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Freitag, -en 25. November 1927 Unz»Ig««t>r»tse, DI. I gespaltene PeMzetle 80 -!. gmiiiNe»- an,eigen mit» Stellengell,che »«» 4. Die PcttlreNamezctl«, ktl> Mtlltmeter breit. I ^ Offer>e„gebithr S<» 4 bei lieber« sendung bnrch die Post aichcrdem Partorulcklag. Im iZalle höherer Aewait erlischt sehe Verpstichiung auf Lteterung sowie CrslMimg v. Anzeige,i-rlusirögen u. Leistung v Schadenersatz, «ctchltstlicher Teil: Artur Len,. Dresden. Nummer 272 — 2«. Jahrgang Irlcheint «mal wöchentlich mit den tllustrtrrte» VrattSbetlagen .D,e Weit' und .gtlr „ntere Netne» Leute', sowie de» Leit- betiagen .St. Leimo-BIatl', .llnierbattung und Wissen'. .Die Weit der Iran'. „Aerztltcher Ratgeber'. .Dar gute Buch" .Mn,r>,»dlcha„'. Monatlicher BezugSPretr s.- Mt. etnscht. Bestellgeld. Einzelnummer I« g Sowitagnummer »8 4- Hanptschriitleiier: Dr. G. D«Sc,t>k, Dresden. «leschitftSftetle, Druck u. Verla« - lltermania A.-r« l iir Verlag und Druckerei. Filiale Dresden. DreSden-A. l. Poliersirakell. FernniiltiNlS. Vosi'cheMonlo Dresden 9703. Vanktonto Etaptbau' DreAken Nr Nl7ift FKr christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen Volközettuua DreSden-illtsiad! 1 Pollerslrahe 17. Feriirui 20711 und rioir. Der Schulskandal in Osterode (Von einem ostpreußischcn Mitarbeiter) Osterode O.-Pr., 21. November. Ts ist wiederholt betont morden, wie unangenehm die Ent wicklung unseres Schulfalles besonders bei der deutschnationalen Partei empfunden wird. Es unterliegt keinem Zweifel, daß man endlich diese Angelegenheit liquidieren möchte, um so mehr, als die mehr als starrköpfige Haltung unserer Stadtverordneten, zu denen immerhin auch die deutschnationalen gehöre», sür die Dauer untragbar wird. Nachdem die gesamte Presse Ost preußens, ja man kann sagen Deutschlands und darüber hin aus, diesen eigenartigen Fall eingehend behandelt hat, dürfte die neueste Entwicklung, wie sie von hier aus erscheint, auch das Interesse der Leser dieser Zeitung finden. Er entzieht sich der Kenntnis des Schreibers dieser Zeilen, wieviel eingeschriebene Mitglieder die hiesige Ortsgruppe der deutschnationalen Partei zahlt. Soviel steht fest, daß vor der Nicderlegung des Stadtverordnetenmandats Dr. Kl ix' be stimmt vier eingeschriebene Mitglieder der Partei dem Stadt verordnetenkollegium angchörten. Zu diesen eingeschriebenen Parteimitgliedern kommt noch eine solche Zahl von Stadtver ordneten, die allgemein als deutschnational gelten, hinzu, dag diese mit den vier katholischen Stadtvätern zusammen eine sichere Mehrheit für die Bekenntnisschule bilden können. Die Stadt Osterode ist aus den Wahlen für den Reichs- und Land tag als streng deutschnational bekannt. Der reiche Flaggen schmuck der Stadt mit den schwarz-weiß-roten Fahnen bei allen passenden Gelegenheiten, noch zuletzt beim 80. Geburtstag un seres Reichspräsidenten, beweist klar und deutlich, daß unser Städtchen eine Domäne der Deutschnationalen ist. Die Deutsch- nationalen könnten auf die große Zahl ihrer Anhänger stolz sein, wenn nur die Stadtverordneten mit ihrem deutschnationalen Herzen mehr Verständnis für Parteitreue und weniger Ka- tholikenhaß an den Tag legen wollten. Aber gerade das letztere ist cs, was dieser Partei, soweit unser Schulfall in Frage kommt, so sehr geschadet hat. Mit dem Katholikenhah der deutschnationalen Stadtverordnete» rechneten die der Linken angchörenden Vertreter unserer Stadl, wenn sie in der Stadtverordnetenversammlung vom 31. Oktober folgenden Dringlichkeitsantrag einbringen