Suche löschen...
Sächsische Volkszeitung : 04.04.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-04-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192604048
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19260404
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19260404
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-04
- Tag 1926-04-04
-
Monat
1926-04
-
Jahr
1926
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 04.04.1926
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Und wir, die wir „die Erstlingsgabe, den Geist, bereits besitzen", wie seufzen wir in unserin Innern! Nun kämpfen wir im Christentum seit bald zweitausend Jahren. Wo sind die Früchte? Was will die kleine Lchar wider die Mächte der Hölle von heute? Wie einsam trauern so manche unserer Kirchen. Wie lau sind Unzählige. Wie entglitten uns die Massen. Was wollen wir noch gegen das neue Heidentum, das um uns wächst? Was hat es für einen Sinn, von Glaube und Auferstehung u reden, wo nur noch der Glaube an die Macht zu errschen scheint und der Glaube an den Mammon? WaS will denn eine kurze Katechismusstunde, was will ein kleiner Gottesdienst, eine schnell verhallende Predigt gegen die Dauerpredigt einer glaubenslosen Presse, einer gottfremden Literatur, einer verkommenen Theaterwelt? Was will die Religion der Liebe noch in diesem Ringen von Eisen, Kohle und Trust und Konzern? Und wie krank sind wir selber. Wie steigen wir, um zu fallen. Wie mühen wir uns, um mit leeren Händen dazustehen. Wie schwerhörig sind wir den Stimmen der Gnade gegen über. Wie klein ist unser Vertrauen! Wie unausrottbar unsere Schwäche! Wie krank unser Glaube selbst! Wie klein sind wir, o Gott, vor dir, wir, deine auserwählten Kinder! ... Ja, „wir seufzen in unserm Innern, da wir auf die Kindschaft Gottes harren" . . . Wie fühlen wir mit dir, großer Völkerapostel, starker und doch auch wieder klagender Bote der Auferstehung des Herrn! Wenn aber die Osterglocken erklingen und die Oster lieder durch die Gewölbe unserer Kirchen brausen, dann wissen auch wir wie du, was es ist um die helfende, alles überwindende Gnade unseres Herrn. Dann sprechen wir mit dir: „Wenn Gott für uns ist, wer ist dann wider, uns? . . . Wer sollte uns trennen von der Liebe Christi? Etwa Trübsal oder Bedrängnis oder Verfol gung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder das Schwert? ... In all dem bleiben wir siegreich durch ihn, der uns geliebt hat . . . Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Herrschaften, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Mächte, weder Hohes noch Niederes, noch sonst etwas Erschaffenes wird uns schei den können von der Liebe Gottes, die da ist in Christus Jesus, unserm Herrn." Herr, schenk uns diesen Paulusglauben. Nur in ihm kann man schauen, was im Geheimnis verschleiert vor uns liegt. Ich weiß, daß mein Erlöser lebt. Einkehren will ich in sein heiliges Zelt und wohnen bei ihm. Mein Herr und mein Gott. Du bist denn doch das tiefste und alles andere tragende Leben meiner Seele. Und dieses Leben ist göttlich, dieses Leben ist Licht, dieses Leben ist Freude. Es ist unerschöpflich, es ist immer neu, es ist immer gewaltiger als alles Geschaffene, Freude und Leid. „Wenn aber dieses Verwesliche mit Unverweslichkeit, dieses Sterbliche mit Unsterblichkeit be kleidet