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IS« Jahre Dresdner Gasleitung Am 17. Dezember 1827. mithin vor IVO Jahren, legte man in Dresden das erste Gasrohr. Es wurde unter der »ecynischen Leitung des von der Polizeibehörde mit der Gaszubereitung be trauten Inspektors Blochmann an der katholischen Haikirche am 17. Dezember 1827 in die Erde gesenkt. Dieser Techniker hatte nach dem Muster anoerer Städte End« 1827 die erste Gas anstalt in Form einer »nsci)«inboren Anlage in den alten Festungswerken am nordöstlichen Ende des Zwingerwailes er richten lassen, um dort den neuen Leuchlstoss zu sabrizieren. Trotz schwerer Bedenken, die man in der Oesfentlichkeit gegen „ads Licht der Zukunft" hatte, wie man damals die schon i» Berlin und Hamburg ersten brennenden Gaslaternen aus der Straße nannte, nahm der weitere Ausbau des Dresdner Gas- rohrnetzes seinen ungehemmten Fortgang. Die erste Rohr-- leitung an der katholischen Kircl)e wurde alsbald bis zum Schloß und dem Taschenberg Palais erweitert. Dresden sah drei Tage nach der Geburt des Prinzen Albert, am 27. April 1828, die erste Gaslaierne am Georgentor brennen. Bis zum Ende des gleichen Jahres wurde die Gasleitung nach dem Alt markt gelegt, auf dem der erste Gaskandelaber in die Mitte «inaesetzt wurde, der am 15. August des gleichen Jahres erst malig sein Licht spendete. Im Laufe der nächsten Jahre lagen n Dresden Sie Gasrohrleitungen aus dem Neumarkt, dessen erster Kandelaber am 6. Mai 1880 brannte, und weiter aus der Augustusbrücke, dem Neustüdter Markt und der Hauptstraße, dann 1813 in der Wilsdruffer Gasse, ein Jahr später aus dem Pirnaischcn Platz in der Frauen- und Sporergasse. Die kleine Blochmannsche Gasanstalt, die 1833 in städtischen Besitz über- geqangen war, wurde sechs Jahre später nach der Stiftsstraße verlegt und dort im größeren Umfang neu aufgebaut. Die Hauptversorgung Dresdens mit Gas und zwar auch der Altstadt erfolgte dann durch die 1864 in der Neustadt errichtete Gas- sabrlk, zu der sich das heutig« große Reicher städtisch« Gaswerk gesellte, dessen Grundstein vor 50 Jahren im Herbst 1877 gelegt und das 1883 in Vollbetrieb genommen wurde, um dann im Laufe der Jahrzehnt« allmählich seine heutig« gewaltige Erwei terung zu erfahren. Vor 50 Jahren betrug in Dresoen die Gasabgabe pro Stunde 6880 Kbkm., um I960 war der Verbrauch Millionen Kbkm. Der heutige Tagesumsatz beträgt üurch- lchnittlich 350 000 Kbkm. vrerrlen unrl Umgebung Noch ein Ankrag zur Desoldungsfrage Dresden. 16. Dezember. Die sozialdemokratische Fraktion hat im Landtage einen Antrag eingebracht, den ini Dienst stehenden Beamten eine einmalige Erhöhung von mindestens 30 Prozent bei einem bis herigen Anfangsgrundgehalt bis zu 2000 Mark, mindestens 25 Prozent bei einem solchen bis zu 4000 Mark, mindestens 20 Prozent bei einem solchen bis zu 0000 Mark, mindestens jedoch 40 Mark durch persönliche Zulagen zu gewähren, so lange sie nicht durch die neu« Besoldung bessergestellt werden. Zwei tödliche AukounMe vor Gericht Dos Gemeinsame Schöffengericht verurteilte gestern den Kraslwagensührer Poslhojf wegen fahrlässiger Tötung und Vergehens gegen das Krastsahrgesetz zu zwei Monaten Gefängnis. Er hatte am 7. September kurz vor Mitternacht den Schlosser Dakob, der vor einem Straßenbahnwagen die Straße überschritt, überfahren, so daß Jakob an der erlittenen Verletzung im Krankenhause verschied. — Dagegen gelangte dos Gericht bei der Verhandlung des Autounsalls vom 27. Sep tember aus der Großenhainer