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Sächsische Volkszeitung : 28.02.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-02-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192602289
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19260228
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19260228
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-02
- Tag 1926-02-28
-
Monat
1926-02
-
Jahr
1926
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 28.02.1926
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wütend nach den Fingern, aber — si« biß ins Glas, und die tödliche gelbe Flüssigkeit floß auf den Teller. „In all diesen Kästen", sagte der Prosessor, ,.l)aben wir Schlangen, die auf das Ausziehen ihrer Gislzähne warten, und draußen haben wir noch einige Tausend, di« später hierher kommen werden. Die Bauern schicken uns die Schlangen und bekommen für je vier Stück lebende Reptilien ein Fläschchen mit dem rettenden Serum. Im Jahre 1925 I-aben wir 12 000 Exemplare empfangen." Der Prosessor setzte die Demonstration »och fort. Er öff nete eine kleine Tür, stocherte mit einem Stocke ein wenig in dem Raume herum, wartete ein Weilchen, und sofort hörten wir das wütend« Geräusch einer Klapperschlange aus dem Kriegspfad«. Dann schleuderte der Prosessor mit seinem Stocke wieder einen kräftigen Burschen auf den Boden und begann ihn nun zu Hetzen, ganz furchtlos, obwohl er keine Fuß bekleidung trug. Die Schlange schoß wie ein Mitz auf den Professor los, fehlte ihn aber, und machte sich sofort für einen neuen Anfall bereit. Aber der Professor kannte den Abstand, den di« Schlange mit einem Sprunge zurücklegen kann, ganz genau. Ruhig spazierte er rund herum, während die Schlange ihm langsam mit dem Kopfe folgte, wieder aus ihn losschoß und die Anfälle jedesmal verfehlte. — „Niemals", so schreibt der Korrespondent, „sah ich in meinem Leben so ein wütendes Tier. Ihre ohnmächtige Wut war geradezu komisch anzusehen. Aber auf einmal schien meine weiß« Hof« ihr« Aufmerksamkeit aus sich zu ziehen. Ich kannte den Abstand nicht! Lähmung. Blindheit und Tod nach zwei Tagen, dachte ich bei mir selbst, und beeilte mich, di« Tür von außen zuzumachen." Die prähistorische Well der Wiiske Gobi Kürzlich sind amerikanische Gelehrte von einer Expedition zurückgekchrt, die sowohl dem Umfange nach wie durch die Wich tigkeit ihrer Ergebnisse als eine wissenschaftliche Sensation be zeichnet werden darf. Von Bedeutung für die Urgeschichte des Menschen war die Entwicklung einer Frühkultur in der Wüste Gobi. Die Reise ging in das Innerste Asiens; zwei vorangegongene Expeditionen waren von dem Zoologischen Museum in Neuyork hauptsächlich zu dem Zweck«, die -ritt«, die Hauptexpedition, vorzuderetten, unternommen worden. Noch amerikanischer Weise wurden in Anbetracht der zu erreichenden großen Ziele weder Zeit noch Mittel gespart; so kam ein Unternehmen zu stande, das seinesgleichen bisher wohl noch nicht gehabt haben dürste. Die Veranlassung zu -er Expediteon gaben Untersuchungen des amerikanischen Professors der Paläontologie und verglei chenden Anatomie Henry Fairsield Ovborn über die Entstehung der höheren Tierwelt, deren Wiege nach Ansicht einiger Gelehrter irgendwo im Innersten Asiens zu suchen sein soll. Auf einer dieser Hochebenen im Innersten von Asien wollte Osborn den Versuch machen, der Lösung des Problems näherzu kommen: ein Stück -er Wüste Gobi nach Spuren einer vergan genen Tierwelt zu durchforschen, war die schwierige Ausgabe der Expedition, schwierig nicht nur aus geographischen, sondern auch aus politischen Gründen. Es galt zunächst durch diplomatisch« Intervention in Peking die Hindernisse zu beseitigen, die