ist, dann findet das Wort der Schrift seine Er füllung: Verschlungen ist der Tod im Siege! Tod, wo ist dein Sieg, Tod, wo ist dein Stachel?" Was seid ihr denn so furchtsam, ihr Kleingläubigen? Bedarf es denn noch eines anderen Schutzes, wenn Gott uns schützt? Nimm den Glauben weg, und sogleich wird dich der An blick dieser Gegenwart zur Verzweiflung bringen. Schau zu Christus auf, dem Sieger, und sogleich ist in ihm alle deine Not behoben. Ich weiß es ja, ich kenne dich. Du zeigst mir deine kahlen Wände. Tu hälft mir deine hungernden Kinder entgegen. Du weisest hin auf das traurige Ergebnis deiner Geschäfte und Arbeiten. Ich kenne dich. Wir wollen nicht streiten. Abgr.undtiefe Probleme wird dieser oder jener dir hier entwickeln können. Möge er nur. Ich weiß, daß all diese Proble matik, diese dürre Verstandesweisheit, diese altklugen Zweifel, die blassen Kinder geistiger und religiöser Aus hungerung, zu einem Nichts zerflattern in dem Augen blick. wo ich Christus sage. Dann lebt und bebt die letzte Tiefe. Dann leuchtet der innerste Kern meiner Seele. Dann find mir gleichgültig alle Weisheit der Welt und alle Notdurft des Lebens. Ich weiß, es wird mir zugegeben. Herr, schenk uns den Paulusglauben. DaS Reich ist gekommen. ES liegt wie ein breites Licht über den Dunkeln unserer Täler. Es nimmt nicht Tränen und Not. Dazu ist es nicht gekommen. Aber' es gibt eine Kraft und eine Herrlichkeit, in der all dieses versinkt, wie ein Tropfen im Meer. Es ist der Reich tum der Ärmels eS ist die süße Unterhaltung der in Christus Einsamen, es ist der Antrieb zu unermüdlicher Arbeit im Weinberg des Herrn. Wir wollen glauben und wirken. Wie Paulus geglaubt und gewirkt hat. Und wächst es in uns, eS wächst in der Menschheit. Und dann wollen wir in seinem Namen die Netze aus werfen. die Netze des Friedens, der Liebe, einer neueren schöneren Zeit. Und aus den Augen seiner Getreuen und aus der Stimme seiner Gläubigen wird tausend- und millionenfach der sanfte Ostergrub über die Welt gehen. Der Friede sei mit euch! . . . Und antworten wird das Echo dev seligen Hügel: Alleluja . . . Friedrich Muckermann, 8. Osterlied Von Johannes Heinrich Braach Finkenlieder über Wäldern, Lerchentriller über Feldern, in den Gärten Drosselsang. Grüne Hänge, grüne Auen, wolkenlose Himmel blauen, Lenz aus lauen Lüften sprang. Sonne grüßt die Hand am Spaten, Sonne segnet frische Saaten, Sonne strahlt auf jedes Dach. Helle Bäche sprudeln, schnellen, junge Kräfte schweben, schwellen, neue Lieder werden wach. Willst du trauern, willst du klagen? Zweifel in das Leuchten tragen, bang in bittrer Sorge gehn? Sieh', eS künden alle Zeichen: Angst und Enge werden weichen. Glaube an ein Auserstehn. Vis «ioioross Von Paul Buchartz. (Nachdruck verboten.) Von den vielen heiligen Stätten Jerusalems sind mit die bemerkenswertesten die echten vierzehn Leidensstationen Christi, der hl. Kreuzweg, die Via dolorosa. An jedem Freitag nachmittag, ganz besonders am Karfreitag, ziehen die Franziskaner diesen Schmerzensweg Christi durch die engen Straßen und krummen Gassen Jerusalems, unter Begleitung vieler Gläubigen und niemand, weder Moham medaner noch Juden, nimmt Anstoß daran. Natürlich fin den sich zu dieser Prozession auch stet- viele Touristen aller Nationen und Konfessionen aus purer Neugierde ein. Ein energischer bewaffneter