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Sächsische Volkszeitung : 19.09.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-09-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192609193
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19260919
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19260919
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-09
- Tag 1926-09-19
-
Monat
1926-09
-
Jahr
1926
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 19.09.1926
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Sonntag, ipn 19. September 1926 Nr. 213; Seite 2 treten können. Eine sachliche, wenn anch nicht formelle Revision des Bersailler Vertrages, eine Milderung des Londoner Abkommens, die Aufhebung fremder Besatzung, eine Ordnung der Ostfragen und ähnliche Tinge müssen möglich werden. Im Völkerbund werden auch die Fragen des Soargebietes, Danzigs, des Rheinlandcs, Oberschle- sicns, der allgemeinen Entwaffnung diskutiert und ent schieden. Hier können mir nun nach unserem Eintritt aktiv Mitarbeiten und sind nicht mehr wie bisher der Spielball anderer. Tie Zusammensetzung des Völkerbundes der Gegen wart ist nicht gerade glücklich zu nennen. Der Völker bund hätte von unten herauf aufgebaut werden müs sen. Der Weltkrieg tobte inEuropa, verwüstete Euro pa und nur dieses Europa hätte im Völkerbund den Kern abgeben müssen. Es war falsch, asiatischeStaa- ten zur Regelung der inneren europäischen Angelegenheiten zu berufen. Man denke nur an Ober schlesien, wo chinesische und japanische Delegierte, die Oberschlesien überhaupt nicht kannten, nie gesehen haben, bas Volk nicht kannten, das dort wohnt, und die den gan zen Fragenkompler nicht beherrschten, über das Wohl und Wehe dieses Wirtschaftsgebietes schematisch und un gerecht entscheiden konnten. Wieweit die Unkenntnis die ser asiatischen Völkerbundsdelcgierten ging, beweist die Tatsache, daß sie wegen der gleichlautenden Sprachgleich- heit von Oberschlesien und Sizilien in der französischen Sprache das letztere mit dem ersteren verwechselten, und wie weit sind beide doch voneinander entfernt! Wenn wir die letzten Jahre rückblickend an unserem Deiste vorüberziehen lassen, so können wir sehen, wie in Deutschland eine starke Wandlung in derEinstel- ,ung gegenüber dem Völkerbund eingetreten ist. Viele, die vor Jahren noch gegen den Eintritt in den Völkerbund waren, anerkennen heute die Notwendigkeit des Eintritts Deutschlands in den Völkerbund und die Not wendigkeit einer internationalen Schiedsgerichtsbarkeit. In einigen Jahren wird es wohl in Deutschland nur noch wenige geben, die gegen eine vernünftige und ziel- bewußte Völkerbundspolitik sein werden, denn bis dahin hat sich erwiesen, wie notwendig die Mitwirkung Deutsch lands am Völkerbund mar und ist. Eine Fülle von Aufgaben harren jetzt unser nach unserem Eintritt. Die große Arbeitslosig keit in Deutschland, die so noch längere Zeit anhalten wird, verlangt gebieterisch eine verstärkte Aus wanderung von deutschen nach übersee ischen Ländern. Deutschland hat an den Völkerbund vor längerer Zeit ein dringendes Ersuchen hinsichtlich der Beteiligung an den Kolonialmandaten gerichtet. Dieses Ersuchen ist bis jetzt unbeantwortet geblieben. Der Völkerbund hat seither die Mandate einfach in den Hän den derjenigen Völker belassen, die während des Krieges die deutschen Kolonien erobert haben. Die Mandatare