Straße, dem die in den zwan- ziger Jahren stehende Kontoristin Ellen Glück zum Opfer siel, zum kostenlosen Freispruch -es wegen sahrlässiger Tötung an- geklagtcn Kraslwagensührers Obst. Es konnte sestgestellt werden, daß die Verunglückte weder Uber- noch angesahren worden ivar, sondern sich lediglich mit der linken Hand selbst vom Anhänger des Lastkraftwagens abgestemmt hatte, wobei sie zu Fall kam. Sie trug bei dem unglücklichen Sturz eine vollständige Ablösung der Haut des linken Beins davon, die noch erfolgloser Operation zum Tode führte. : Weihnachten im OSkar-Seyffert-Museum, Dresden N., Asterstvaße 1 beim Zirkus. Große und kleine Hände arbeiten, kle ben goldene oder buntfarbige Kette», fallen blitzende Sterne, backen Pfefferkuchen oder bringen Schmucksache» für den Christbaum fertig, an die »och kein Mnsch gedacht hat. Vom 17. Dezember bis 1. Januar kann die ganz« weihnachtliche Herrlichkeit täglich von S bis 2 Uhr, Sonntags von 11 bis 1 Uhr bewundert werden. Sonn- Dresdner Sladlveror-netensitzung Dresden, 16 Dezember. rne Dresdner vrasroeroroneten arbeiten unter Hoch druck »veiter. Wieder liegt eine öffentliche Sitzung von etwa sechs Stunden Dauer hinter ihnen. „Aufgearbeitct" ist immer noch nicht. Die Kommunisten sorgen schon sür Beralungssloff durch reichliche Agitatiosanlräge. Zunächst einige Zahlen und Daten, die für sich reden: 350000 Mark werden im Haushaltplan 1028 sür Schul- und Kin- serspelsungen bewilligt. 190 000 Mark hat die Stadt als Schen kung erhalten zur Errichtung einer Waldschule unterhalb des FischhauseS. Dresden beschästigt insgesamt 17 765 Beamte, Ange stellte und Arbeiter. 1709 weitere Arbeiter nur vorübergehend. Das Kollegium hat dem Plane der Errichtung eines Stadions in Dres den-West sowie der Erhaltung des Grüngeländcs zwischen Penn- richer, Steinbacher, Hebbel- und Verlängerung der Hölderiinstraße zugestimmt. Der St». Hein (Soz.) scheidet krankheitHalber am 31. Dezember 1927 aus dem Kollegium aus. An seine Stelle dürfte der Fräser Otto Scheinpslug treten. Der Vorstand der Stadtbank wird ermächtigt, Bürgschaften bis zur Höhe von 100 000 Mark im Einzel- fallc zu übernehmen unter der Bedingung, daß die zu übernehmende» Bürgschaften in das Kreditkontingent der Stadtvank einzurechnen sind. In der Frage der Erhöhung der Grund- unl^Gewerbcsteuer haben die Stadtverordneten klein beigegebcn. Es würbe beschlossen auf die Anrufung der Gemeindekammer zu verzichten. (DaL Eini- gungsversahren zwischen Rat und Stadlverordnelen war bekanntlich ergebnislos verlaufen). Ein weiterer Beschluß setzt sich für eine Erhöhung der Gemeindeanteile aus dem Finanzausgleich ein. Die Eingemeindung des Gutsbezirkes Albertstadt soll beim Innenmini sterium energisch weiterbetrirben werden. Längere Aussprachen riefen zwei beliebte Themen hervor, die Wohnungsfrage und die Frage der Weihnochtsbeihilsen. Ein kom munistischer Antrag Helm verlangte die Aushebung der Ver ordnung über die Lockerung der Wohnungszwangs wirt s cha s t vom 6. April 1927. Sofort war die übliche verständ nislose Scheidung der Geister in Hausbesitzer und Mieter wieder her vorgezaubert. Die Hausbesitzer können sehr ironisch darauf Hin weisen, daß sich in Sachsen die Lockerungsverordnung bisher über haupt »och nicht ausgewirkt habe. Die Umstellung von gewerblichen Räumen sei für die Wirtschaft, insbesondere sür die mittelständischen Gewerbetreibenden, außerordentlich befruchtend. Stadt rat Müller wies daraus hin, daß sür die Wohnungen mit über 2200 Mark