Kawasse begleitet zur Aufrechterhal tung der Ordnung den feierlichen Zug. Seinen Anfang nimmt der als Via dolorosa bezeich- nete Kreuzweg in der nach dem Stephanstor führenden, Marienstratze. Die Araber nennen diese Straße Tarik Sltti Marjam, oder Straße der Herrin Maria. Dort findet in der Geißelungskapelle mit der Dornenkrönungskapelle zunächst als Einleitung zur Kreuzwegsprozession eine kurze Vvrandacht statt. Hier ist auch der Ecce-Homo-Bogen, der sich quer über die Straße wölbt. Ganz in der Nähe liegt auch die St.-Anna-K'.rche mit einem Kloster und mit dem biblischen Teich Bethesda. Nun beginnt von der Marienstratze auschie Prozession über die Bia dolorosa zu den 14 Leidensstationen. Die erste Station liegt in einer kleinen Kapelle :m Binnen hofe der an der Marienstratze stehenden früheren türkischen Pilatuskaserne. Hier soll der Palast des Pontius Pilatus gestanden haben. Der Eintritt in diese Kaserne ist >m all- gemcincnen verboten, nur den Teilnehmern an der Kreuz- wegsprozession ist er am Freitag gestattet. An dieser Stelle wurde Jesus Christus von Pilaius den Juden zur Kreuzi gung übergeben. Nach kurzem Gebet bewegt sich die Prozession, zu der auch viele Russen und Abessynier gehörten, aus der Kaserne hinaus zur zweiten Station, wo Jesus das Kreuz aus seine Schultern nahm. Sie befindet sich an einem ver mauerten Tor außerhalb der genannten Kaserne. In der Nähe liest man neben einer Tür; „Stätte, wo Pilatus den Herrn ergreifen und geißeln ließ". Einige Säulentrümmer im Boden bezeichnen gegenüber dem österreichischen Pilger haus „Zur hl. Familie" oie dritte Station. Wenige Schritte entiernr wird in einem Kapellchen ebenfalls, die Stätte dieser Station, wo der Heilaick zum ersten Male unter dem Kreuze fiel, verehrt. In einer anderen Straße befindet sich, ange- dculet durch ein in ein Haus eingehauenes Kreuz der Ort, an welchem der kreuztragende Sohn seiner Mutter begegnete. Hier ist die vierte Station, in deren Nähe sich eine hübsche armenisch-katholische Kirche erhebt. Der Pilgerzug begibt sich nun in die Tarik ei alom, in die Schmerzensstratze, an welcher die nächsten drei Statio nen liegen. An einem Eckhause, welches das „Haus des armen Mannes" genannt wird und sich auf das Gleichnis mit dem armen Lazarus und dem reichen Prasser bezieht, sieht man eine Vertiefung und einen braunen Stein in der Mauer; diese Merkmale bezeichnen die Stelle, an der Simon von Cyrene gezwungen wurde, Christus das Kreuz tragen zu Helsen. Diese fünfte Station hat auch ein klei nes Kapellchen, in dessen Nähe man das „Haus des reichen Mannes", des Prassers, sieht. Eine quer im Straßenpflaster liegende Säule stellt den Ort der sechsten Station dar: „Veronika reicht Jesus das Schweitztuch . Daneben erblickt man das sog. „.Haus der hl. Veronika", in welchem sich auch eine Kapelle mit lebensgroßen, die betreffende Szene darstellenden Figuren befindet. An der siebenten Station fict JefuS zum' zweiten Male unter dem Kreuz. Diese Stätte wird in einem Kapellchen angedeutet und verehrt. An einer hier zur Zeit Christi gestandenen Pforte, durch die der Heiland den; Kalvarienberg zuschritt, wurde das Todesurteil nochmals öffentlich verkündet. Ein Stück der Säule, woran das Urteil befestigt war, wird heute in der Kapelle aufbewahrt. „Jesus tröstet die weinenden Frauen." Der Ort dieses Vorganges