haben allerdings alljährlich dem Völkerbund Bericht über ihre koloniale Verwaltungsarbeit abzulegen. Die wirtschaftlickje Lage in Deutschland wird hier in dieser Frage zu einem Vorstoß im Völkerbund führen müssen: die Zeit der Völkerbundsdiktate auch in der Frage derMilitärkontrolle über Deutschland ist seht endgültig vorbei. Wir werden jetzt die Frage der allgemeinen Abrüstung aller Staaten in den Vordergrund zu rücken haben. Große Aufgaben lind neue Probleme harren unser im Völkerbund. Deutschland ist verpflichtet, sie zum Wohle des eigenen Volkes und der ganzen Welt im Geiste der Völkerverständigung und Dölkerversöhnung mitzulösen. Las „Milieu" von Gens Stimmungsbild von unserem Genfer Vertreter. Gens. 18. September. Bis zur geheimen Zusammenkunft Stresemanii-Briand .vuren die großen Ziele seit einigen Tagen etwas in den Hinter- lHunü getreten. Man war noch nicht ganz damit fertig geworden, sich gegenseitig zu dem Eintritt Deutschlands zu beglückwünschen. Ein Fest jagte das andere. Und dazwischen wurde so ein bißchen Theaterdonner der Weltgeschichte gemacht. Am Tage nach Deutschlands Eintritt über reichte der spanische Konsul die Austrittserklärung: der ru mänische Beitrag wird spruchreif. Am nächsten Tage wird in einem feierlichen Akt der Locarno-Vertrag zu den Akten des Völ kerbundes gegeben. Bon nun an ist er in allen Punkten gültig. In der ersten Kommission häkelt sich Herr von Bülow mit Loucheur in der Frage der weißen Stimmzettel, für die Wie derwahl der Ratssitze. Das ist immer ein gefährliches Spiel, wenn man den Boden noch nicht kennt, auf dem man steht. Aber, Gott lei Tank, augenblicklich nimmt niemand etwas ernst. Kleine Uederraschungen wird es ja noch mehr geben, bis die neuen Gäste sich an die Hausordnung gewöhnt haben. Gleich der erste Tag brachte eine kleine Enttäuschung. Am Mittag gaben die Zournalisten des Völkerbundes ein Frühstück, wo S t r e s e ma n n. Brianü und Chamberlain erschienen. Die Speisenkarte war von zwei Ungarn entworfen, die auch in Locarno in etwas respektloser Weise das Menü gezeichnet hatten. Diesmal stoßen über Chamberlains freundlich lächelnden Kops hinweg Briand und Stresemonn miteinander'an. Und die Papageien im Urwald spre chen die Radiorede nach. Stresemann sprach dreiviertel Stunden lang frei und sagte zum Schluß, nun wolle er das Bild auf der Karte wahr machen. Und unter nicht endenwollendem Jubel stieß er mit Briand an. Am Abend wollte auch Frau Strese in a n n an dem Verbrüderungsfest teilnehmen und ging zuin offi ziellen Ball bei der Schweizer Legation. Die Empörung mar groß, als weder Chamberlain noch sonst einer der Herren der fremden Legationen sich vorstellten. Und erst etwas spät überlegte man sich, daß ein Massenempsang bei den Schweizern nicht der geeig; nete Moment für die fremden Diplomaten ist, sich vorstellen zu lassen. Aber gottlob sind diese Dinge keine Tragödien. Dann Frühstück der Weltliga für Völkerbund mit sehr herz liche» Ansprachen von Frankreich und England. Am Nachmittage Tee bei der De u t s ch e n L iga, wo Dr. Kaa s den Optimismus etwas dämpft und darauf hinweist, daß aus politi schem Gebiete wohl »och manche Enttäuschungen bevorstehen. Daß man aber auf kulturellem Gebiete desto besser miteinander ar beiten könne. Viele andere Reden werden gehalten, die aber ihrer Vielheit wegen ermüden, selbst wenn sie so inhaltsreich sind, wie der Ausdruck guten