durften: „Der Rcichsschulgcsehentwurf der Rcichsregierung ist nicht nur verfassungswidrig, sondern in kultureller Hinsicht ungemein rückständig und belastet finanziell Länder und Gemeinden außer ordentlich schwer. Aus diesen Gründen erhebt die Stadtver ordnetenversammlung der Kreisstadt Osterode (Ostpr.) gegen die Absicht der Reichsregierung, diesen Entwurf Gesetz werden zu lassen, schärfsten Protest." Diesem von sozialistischer Seite eingebrachten Antrag stimmten alle erschienenen evangelischen Stadtverordneten, zwölf an der Zahl, zu, während die vier katholischen Mitglieder ihr Veto dagegen einlegten. Kann es wohl eine größere Bla mage für die deutschnationale Partei geben als jenes Faktum, daß gegen den von dem deutschnationalen Reichsinnenminister v. Keudell verfaßten Reichsschulentwurf ein deutschnattonaler Stadtverordneter Palm, der schon im Januar dieser Jahres vor dem erschienenen Ministerialkommissar anläßlich einer Ver handlung über die Schulfrage sich zu der Behauptung verflieg, daß die Katholiken bei der Volksabstimmung versagt (I) hätten, stimmte, indem auch er dem ebengenwnnteu Antrag der So zialisten zustimmte. Und ist es nicht blamabel, daß nur wenige Tage später, am 10. d. M., als eine außerordentliche Stadtver ordnetenversammlung tagte, um geg-i den Beschluß des Bezirks ausschusses beim Provinzialrat zu protestieren der Nachfolger des Dr. Klix, Studienrat Tiede, aus den die Deutschnationalen Osterodes ihre ganze Hoffnung gesetzt, ebenfalls sein Votum gegen die katholische Schule abgab? Freilich dieser Herr hatte vorher seine Beziehungen zu der deutschnationalen Partei ge löst, indem er seinen Austritt aus der Partei erklärt hatte. Ihm. dem Meister vom Stuhl bei der hiesigen Loge, war oer Austritt aus der Partei jedenfalls leichter geworden als e.n Eintreten für die den Katholiken rechtlich zustehcnde Schule. Die hiesige deutschnationale „Osteroder Zeitung" bemerkt zu der Stadtver ordnetensitzung vom 10. d. M. folgendes: (Um von vornherein der Legendenbildung vorzubeugen, sei sestgestellt, daß der einzige Stadtverordnete, der der Deutschnationalen Volkspartei ange hört, an der Donnerstagsitzung nicht tetlgenommen hat.) Trifft diese Bemerkung der „Osteroder Zeitung" wirklich zu, so muß der Austritt aus der hiesigen Ortsgruppe der deutschnationalen Partei geradezu rapide Fortschritte machen, so daß von 2-t Stadt verordneten nur ein einziger noch zur deutschnationalen Partei »u rechnen wäre. Für Ostpreußen ist es allerdings nichts Auf Kurswechsel Bralianus To- Bukarest, 24. November. (Drahtbericht.) Ministerpräsident Juan Vratianu ist heute morgen gegen 7 Uhr gestorben. Das Kabinett ist sofort zurlickgetreten. Der Rrgentschaftsrat hat den Finanzminister Fingila Bra- tianu beauftragt, ein neues Kabinett zu bilden, das die gleich« Zusammensetzung wie das bisherige hat. Die Minister sind bereits vereidigt worden. * Ioan Bratianu ist 63 Jahre alt geworden. Er wurde am 20. August 1864 i» Florica (Rumänien) geboren. Sein Valer war Führer der liberalen Partei in Rumänien und von 1876 bis 1888 Ministerpräsident. Sein Hauptverdienst >oar es, daß Rumänien die Unabhängigkeit erlangte und zum König reich erhoben wurde. Der Sohn hat da»» das Werk seines Vaters fortgeführt und durch seine ententefreundlick>« Politik das Groß-Rumänien von heute gegründet. Bratianu war seit 1893 Abgeordneter. 1897 bekleidete er zum ersten Male einen Ministerpvste». 1916 übernahm er die Leitung der liberalen Partei und wurde gleichzeitig Ministerpräsident. 