingreifen in das Beamtenrecht. Demgegenüber mutz festgestellt werden, datz dies in keinem einzigen Falle zutrifft, eine Tatsache, die aus dem Wortlaut der Anträge ohne weiteres zu ent nehmen ist. Auch di« Entschließung über die Staats- und Verkehrsarbeiter ist von den Regierungsparteien unter schrieben worden. Im übrigen hat das Zentrum seinen Wunsch auf Verwallungsvereinfachung bereits vor mehr als 14 Tagen ansemeldet. Seit dieser Zeit haben auch ununterbrochen Verhandlungen mit den Koalitionsparteien nach dieser Richtung hin stattgefunden, so daß sie letzten Endes zu dem jetzt vorliegenden positiven Ergebnis geführt haben. Man möchte Blättern, die zur Koalition gehören, den dringenden Rat geben, mit grund losen Verdächtigungen zurückzuhalten, die nicht im Interesse der Zusammenarbeit der Regie rungskoalition liegen. Ne Veihriachlsdeihilse für die Sozialrentner Alle dafür außer den Deutschnationalen. Bei der Abstimmung im Sozialpolitischen Aus schuß über den Antrag des Zentrums, nach dem bereits ein- gcleillen Verteilungsschlüssel 25 Millionen Reichsmark als Wcihnachisbeihilf« an die Sozialrentner zu geben, ergab sich ein merkwürdiges Bild. Förden Antrag stimmte das Zen trum, die Deutsche Volkspartei, die Demokraten und die Sozia listen, di« Dcutschnationalen enthielten sich der Stimme. Das ist um so merwürdiger.als nicht nur eine Partei als ausgesprochene Negierungsspartei sich dem Antrag eines ihrer ausschlaggebenden Koalitionspartner versagt und das im Gegensatz sogar zu den Oppositionsparteien, die sich glatt für dicsen Antrag erklärten, sondern auch mit Rück sicht auf den Inhalt des Zentrums«»,träges. Es handelte sich hier um besonders uotleidcicke Volksschichten, die wohl Verständ nis von seiten sämtlicher Parteien des Reichstages verdient hätten. Die Deulfchnationale Dolksparlci wird es ja letzten Endes selbst zu tragen haben, datz sie sich von einer sozialen Pflicht ausgeschlossen hat, deren Erfüllung angesichts des bevor stehenden Weihnachtsfestes besonders dringend war. Mit einem solchen Verhalten beweist man wohl am allerwenigsten, dah man soziales Verständnis am rechten Ort aufzubringcn vermag. Dafür gibt cs in keiner Weise Rcchtsertigungs- »,td Ent- /chuldigungsgründe. Ein Lleseubrand !n tikimen Kowno, 12. Dezember. In dcm litauischen Städtchen Olita wütet seit gestern abend ein ungeheurer Brand. Bisher sind die Häuser eines ganzen Polizeibezirks hernntcrgebrannt. Hunderte von Familien sind obdachlos geworden. Auch ans Kowno ist Feuerwehr zur Hilfe abgerückt. Die Regierung Hai Vertreter nach Olita entsandt, di« Hilfsmaßnahmen einleiten sollen. Ob Menschen nmgekommen find, ist bisher noch nicht festznstellen. « Das amerikanische Flottenprogramm Eine Milliarde Dollar! Rcuyork. 13. Dezember. Dem amerikanischen Kongreß geht heut« das neue Flotten programm zu, das sich aus fünf Jahr« erstreckt und dessen Aus führung eine Milliarde Dollar kostet. Zur Ersetzung veralteter Großkampstchiffe sollen vier neue zu je 60 Millionen Dollar erbaut werden. Außerdem ist der Neubau von 26 Kreuzern des 10 000-Tonnen-Iyps, von fünf Unterseebooten und >8 Zerstörern vorgesehen. Mit der Annahme dieses Pro gramms durch den Kongreß wird gerechnet. Präsident Coolidge erklärte, die andern Nationen sollten sich durch das amerikanische Flotlenprogramm. das im Einklang mit dem Washingtoner Abkomnren stehe, nicht zum Wettrüsten bestimmen lasten. Loolidges Haltung in der Frag« der Seeabrüstung wird mit jedem Tage bedenklicher. Alle Anzeichen deuten darauf hin, datz es Amerika auf ein Wettrüsten ankommen lasten und die friedensfreundlichcn englischen Gesten ignorieren wird, da es bei diesem Wettrüsten seines Sieges gewiß ist. Durch diese Haltung wird der Erfolg einer neuen Seeabrüstungsrdnferenz von vornherein in Frage gestellt. Vieberaofroüllng des Prozesses Markt Wien, 13. Dezember. Der Oberste Gerichtshof als Kassationsgericht hat. wie die „Neue Freie Presse" ersdhrt, in nichtöffentlicher Sitzung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das frei sprechende Urteil im Prozeß Emil Marek und Gattin statt- gegeben und das Urteil aufgehoben. Emil Marek und Frau standen, wie erinnerlich, im Juni d. I. vor dem Wiener Schöffengericht unter der Anklage des Vcrsickiernngsschwindels. Der von Marek mit der Versicherungsgesellschaft nach Be endigung des Prozeßes abgeschlossene Vergleich wird, da er be dingungslos abgeschlossen wurde, von dem Urteil nicht berührt. Kommunistische Unruhen in Kanlon Hongkong, 12. Dezember. Der Kampf der Generale um die Herrschaft in Kanton hat zu schweren kommunistischen Ausschreitungen geführt. Die Tore zwischen dem Europäerviertel Shamicn und der Chincsenstadt mußten geschlossen werden. Die aus der anderen Seite des Flusses stehenden Truppen Tschanfakuals befinden sich im An griff gegen Kanton. Bei den Kämpfen find in allen Stadtvierteln Brände ausgebrochen. Die Lhinesenstadt wurde von den Angreifern unter Feuer genommen. Die meisten Aus länder räumen die äußeren Bezirke und ziehen sich nach Kanton zurück. Die Kommunisten sind in der Stadt die Herren der Lagk Die Regierung hat ein nach dem Muster der Sowjets gebildeter Volksrat übernommen, in dem außer einem bekannten Führer der Seemann-Union der vormalige Sekretär Borodins als Kricgskommissar sitzt. Di« Vorgänge in Kanton werden von der englischen Press« als ein Wiedererwachen der russischen Tätigkeit in China an gesehen. ,Dime s" schreibt: Di« letzte Rede Bucharins aus dem Moskauer Kongreß läßt eine neu« Zuversicht bezüglich Chinas erkennen, und die Vorgänge in Kanton bilden die Be stätigung dieser Worte. Die endlosen persönlichen Streitigkeiten und die kleinliche Selbstsucht der chinesischen Führer liefern das Land auss neu« den kommunistischen Umtrieben ans.
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