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Sächsische Volkszeitung : 17.04.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-04-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192604176
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19260417
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19260417
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-04
- Tag 1926-04-17
-
Monat
1926-04
-
Jahr
1926
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 17.04.1926
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Das -rutsche Eigentum in Amerika Die Arbetlsgerichisbarkeil Wie liegt das Verhältnis der Arbeitsgerichtsbarkeit zu der Justiz- und Sozialverwaltung? -) Die Auffassung der Neichs- «gierung ergibt sich aus folgenden Darlegungen: Im Streite der Meinungen itber die Neuregelung der Arbeitsgerichtsbarkeit trat die Frage ihrer Ausübung durch Reich. Länder oder Gemeinden hinter der Frage zurück, ob die Arbeitsgerichtsbehärden selbständige Behörden sein sollten oder i« eine Verbindung zu der ordentlichen bürgerlichen Gerichts barkeit zu bringen seien. Nach der Staatsumwnlzung des Jahres 1918 gewann zunächst der Gedanke der Schasfung selb- mindigcr einheitlicher Arbeitsbchördcn zahlreiche Anhänger. Di« einheitlichen Arbeitsbehörden sollten alle Zweige der behörd lichen Tätigkeit aus dem Gebiete des Arbeitswcfens umsasscn. also Sozialversicherung, Arbeitsnachweiswesen. Erwerbslosen- filrsorge, Tarifvertragswcsen, Schlichtung- und Arbeitsgerichts- barkeit; auch was sich sonst noch an behördlicher Tätigkeit im Zusammenhänge mit dem Arbeitswesen ergab, sollte von diesen Arbeitsbehörden ausgeübt werden. Der Gedanke erscheint in mancher Hinsicht zunächst überzeugend. Seine Verwirklichung ist aber aus prantischen Gründen zurzeit nicht möglich. Tie Schaffung solcher allgemeinen Arbeitsbehörden würde eine» völlig neuen Ausbau der S'ozialbehördcn und die Aufwendung ganz erheblicher neuer Kosten erfordern. Das wäre aber unter den für absehbare Zeit obwaltenden Verhältnissen im Deutschen Reiche nicht gerechtfertigt, solange die geordnete Durchführung der staatlichen Aufgaben auch in anderer Weise möglich ist. Mit der Unmöglichkeit der Errichtung allgemeiner Arbcits- behörden entfällt ein wesentlicher Grund für die Errichtung völlig selbständiger Arbeitsgerichtsbehörden. Denn die grundsätzliche Bedeutung der Selbständigkeit liegt in der Möglichkeit der feder- zeitigen Verbindung mit anderen Arbeitsbehörden zu einer ein heitlichen Arbeitsbehördc. Gleichwohl wird auch ohne Rücksicht auf die Errichtung einheitlicher Arbeitsbehörden die Selbständig keit der Arbeitsgerichlsbehörden gegenüber der Justiz von großen Teilen der Bevölkerung, insbesondere von Arbeitnehmer seite, gefordert. Aus diesem Grunde hat schon der Regierungs entwurf von 1923 eine Verbindung zwischen den dargelegten, einander widersprechenden Gedankengängen versucht. Zwar wurde dieser Entwurf da und dort als eine äußerliche Kompro mißlösung zwischen den Standpunkten der Justiz- und der Sozialverwaltung bezeichnet. Die Lösung wird aber tatsächlich auch innerlich allen zu berücksichtigenden Gesichtspunkten gerecht und konnte deshalb in den vorliegenden Entwurf übernommen werden. Wenn der Gedanke allgemeiner Arbeitsbehörden zum mindesten zurzeit nicht durchgcführt werden kann, so ist die Her stellung einer Verbindung