1913 ent schied er den zweiten Balkankrieg dadurch, daß er die rumänischen Truppen in Bulgarien einmarschieren ließ. Bul garien mußte damals an Rumänien die Dobrudscha abtreten. Im Weltkriege setzte Bratianu gegenüber dem König Carol die Neutralität Rumäntens und 1916 die Kriegserklä rung an die Mittelmächte durch. Diese Politik führte zu nächst zur Besetzung Rumäniens durch die Zenlralmächte. Der Zusammenbruch von 1918 verwandelt« diesen Mißerfolg in einen Erfolg, Rumänien wurde um Siebenbürgen, die Buko wina und Bessarabien erweitert. 1919 mußte Bratianu in folge der wachsenden Opposition, die seine Politik im Inneren fand, zurücktrelen, kam aber 1922 wieder zur Macht. Seine letzten Auseinandersetzungen mit dem König Fer dinand vor dessen Tode sind bekannt. Diese Auseinander setzungen haben bekanntlich zum Thronverzicht des Kronprin zen Carol geführt. Nach dem Tode des Königs Ferdinand hatte Carol auf Drängen seiner Anhänger diese Ansprüche wieder erneuert. Die Bewegung sür Carol und gegen Bratianu ist i» den letzten Monaten in Rumänien immer stärker geworden, so daß zeitweise der Belagerungszustand verhängt werden mußte. Diese Kämpfe haben die Gesundheit des 66jährigen zweifellos zermürbt. Ob sein Tod ein Um schwung in der inneren Politik Rumäniens zur Folge haben wird, läßt sich heute noch nicht übersehen, da der Bruder Bratiauus sicher versuchen wird, als Führer der liberalen Partei die Politik des Verstorbenen weiterzusühren. fallendes, daß Deutschnationale lieber die Partei verlassen, als daß sie den Katholiken in ihren gerechten Forderungen zur Seite ständen. Es war jedenfalls di« höchste Zeit, daß die hiesigen Deutsch- natwnalen den verfahrenen Karren wieder in das richtige Gleis zu bringen suchten. Diesem Zweck sollte nun offenbar jene Mit gliederversammlung vom 17. d. M. dienen, die der Kreisverein Osterode einberief. Der Redner des Abends. Kapitänleutnant Kos sack (Königsberg), beschäftigte sich naturgemäß mit dem kommenden Reichsschulgesetz, das nach seiner Erwartung trotz seiner Gegner durchkommen werde. Der Osteroder Schulsall diene dem Zentrum und der Sozialdemokratie zur Agitation. Wir haben leider nicht erfahren können, ob die hiesigen Deutschnationalen das Verhalten ihrer Parteifreunde in den hiesigen städtischen Körperschaften gelobt oder getadelt haben, erblicken aber doch den Anfang einer kleinen Besserung in ihren. Verhalten zum neuen Reichsschulgesetz, denn folgender Beschluß soll nsw vem Bericht der „Osteroder Zeitung" einstimmige An nahme gefunden haben: Die Ortsgruppe der Deutschnationalen Volkpartei Osterode erklärt den Keudellschen Reichsschulgesetzentwurf für die ge eignete Grundlage eines Gesetzes zur Erziehung unserer Jugend zu christlichen deutschen Männern und Frauen. Auch der Kreisführer des Stahlhelms stimmte durchaus dem Keudellschen Schulentwurf bei, vergaß aber hervorzuhcben, daß die in den Reihen der hiesigen Stadtverordnetenversammlung sitzenden Stahlhelmleute bisher gegen die Grundlinien dieses Gesetzes gröblich verstoßen hätten. So wollen wir Osteroder Katholiken nicht allzu optimistisch der weiteren Lösung der Schulsrage gegeuüberstehen! Noch wird uns viel, lebr viel Haß und Intoleranz «ntgegengebracht. n Rumänien? Hermes Führer der Volen-Delegalion Wie die Telrgraphen-Union erfährt, ist in der gestrigen Kabincttssitzung Reichofinanzminister a. D. Dr. Herme» an Stelle des Staatssekretär Lcwald zum Führer der drutschea Delegation für die deutsch-polnischen Handelsakt« tragsverhandlungen ernannt worden- * Zu dem Abschluß der deutsch-polnischen Besprechungen I« Berlin