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Nummer 82 — 25. Jahrgang vmat wöch. Brzua«pkk>S für April 3 M. einjchl. Besteügels, Anzeigenpreise: Die Igesp. PeNizetle 39L. Stellengesuche 29 Die Petitreklamezelle. 89 Milli- meler breit, 1 Ossertengeüühren für Selbstabholer LU bei Uebersendung durch die Post außerdem Porlozulchlay Eincel-Rr 19 Scm,,tays-Nr 15 Geschästl. Teil! I. Hillebrand in Dresden. SWllMe Donnerslag, 15. April 1926 Im stalle höherer Veivalt erlischt lese Derpflichtunp auf Lieferung sowie Erfüllung v. Anzeigenaufträgen u. Leistung o. Schadenersatz Kur unüeutl. u. d. Fern« ruf üdermitt Anzeigen übernehmen wir keine Ver antwortung Unverlangt eingesanöte u. m. Rückporto nicht versehene Manuskripte wero. nicht oufbewahrt. Hauptschristleit.: Dr. Joseph Albert. Dresden. ?uve5lD>8lee vnä orlcnectite vlumeo- vvll 0ea>U«v-8Ämvreien ^strilLIigmiigl v»e»ckea--^. X ^sknrlr. 4. am >, Vett.vl. volrsmlung Miyipei? Kr kliHkig.rSl !°>sl 1MZ », SMI »vetchiif»» sicllc, Lruck nnd Perla,,, Snron.a. Buchdrucker»! GmbH., Tresden-A. I, PvUcrslraßc 1t. tzcrnru! 2NU2. Putlichecksonto Dresden 147U7 VanNonlo! Bnsscnac L ^riusche, Dresden. Für chrislliche Politik und Kultur '.Nedaktion der Tächsttcheu Volk-,»U>»ng Dresden.SUisiadt I. Polierstraste I? geriinn Mit nun ^1012. Oesterreich Skrzyuskis Wiener Besuch Wien. 14. April Der polnische Ministerpräsident Graf Skrzynski ist gestern mittag in Prag eingetrosscn. Er wurde am Bahnhos von Dr, Venesch, verschiedenen anderen Kabinettsmitglicdern, dem polni schen Gesandten in Prag und von Vertretern der in- und au -län dischen Diplomatie begrüßt, Skrzynski hat beim Präsidenten Massaryk Wohnung genommen. Die tschechische Presse begrüßt den polnischen Ministerpräsidenten freundlich und hebt die Be deutung der bevorstehenden Besprechungen für den weiteren Aus bau der polnisch-tschechischen Beziehungen hervor. Am Donnerstag trifft Graf Skrzynski in Wien ein. * Ter Besuch des Ministerpräsidenten Grafen Skrzynski ist sicherlich für den Ausbau der guten Beziehungen Zwischen Polen Eid Oesterreich von Bedeutung, es ist aber keine Rede davon, daß politische oder wirtschaftliche Abmachungen geplant sind oder getroffen werden könnlen, die über den Rahmen der allgemeinen österreichischen Außen- und Handelspolitik hinausgehen. Im wesentlichen dient der Besuch des polnischen Ministerpräsidenten, der formell die Besuche erwidert, die der damalige Bundeskanzler Dr. Seipel und Außenminister Tr. Grünberger 1923 in Warschau abgestattet haben, einer Fortsetzung der damaligen Besprechungen. Beider Anwesenheit Dr. Seipels in Warschau wurde ein Rahmcn- Schiedsvertrag zwischen Polen und Oesterreich abgeschlos sen. Dieses Abkommen soll jetzt nach Muster der neuesten Schicdsgerichtsverträge ausgebaut werden. Die Vorverhandlun gen haben angeblich bereits zu einem Ergebnisse geführt. Die for- UN- Polen melle Unterzeichnung wird, falls diese Meldung zutrifst, während der Anwesenheit Skrzynskis in Wien erfolgen. Der Besuch des polnischen Ministerpräsidenten wird selbst verständlich auch zu Besprechungen über die allgemeine politische Lage, insbesondere die Lage in Zentraleuropa benützt werden. Im übrigen geben aber die politischen Beziehungen zwischen Polen und Oesterreich kaum einen Anlaß für besondere Erörterungen, da zwischen den beiden Ländern keinerlei R e i b » n g s p u n k t e in außenpolitischer Hinsicht vorhanden sind Hingegen werden die wirtschaftlichen Fragen wohl den Gegenstand eingehender und ernster Erörterungen bilden müssen. In diesem Belange haben sich die Beziehungen zwischen Polen und Oesterreich keineswegs reibungslos gestaltet.' Ter öster reichische Markt hat durch die finanzpolitischen Maßnahmen Polens schweren Schaden erlitten, eine große Reihe angesehener österreichischer Firmen sind an der in Polen gehandhabten staats- finanziülen Praxis zugrunde gegangen, Man hofft nun in den