man dort dem Eindringen von Fremden gerade in die zentralen Teile des Reiche» noch immer entgegensetzt, und weiter war cs not wendig, einen großen wissenschaftlichen Apparat heil nicht nur Uber unwegsames Gelände zu bringen, sondern ihn auch vor der Habgier unö Raublust der zahlreichen Banden zu schützen, die in jenem „inte iessanten" Gebiet ihr Unwesen treiben. Ein gwher Teil des Personals bestand aus Eingeborenen; sie dienten als Arbeiter, Führer, Dolmetscher, wurden zum Au», stopfen von Beutetiercn und zur Führung -er Kamele verwendet. Eine Karawane von 75 Dromedaren bildete die Vorhut, um Naststellen für die lange Reise zu schaffen. Die Expedition selbst umfaßte Gelehrte auf dem Gebiete der tierischen und pflanzlichen Paläontologie. Archäologen, Geologen, Geographen, Meteoro logen. sowie eine Gruppe von Aerzten und Pflegern, selbstver- stündlich fehlten auch Photographen und Kino-Operateure nicht, die bei jeder modernen wisscnschaftliäien Expedition in ferne Lande unentbehrlich sind. Autos und Motorräder wurden mit genommen, um dem Schnellverkehr zwischen .zwei Etappen §u dienen, eine Fülle von Instrumenten ging mit, ferner Bücher in großer Zahl, nicht zu.rede» von der ungeheuren Masse -er Gegen stände, die moderne Menschen selbst in -er Einöde nicht zwei Jahre lang missen wollen. An Waffen aller Art, selbst schwereren Kalibers, war kein Mangel. Das Ziel der Expedition war ein Land voll der furchtbarsten meteorologischen Gegensätze: Hitze und Kälte in ihren schrecklichsten Extremen herrschen hier, und es bedurfte der gesamten modernen Technik, um zivilisierten Menschen den län- grren Aufenthalt möglich zu machen. Das Ergebnis entsprach allerdings der Größe der Mühen und Opfer. Von den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen abgesehen, die bisher nur in spärlichem Umfang bckanntgegeben sind — eines ist die Entdek- kung eines prähistorischen „Dünenvolkes", die andere ist die Feststellung des Ursprungs der Saurier in Zentralasien —, konnte eine Fülle wissenschaftlicher Beutestücke, für die ameri kanischen Museen bestimmt, heimgebracht werden. Sie bestehen vornehmlich aus den Ueberresten von fast 10 000 Tieren, darunter vielen bisher unbekannten Arten, und aus den Eiern von Dino sauriern, vermutlich den ältesten „vorsintflutlichen" Eiern, die es bisher gibt. Andererseits wurde erwiesen, daß die Mongolei nicht das tierarme Gebiet ist, als das sie bisher galt. Besonders die Ein öde der Wüste Gobi wird von einer auffallend zahlreichen Fauna belebt, die sich den harten Bedingungen des Klimas angepaht hat. So gibt es Zwerghasen, fett und mit ausgezeichnetem Fleisch, die sich in tiefen Erdhöhlen vor ihren vielen Feinden sGeiern, Falken, Raben, Wölfen) verbergen. Am merkwürdigsten in dem an Vegetation wie an Wasser armem Lande ist die Existenz von Antilopen, diesen schnellfüßigsten Tieren der Welt, die mit der Geschwindigkeit von hundert Kilometer die Stunde dahineilen, um die spärlichen Wasser- und Futterstellen zu suchen, die es in der ungeheuren Wüste gibt. An Abenteuern und Ueberraschungen fehlte es der Expedi tion nicht. Die Mongolei ist heute der Zufluchtsort zahlreicher chinesischer, mandschurischer und moskowitischer Räuberbanden, und die Soldaten, die über die Sicherheit der Reisenden wachen sollten, machen nur allzuoft Gemeinschaft mit dem Gesindel oder gesellen sich ihm zu, zumal da ihr Sold sich meist verspätet und das „Einkommen" eines Räubers stets höher ist als das eines chinesischen Sttatsdieners. Der AebersaU bei Mesnil Von dem Frontkämpseriverl, des Reichsarchivs ..Schlachten des Weltkrieges" sVerlag Gerhard Stal- lmg. Oldenburg i. O.) liegt ein neuer Band s7a) vor: St. Quentin 1914 si. Teil). Als