Willens zwischen Deutschland und Frank reich. Sehen und nicht Worte hören, das ist auch eine glückliche Ausstxmnung. Wir gehen darum ins „Metropole", in das deut sche Hauptquartier. Tort ist es lebendig. Im großen Saal bil den sich kleine Gruppen, man spricht gedämpft. Damen in Abend- Kleidung gehen zwischen den Journalisten im Straßenanzug auf und ab. Die hohe. Erscheinung von Frau S i in o n von der Hoch schule' für Politik sticht merkwürdig ab von den zierlichen, ge puderten Halbsronzösinnen. Es ist, als ob ein Stück Alt-Berlin des Humboldt-Kreises lebendig geworden wäre. Nun kommt Stresemann, um einige Beobachtungen mit der Dreiie auszutaulchen: die Linien des Kopfes erinnern an Magdeburg, 18. September, Im Mordprozeß Schröder verkündete der Vorfitzend« Landgerichuöirektvr Löwenthal gestern abend um V-9 Uhr folgendes Urteil. Ter «„geklagte Schröder ist des Raub mordes für schuldig befunden und wird zum Tone verur teilt. Die bürgerlichen Ehrenrechte werden ihm auf Lebens zeit aberkannt. Die Mordwaffe wird eingezogon. Wegen schwerer Urkundenfälschung in Tateinheit mit Be.rüg wird der Angeklagte zu sechs Monaten Gefängnis verurtc lt. In der Urteilsbegründung wird gesagt: In der Hauptverhandlunq hat der Angeklagte ein glattes Ge ständnis abgelegt. Durch die Zeugenaussagen ist dieses Geständnis bestätigt worden. Eine Anstiftung zu der Tat kommt nicht in Frage. Das Gericht hat die Ucberzeugung gewonnen, daß kein and rir an der Tat beteiligt ist als Schröder und daß diejenigen, dir bisher in bas Verfahren verwickelt waren, unschuldig sind. Es handelt sich um einen mit Ueberlegung ausgesührien Mord und Tateinheit mit schwerem Raub, lind darauf schreibt das Gesetz die Todes strafe vor. * Nach der Vernehmung der Berliner Kriminalkommissare, über die wir bereits berichtet haben, wurde in dcr^gestrigen Verhandlung der seinerzeit verhaftete Fischer als Zeuge vernommen. Fischer war Vorsitzender der Fechtvcrbindung „Alania", die aus .siau'sleuten bestand und der auch i>:r Angeklagte angchörte. Er will keinen näheren Verkehr! mit Schröder gehabt haben und ihm auch niemals ein Paket übergeben haben. Auch bestreitet er entschieden, jemals dem Angeklagten Stempel für falsche Dokumente geliefert zu haben. Der Zeuge Adolf Grimm, der Schwager des er mordeten Buchhalters Helling, war dabei, als Schröder und Tenhold vor der Firma Haas warteten und Schröder Rudolf Haas als den Mann bezeichnete, der ihn zum Morde angestiftet habe. — Auf Befragen des Vorsitzenden erklärte der Angeklagte, Hans habe mit dem Morde nichts zu tizn, er habe ihn aber schon vor dem Mord gekannt. Woher er Haas kennen will, darüber verweigerte der An geklagte die Auskunft. Die Zeugin Mittendorf, die im ersten Stockwerk des Schrödcrschsn Hause» in Nottmersleben wohnt, hat in der Untersuchung ausgesagt, sie habe Haas gesehen, als er Schröder im Auto aufsuchte. Jetzt erklärte sie, sie könne mit ihren Augen sehr schlecht sehen und müsse sich geirrt haben. Der Schictzsachverständige Dr. Metzger sagte aus, daß er im Einvernehmen mit seinein Kollegen zu dem Resultat gekommen fei, daß beide Kugeln, di« Helling ge tötet habe», ans einer Waffe stammen. Es kann mit ab soluter Sicherheit gesagt weiden, diß sie ans dem Revolver Schröders adgeikhossen woidm sind. — Es wurden dann eine Anzahl Zeugen vernommen, die über die Eltern Schröders ausjagen sollten. Der Ortspsarrer bezeichnete