maßgebenden Wiener Kreisen, daß es während der Anwesenheit des Ministerpräsidenten Skrzynski in Wien gelingen wird, die Wege für eine Erleichterung der handelspolitischen Beziehungen zwischen Oesterreich und Polen freizumachen. Seik etwa einem halben Jahre sind zwischen Wien und Warschau Besprechungen im Gange, die die Grundlagen für einen Handelsvertrag erbrin gen sollen. Diese Verhandlungen haben noch zu keinem Ergebnis geführt und man hofft, daß die Auseinandersetzungen mit Mini sterpräsidenten Grasen Skrzynski wenigstens das Resultat erbrin gen werden, daß man sich in großen Zügen über den In halt des abzuschließcnden Handelsvertrages und über den- Dermin wird einigen können. Dies ist das wichtigste Ergeb nis. das-man in Wien von dem Besuche des polnischen Staats- chess erwartet. WWW i>« «IlWS-MW? Rach Rußlands Ablehnung London, 14. April. Di« „Morn'.ngpost" meldet: Die endgültige Weige rung Sowjetrußlands, an der Abrüstungskonferenz teil- zunchmen, werde vielleicht dazu führen, daß die gesamte Frage der Abrüstung zu Lande vorläufig verschoben werde. — „Daily Herald" hält es für fast sicher, daß die AbrNstungsvorkonferenz verschoben werde. Die französische Regierung würde einen dahin gehenden Vorschlag machen. Dieser Entschluß sei auf Grund von Bonconrs Warschauer Besprechungen mit Vertretern der polnischen und der rumä nischen Regierung zustande gekommen. London, 14. April. „Daily Telegraph" berichtet aus Neuhork: Die amerikanische Flotte werde während der nächsten 5 Jahre mit 1350 neuen Flugzeugen aus gerüstet werden, ferner mit zwei großen Lenkluftschiffen und einem Metalluftschisf für Versuchszwecke. Die dafür im Repräsentantenhaus «angenommene Marineslugsahrtsvor- lage sehe Ausgaben im Betrage von 17 Millionen Pfund Sterling vor. Außerdem habe das Haus eine Vorlage zur Entwicklung der Handelsluftfahrt angenommen. Amerikaner für die Welkwirlfchafls- Konferenz London, 14. April. „Daily Telegraph" zufolge haben amerikanische Professoren der Volkswirtschaft die an sie er gangene Einladung in privater Eigenschaft an dem vor bereitenden Ausschuß für die Weltwirtschaftskonferenz tcil- zunehmen, angenommen. Dieser Ausschuß werde ermächtigt werden, mit Mehrheit zu entscheiden, wo Einstimmigkeit un möglich sei. Auf dem Wien Punkl Noch keine Einigung im englischen Bergbau London, 14. April Die gestrige Antwort der englischen Bergarbeiter auf die Vorschläge der Bergwerksbesitzer ha> keine Klärung der Lage ge bracht. Die Führer der englischen Bergarbeiter waren durch die ihrer Anhängerschaft gemachten Versprechungen, eine Lohnherab setzung, Verlängerung der Arbeitszeit und örtliche Lohnabkom men abzulehnen, gebunden. Die Zusamnv-r'.-unst zwischen der Exekutiv« der Bergarbeiter und dem Zentralkomitee der Berg, iverksbesitzer am gestriegcn Nachmittag bracht« infolgedessen nicht viel Neues. Die Bergarbeiter erklärten, daß ste mit einer An zahl der von der Kohlenkommission gemachten Vorschläge iiber- «instimmten, nicht aber mit der Auslegung, die die Bergwerks besitzer einigen dieser Vorschläge gegeben haben. Die Berg arbeiter betonten ferner, daß sie nur einer Lösung zustimmen könnten, die dem englischen Bergarbeiter eine angemessene Le bensführung gewährleiste. Es wird nunmehr an den Bergwerksbesitzern sein, ihren Standpunkt klarzulegen. Man hält es in unterrichteten Kreisen für wahrscheinlich, daß der Premierminister heute di« Parteien zu einer gemeinsamen Zusammenkunft nach der Dow- itingstreet einladet, wo der Versuch gemacht werden soll, ein Kompromiß zustandezubringen. In Regierungskreisen wird großer Wert auf die Tatsache gelegt, daß das Industriekomitce des Gewerkschaftskongresses gegen einen Streik ist und einen Versuch zur Beseitigung der bestehenden Meinungsverschie denheiten auf friedlichem Wege wünscht. Maßgebende Stellen erklärten heute mit größter Bestimmtheit, daß die zeitweilige finanzielle