wird folgende amtliche Mitteilung ausgegeben: Dle Vorbesprechungen zwischen dem Reichsminister de» Auswärtigen. Dr. Stresemann. und dem Sonderbeauftrag ten der polnischen Regierung, v. Jackowski, über die Wie deraufnahme der deutsch-polnischen Handelsvertragsverhandlun- ge» sind zu einem Abschluß gekommen. Es ist im Lauf« der Be sprechung eine Einigung über die Grundlinien erzielt worden, die für die nunmehr wieder aufzunehmenden Delegaiionsver- handlungcn gellen sollen. Das Ziel der Delegationsverhand lungen wird sein, so schnell als möglich zu einer Aushebung der beiderseitigen wirtschaftlichen Kampf- Maßnahmen zu kommen, und dabei gleichzeitig Verein barungen in den Teilgebieten zu trefscn, die auf Grund der früheren Verhandlungen abschlußreis sind. Darüber, wer auf deutscher Seite die Verhandlungen leiten soll, wird das Reichs kabinett eine Entscheidung treffen An diese ersten Verhand lungen werden sich dann die Verhandlungen über einen end gültigen Handelsvertrag anschließen. Gleichzeitig mit dieser grundsätzlichen Verständigung über die allgemeinen Wirtschastsverhandlungen sind auch die Ver handlungen über ein Holzabkommen zum vorläufigen Abschluß gebracht worden. Deutschland wird an Polen ein Kon tingent für Schnittholz bewilligen. Insoweit soll also da» gegenwärtige Einsuhroerbot sür polnisches Schnittholz außer Kraft gesetzt werden. Polen wird zugestehen, daß die Erhöhung des Ausfuhrzolles für Rundholz gegenüber Deutschland nicht gilt. Außerdem sollen Ei n f u h r k vn t i n g e n t e für einzelne deutsch« Industrien bewilligt werden, so für Automobile, Fahrräder, Uhren. Durch diese Abkommen wird also schon ein Anfang mit dem Abbau der beiderseitigen Kampf- maßnahmen gemacht. Für den formellen Abschluß dieses Ab kommens sind noch Besprechungen mit der polnischen Regierung in Warschau notwendig. Der Gesandte Rauscher reist zu diesem Zweck heute nach Warschau zurück. Es ist damit zu rech nen, daß das Abkommen noch in dieser Woche in Warschau unter zeichnet werden wird. Der Inhalt wird alsdann bekannt gegeben werden. Gewiß, die Gegner haben den Kampf bereits verloren und täten klug, di« nötigen Konsequenzen zu ziehen. Mögen sie sich ab mühen, soviel sic wollen: Der Tag der Abrechnung wird kommen! Zeilktun miü Lay?« che VMMtet Das V.D.Z.-Büro bringt folgende Nachricht: »Der Reichsparleivorstand des Zentrums wird am Montag zu einer Sitzung zusammentreten, di« sich mit den jüngsten Verhandlungen zwischen Zentrum und Vayeri- scher Volkspartei beschäftigen wird. In dieser Sitzung wird, wie wir hören, die Arbeitsgemeinschaft zwischen Zentrum und Bayerischer Dolkspartei in der Weise beschlösse» werden, daß nicht nur bei den Wahlen jeder Kampf zwischen den beiden Parteien unterbleibt, sondern daß auch im Reichs tag eine Fraktionsgemeinjchast gebildet wird, daß also Zentrum und Bayerische Volkspartei gemeinsam ihre Vertreter in den Ausschüssen und als Redner im Plenum haben. Die Bayerische Volkspartei hat bereits die Vereinbarung gutgeheißen." Es ist richtig, daß der Rcichsparteivorstand am Montag, dem 28. November, zu einer Sitzung zusammentreten wird, um zn den Vereinbarungen zwischen Zentrum und Bayerischer Nolks« Partei Stellung zu nehmen. Der Inhalt der Vereinbarungen entspricht, wie wir feststelleu können, n i ch t den in der Meldung des V.D.Z. wiedcrgegebenen Angaben. Nichtig ist, daß die Bayerische Vvlkspartei den Abmachungen bereits zugestim m t hat. Es ist damit zu rechnen, daß nach der Zustimmung der beiden Parteien der Inhalt der Abmachungen veköjjentlicht wird.