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Nummer 72 — 25. Jahrgang Mal wöch. Bezugspreis für März 3.— ^ einschi. Bestellgelv. Anzeigenpreise: Die Igesp. Petitzelle 30^< Stellengesuche SO L. Die Petitreklamezeile, 89 Milli- Meter breit. 1 Offertengebühren für Selbstabholer 20 L. bei Uebersen-ung durch di« Post außerdem Portozuschlag. Einzel-Nr. 10 L. Sonntags-Ar. 15 L. Deschäftlicher Teil: Iockes Fohmann, Dresden. SöckMe Sonnabend, 27. März 1926 Im Falle höherer Gewalt erlischt sede Verpflichtung, ruf Lieferung sowie Erfüllung v. Anzeigenaufträgen u. Leistung o. Schadenersatz. Für undeutl. u. d. Fern« ruf übennitt. Anzeigen übernehmen wir keine Ver antwortung. Unverlangt «ingesandt« u. m. Rückportd nicht versehene Manuskripte werd. nicht aufbewahrt. Sauvlichristleit.: Dr. Joseph Albert Dresden. Sprechstunde d. Redaktion ö bis 6 Uhr nachmittags, MoWrelüma i>,«lllli-1..«lr,nls.» ! ^ ^ ^ ^ ^ ^ iloi'limri« und llorlmöv«! 6.»«leßivdsrß Urescien Uingstraüe 44 ntuMkl »lu» Ntiu« <S«schiift,ft»ll«, Druit n«d Berlaai Saronia- Puchdruik-r-t SmvH.. Dr-Sb-n-A. Iv, HolbetnltratzeeS. Neriin» M722. PvstiL-lkkonto Dresden >4797 B»nlko»>o' Vassenae » gkrlnsch«, Dresden. Für christliche Politik und Kultur Sied«»««« der rii»stschr« DreSden-NIIst. ><>, Holdeinstratze <V. g«r»n>> 3272» und 33S3S. An unsere Leser! Wir sehen uns gezwungen, Einsicht und Vertrauen unserer Leserschaft in außergewöhnlicher Weise in Anspruch zu nehmen. Die Verlegung unseres Betriebes nach dem neuen Grundstück in Dresden-A. 1» Polierskratze 17 wird nach Fertigstellung der morgigen Sonntags - Nummer beginnen. Das ttm- mo,liieren der Maschinen macht es während einiger Tage technisch unmöglich» die Zeitung in Druck zu geben. Die Verlegung und Erweiterung unseres Betriebes ist letzten Endes eine Maßnahme, die restlos der Zeitung und ihrem Leserkreise zugute kommen und die Grundlage für eine günstige Weiterentwickelung unserer Diasporapresse schaffen soll. Wir sind daher überzeugt, daß uns unsere gesamte Leserschaft in der kurzen Zeit der Umstellung durch Geduld und Verständnis unterstützen wird. Es wird selbstverständlich dafür Sorge getragen, daß das Nichterscheinen der Zeitung auf den kürzesten Zestraum» der sich technisch irgendwie ermöglichen läßt, beschränkt bleibt. Wir nehmen bestimmt an, daß wir unseren Lesern eine Oslernummer bieten können. Mit Aufnahme des vollen Betriebes aber dürfte erst Kurz «ach den Üsterseterlagen zu rechnen sein Wir richten daher an unsere Leser die Bitte, die Unannehmlichkeiten, die die unvermeidliche Unterbrechung im Erscheinen unserer Zeitung während weniger Tage mit sich bringt, um der Sache willen in Karls zu nehmen. Es ist uns seit Beginn der Vorarbeiten für die Erweiterung unseres Unternehmens aus allen Kreisen so viel tätige Opferwilligkeit und soviel Wille zur Mitarbeit bewiesen worden, daß auch die Leserschaft in ihrer Gesamtheit zweifellos die gleiche Gesinnung positiver Mitarbeit beweisen wird. Wir benutzen gern diese Gelegenheit, unserer Leserschaft für das Vertrauen, das sie unserer Arbeit jederzeit entgegengcbracht hat, zu danken. Dieses Vertrauen wird auch in dem neuen Abschnitt der Entwicklung unserer Zeitung unsere wert vollste Hilfe bedeuten. Schrislleilung und Verlag. Ramelrs Berliner Reise Wien. 26. März. Der österreichische Bundeskanzler Dr. Ramek trifft in Begleitung des