Friedensmlete wohl die Zwangswirtschaft aufgehoben sei, d« Mieterschutz aber genau noch so gut gelt« wie sür die kleineren W«^ nungen. Von „katastrophalen* Auswirkungen könne deshalb schon gar keine Red« sein. Nur die gewerblichen Räume könnten für End« März gekündigt werden. Der Handelskammer sei bisher kein Fall besonderer Härte bekannt. Die Gcwerbekammer habe nur einen Fall gemeldet. Der Kleinhandelsvcrband spreche von einer Reihe von Beschwerden. Die BezirkSinspektionen hätten sechs Fälle milgetcilt, deren Prüfung freilich ergeben habe, daß sie zum Teil nicht auf die Verordnung zurückzusühren seien. Zur gewissenhaften Prüfung wurde eine Ausschußberatung verlangt. Das Wortgeplänkcl geht um die Begriffe Mieterschutz und Wucherschutz hin und her. Auch von demokratischer und volksparteilicher Seite wurde sür den Mieterschutz sür kleine Gewerbetreibende plädiert, während sich die Wirtschafts- Partei scharf gegen den Antrag wandte. Der Antrag wurde schließ lich in sofortiger Schluhabstimmung gegen 29 Stimmen zum Br- schluß erhoben. Nach einer kürzeren Aussprache wird rin Antrag Finsterbusch (Soz.) für die Zurückziehung der Richtlinien über Ruhestandsbezüge von Gemeindearbeitern und -angestellten vom 20. August 1925 bei der sächsi'chcn Regierung einzutreten, zum Beschluß erhoben. Der Rest der Sitzung war der Frage von Weihnochtsbeihilsen ge. widmet. Ein kommunistischer Antrag verlangte di« Weihnachtsbeihil- se» sür Fürsorgebefohlene von mehr als einer Million Mark. Diese, Agitationsantrag ging soweit, daß selbst die Sozialisten energisch davon abrückten. Stv. Rösch beantragt seinerseits Aufwendungen von höchstens 150 000 Mari. Der Rat stellt sich auf den Stand punkt. daß an alle vom Fürsorgcamt lausend Unterstützten, darunter die Sozialrentner und Kinderreichen, in den nächsten Tagen die sich aus der Erhöhung der Bcdarsssätze mit Rückwirkung vom 1. Oktober 1927 ergebenden Nachzahlungen zur Auszahlung gelangen, die als Weihnachtsbeihilfe wirken. Weihnachtsbeihilfen an Erwerbslose seien seit Einführung der Arbeitslosenversicherung nicht mehr ver tretbar. Das Fürsorgeomt werde aber für Fälle besonderer Art zur Ausgabe von 40 000 Reichsmark ermächtigt. Schließlich wurde vom Kollegium der Antrag Rösch einstimmig angenommen. Auf Vor schlag des Ausschusses wurde ein Antrag zu besonderen WclhnachtS- beihilfen sür alle vom Ortsanrt sür Kriegerfürsorge Betreuten, dir abermals 1F Millionen Mark erfordern würden, abgelehnt. Gegen 12,45 Uhr morgens wurde die Sitzung abgebrochen. Die Tagesordnung soll am kommenden Montag fortgesetzt werden. obend, den 17. Dezember, nachmittags 4 Uhr ist feierlich« Eröffnung. Die Reihe der Gesänge von Kindern, Schülern und Schülerinnen, Sängern und Sängerinnen, verbunden mit Ansprache des Hos- rats Professor Scysfert, beginnt am 1. Weihnachtsseiertag vormit tags 11 Uhr und dauert bis zum Ncujahrstag. In dieser Zeit ist das Museuni auch noch nachmittags von 5 bis 7 Uhr geöffnet. Außerdem finden noch drei Mendsciern statt, und zwar Montag, de» 26. Dezember, Mittwoch, den 28. Dezember und Freitag, den 30. Dezember. An diesen drei Tagen ist das Museum auch abends von 8 bis 10 Uhr geöffnet. Die drei Abcndfeiern werden dann denen Gelegenheit geben, das Museum zu besuchen, die an den oben erwähnten Stunden nicht kommen können. :. WeihnachtSruh« im Flugverkehr. Nach einer Mitteilung der Deutschen Lufthansa ruht von Sonnabend, den 24. dieses Monats ' bis einschließlich 26. der Luftverkehr aus allen Strecken, während