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Nummer 79 — 25. Jahrgang ömal wöch. BezugSPrelS für April S M. einschl. BesteUgelS «nzeigenpreije: Die Igesp. Petilzeile »0^. Stellenpejuche 20 L. Die Petitreklamezeiic, 80 Milli meter breil, 1 ^l. Ofsertengebühren für Selbstabholer 20 L. bei Uebersenüung üurch Sie Post außerdem Portozulchlaa, Ein^el-Nr 10 -8, Sovnlaps-Nr 15 L. Geschäft!. Teil: I. Hillebrand in Dresden. SLcklWe Sonntag. 11. AptN 1926 ruf übermitt. Anzeigen übernehmen wir keine ver. antwortung. Unverlangt eingesandte u. m. Rückporto nicht versehene Manuskripte werü. nicht aufbewahrt. Hauptschristleit.: Dr.Iok«PdAkb«r1. Dresden. LuverlSsslee «na «orleoeckte Vlumeo- voll OemUio-SAmvrelen vre»<I«i,-^. . LM V Vett.öl. volmelümg Vrschästeftelle, Truck und »Verlag! Saxonia- Buchdruckcri'! GmbH., DreSden-A. I, Polierslrntze 17. gernrul LIVIS. Postscheckkonto Dresden 14797 Bankkonto: Bnfsennc 4- gtriuschc, Dresden. Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen Volk»,eitu«a Dresden-Altstadt l. Potierstrahe 17. Fernruf L0711 und L10I2. Die Zukunst Marokkos Ab- el Krim verhan-ett mtt Frankreich und Spanien über -en Frieden Paris. 10. April. Der französischen Delegation für die am 15. d. M. in lljda beginnenden Friedensverhandlungen gehört außen? dem Genral Simon und dem Unterdirektor für die afri kanischen Angelegenheiten im Außenministerium Pon > ot auch Major Duc los als Leiter des Eingcborenendienstes in Rabat an. Die spanische Delegation setzt sich zusammen aus dem Direktor für die marokkanische Abteilung im spani schen Ministerpräsidium EPoce Bolivas, dem Major Aguila, Leiter des Aufklärungsdienstes in Algier Ajdir und Hauptmann Don Miguel. Die Nifdclegativn besteht aus dem Außenminister Abd el Krims Si Muhamed Aver kalk und Vertretern der Stämme Si Muhamed Hitui und Si Achmed Eddi. Der spanische Vertreter Bolivas wird demnächst in Paris erwartet. Gegenstand der Verhand lungen werden zunächst die Bedingungen für den Abschluß des Waffenstillstandes bilden. Ueber die bevorstehenden Friedensverhandlungen mit Marokko wird von den Morgenblättern ergänzend mitgeteilt, daß das Programm der Konferenz in Ujda, die etwa am 15. April Zusammentritt, noch nicht festgelegt worden ist, aber man nimmt an, daß die Verhandlungen zunächst die Frage des Waffenstillstandes prüfen werden und in zweiter Linie das neue Regime des RifgebieteS. Hierbei wird man sich vor allem an die Grundzilge halten, die bei der Konferenz in Madrid ausgearbeitet wor den sind und die darauf hinauslaufen, dem Ristaate eine Verwaltungsfreiheit zu geben, die die Autorität des Sultans über das Nifgebiet aufrechterhält. Gleichzeitig wird man von Abd el Krim ernsthafte Garantien zur Wahrung des Friedens verlangen. Das „Echo de Paris" teilt mit, daß der französische und spanische Generalstab in der For derung einig seien, daß die Armeen durch den Waffenstill stand in die Lage gesetzt werden müssen, Stellungen einzu- nehmen, die es ihnen unter Umständen ermöglichten, den Feldzug unter vorteilhaften Bedingungen wieder aufzu nehmen. Sobald dieser Punkt erreicht sei, werde man «ine neutrale Zone abgrenzen und den Austausch der Ge fangenen vornehmen. Weiter berichtet das Blatt, daß möglicherweise die Abdankung Abd el Krims ver langt ' werde. Wie Haoas aus Madrid berichtet, ermahnt der Minister präsident in einer Kundgebung Presse und Bevölkerung, die dem nächst beginnenden Friedensverhandlungen mit Marokko nicht durch unerwünschte Veröffentlichung und Neugier zu beeinträch tigen. Tie Marokkofrage stelle sich heute unter günstigeren Be dingungen denn je dar. Es handle sich nur darum, die Früchte der militärischen Anstrengungen und Opfer der Zivilbevölkerung zu ernten. Der Nachfolger Malvys Paris, 10. April. Der bisherige Landwirtfchaftsminister Jean Durand wurde zum Nachfolger des zurückgetretenen Innenministers Malvy erannt. Der Ministerpräsident Briand hatte gestern eine Unter redung mit dem radikalen Abgeordneten Francois Bi net. ES wird angenommen, daß Binet zum Nachfolger des zum Minister des Innern ernannten Landwirtschaftsministers Durand ernannt werden wird. Die Entscheidung dar über wird jedoch erst nach dem heute vormittag stattfinden- dcn