ist an der achten Station auf einem Stein in der Mauer der griechischen Caralamboskirche durch ein Kreuz gekennzeichnet. In der Nähe liegt das ebenfalls grie chische Kloster der hl. Jungfrau. — Nachdem an jeder Station kürzere Gebete verrichtet worden sind, zieht die Kreuzwegprozession in eine holprige, hochhinaufsührends Sackgasse. Hier ist vor dem koptischen Kloster die neunte Station» wo Jesus zuin dritten Male unter dem Kreuze fiel. Eine Säule zeigt diese Station an. Von hier aus kommt man auch zu einer „Schatzhaus der hl. Helena" ge nannten Zisterne. Die fünf letzten Stationen birgt die hl. Grabeskirche, wohin sich nun der Zug begibt. In der Kleiderverteilungs- kapelle aus Golgatha, wo Christus durch die Soldaten seiner Kleider beraubt wurde, befindet sich die zehnte Station. Die elfte Station ist die Kapelle der Kreuzannagelung in der Grabeskirche. Steine im Boden auf Golgatha deuten die Stelle an, wo Jesus ans Kreuz genagelt wurde. Die sich ebenfalls im Grabesdom befindende KreuzerhöhungskapE zeigt die zwölfte Station („Jesus stirbt am Kreuze") trn. Ebenso wird auf Golgatha der dreizehnten Station, der Kreuzabnahme, an einem besonderen Altar gedacht. DaS in der Grabeskirche befindliche heilige Grab selbst bildet die vierzehnte und letzte Station, womit der heilige Kreuzweg seinen Abschluß findet. So zieht sich der Schmerzensweg, die Via dolorosa, also durch eine Menge krummer und enger Gassen Jerusalems, um auf Golgatha und in der hl. Grabes kirche beendigt zu werden. Außer den erwähnten Erken nungszeichen und den verschiedenen Kapellen weisen die einzelnen Stationen auf der Straße keine besonders auf- källigen Merkmale auf. Wer sie außerhalb der Prozession, die etwa eine Stunde in Anspruch nimmt, nicht sucht, wird meistens achtlos an ihnen vorübergehen. Wer jemals den von Jesus Christus vor fast 2000 Jahren gegangenen Leidensweg betreten hat, wird erzählen können, wie ergreifend solche Prozession für jeden ist. Und mag der Teilnehmer nun gläubig oder ungläubig sein, er wird diese Kreuzwegsprozession auf der Via dolorosa zeit lebens nicht vergessen. Osterfeuer Sin altdeutscher Brauch im Wandel der Zeiten. Von Dr. Paul I. von Lone. „Ostara" — das war unseren Altvordern die Göttin der strahlenden Morgenröte, des winterbezwingenden, sieg reich ansteigenden Himmel-lichtes. Eben, weil sie mit ihrer hold belebenden Wärme die Natur zum Leben erweckte, hatte man diese Frühlingsgottheit so genannt: „Eorstan, Orstatt, Aufstehen". Ihre lichte Himmelskraft zu grüßen, ihr zu danken, sie um treuen Segen zu bitten, ließ man im Frühjahr auf den Bergeshöhen Opfer se u er auflodern. Magisch wurde es durch Reiben von Holz erzeugt oder durch Drehen eines Rades um seine Achse, auch durch Schlagen des barten Kiesels. Seine Glut brachten die Priester zu Tal und steckten sie an Brandbü- sch?ln in die Erde, damit die heilige Asche den Boden segne und vor Mäusefraß bewahre. Auch zündete man mir dem Osterfeuer strohumwickelte große Räder an, Sinn bilder de- Sonnenrades, und ließ sie dann gleichen Zweckes über die Aecker dahinrollen. Vom ausglimmenden Holz stoß aber nahm man Asche mit und schüttete sie dem Vieh in die Tränke, um es vor Seuchen zu schützen; ein Stück angebranntes Holz vom Osterfeuer heimgebracht, galt als beste Hilfe gegen den Schlag des Blitzes. Wie hätte das