am 31- dieses Monats der Flugverkehr in vollem Umsange durchgesührt wird. : Zu dem Mordversuch in Köhschrnbroda. Der Malermeister Ernst Böhler, der am 8. Dezember 192? in Kötzschenbroda seine von ihm getrennt lebende Ehefrau durch mehrere Pistolenschüsse lebenSgejährlich verletzt hatte und seitdem flüchtig war, ist am 14. Dezember 192? in einer Feldscheune in der Nähe Weinböhlas von dem zuständigen Gendarmericbeamten sestgenommen und dem Amts gericht Meißen zugeführt worden. Er ist noch am gleichen Tag« von der Mordkommission des Kriminalamtes Dresden nach hier übersührt worden. Böhler ist im vollen Umfange geständig uiid will die Tat aus Eifersucht begangen haben. Er gibt an, nicht die Absicht gehabt zu haben, seine Ehefrau zu töten, er Hab« ihr viel mehr nur einen Denkzettel verabreichen und »ach der Tat di« Masse auch gegen sich selbst richten wollen, in der Ausregung aber dir Munition in seinen Taschen nicht gesunden. Zu einem späteren Selbstmord habe ihm der Mut gefehlt. Er ist dann geflüchtet uiw hat sich bis zu seiner Verhaftung meistenteils in der Feldscheune verborgen gehalten. In seinem Besitze wurden die Schußwaffe, sowie reichlich Munition vorgefunden. Nach Abschluß der krimi- noipolizeilichcn Verneinungen wird B. der Staatsanwaltschaft zu- geführt werden. Die schwerverletzte Ehefrau Böhlers befindet sich »och im Krankenhaus. Sie konnte noch nicht vernommen werden, da ihr Zustand immer noch bedenklich ist. Verkehrsprobleme im Elb- und Lockwitztal Dresden. 16. Dezember. Den Dresdner Verkehrsoerein beschäftigten gestern Berkehrslragen der Sächsischen Schweiz, des oberen Elb- und Lockwitztales. Die Einstellung von Triebwagen aus der Linie Pirna-Dresden werde von der Reichsbahn- direktion Dresden immer noch abgelehnt. Gewünscht würde ein Halten des Nachtschnellzuges in Pirna. Die Reichsbahn- gesellichast lehnt jedoch diese Wünsche aus Fernverkehrswiin« jchen ab. Auch die Handelskammer ist der Meinung, daß unsere sächsischen Schnellzüge im Hinblick aus den großen Durchgangsverkehr zu oft halten. Mit dem Ausbau einer Elb- laistraße P ir na —S chm i l k a beschäftigt sich «in« Eingabe, in der grundsätzlich die Förderung des Autoverkehrs in der Sächsischen Schweiz zur Belebung der schwer darniederliegen, den Fremdenindustrie gefordert wird. Besondere Klagen kom men aus dem Lockwitztal. Die dortigen Verkehrsverhältnissr werden als sehr verheerend und verbesserungsbedürftig geschil dert. Die kleinen Gemeinden und Gutsbezirke könnten die Lasten sür die S'tratzenerhaltung kaum aufbringen. Durch Ausbau der Pöbeltalbah» und der Autoverbindung Neuhausen —Blenenmühle könnten diese Gegenden sehr leicht aufgeschlos sen werden. Da aber der Plan der Lockwitztolbahn immer noch großen Schwierigkeiten begegkte, einigte sich der Verkehrs, ausschuß darauf, aus einen Ausbau der Straße und der «leli. irischen Bahn zu dringen. : Der Reichsbund für Homöopathie un» 0)c,unvheitspslegr, Sitz Dresden, hielt hier seinen zweiten außerordentlichen Bunde», tag ab. Aus dem Geschäftsbericht des Bundesgeschäsissührers Schu mann ist hervorzuheben, daß der Bund nach einjährigem Bestehen br- reits 66000 Anhänger zählt. Noch einem Referat des Syndikus Jenichen über dir gegenwärlige medizinalpolitische Loge wurden über die künftige DundeSpolitil besondere Richtlinien angenommen. Dir Neuwahl des Bundesvorstandes ergab als Vorsitzenden KobS-Berli», als Schatzmeister Richtcr-DreSdcn, als Schriftführer und Bundes- geschästssührer Schumann-DreSden. wie der Halbinder Kipling. Die Nebersetzer der drei Bücher sind H. Reisiger, Bcnvenulo Hauplniann und K. A. Reinhardt. Sie werde» deni Original vollauf gerecht. Auch i» der von uns schon oft ausführlich besprochenen und empfohlenen Sammlung „Epikon" (Klassische Romane in Muster- ausgaben) hat der Verlag Fortschritte gemacht. Uns liege» jetzt vor „Niels Lyhne" kLelnen 5 Ml.), über den wohl kaum etwas Neues gesagl zu werden braucht, H. Ficldings„TomJones" <12.