Bearbeiter zeichnet: Archivrat Kurt Heydemonn. Nachstehend bringen wir einen Auszug aus dem Kapitel „Kritische Stunden für die 19. Reserve-Division". Wo der Weg von Mesnil nach Ribcmont die Anhöhe erreicht, liegt das Gehöft Cambrie, vor dessen Gutshause sich soeben eine Feldivache vom 2. Bataillon der 73er sVIzefeldwebel Dankerl) sammelt. Dichte Nobelschwade» verhüllten den deutschen Posten den bedrohlichen Anblick zahlreicher Marschsäulen, die sich etwa seit 6 Uhr morgens von den Höhen von Villers lc Sec und Surson- taine auf sie zu bewegten. Die auf Mesnil vorrückende Kolonne nahm eine schützende Geländefalt« auf. Als sich die Feldwache bei Major v. Marcard, dem Kom mandeur des II./Res. 78, in Mesnil zurückmeldete, waren hier die Abmarsch-Vorbereitungen noch im Gange. Die in den letzten Tagen bis aufs äußerste angespannten Truppen nutzten die sel tene Ruhezeit, die der ungewohnt späte Ausbruch bot, bis zum letzten aus. Um 9 Uhr morgens sind die Truppen in Mesnil marschbereit. Das zu früh eingetroffene Res.-Inf.-Rgt. 73 unter Major v. Hoch wächter, das den 78ern folgen sollte, hatte sich mit Mühe durch das Gedränge in Mesnil hindurchgewunden und befindet sich jetzt, um 9 Uhr, in der Reihenfolge 3., 2. Bataillon etwa auf halbem Wege nach Itancourt. Sie werden überholt von Oberstlt. v. Rüxleben mit der 1. und 3. Schwadron der 6. Res.-Dragoner. Das 1. Batl. der 73er hält noch eingekeilt auf der Dorfstratze, ebenso auch das 2. und 3. Batl. des Res.-Regts. 78, dessen 1. Batl. soeben mit dem Ende Mesnil verläßt. Das selbständige 3. Batl. des Res.-Rgts. 79 unter Major Funk und die Pionierkomp. 4./10 sind am Nordausgang von Mesnil eingctrosscn und warten, bis sich dos Durcheinander von Menschen, Pferden und Fahrzeugen in Bewegung setzt. So war die Lage der 37. Res.-Inf.-Brigade in der Gegend von Mesnil um 9 Uhr morgens, d. h. in dem Augenblick, als die vordersten Teile einer feindlichen Marschkolonne sich bis auf wenige hundert Meter dem Orte genähert hatten. Welch ein Gegensatz zwischen Kampfbereitschaft und völliger Sorglosig keit! — Am Südausgang von Mesnil hält zu Pferde der Komman deur der 78er, Oberstlt. Bauer, und überivacht dort das Einfä-sln seiner Bataillone. Seit kurzem folgt sein Auge einer Reiter gruppe an der Baumreihe, die sich von der Lorival-Fermc nach der Straße Mesnil—Sissy zieht Da der Divisionsbefehl am Morgen Aufklärung auch gegen die Oise ongeordnet hat, hält er sie für eigene Dragoner und wird selbst nicht stutzig, als jetzt von der Anhöhe einige Gewehrschüsse fallen. Aber dann jagen sich förmlich dir wechselnden Eindrücke. Im Umsehen schwillt das Feuer an. in der Marschkolonne brechen einzelne Leute mit lautem Aufschrei zusammen, eine Lage Granaten schlägt ins Dorf. Jäh rütteln sie den Deutschen aus seiner Sicherheit. Feind! Ueberfall! Gefahr! Panik? Wohl bringen weniger Nervenstarke hier und dort Verwirrung, reißen aufbäumende Pferde Verbände auseinander. Aber bevor die entstehende Unruhe im geringsten nachteilig zur Geltung kommen kann, fahren Kommandos da zwischen, greifen Offiziere ein, wird selbständig gehandelt. Die Mannschaft bleibt in der Hand der Führer. Tatkräftig und um sichtig greift Oberstlt. Bauer ein und erteilt Befehle für den ab wesenden Oberst v. Winterfeldt. Er pariert nach deutschem Grundsatz den Ueberfall des Gegners nicht mit Verteidigung, sondern mit Angriff! Entschlossen stürmen die Musketiere vor, ihren Offizieren nach, von denen als erster beim Sturm, so als erster im Tode der Führer des 3. Batls., Hptm. Barchewitz, in den Kopf getroffen, sein Leben läßt. Major v. Marcard führt im Schrapnellseuer sein 2. Batl. westlich um das Dorf herum bis zur Ziegelei, um hier die Seite des Dorfes zu schützen, in welchem die Artillerie und 'die Kolonnen nur langsam sich zu entwirren vermögen. Das Ms.