Kabinettsrate erfolgen. Die Politischen Rückwirkungen von Malvys Rücktritt beschäftigen heute morgen den größten Teil der Pariser Presse. Die Rechtspresse schreibt, der Rücktritt Malvys werde zur Folge haben, daß die Regierung Briand beim Wiederzu sammentritt der Kammer vom Kartell der Linken gestürzt werden würde. D,:r „Avenir" hält die politische Situation für geklärt. Das Kartell werde den Sturz des Kabinetts Briands herbeiführen, dann werde Herriot gemeinsam mit Malvy die Macht übernehmen. Die ver kappte Revolution trete in ihre aktive Phase ein. — Die Linkspresse dagegen ist der Ansicht, daß die Regierung Briand auch nach dem Rücktritt Malvys nur mit der Linken regieren könne. Die Unruhen in Saloniki Athen, 10. April. Nach einem Bericht des Kriegs- ministerlums haben in der begangenen Nacht in Saloniki drei Offiziere Teile der Garni,on von Saloniki aufgewie» gelt und sind nach der Ortschaft Allatini marschiert. Der Beweggrund zur Meuterei ist materieller Art. Eine Divi sion umzingelte schnell die Meuterer, die erklärten, die Be wegung richte sich nur gegen ihre Vorgesetzten und sie wür den sich übergeben, wenn ihnen versprochen würde, daß diese Vorgesetzten durch andere ersetzt werden würden. Die Regierung stellte den Meuterern zur bedingungslosen Uebergabe eine Frist. Die Flotte begab sich nach Saloniki. Nach amtlichen Meldungen haben sich die Führer der Meuterei in Saloniki und ungefähr 200 Soldaten be dingungslos ergeben. Die Rädelsführer werden vor «in Kriegsgericht gestellt werden. Seerechl uni» Kandel Konferenzen in Brüssel und London. Brüssel, 10. April. Auf der Seerechtskonferenz wurde gestern die allgemein« Aussprache geschlossen. Heute wird den Delegierten der Entwurf einer Konvention über die Unverletz barkeit der Staatsschiffe vorgelegt werden. Die den Staaten gehörenden Handelsschiffe werden von jetzt ab dem allgemeinen Recht unterstehen. Kriegsschiffe und Schiffe, die in Regierungs, diensten stehen, dürfen auch in Zukunft keiner gerichtlichen Be schlagnahme unterliegen. Im Kriegsfall« hat jeder Staat das Recht, die Einhaltung der Konvention zu kündigen. Durch diese Bestimmungen sind die Schwierigkeiten, die zwischen Holland und England bestanden, beseitigt worden > London, 10. April. Auf der In London stattfindenden 12. Internationalen parlamentarischen Handelskonferenz, die während der Pfingstwoche zusammentreten wird, werden die kommerziellen Gruppen von über 40 Parlamenten der ganzen Welt vertreten sein. Die erste Sitzung der Konferenz, an der auch mehrere englische Minister teilnehmen werden, wird am 25. Mai stattfinden. Der Deutsche eRichstag hat zum ersten Male seit eBginn des Krieges eine Einladung zur Teilnahme an dieser großen Handelskonferenz angenommen. Ferner sind zum ersten Male aus der Konferenz vertreten, Holland, sie Schweiz und Brasilien. Die Konferenz -er englischen Bergarbeiter London, 10. April. Die Konferenz der Bergarbeiter hat gestern die Verwerfung einer Verminderung der Löhne oder einer Verlängerung der Arbeitszeit empfohlen, hat aber ein stimmig die Gesamtfrage den Distriktsversammlungen zur Ent scheidung überwiesen. Die Exekutive des Bcrgarbeiterverbandes hat inzwischen die Bergwerksbesitzer zur Wiederaufnahme der Verhandlungen eingeladen. Ein englisch-russischer Zwischenfall London, 10. April. Nach einer Reutermeldung ist der Führer der Sowjetoraanisation in Palästina, Glezer, der eine Reise nach Palästina unternommen hatte, von der englischen Behörde an der Rückreise nach Palästina ver hindert worden. Die Sowjetboschaft in London hat des halb bei der englischen Regierung Beschwerde eingelegt. Richard Strauß ln London. Dr. Richard Strauß ist am Freitag in London eingetroffen. Er wird am Montag im Tivolitheater bei der Erstaufführung des "Films „Der Rosenkavalier" dirigieren. Kein Anschlag auf den russischen Jnnenkommlssar. Die Meldung^ von einem angeblichen Anschläge auf den Volk», kommissar des Innern Beloborodow, bei dem dieser ver wundet winden sei, wird nunmehr auch von der Tele- graph^n-Ag,ntur der Sowjetunion für gänzlich erfunden Die Feuerprobe Man entsinnt sich wohl, einmal etwas gehört zu haben, daß die Zentrumsfraktion im Reichstage die Initiative