Christentum solch sinnvollen Brauch naturhafter Frömmigkeit auSrotten sollen! Nichts lag näher, als diese Auferstehungsseligkeit der Erde etnklingen zu las sen in das Lob der Glocken, die den Sieg des Heilandes über die Nacht des Todes weithin sangen ins grünende Land: „Die ganze Welt, Herr Jesu Christ, Zu deiner Urständ fröhlich ist. Der Sonnenschein jetzt kommt herein Und gibt der Welt ein'n neuen Schein." Gerade so jubelt doch auch das „Exultet", der Lob gesang des hl. Augustinus, bei der Osterkerzenweihe: „Nun frohlocke die Engelschar des Himmels! ... ES freue sich auch die Erde, beftrahlt von solch himmlischem Schim mer.' Vom Lichtglanz des ewigen König» umflossen, fühle sie, daß sie di« Finsternis verloren, die auf ihrem Um kreis lastet!" So ist denn noch heute seit jener grauen Zeit in noch vielen Teilen Deutschlands der Glaube leben dig. am Ostermorgen hüpfe die Sonne dreimal vor Freude über die Auferstehung Christi; man steigt auf die Berge, desjen Zeuge zu sein. So blieb auch der alte Name für dies Freudenfest, neben dem hebräischen »Passah". „Paasch", erhalten; ja, Karl der Große nannte den April geradezu den „Ostar-Manoth", Ostermonat. Da weckten denn nach der Butze der Fastenzeit und streng gehaltenen Karwoche die Osterfeuer er t recht die Freude in den Menschenherzen. Allüberall, au den Kirch höfen wie Bergesbühen, vor den Stadttoren, ja, auf beson deren „Oster"- oder „Paschfeldern" loderten sie in der Osternacht auf. Sogar einen Weinberg schenkte der Anto- niuSbrttdcrschaft zu Hörde (bei Dortmund) der Landesherr, wofür sie „op hillige Paschendag" ein Freudenfeuer an zünden und alle Jahre „den Ring darum" schließen helfen sollte, Gott zu danken für die Erlösung vom Teufel. In Marburg wurden noch 1447 die Osterfeuer von den Opfer leuten der Pfarrkirche besorgt; sie erhielten „zu dem Füre uff den Osterabtnd" für Baumöl und Holz eine besondere Vergütung, sowie einen Trunk Wein; in der Kirche wurden aber, solange die Osterfeuer brannten, alle Lichter auSge- löscht. In Lügde bei Pyrmont veranstalten besondere „Oster- brüdcr", im ganzen etwa zwölf, mit einem „Dechen" an der Spitze, die Feier, und die Stadt selbst stellt Holz und Musik dazu. Sonst war es ein Vorrecht der Jugend, schon vom Aschermittwoch an unter formelhaften Bitt- und Spottversen das Holz in der Gemeinde zusammenzubetteln. In der Kar woche wurde es zu hohen Stößen aufgeschichtet, möglichst ge heim, damit die Neider, wie eS oft vorkam, ihnen nicht durch vorzeitiges Abbrennen die Freude verdürben. Sinnig war'», daß man fürs Osterfeuer vor allem die Hülsen- sträucher des Ritzdorn suchte, eben zum Ausdruck der Freude, daß der Heiland alle Leiden Überstunden. MancherorrS pflanzte man auf di« Spitze des Holzstapel» noch eine Tanne, den „PoSkebaum", auch wohl eine Strohpuppe, den „Judas". Mit einem Pistolenschuß wurde das Reisig in Brand gesetzt. Dann tanzte groß und klein um die prasselnden Flam men, oft mit brennenden Fackeln, den „FlaSken". DaS waren strohumwickelte Stangen, im westfälischen Gauerlande auch wohl junge Birken; diese wurden vorher mit einem Schmiedehammer weich geschlagen — der Schmied bekam dafür „nach alter Taxe zwei Eier" — dann im Back ofen gedörVt und mit Oel getränkt; sS war eine alt« Er fahrung, daß so eine Fackel lange anhielt und prächtig schön leuchtete. An anderen