Generalsekretärs für auswär tige Angelegenheiten, Peter, und des Sektionschefs Dr. Schüller, des österreichischen Unterhändlers für wirt schaftliche Verhandlungen, Sonnabend in Berlin ein. Dieser Besuch ist, wie in Wiener Regierungskreisen be tont wird, die erste offizielle Staatsvtsite, die seit Errichtung der österreichischen Republik dem Deut schen Reiche abgestattet wird, da der im September 1922 erfolgte Besuch des damaligen Bundeskanzlers Dr. Sei pel, der von den Besprechungen in Verona kam, nicht als offizieller Antrittsbesuch der österreichischen Regierung angesehen wurde. Die Reise des Bundeskanzlers nach Berlin hat außer der formellen auch eine materielle Seite. Die Zusammenkünfte mit den leitenden deutschen Staatsmän nern sollen dazu benützt werden, alle jene Fragen ein gehend zu erörtern, die die allgemeine europäische Lage, den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund und die Mitarbeit Deutschlands an der Reorganisation des Völ kerbundrates betreffen. Es werden auch die besonderen Verhältnisse zu prüfen sein, die zwischen den beiden deutschen Staaten in Mitteleuropa bestehen. Für Oester reich sind nach der ganzen Natur seiner innen- und außen politischen Verhältnisse die Richtlinien der Außenpolitik genau vorgezeichnet. Es ist die na türliche Aufgabe der Wiener Regierung, mit allen Nach barn in Ruhe und Freundschaft zu leben, das Verhältnis zwischen Wien und Berlin wird aber naturgemäß immer derart sein müssen, wie es sich für das deutsche Oester reich aus den politischen, kulturellen und geistigen Be- ziekungen mit der großen deutschen Brudernation von selbst ergibt. Es ist nur natürlich, daß sich die österrei chische Außenpolitik in letzter Linie von den großen Ge sichtspunkten leiten läßt, die für das gesamte deutsche Sprachgebiet in Mitteleuropa ausschlaggebend sind. Es erscheint für diese Politik Oesterreichs als ganz selbstver ständlich. daß sie dem natürlichen nationalen Charakter des Landes folgt und sich von allen Kombinationen fern hält, in die man Oesterreich gegen seinen Willen, ohne sein Wissen und Zutun in der jüngsten Zeit hineinziehen möchte. Die österreichische Außenpolitik plant, wie an den maßgebenden Wiener Stellen betont wird, keine Ueber- raschungen, sie ist keine Politik der Abenteuer. Es be stehen eben für Wien und Berlin unveränderliche Richt linien, die aber mit verschiedenen Kombinationen nichts zu tun haben, die in nichtdeutschen Ländern immer wie der zur Erörterung gestellt werden und ein „öster reichisches Problem" behandeln, das in dieser Form entweder nicht existiert, oder zumindest übertrie ben wird. Gerade in diesen Tagen, in denen sich die Vertreter der österreichischen Regierung nach Berlin be geben, muß man mit dem Wiederaufflammen derartiger Erörterungen über das „österreichische Problem" rechnen. Man kennt die Nervosität, mit der Betrachtungen über dieses Thema an manchen Plätzen angestellt zu werden pflegen, und wenn man an den offiziellen Wiener Stel len zu derartigen Verbreitungen bisher immer geschwie gen hat. so geschah dies offenbar in der Erwägung, daß die wirklich in Betracht kommenden Faktoren genau wissen, was sie von derartigen politischen Kombinationen unverantwortlicher Stellen zu halten haben. Wieweit man hierbei geht, konnte anläßlich des jüngsten Aufent haltes des ehemaligen Bundeskanzlers Dr. Seipel in