ergriffen hat, um die Regierung zu aktiven Maßnahmen für die Ueberwindung der Wirt schaftskrise zu veranlassen. Man entsinnt sich aber kaum, daraufhin von einer Initiative der Regierung Näheres gehört zu haben. Eine Ausnahme bildet nur die Sicherstellung des 300-Millionen-Kredites durch Reich und Länder, der den deutschen Export nach Sowjetruß land in Gang bringen soll. Daß freilich die erhofften Aufträge aus Moskau schon eingegangen wären, davon war noch nichts zu hören. Und über dem Baumarkt lagert noch immer unheimliche Grabesruhe. Von einem Frühling, der die deutsche Wirtschaft von hier aus eini germaßen zum Erblühen bringen könnte, noch keine Spur. Wenn man diese Untätigkeit und dieses ergebene Abwarten der erregten zum Teil fieberhaften Tätigkeit auf anderen politischen Gebieten gegenüberhält, dann meint man, der alte Grundsatz des längst begrabenen Manchestertums beginne wieder lebendig zu werden: „staissen faire, laisser passen. le monae va üe lui-meme" „Die Welt dreht sich ganz von selbst". Ohne Zwei fel! Nur bleibt daneben die Frage, wie sie sich dreht. Und über die Antwort ist man sich ausnahmsweise ein mal einig. Unsere liebe Welt dreht sich heute ganz ver teufelt schlecht. Schaut man sich um. so scheint es gegen wärtig in ganz Deutschland nur einen wirklichen Optimisten zu geben. Daß dieser zufälligerweise Neichsfinanzminister ist, hat vielleicht sein Gutes, ruft aber auch immer wieder die üble Erinnerung an die der Wirtschaft zu viel abgezapften Milliarden wach, obwohl die sicher nicht auf dem Schuldkonto Dr. Reinholds stehen. Jedenfalls ist es schade, daß folgende optimistische Stimme „nur" vom Reichs s i n a n z minister, und nicht vom Reichs w i r t s ch a f t s minister stammt: „Wer sich durch die Not der letzten Monate hindurchgerettet hat, hat im großen und ganzen die Feuerprobe bestan den, wenn auch nock emias Nackmoler auf der Strecke bleiben werden" Die „Feuerprobe ' wäre ruiv bestanden? Tie deut- sche Wirtschaft tatsächlich über den großen Berg der Sa nierungskrise? Ist der Reinholdsche Optimismus tatsäch lich berechtigt? Man wird es nach den aufregenden und unberechenbaren Wandlungen der letzten Jahre nieman dem verübeln können, wenn er auf Verheißungen nichts mehr gibt. Man kann noch so oft betonen, daß die Heu- tige Krise ihrem inneren Wesen nach „Feuerprobe", d. h. also ein durchaus notwendiger Läüterungsprozeß ist, den unsere vorher krankhaft aufgeblähte Wirtschaft unbe dingt aushalten muß. wenn sie zu einem Leben erwachen soll. Aber die Wirtschaft und das Leben an sich philo sophieren nicht. Das innere Wesen der Krise ist dem Menschen, der mitten im Wirtschaftsprozeß drin steht, sehr gleichgültig. Nur die Schäden spürt er und die Schmerzen fühlt er. Und die sind für ihn die gleich har- ten, ob die deutsche Wirtschaft nun gerade durch das „Stahlbad" des Krieges, ob sie durch die „Wasserprobe" der Inflation, oder aber ob sie durch die „Feuerprobe" der Deflation geht. Alle diese Stadien stehen im Grund miteinander in einem engen ursächlichen Zusammenhang. Die Wirtschaft, liche Auszehrung des Krieges, die erst in der Inflation zur Krisis führte und heute der harte Weg der Gesun dung. Daß wir uns aus diesem Wege befinden, ist trotz aller Schwierigkeiten ein sicherlich bedeutsamer günstiger Faktor. Allein im Jahre 1925 hat sich das Handelsregi ster um etwa 15 000 eingetragene Firmen verringert. In der gleichen Richtung der Ausschaltung unwirtschaftlicher Bestandteile gehen die Konzentrationsbestrebungen in führenden Industriegruppen, der Zusammenschluß in der chemischen und der Montan-Industrie. in der Maschinen- und Automobilindustrie und anderwärts. Die erzwun gene Tendenz zu größerer Wirtschaftlichkeit gibt diesen neuen Organisationsformen ihr Gepräge. Diese Ver» trustungsbestrebungen unserer Industrie sind ihrer Ent stehung nach nicht machtpolitische Gebilde; daß sie es im Verlaufe ihrer Entwickelung zum Schaden der Allgemein heit nicht werden, darauf wird der Staat ein wachsames Auge haben müssen. So hart die Lage der Wirtschaft auch sein mag, die Entwickelung der letzten Monate ist auf jeden Fall ein sehr demonstrativer Beweis für die .Bedeutung des Prinzipes der Freiheit, auf dem un-