der Arbeitsgerichtsbarkeit zur ordent lichen Gerichtsbarkeit insofern unerläßlich, als die Arbeits gerichtsbarkeit, solange der Grundsatz der Trennung der staat lichen Gewalten gilt, zweifellos zur allgemeinen Gerichtsbarkeit gehört. Daneben müssen aber die besonderen sozialen Interessen in der Arbeitsgerichtsbarkeit gewahrt werden. Die Wirkung dieses Gesichtspunktes auf die Ausgestaltung der Arbcitsgerichtsbarkcit ist am stärksten dort, wo die tatsäch liche Verhandlung der Arbcitsstrcitigkeit erfolgt, bei den Ge richten -des ersten Rechtszugs. Sie ist geringer, je mehr die wertere Behandlung der Arbeitsstrcitigkeit vom Tatsächlichen äbsieht und zur rein rechtlichen Beurteilung eines bereits fest- gestellten Tatbestandes wird, im Berufungs- und im Nevisions rechtszuge. Deshalb ist es gerechtfertigt, die Aufgaben der Ver- ivaltung und Dienstaufsicht bei den Atbeitsgerichtsbehörden der Justiz und der Sozialverwaltung gemeinsam zu übertragen und -die Verbindung der Arbeitsgerichtsbehörden auf ihren verschie denen Stufen zur Justiz verschieden zu gestalten. Das Arbeits gericht. das Gericht der grundlegenden tatsächlichen Verhand lung ist selbständig außerhalb der ordentlichen Gerichtslmrkeit errichtet. Als sein Vorsitzender wird jedoch der ordentliche Rich ter als die gegebene richterliche Persönlichkeit verwendet, soweit nicht im Einzelfalle besondere Umstände für die Auswahl einer anderen zum Richteramte befähigten Person sprechen. In der mittleren und oberen Stufe dagegen muß das ordentliche Gericht die Grundlage abgeben, auf der sich die Arbeitsgerichtsbehörden ausbauen. Diese Lösung bietet gegenüber allen anderen Lösungen er hebliche Vorteile: Sie schafft keine neuen, den Haushalt belastenden Behörden. Sie hält ferner die ordentliche Gerichts barkeit in ständiger Verbindung mit der Arbeitsgcrichtsbarkeit. Damit verhindert sic, daß der Nichterstand, wie es bei einer völligen Trennung der Arbeitsgerichtsbarkeit von der ordent lichen Gerichtsbarkeit zu befürchten wäre, dem sozialen Leben entfremdet wwd. Anderseits zwingt sie nicht dazu, daß der Vor sitz in den Arbeitsgerichten ausnahmslos ordentlichen Richtern übertragen wird, auch da. wo ein allmählicher Uebergana zum Nutzen der Sache und auch zum verständnisvollen Einsühlen ') In einem ersten Artikel in Nr. 81 wurde das Verhält nis der Arbeitsgcrichtsbarkeit zu Reich, Ländern und Gemein den erörtert. Der Deutsch-Amerikanische Wirtschaftsverband und die Amerika-Abteilung des Bundes der Ausländsdeutschen tei len über den nunmehr bei ihnen eingetroffenen Gesetzes text mit: Das Gesetz gliedert sich in 14 Abschnitte. Der erste Ab schnitt bringt unter der Ueberschrist „Ansprüche amerikani scher Staatsangehöriger gegen Deutschland" d.e Bestim mungen über die Bezahlung der durch die Mixed Claims Commission festgesetzten amerikanischen Privatforderungen durch das Schatzamt und legt fest, daß diese hierdurch auf die amerikanische Regierung übergehen. Der zwecke Ab schnitt unter der Ueberschrist „Ansprüche deutscher Staats angehöriger gegen die Bereinigten Staaten" regelt di« Entjchädigungen für die während des Krieges von der amerikanischen Negierung in eigenen Gebrauch genommenen deutschen Schiffe, Radiostnttonen und Patente und legt die Machtbefugnisse des von dem Präsidenten zu ernennen den Schiedsrichters (Arbiter) fest, der die Entschädigungen