den Vater Schröders als starken Trinker, der schon dem zweijährigen Knaben Bier zu trinken gegeben habe, „damit er kräftig werde". Der Aintsvorsteher bekundete, es habe in Groß-Nottmersleben allgemein geheißen, der alte Schrö der habe „seinen Sohn im Rausche gezeugt". Vor der Nachmittagsverhandlung war der Andrang des Publikums jo stark, daß die Schupo mit Gummiknüppeln de» Eingang zum Schwurgeri.chtsjaal'frei- ljaiten mußte. Zwei Pioniere von der Reichswehr wurden vernommen, die Kameraden Schröders gewesen find. Von einer anormalen Veranlagung Schröders ist ihnen nichts bekannt. Unter allgemeiner Bewegung betrat dann der Zeuge Rudolf Haas den Sitzungssaal. Auf die Frage des Vorsitzenden, wie er denn in dieses Verfahren hineingekommen sei, erwiderte alljapanische Daimono-Masken. ein Leben unter werdenden deut schen Parlamentariern läßt weichere Linien nicht auskommen. Vom Presse-Empfang geht alles zur „Bavaria". Die Nacht ist mild, und draußen vor der Tür sitzen die hochparlamentarischen Gruppen. Der Blick geht auf die spitzen Zypressen des englischen Gartens und den See dahinter, über den lange, krause Lichtbah- nen laufen. Verschwommen und Silhouettenhaft heben sich die schirmartigen Kronen der beiden Bäume auf der Liebesinsel gegen das blouschwarze Wasser ab. Hier draußen im Dunkeln wird nur geflüstert. Dr. Kaas wird von den Pressevertretern aller Län der viel beachtet. Das gleichmäßige seine Diplomatengesicht des französischen Pressechefs, Professor Eynard, der gleich groß und schlank ist, und ebenso verhaltenes Leben zeigt, gibt eine wundervolle Komponente. Drinnen in den schmalen, räuche- rischen Zimmern geht es lebhafter zu. Die beiden ungarischen Zeichner Kellen und Deszo, beide groß und schlank mit srauenhaft schmalen Händen, haben sich mit Inles Sanerwein zusammengesetzt. Den liebergang zum deutschen Tisch bildet der irländische Außenminister. Don» kommt Herr v. D e w a l l. Er bot das Bein, das noch lahm ist. vor sich auf einen Stuhl gelegt und ist in lebhafter Debatie mit dem Prinzen Rohan von der „Europäischen Revue". Beide haben junge, blaue Augen. Dewalls Züge sind zerfurcht und zerfetzt von vielen geistigen Schlachten. ?lbcr dieselbe unberührte Frische wie aus dem glat ten Gesicht des österreichischen Prinzen spielt auch über seinen Zügen. . „Das Geheimnis von Thoiry^ (Fortj. v. Seite 1.) Genf. 18. Sepleinver. lieber -die Zusammenkunft zwischen dem Reichsaußenminister Dr. Stresemann und dem französischen Minister des Aeußc- ren Briand ist gestern abend 7 Uhr folgende gemeinsam ver einbarte amtliche Miltcilung ausgegeben worden: „Der deutsche Reichsaukenmindsicr Dr. Stresemann und der französische Außenminister Briand trafen sich zum Frühstück in Thoiry. Sie -batten dort eine mehrstündige Unterhaltung, die in herzlichster Weise verlief. Im Verlauf dieser Unterhaltung prüften sie der Reihe nach alle ihr« beiden Länder interessieren den Fragen und suchten gemeinsam nach den geeignetsten Mit teln. um die Lösung dieser Fragen im deutsck-en und im sran- 'ösisäieii Interesse und im Geiste der von ihnen Unterzeichneten Vereinbarungen sicherzustellcn. Die beiden Minister brachten ihre Nuffassun-'en über ein« Gcsamtlösung der Fragen in Einklang, wobei sich jeder von ihnen norbchielt, seiner Regierung darüber Bericht zu erstatten. Wenn ihre Auffassungen von ihren bei der festigen Regierungen gebilligt'werden, werden