Berlin festgestellt werden. Man sprach sofort von dem Abschluß eines österreichisch-deutschen Geheim ver trag es und wollte sogar die einzelnen Punkte dieses Vertrages kennen. Sollte also der jetzige Besuch des »EineimerwarleleEinnahK England und das Aeparattonsproblem Lonvo», 26. März. Der diplomatische Korrespondent des „Daily Tele graph" weist heute auf die steigend« Bedeutung der Repara tionseinnahmen im englischen Staatshaushalt hin und er klärt, man habe allgemein nicht bemerkt, daß die ur sprüngliche Schätzung der Reparationseinuahmen Churchills, die ursprünglich lO—12 Millionen Pfund betrug nunmehr auf 15 Millionen Pfund im Jahre angesetzt sei und daß dieser Betrag nur einen Bruchteil der künftigen Gesamtein nahmen Englands darstelle, vorausgesetzt, daß Deutsch land die vorgesehene Zahlung von 125 Millionen Psund jährlich zu leisten vermöge. In diesem Falle würde Eng lands Anteil 27 Millionen Pfund betragen. Aber schon heute sei es Churchill durch diese unerwartete Mehr einnahme gelungen, den englischen Anteil an der Zins zahlung an die Vereinigten Staaten von 9 Millionen Pfund auf vier Millionen Pfund herabzusetzen. Die Deckung dieser vier Millionen Pfund hinge davon ab, fügt der Korrespon dent hinzu, ob Sowjotrüßland bereit sein würde, einen Zinsbetrag von 0.5 Prozent für seine Schulden zu bezah len. Es wäre aber zweifelhaft, ob Moskau es der Mühe wert halte, seinen Kredit in England mit so geringen Un kosten wieder herzustellen. Die sranzösischen Finanzen Kein Rücktritt Malvys. Paris, 26. März. Der Innenminister Malvy, der sich zurzeit zur Er holung auf dem Laude au hält, hat die über 'euien Rück tritt um ansrnden Ge.richte in ta.egvrifchcr F.'rm demen tieren lassen. Bei dem Meiuungsapstausch über d e neuen Steuer- vrojekre in der Finanzkommissio» der Kammer ergab die Prüfung nach Ausschlüssen des Berichterstaners Chappel- delaine für das Finanzjahr 1926 folgendes Bild: Die Ein nahmen betragen 34 822, die Ausgaben 37 214 M.ilionen. Das Defizit soll durch folgende Einnahmequellen gedeckt werden: 1. Durch die Zivil- oder Kopfsteuer, d.e euren Ertrag von 500 000 Franken ergeben soll. 2. Durch Er höhung der Geschäftsumsatzsteuer um 2 Prozent, die einen Ertrag von 1875 Millionen ergeben soll. Ncuyork, 20. März. An rer Neuyvrker B r'c er reichte» gestern vie französische« Schabscheinc -h e>, i -sie» Staut» in diesem Jahre. SüiMrsl und der amerikanische Ssnett Washington, 26. 'März. - Senator Smoot erklärte, in seiner Rede im Senat über das Schuldenabkommen mit Italien, man werde bei der Erörte rung des Abkommens sehr viel über die äußere Politik Musso linis und besonders über die Lage in Südtirol zu hören bekom men. Südtirol wäre nunmehr "ein Bestandteil Italiens, wenn es auch eine erhebliche österreichisch-deutsche Bevölkerung ent halte Mnssolinie habe den Versuch gemacht, aus dem Lande ein italienisches Gebiet zu machen. Er versuche, der Bevölke rung die italienische Sprache auszuzwingen und italienisch zur Schulsprache zu machen. Mussolini betrachte diese Dinge aus schließlich als eine innere Angelegenheit und nicht als eine Sache des Völkerbundes oder irgend jemand anderes. Er wäre der Auf fassung. dieses Gebiet ohne Einmischung des Völkerbundes italianisieren zu können. Das Befinden FehrenLachs ho/fnunos Freiburg i. Br. (Drahtberichi.s Wie die TelegraphenUnion um 1 Uhr aus