— Ml.) Dieser riesige, eine Fülle unvergeßlicher Gestalten bei- gcnve, humoristische Roman, der noch immer zu den besten der Welt literatur gehört und endlich Stendhals „Rot und Schwarz" <7,50 Mk.). Dieser „Vorläufer des Naturalismus" wird jeweils in jch-ivierigen Zcilläusen wieder „modern", nur las er sich bisweilen etwas jchwer. Mir scheint. Otto Flake Hot diesem Uebelstand fast durchweg abgcholfen. Dem köstlichen und schmucken „Epikon" sei auss Neue weite Verbreiiung gewünscht. Es vermiitelt prachtvolle und wvhlseile Festgeschenke. Zck. Die Zell wir- kommen" Albertiheater Dresden. Die Zeit wird kommen ... so hossie der große pazi- sistische Kampe Romain Rolland schon 1902. als der Burenkrieg beendet wurde, in dem die Teilnahme der Welt und mancher Monarchen so unrühmliche Episoden zeitigt«. Und daß diese Mahnung auch heute wieder aktuell ist. sasür braucht man keine Zeugen anzusühren. Die Tagespresse meldet allent halben Brodeln un- Sieden. Vernichtung von Menschen durch Menschen schnöden Mammons wegen. Wird dir Zeit kommen? Fast könnte man resigniert den Kops schütteln, Kimme ver zweifeln an dem Segen der Zivilisation. Die Einheit der Völ ker, wie soll sie entstehen, wenn in den Dingen, die sich eigent lich von selbst verstehen, la wenn bei Völkern, di« sie nötiger als das tägliche Brot gebrauchen könnten, schon keine Einig keit herrscht, wenn der Deutsche schon gegen die Einheit -es Reiches die Eigenart der Stämme ousspielt.... To ist es mit diesem absoluten Pazifismus ebenfalls: er erhebt Ankla gen, schivere Anklage» und läßt es dabei bewenden. Er zeigt keine» Weg aus den Wirriole». denn leine Utopien kann man nicht dafür nehmen. Er meint, zunächst die Völker von der einfache» Logik seiner gerechten Sache überzeugen zu müssen. Das tut er nun schon reichlich lange: wenn man Romain Rol- land als seinen besten Sprecher ansiehi, schon seit vielen Jahren vor dem Kriege, den das zivilisierte Europa sich als Schauspiel sür die „Wilden" leistete. Aber die Zeit ist nicht ge» kommen! Sie ist nicht gereist. Der Pazifismus gibt dem Kapitalismus die Schuld. Das ist nur bedingt richtig, wenn man nämlich die Personen, die ihn testen, seine Machthaber also, als den Kapitalismus ansieht. Der Kapitalismus selbst könnte etwas durchaus Ideales sein. Also: seine Persönliei)- keiten heißt es gewinnen! So ähnlich werden sür den Den kenden die Eindrücke gestern abend gewesen sein. Schade nur, daß Extremisten vom Theater herab solche Eindrücke nicht ver mittelt werden können. Sie kommen nicht, weil sie den Kops in den Sand stecken müssen. Pslichtmäßig . . . Der Verfasser des Stückes ist nicht jener abgeklärte Rol land, wie wir ihn heute lieben. Er trägt bei aller unerbitt licher Strenge sehr stark aus und das ist ihm, wenn wir sein Drama als Kunstwerk betrachten wollen, nicht auf -er Haben- Seite zu buchen. Der Burenkrieg. Szenen freier Erfindung, Menschen ohne bestimmten Persönlichkeitswert und doch Por- träts, die die Aelteren von uns zu erkennen glauben. Feind gegen Feind werden in voller