sie ihre Zu sammenarbeit wieder ausnehmen, um zu den gewünschten Ergeb nissen zu gelangen." WeNerbert«I»1 der Dresdner WeUerwarr« Witternngsansfichte«: Zeitweise verstärkte Bewölkung. Oerklich besonders in den Morgenstunden dunstig und nebe lig. Temperaturen wenig geändert. Schwach« Luftbewe gung. Vorhersage für Mo nt aa r Keine durchgreifend« Aenderung. Haas: „Das ist mir völlig unbekannt. Ich bin eines Tages verhaftet wurden und man hat rnrr gejagt, es handle sich um die Sache Helling. Später hat mir bei einer Verneh mung Kriminalkommissar Tenhold gesagt, der Mvrd stände in Verbindung mit einer Steuerhinterziehung, die Helling aufdecken wollte. Erst im weiteren Verlauf der Untersuchung ist mir bekannt geworden, daß Schröder mich beschnldigie, ihn zu dem Morde an Helling angcstiftet zu haben." — Auf weitere Fragen erwiderte Haas, daß er mit dem Angeklagten niemals vorher zusammengetroffen sei, er habe ihn zum ersten Male bei der Gegenüberstellung vor Ge richt gesehen. Der Vorsitzende richtete nun an den Angeklagten die Frage, ob er an den Zeugen Fragen zu richten habe. Unter allgemeiner Bewegung erklärte Schröder „Rein, kck» habe nichts zu sagen". Auf eine weitere Frage sagte er: „Daß Herr Haas mich kennt, das habe ich nie bestimmt geäußert". Damit war das ganze Lügengebäude des A ii gcklagtenzujamme »gebrochen. Die Vor geäußert". Damit war das ganze Lügengebäude spiegelnngcn, mit denen er den Kommissar Tenhold und und Untersuchungsrichter Lölling zu täuschen gewußt hatte, hatten sich in Nichts aufgelöst. Die Bewegung im Zuschaucrraum war in diesem Augenblick so stark, daß der Vorsitzende drohen mutzte, den Saal räumen zu lassen. Der Kriminalkommissar Tenhold, der dann vernommen wurde, der Mann, L«r Haas verhaftet hat, konnte keinerlei Erklärungen für seine Hand lungsweise geben. Er habe nur «ine unbestimmte Mit teilung erhalten, daß Schröder und Fischer in einer Kan tine zusammen getrunken haben. Weiter sagte Tenhold, baß ihm heute kein Material mehr zur Verfügung stehe, er könne also keine Aussagen über seine früheren Behaup tungen und Annahmen im Laufe der Voruntersuchung machen. Der Sachverständige, Medizinalrat Dr. Boretius, erklärte, daß der Angeklagte ztveifellos Zeichen scharfer Intelligenz gezeigt habe. Er sei erblich belastet und di« moralischen Hemmungen seien bei ihm sehr schwach. Seine sexuelle Veranlagung habe mit dem Morde zweifellos nichts zu tun. Daß er die Verwerflichkeit der Straftat erkennen konnte, sei ohne Zweifel. Eine Verminderung der geistigen Fähigkeiten bei dem Angeklagten könne nicht festgestellt werden. Der Sachverständige Dr. Marcnse gab gleichfalls erbliche Belastung zu. Diese erbliche Belastung reiche aber nicht aus, um die Tat zu erklären. Geldgier und Genuß sucht seien die Motive des Angeklagten gewesen. Seine sexuellen Anomalien seien nur der Ausdruck einer völligen Haltlosigkeit. Eine Verminderung der Geisteskraft bei dem Angeklagten sti nicht festzustellen. 