Unterstützung, die Baldwin vor einigen Wochen in Aussicht stellte, sich auf alle Fälle beschränken werde, in denen finanzielle Not vorhanden sei. Von einer Fortsetzung der Snb- ventionszahlunge» in der bisherigen Höhe könne keine Rede sein. Die heutigen Morgenblätter beurteilen die Lage im Kohlen bergbau sehr viel p e s s i in i st i s ch e r als die gestrigen Abend blätter, Tie meisten Blätter erklären unumwunden, daß die Verhandlungen aus dem toten Pukt angelangt seien. Der Stand punkt der Regierung ist nunmehr der. daß man im Notsalle auch einer Betriebseinstellung in den Kahlenbezirken ins Auge sehen müsse. Bei der heutigen Kabincttssitzung mir, wie man erwartet, dir Gesamtlage sorgfältig erwogen werden. Auf alle Fülle wird die Regierung vom 30. April ab die Zahlung der Zuschüsse eiustellen. Eine zeitweilige finanzielle Unterstüt zung des Kohlenbergbaues wird erst dann möglich sein, wenn eine völlige Verständigung beider Parteien erreicht ist. Der Etat -er Sowjetunion Moskau, 14 April Auf der Tagung des Zentral-Exekutiv-Komitees der Sow jetunion führte der Volkskommissar Brjuchanow bei der Vorlegung des Etats unter anderem aus: Die Ausgaben für Wirtschaftszwecke betragen 51 Prozent der Gesamtausgaben, die sich auf 1.9 Milliarden belaufen, die Ausgaben für die Wehrmacht 16 Prozent der Gesamtausgaben oder 635 Millionen, für Knltur- zwecke 30 Prozent. In -er Begründung der Ausgaben für die Wehrmacht erinnerte Brjuchanow daran, daß das Militär budget der zaristischen Regierung 1913 sich auf 932 Millionen Friedcnsrubel. dos heißt, 1960 Millionen heutiger Rubel sich be lief, abgesehen von der jährlichen Zahlung von 950 Millionen für Kriegsanleihen, das heißt, 4)4mal mehr als die Militäraus gaben der Sowjetunion, während beispielsweise der Etat einer benachbarten Macht zu 33 Prozent aus Militärausgaben besteht. Die Ausgaben für Volksaufklärung und Volksgesundheit betra gen 830 Millionen Die direkten Steuern werden auf 584, die indirekten auf 1150.,die Zolleinnahmen aus 150 Millionen ge schätzt. Die durchschnittliche Steuerbelastnng beträgt 15 Rubel 48 Kopeken gegen 11,18 oder nach heutigen Preisen über 22 Rubel unter der Zarenregierung, Die Einnahmen von Industrie und Handel betragen 488 Millionen, darunter aus Konzessionen 5 Millionen gegen 1 Million im Vorjahr. Die innere Staats schuld für 1926 beläuft sich auf 446 Millionen gegen 220 im Vor jahre. Brjuchanow sprach sich schließlich für den weiteren Aus bau der inländischen Kreditoperationen und gegen jede Erwei terung der Banknotenemission aus. Dr. Mrth ln Leningrad. Der frühere Reichskanzler Dr, Wirth ist am Dienstag in seiner Eigenschaft , als Vorsitzender des Aussichtsrats der Deutschen Mologa Holzindustrie-Aktien- gesellschaßt in Leningrad eingetroffen, um Derhandlunaen über eine Erweiterung der deutschen Waldkonzessionen einzuleiten. Abberufung de» päpstlichen Nuntius aus Polen. Die Mel dung Uber die Abberufung des päpstlichen Nuntius Monsignore Laurt aus Werschau wird nunmehr durch die »Tribun«" be stätigt Die beiden Seelen Sachsen, das vormals „rote Königreich", sucht auch in der deutschen Republik seinem alten Ruhmestitel Ehre zu machen. Ja, das Schicksal der deutschen Sozial- demokratie hängt heute mit mehr als einem Faden an dem Kurse der sächsischen Genossen. Von Geburt aus kommt der sächsischen Sozialdemokratie diese führende Stellung in keiner Weise zu. Die Wiege des Sozialis mus liegt an allen anderen Orten, nur nicht am Elbe- und Pleißestrand, Die Idee ist auf dem französischen „Aufklärungs"-Boden gewachsen. Karl Marx kam von Trier und wirkte vorwiegend in England; Friedrich Engels stammte aus Barmen und starb wie ersterer in London. Und Ferdinand Lasalle beglückte die Welt von Breslau aus und starb in Genf. Und Sachsen lag allen diesen Männern in gleicher Meise fern. Doch mit den Fabriken, Maschinen und Schornsteinen wuchs auch die sozialistische