Würdigung ihrer Belange ge- zeichet, werden gegeneinander ousgespielt. der Engländer als der Eroberer. Fast paradox will die Betonung erscheinen: „Dieses Drama klagt nicht eine einzelne europäische Nation an. sondern Europa. Ich widme es der Zivilisation!" <So las man in Lichtschrift vor dem 1. Oktober.) Und ertappte sich dann doch dabei, daß man gegen England und seinen National- Kapitalismus Stellung nahm. Stellenweise wenigstens. Und dann kam all' das. was wir noch nicht vergessen können: Die Verzweiflung der Hinterbliebenen, das grenzenlose Elend, die sinnlos« Dernichtungswut. Auch die religiöse „Ausbeute" ließ sich Rolland nicht entgehen: beiden Gegnern soll Gott helfen. <Wie oft schon ist das widerlegt worden!) Zwischen starken und eindrucksvollen Szenen srainösische Effekte. Die beiden seindlichen Kämpfer sterben versöhnt und umarmen sich im Tode. Der menschliche Morschatt wird von einem Kind getötet, dem er sterbend vergibt und sür dessen Fortkommen er noch sorgt. D'e Witwe des Burengenerals bricht nach Versiegung ihres Hasses zusammen und gibt sich den Tod. Wäre das nötig gewesen, wenn nicht Tendenz die Szenen geleitet hätte? — Und dennoch ein Stück, das man sich anseh«» sollt«. Das werben kann und Erfolg verdient. Eine sehr sorgfällig vorbereitete Ausführung unter Bernstein bracht« ihn auch. Man hatte die möglicherweise vorhandenen Reste einer antienglischen Tendenz zugunsten bei pazisistischen, nein sagen wir menschlichen beseitigt. Die Aus. sührung ivar würdig. Johannes Steiner war der prachtvoll gesehene Marschall, eine runde Leistung von hohem Rang, Walter Zickler, der würdige, ernst-zurückhaltend« Stabsarzt, Richard Feist der gierige Kapitalist. Iähni« der Blutrauschdichter und Kriegskorrespondent, Elisabeth Huch die verzweifelte Witwe, Becker der grausame Gene ral. Einige Episodenrollen wurden zu großer Wirkung ge> bracht, so von Bogel, Verhoeven, Fischer. Der Zettel nennt noch viele Namen. Alle behaupteten sich. Das Premi, erenppblikum war tief ergriffen. Erst längere Zeit nach de» letzten Vorhang regten sich die Hände. Zck Staatsoper. In .Aristan und Isolde" hatte man Ge legenheit, Nanny La r s e n - T o d s e n. die bei den letzten Bay- reuther Festspielen außergewöhnliche Erfolge hatte, als „Isolde* kennen zu lernen. Eine Darstellerin von wirklich großem Format, je doch ohne Pose und Theaterei. sondern au» dem tiefsten Innern schöpserid. Für dieses individuell unterstrichene Spiel ist ihr ein» wundervoll kultivierte Sopranstimme mit Heller Färbung in der Höh« und sattem Klang in der Tiefe, dazwischen eine ael)altvoll« Mittel lage als Uebccbrückung, hochwertige Stütze. Auch im Ausdrucke hin- terläßt die Künstlerin einen sympathischen Eindruck, obwohl man den vollblütig-warmen Untertan vermißt. Vielleicht gibt der ..Fidelio* Gelegenheit, in dieser Beziehung noch Beirachtungen anzustellen. — Annj Heim aus Berlin sprang als „Brangäne" ein und brachte gesanglich und darstellerisch eine Erfüllung dieser Partie, wenn auch der Helle Klang ihre« Sopranes die Gegenstellung ,«r „Isolde* nicht so recht ermöglicht. Der Besuch war ziemlich mang. hast. -Ist- Gcwerbrhau«. Ein Abstecher aus dem Opernhause führte mich in das 3. Abonnement-Konzert des Berliner Dirigenten Dr. Fried«, Weiß mann, das unter dem Protektorat des Richard-Wagner- VcrbandcS Deutscher Frauen (Ortsgruppe Dresden) stand. Das Programm sah diesmal etwas bunt aus Werken des aliitalienische» Abbale Antonio Vivaldi <1680—1743, Venedig) und des Opern.