'Heber eine Anweitdung jdes 8 61 könne gar nicht diskuttiert werden. Darauf erhielt der Ober staatsän Walt das Wort. Er bezeichnete Schröder als des schweren Raubmordes völ lig überführt. An diesem Menschen sei nichts verloren, wenn er weiterlebe, würde er nur weitere Gewalttaten be gehen. Kein Mitleid mit diesem Burschen! Der Oberstaats anwalt beantragte di« Todesstrafe und zwei Jahre Zucht haus. — Der Verteidiger bezeichnete Schröder als einen Menschen ohne Hemmungen. Der Angeklagte habe sich nicht mehr zu helfen gewußt. Ueberlegung im Augen blick der Tat je: bei ihm nicht vorhanden gewesen, es könne also nur auf Totschlag erkannt werden. Der Angeklagte Schröder wies in seinem Schluß wort auf die große Notlage hin, in der er sich befunden habe. Den Gedanken, Helling zu ermorden, habe er erst bekommen, als er keinen Ausweg mehr sah. — Darauf zog sich das Gericht zur Beratung zurück. Rach der Urteils verkündung wurde die Verhandlung geschlossen und der Angeklagte abgeführt. Die Freilassung der Gefangenen Auswirkungen -es Koblenzer Abkommens. Koblenz» 18. Sept. (Draht bericht) Di« Interalliiert« RheinlandSkoimmssion erläßt eine Verordnung 311, in der es heißt: Die Interalliierte Rhein- landskvmmiss-ion verordnet ans Grund der am Ist. Sep tember erfolgten deutsch-alliierten Vereinbarung, die am 17. September in Kraft tr:tt: binnen zwei Wochen nach Inkraft treten der obenerwähnten Abmachungen übergeben »ie alliierten Behörden in den verschiedenen Befctznngszonen den dentschc« Behörden die deutsche» Reichsangehörigen, die in GcsängnijF« der besetzte» Gebiete in Haft sind »vegen Taten, die sie i« Rnhrgebiet, in »rn Brücken köpfen Duisburg, Ruhrort und Düsseldorf sowie in der so genannten Kölner Kor.« begangen haben. Ausgenom men sind nur Personen, die Verbrechen gegen das menschliche Leben mit Todeserfolg begangen haben. Alle anhängigen Strafverfolgungen an läßlich von Straftaten, die seit Beginn der Besetzung bis zum 1. Februar 1926 in den besetzten Gebieten begangen worden sind, werden endgültig eingestellt. Eine neue Straf verfolgung kann auf Grund dieser Straftaten nicht cinge- leitet werden. Die wegen solcher Straftaten in Haft be findlichen Personen werden frei ge l a fse n. Vorstehende Bestimmungen betreffen nicht Strafver folgungen und Verurteilungen wegen Straftaten des ge meinen Rechts oder Spionage. Diese Verordnung, die auch im Gebiete des Brückenkopfes Kehl anwendbar ist, tritt am 17. September 1926 in Kraft. Okloberrale -er Renkenbankzir^en Berlin, 18. September. (Drahtbericht.s Der Reichsminister der Finanzen macht daraus aufmerksam daß die nächste Zahlung der Rentenbankzinsen am 1. Oktobe 1926 fällig wird und innerhalb einer Woche nach Fälligkeit, d. l bis zum 9. Oktober 1926 einschließlich on die Finanzämter (Fi nanzkassen) zu leisten sind. Die Höhe der Zahlung ergibt sic aus den von den Finanzämtern früher erteilten Grundfchult bescheiden. Besondere Aufforderungen ergehen nicht. Die Typhusepidemie Am Sonnabendmorgen betrug die Zahl der an Typhus Er krankten 1539. die Zahl der Toten 47. Duisburg, 17. September. Vis gestern sind dem städtischen Gesundheitsamt insgesamt 121 Erkrankungen an Para- typhus gemeldet morden. Leipzig, 13. September. Nach einer Blätterineldung sint .Zwei Kinder eines Ehaufseurs in Leipzig an Typhus er. 'krankt. Wahrscheinlich hatten sie sich bei einem Besuche ihr« iyphuskranken Großvaters infisziert, und die Krankheit nach. Leipzig e i n ge s ch I e p p t. Beide Kinder wtzrden in ein Kran kenhaus eingeliefert. Wahrend sich das eine bereits aus dxw s Wege der Besserung befindet, handelt es sich bei dem anderer' um eine sehr schwere Erkrankung. Zu irgendwelchen Bckürch. tungen geben diese Typhussälle aber Kernen Anlaß. Die Gefaßt weiterer Erkrankungen besteht nickt
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