Orten, besonders in der Harz gegend, tanzte man nicht nur um da» Feuer, sondern sprang auch, sobald es kleiner geworden, darüber hin; auch trieben die Schäfer wohl ihre ganze Herde unter Pauken« und Trompetenschall hindurch. Da man diese Osterfeuer hier ursprünglich zu Ehren de» Gewitteraottes angezündet hatte und d,e ihm geheiligten Tiere die Böcke waren, hieß man diese Feuer auch „Bockshorn", und so findet in diesem Durchsprinaen dos Feuers die bekannte Redensart ihre Er klärung: «Jemanden in» Bockshorn jagen," Auch Blumen und Heilkräuter warf man in die Glut, um sich Gesundheit und Fruchtbarkeit für den kommenden Sommer zu sichern. Das fröhliche Treiben dauerte bis Mitternacht. War da» Feuer zusammengebrochen und die Glut erloschen — wer angekohltes Holz übrig ließ, setzte sich dem Spott der Kame raden aus — jo zog man im langen Zuge wieder heim, jedes Stadtquartier durch sein Tor. In Brilon ging's zunächst um den „Kump", den Wasserteich auf dem Markt, worin man die Fackeln löschte. So mancher Brauch wurde im Laufe der Zeiten» da man seinen Sinn nicht mehr fühlte, zum Mißbrauch. Auch das Osterfeuer. Viel Unfug stellte sich dabei ein, und man mußte dagegen einschreiten. Im Jahre 1717 klagt« ein Pastor, die Leute kämen vom Osterfeuer „mit großem und entsetzlichem Zeter-Geschreh, mit Schießen, mit Blöcken, wie auch mit groben Gelächter", gingen auf den Kirchhof» dessen Zutritt sie vom Küster erzwängen, läuteten in der Nacht die Glocken und sängen dazu „nnt unordentlichem Geplärre das sonst herrliche Osterlied: '„Christus ist erstan den" ohne alle Devotion, unter Lachen, Springen und aller lei ärgerlichem Wesen." Ein anderer Beochbachter bedauerte im Jahr 1787, her größte Teil der Menschen denke sich beim Osterfeuer gar nicht» mehr, andere dächten nur an einen feuchten und nassen Sommer, wenn e» nicht ordentlich brenne» und nur wenige mehr empfänden dabei Freude über die Auferstehung Jesu. Maruhmal erwähnen die Beschwerden auch, daß beim Osterfeuer immer noch wieder altes Heiden tum zum Vorschein komme. Im Jahre 1575 wurde einig« Jungen zu Soest einaesperrt, weil sie in da» „Füher beim Niggenkirchhof Aaß (mit Gunsten) dainnen geworfen"; dies „Aas" war nämlich ursprünglich ein Tieropfer, ein Eichhörnchen, ein Pferdekopf oder ein Bockshorn gewesen. Im allgemeinen jedoch sah der klügere Teil der Geist lichkeit die beste Abhilfe gegen di« Mißbräuche bei den Oster feuern darin, wenn sie selbst daran teilnahm. Und dann mag sie sich den obrigkeitlichen Verboten gegenüber so Ver halten haben wie der oldenburgische Prediger, der im Jahre 1702 meldete, er habe „den Molochdienst der Osterseuer" am Morgen scharf verurteilt, aber dennoch dos Abends „druff sehen müssen, daß es pompöse gebrennet wurde". Erst der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts blieb es dann Vorbehalten, mit Hilfe der tüchtigen Polizei alle Osterfeuer auSzulvschen. Doch nur an wenigen Orten in Nieder- und Mitteldeutschland gelang es auf die Dauer, Hier erwies sich die uralt-schöne Sitte so mächtig, daß sie selbst die KrtegSjahre zu überdauern vermochte. Hoffent lich sind an diesen Ostern wieder viele Orte dazu gekommen, die, wie so manche andere in den letzten Jahren, den sinnigen Brauch wieder ins Leben gerufen haben. Und ihn hegen für immer!
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)