-Inf. Ngt. 78 greift mit 1. Batl., Major Wenzel, beiderseits der Straße Mesnil—Sissy, nördlich derselben mit 3. Batl., jetzt unter Oberlt. v. Kofchitzky, an. Inzwischen bahnte sich die 8. Haubitzbatterl« unter Lt. Eydow rücksichtslos zwischen Troßsahrzeugen den Weg noch dem südlichen Dorfausgang und suhr in dessen Nähe Im Galopp auf. So entwickelte sich bei Mesnil während der Morgenstunden des 29. August eine der spannendsten Kompfepisoden. In aus gesprochener Ueberraschung und unter schwierigen Kampsver hältnissen zeigten die Reserve-Regimenter des Generals v. Bahr- feldt, was sie konnten. In kürzester Zeit war östlich Mesnil eine widerstandsfähige Front gebildet, die weiteren Fortschritten des Gegners Einhalt gebot. Die erst« Gefahr war abgewandt. Alle Bewegungen hatten sich in musterhafter Ordnung vollzogen. Entschlußkraft und besonnene Ruhe des Führers, Disziplin und Friedensausbildung -er Truppe überivanden mit staunenswerter Sicherheit eine Krisis von seltener Schwere. Die hannoverschen und braunschweigischen Reserve-Regimenter haben in dieser Stunde die Probe auf die glänzende deutsche Friedensschule ab gelegt, durch welche Offizier und Mann gegangen ivaren. Und ivas für die Kampftruppen galt, traf nicht iveniger für die Kolonnen zu. Unter dem lebhaften feindlichen Artilleriefeuer beendeten sie die Marschbereitschaft und traten den Abmarsch auf St. Quentin an. Selten will man eine so gute Marschordnung gesehen haben, wie hier. Jedenfalls marschierten die Bagagen mit den feindlichen Granaten im Rücken vorzüglich ausgeschlossen! Deutsche Medizin In Malaga — von woher der süße Spanierwein kommt —. überfiel einen deutschen Handwerksburschen, den die Wander lust dorthin verschlagen hatte, das böse Fieder. Er log. aus den Tod krank, im Spital, und der Arzt sagte ihm ehrlich, daß er verloren sei und nicht mehr allzulange zu leben habe. Als es immer schlimmer mit ihm wurde, fragte die Pflegerin den Aerm- sten, womit sie ihm denn — vielleicht das letzte Mal in dieser Welt — ein« Freude machen könne. Der Kranke sagte, — und dabei seufzte er so recht ivehmütig und aus tiefster Brust: „Ach, Schwester, ich möchte doch gar zu gern noch einmal Sauerkraut mit Pökelfleisch essen . . ." Zuerst wußte man nicht, wie das in Spanien unbekannte Gericht zu beschaffen sei; aber dann kam jemand aus den Ge danken. doch einmal bei dem deutschen Dampfer, der gerade im Hasen vor Anker lag. nachzufrogen. Mitleidig gab der Schisss- koch gern eine gute Bortion her, als er hörte warum und wo für; man brachte das Essen dem Todkranken, — der aß mit Heiß hunger die Schüssel blitzsauber, und siel danach vor Erschöpfung in tiefen Schlaf. Der Arzt glaubte, das sei gewiß sein letzter, und er werde nimmer daraus erwachen. Aber siehe, am dritten Tage steht unser Handwerksbursch auf, gesund und frisch wie ein Fisch im Wasser. Und heilfroh dampft er am selben Tage noch ab, — denn er soll nun genug gehabt haben von Spanien. Der Arzt aber war ein gewissenhafter Mann, und er hatte darum auch stets ein Notizbuch bei sich. In dieses Notizbuch trug er ein — unter dem richtigen Datum: „Beste Medizin gegen das hitzige Fieber: Pökelfleisch mit Sauerkraut." Nicht lange danach nun lieserte man einen Spanier in dem selben Krankenhaus ein, der auch am bösen Fieber erkrankt war. Der Arzt untersuchte ihn, lachte schlau und holte sein Notizbuch hervor. „Sie sind krank, sehr krank, mein Lieber." erklärte er dem Fiebernden, „und jeder andere Arzt würde Sie ausgeben. Aber ich kenne eine unfehlbare Medizin, und ich garantiere Ihnen, daß Sie in drei Togen gesund