Bewegung sich hier zu einer anderswo kaum erreichten Größe aus. Sachsen stellt zwar nicht die ab solute Mehrheit der sozialistischen Bataillone an sich. Aber unter den bedeutenderen Ländern der deutschen Republik weist es heute in seiner parlamentarischen Struktur den stärksten sozialistischen Einschlag auf. Dar um hängt die ganze Erwartung und das ganze Bangen der deutschen Sozialdemokratie in den letzten Jahren an der Entwickelung in Sachsen. Darum weiß man. daß die deutsche Sozialdemokratie gerade von Sachsen aus entscheidend beeinflußt wird. Bon Berlin aus sieht sich die Sozialdemokratie we sentlich anderen Problemen gegenüber wie von Dresden aus. Daraus mußte eine sogenannte „Polarität", eine Gegensätzlichkeit erwachsen, die an sich wohl kaum zu so entscheidender Bedeutung gelangt wäre, wenn sie sich nicht mit einer zweiten Polarität gekreuzt hätte. Mit dem Tage, da die deutsche Sozialdemokratie durch die Macht der Wirklichkeit aus ihren utopischen Zukunfts träumen plötzlich aufgeschreckt und zu praktischer Re formarbeit am heutigen Staate gezwungen wurde, da zeigte sich die Polarität als Naturgesetz. Die Scheide linie, die Idol und Wirklichkeit, Bejahung des organi schen Aufbaus und dessen Verneinung stets voneinander trennt, fiel seitdem nicht mehr mit der Grenze zwischen „sozialistisch" und „bürgerlich" zusammen, sondern spal tete die Sozialdemokratie als solche. Diese Entwicklung führte zunächst noch im Weltkriege zur Ausscheidung der „Unabhängigen", nnd während der Umwälzung zur Absonderung der Kommunisten. Zwischen diesen beiden Polen, der Staats bejahung und Staatsverneinung war für die Unabhängigen kein dauernder Platz. In Nürnberg kam es schon 1922 zur Wiedervereinigung der Unabhängigen mit der Mehrheitssozialdemokratie. Tie Organisation war damit wieder geschlossen. Aber die seelische Ein heit, der Wille zur Staatsbejahung, war noch lange nicht Gemeingut in dieser neuen Organisation der V. S. P. D. Daß sich der Mangel an innerem Gleichgewicht in der Folgezeit nicht stärker auswirkte, hatte darin seine guten Gründe, daß der sozialistische Einfluß im Reiche in absteigender Form begriffen war. Nur in Sachsen lagen die Dinge anders. Hier hatte die Linke ihre Nevolutionserrungenschaft, die ab solute Mehrheit im Landtag, trotz eines schwachen Rückganges zu wahren gewußt. Die Nürnberger Eini gung hatte hier nur zur Folge, daß die Sozialdemokra tie in der berühmten Aera Zeigner-Böttcher eine un natürliche Ehe mit den Kommunisten einging, die die böse Reichswehr noch in den Flitterwochen Ende 1923 unliebsam auseinanderbrachte. Das folgende rein sozia listische Kabinett Fellisch konnte nur einen Uebergang bedeuten, und die Folge war. daß man Anfang 1924 in Sacksen zur Großen Koalition kam, zu einer Zeit gerade, da im Reiche der Gedanke der Großen Koalition zu Grabe getragen wurde. Seit diesen Geschehnissen ist in Sachsen sachliche, positive Arbeit geleistet worden, ganz gleich, wie man zu den Einzelheiten der Politik auch stehen mag. Man muß auch sagen, daß dieser Zustand des Ausgleiches der hier besonders scharf aufeinanderprallenden Gegensätze der Struktur und dem Wähle des Landes am besten ent spricht. Der zweckmäßigen Entfaltung dieser Realpolitik stand jedoch von Anfang ein schweres Hemmnis im Wege. Man muhte sehr bald erkennen, daß die Scheidelinie zwischen aufbauender und zersetzender Arbeit am Staate hier in Sachsen noch mitten durch die sozialdemokratische Partei geht. In der sächsischen Sozialdemokratie gibt es Massen, die dem Kommunismus näherstehen als der positiven Arbeit ihrer eigenen Partei, gibt es aber vor allen Dingen auch „Führer", die lieber die letzten realen Grundsätze aufgeben, als die Parteigenossen, die nicht mehr zu diesen Grundsätzen stehen. Auf diesem Boden ist der große „Prinzipienstreit" erwachsen, der zur Spaltung der Landtag»« jraktion in 23 Anhänger der Koalition und 17 Kom-