Freiburg i. Br. erführt, lebt der ehemalige Reichs kanzler Fehrenbach zur Stunde noch. Die Nachricht von dem bereits eingetretenen Tod war der T.U. von dem Vorsitzenden der Zentrmnspartei in Freiburg, Dr. Kopf mitgeteilt worden — In den ersten Vormittagsstunden hatte sich das ^finden weiter hin verschlechtert. Es trat Agonie ein Der Krc'kc gab keine Lebenszeichen von sich, so daß führenden Zentrums Pc sönlich- keiten bereits das Ableben des Kanzlers mitgeteill wurde Bundeskanzlers Dr. Ramek in Berlin trotz aller Ab machungen doch dazu benützt werden, tun neuerlich poli tischen Pbantasicn freien Lauf zu lassen, so wird man in Wien und sicherlich auch in Berlin mit demselben Gleich mut wie bisher über derartige Kombinationen hinweg- gehen. Jedenfalls wird Bundeskanzler Dr. Ramek in Ber lin für Oesterreich wichtige handelspolitische Verhandlungen pflegen können, worauf die An wesenheit Dr. Schüllers, des österreichischen Unterhänd lers in Handelsvertragsangelegenheiten, hinweist. Oester reich sticht eine Ergänzung des seinerzeit geschlossenen Zusatzabkommens zum deutsch-österreichischen Handels vertrag. wobei, ebenso wie in anderen Füllen, mit Rück sicht auf die Aenderung der österreichischen Zollpolitik, eine Revision der bestehenden Abmachungen angestrcbt wird. Derartige Verhandlungen finden derzeit noch mit der Tschechoslowakei statt, sind mit Italien angebahnt und werden, außer mit Deutschland, zunächst init Jugoslawien eingeleitet werden. Im Zusammenhang mit der Berliner Reise Dr. Ra- meks wird in Regierungskreisen auch darauf hingcwiesen, daß die von Wiener Pressestellen verbreitete Version, als ob für die nächsten Wochen wichtige diplomatische Ereig nisse zu erwarten wären, die zunächst durch den Abschluß neuer Schiedsgerichtsvertrüge Oesterreichs mit Italien und Jugoslawien in Erscheinung treten würden, in dieser Form nicht zutrifft. Tatsächlich bestehen, soweit man dies feststellen kann, derzeit bei allen mitteleuropäi schen Staaten gute Dispositionen zum Abschluß von Schiedsgerichts-Verträgen, um derart eine gewisse poli tische Entspannung zu erreichen, da damit die Austragung etwaiger Streitigkeiten auf schiedsgerichtlichem friedlichen Wege sicher-gestellt wäre. Alan kann für die nächste Zeit mit dem Abschluß eines Schiedsgerichtsvertrages zwi schen Deutschland, Oesterreich und der Tschechoslowakei rechnen. Von.dem Eintritt wichtiger diplomatischer Er eignisse weitergehender Natur für die nächste Zeit zu sprechen, erscheint aber keineswegs in den Tatsachen be gründet. Schließlich wird an den maßgebenden Wiener Stel len auch noch kurz auf die verschiedenen Meldungen bin- gewicsen, die Oesterreich eine Nolle bei einer angeblichen ,zentraleuropüischen Konferenz und bei der Bildung eines Ost-Locarno zuschrciben. Alan sogt, daß die Richtung Oesterreichs in außenpolitischer Hinsicht, die wir eingangs darlegten, alle Kombinationen über eine Teilnahme an derartigen Plänen hinfällig inacht. Im übrigen glaubt mau iu Wien nicht, daß es. wenigstens in absehbarer Zeit, zur Verwirklichung der Idee eines Ost- Locarno Kämmen wird, zumal die Gegensätze, die bis zu diesem Endziele zu überwinden wären, nach allzu groß sind. Jedenfalls steht aber Oesterreich Plänen ferne, durch die es seiner Handlungsfreiheit beraubt und von den klar vorgezeichneteu Linien seiner Außenpolitik abge» drängt werden würde.