sind!" Zufällig lag das deutsche Schiss noch im Hafen, und man beschaffte sich aus der Schisssküche wieder eine große Portion Sauerkraut mit Schweinefleisch; der arme Kranke mußte das barbarische Gericht bis aus den letzten Bissen herunterwürgen. Er stöhnte entsetzlich dabei, — und war am nächsten Morgen — tot . . . Der Arzt aber, der ein sehr gewissenhafter Mann war, soll dann in sein Notizbuch unter die alte Bemerkung, das beste Heilmittel gegen Fieber sei Pökelfleisch mit Sauerkraut, drei mal unterstrichen die Worte geschrieben Hab"— „Nur für Deutsche!" . . Carlheinz Hillekamps. Die Goldwäscher am Klondike «»man and »er Jett »er »roßen «okvfunde in Kanada nn» Alaska. von «mil Droonder». Copyright durch Wilhelm Goldmann, Verlag» Leipzig 1935. s44. Fortsetzung.) Und wenn daö Weib in ihr erwacht war — unter seinem Händedruck erwacht — vielleicht auch schon verher, aber doch zum ersten Male in ihrem Bewußtsein unter seinem Händedruck — — dann, ja, dann mußte dasselbe Wunder einer unendlich süßen, schillernden Offenbarung über sie gekommen sein, wie er «s an sich entdeckt hatte. Wann? Sr wußte es nicht. Es war ja auch gleichgültig. Es war da und ihm zum Bewußtsein gekommen, als er daran dachte, daß jetzt der Augenblick der Trennung von ihr ge kommen war, und der Gedanke ihm ein so seltsames, schnei dendes Weh bereitet und mit einem Gefühle der Furcht vor der kommenden Vereinsamung erfüllt hatte. Frauen waren ihm in seinem Leben, durch das er mit offenen Augen gegangen war, ja nicht unbekannt geblieben. Er batte sogar eine schülerlieb« gekannt, di« ihn mit ihrer poetischen Reinheit unsagbar selig gemacht und deren Er innerung ihn wie etwas Heiliges durch sein ganzes späteres Leben der Arbeit» Sorge und Kämpfe begleitet hatte. Er hatte die damalige Ueberschwänglichleit der Gefühle nicht einmal belächelt, wie es nüchterne, praktische Menschen wohl zu run pslegen. Sein Leben wäre ihm im Gegenteil trost los armselig erschienen, wenn er sich nicht manchmal in einer einsamen Stunde aus der Welt harten Ringens, der Erfolge und Niederlagen hätte zurückslüchten können in diese Zeit seligsten UeberschwangcS. Und doch war das jetzt alles wie ausgelüscht. Es war ihm, als habe er zum ersten Male das purpurne Flammen meer eines Sonnenaufganges geschaut. Und es tat ihm weh, wenn er daran dachte, daß diese strahlende Sonne wieder untergehen und die Welt — seine Welt — in grauem Schatten lassen würde, in dem Augenblicke, wo E:lecnS Hand sich mit einem letzten Abschiedsdruck aus der seinen lösen würde. Daß sie etwas Aehnliches empfand, wagte er nicht zu hosten. Was war er denn, um darauf zu hoffen? Ein Aben teurer, der jeden Tag sich seine Existenz von neuem er kämpfen mußte. Von gutem Aussehen, ja, aber doch nicht besser, als tausend andere. Und durste er zu ihr sprechen, wie er es gern getan hätte? Sie bitten, ihr Schicksal an das eines wandernden Goldsuchers zu binden, den vielleicht nichts als Mißerfolge und Not erwarteten? Sie hätte vielleicht eingewilligt. Aber konnte er sicher sei», daß kie sich selbst schon über ihre Gefühle klar war? ES hätte doch zu sehr ausgesehen, als ob er ihre jetzige Notlage benützt habe, um ihr ein voreiliges, unüberlegte» Versprechen abzüfordern, das sie halten würde — dazu kannte er sie zu gut — auch wenn sie es später bereut«. Und d/»nn war doch auch noch der Vater, den sie suchen ging und der vielleicht ganz andere Pläne mit ihr hatte. Sie war überzeugt, ihn auf dem ihr von dem Fremden bezeichneten Claim westlich von Fort Jukon zu finden. Escher konnte diese Ueberzeugung keineswegs teilen, aber auch keinen bestimmten Grund für sein« Zweifel anführen. Zuletzt begann er den Verdacht zu hegen, daß es nur die geheime Furcht sei, sie für immer aus se:nem Leben gehen zu sehen, die ihn so hartnäckig an der Richtigkeit der ihr gewordenen Mitteilung zweifeln li«tz. Konnte er sie denn aber allein di« weite Reise nach dort unternehmen lassen? Was zwang ihn denn, gerade nach Dawson zu gehen? Bo» anderen Reisenden hatten sie bereits gehört, das; auch in der Gegend um Fort Jukon und besonders auch am Hootalingua Creek Goldfundc gemacht worden waren. In soweit hatte sich also die Nachricht des Fremden als zu treffend erwiesen, was Eileen in ihrem Glauben auch an die Richtigkeit der Mitteilungen über ihren Vater nur bestärkt hatte. Aber das war eine Frage, die auch noch morgen oder übermorgen entschieden werden konnte. Zuerst wollte er seinen Bericht abfassen, um all die wirren Bilder, dte er dafür in seinem Gedächtnis aufgestapelt hatte, aus dem Kopse zu bekommen. Sie hatten in einem der erst vor wenigen Wochen ent standenen „Hotels", einer großen Bretterbude, wie di« ,n Skaguay, Unterkunft gefunden, in dem es von Gästen wimmelte, die alle Räume, und nicht zuletzt den Tanz- und den Trinksalon füllten. Zu Eschers und Eileens nicht gerade angenehmer UebcrrafchunL laugte kaum eine Stunde später auch Lynn mit der anderen Miß Malony und seinem Gehilfen an. Sie mußten sich damit abfinden. Escher beschloß aber, den Mann genau zu beobachten, sonst aber eine Berührung mit ihm möglichst zu vermeiden. Am andern Morgen, schon ganz in der Frühe, setzt« er sich in einem Rauin an seine Arbeit, der für diesen und ähnliche Zwecke bestimmt war, wenn auch seine Ausstat tung nur aus einem langen rohen Tische und einigen Schemeln von gleich primitiver Beschaffenheit bestand. Ejche» war übrigens nicht der einzige, der sich hier eingefunden hatte. Mehrere andere Gäste waren mit Briefschreiben be schäftigt, und ein Landaaent erklärte zwei ossenbar speku lationslüsternen Neuankömmlingen aus einem vor ihm liegenden Plan« die Vorteile gewisser Baustellen in der Stadt oder deren Umgebung. Escher beschrieb ein Blatt nach dem andern, strich aber wiederholt aus, was er geschrieben hatte und warf mehrere durch zu viele Korrekturen unbrauchbar gewordene Blätter zur Seite, denn er fand e» heute schwierig, seine Gedanken zusammenzuhalten. Immer wieder ertappte er sich dabei, daß sie abwanderten und bei der Frage verweilten, r-b er Eileen allein nach Fort Jukon geben lassen dürfe oder er nicht vielmehr die Pflicht habe, sie zu begleiten, bis sie Ihren Vater gefunden hatte. Er wünschte fest, daß sie hier niemand finden möchte, dem sie sich anschlietzen könnte, dann wäre die Frage ohne sein Zutun nach seinen geheimen Wünschen sofort entschieden und er vor sich selbst gerecht fertigt gewesen. Auch Lynn und seine Begleiterin erschienen zwei oder dreimal in der Schreibstube und zuletzt setzten sich beide ebenfalls, aber etwas entfernt von ihm, an den Tisch, wo das Mädchen nach Angaben, dte Lynn ihr -uflüsterte, einen Brief zu schreiben begann. Die Mittagsstunde war bereits vorüber, als Eileen in dem Zimmer erschien, um ihn zur Mittagsmahlze.t zu rufen. Das Hotel konnte Mahlzeiten nicht liefern, da überall im Innern des Landes die Lebensmittelvorräte unter dem Zustrom von Zehntausenden von Menschen aufgebrauchi waren. Es mußte daher den Reisenden überlassen bleiben, sich von ihren eigene» mitgebrachten Vorräten, so gering diese in einzelnen Fällen auch waren, ihre Mahlzeiten zu bereiten, wozu ihnen der große Herd in der Küche zu, Verfügung stand. Escher unterbrach seine Arbeit, um sie später zu voll enden und verließ mit Eileen den Raum. Einige verschriebene Blätter hatte er auf seinem Platz« liegen lassen. (Fortsetzung folgt.)
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