im Einzelfalle zu ermitteln und ihre Bezahlung an die vor gesehene Höchstgrenze von 100 Millionen Dollars anzu- passen hat. Für die Anmeldung dieser Forderungen ist eine Frist von einem Jahr nach der Amtseinsetzung des Schiedsrichters vorgesehen; die Zahlungspflicht durch den Sekretär des Schatzamtes unterliegt einer weiteren Frist von fünf Jahren nach Festsetzung der Höhe des Anspruchs, innerhalb deren ein Antrag aus Bezahlung gestellt sein muß. Die Abschnitte 3 bis 5 enthalten die Ermächtigung des Sekretärs des Schatzamtes, die zur Bezahlung der bei den vorbenannten Schadenskategorien erforderlichen Mittel im Wege öffentlicher Anleihen aufzubringen. Die Abschnitte 6 bis 14 sind der eigentlichen Frei gabe der beschlagnahmten P r i v a t v e r m ö g c n gewidmet. Der Form nach stellen sie lediglich Amend.e rungen der bisherigen Gesetzgebung dar, also des an sich bestehenbleibenden „Gesetzes über ' den Handel mit dem Feind" in seiner jetzigen Fassung, letztmalig abgeändert durch das sogenannte Winslow-Geseh. Es geschieht dies hauptsächlich :n der Weise, daß in den Paragraphen, die bisher die Möglichkeit einer Gesamtfreigabe für Firmen und Privatpersonen behandelten, „die nicht deutscher, öster reichischer, ungarischer oder österreichisch-ungarischer Natio nalität" sind bzw. waren, das Wort „deutscher" gestrichen der or-denttichcn Richter in das sür sie größtenteils neue Nechts- gcbiet mehr Erfolg verspricht. Die Lösung, die der Entwurf sür die rnclumstritiene Frage varschlägt, stellt den deutschen Nichterstand vor eine'ihm großenteils neue, wichtige Aufgabe Um sie zu erfüllen, genügt es nicht, daß das Gesetz angenommen und diirchgcführt wird Weit wesentlicher wird der Geist sein, in dem die Aufgabe er füllt wird. Das Rechtsstudium wird noch mehr, als dies bisher geschehen, auf die wissenschaftlicher Erfassung des Arbeitsrechts und der sozialen Fragen einzustellen sein. In der Ausbildungs zeit wird den Anwärtern für die richterliche Laufbahn die Mög lichkeit gegeben werden müssen, die Arbeitsgerichtsbarkeit ebenso wie die allgemeine bürgerliche Gerichtsbarkeit praktisch kennen zu lernen. Zu diesem Zwecke wird der Anwärter auch den Arbeitsgerichtsbehörden zu seiner Ausbildung überwiesen werden müssen. Auch in -der Fortbildung der Richterschafi muh dos neue Tätigkeitsgebiet besonders berücksichtigt werden, wofür willkommene Ansätze in den Bestrebungen verschiedener Länder und in der Tätigkeit der Nichtervereine bereits vorhanden sind; die bisherige Arbeit des Verbandes der Gewerbe- und Kaus- mannsgerichte für die Mitglieder der Gewerbegerichte und Kaust mannsgerichte kann hier als Vorbild dienen. Wird diesen Notwendigkeiten Rechnung getragen, so ist die Hoffnung berechtigt, daß mit der Zeit die vielfach in der Oesfentlichkeck hervorgetretenen Aeußerungen des Mißtrauens gegen die ordentliche Gerichtsbarkeit, das im wesentlichen die Fähigkeit der Nichtcrschaft zur Einstellung auf soziale Fragen betrifft, zum Schweigen kommen. Graf Apponyi über die ungarische NakionalikärenpolMK G ra f Alb ert A p p o n y i ist seit 60 Jahren -der Führer des ungarischen Nationalismus. Als großer Gelehrter und noch größerer Redner hat er in der ungarischen Politik niemals sei. ungleichen gehabt. Obwohl schon 81 Jahre alt, spielt er in der -ungarischen Politik auch heute noch eine wichtige Rotte Apponyi war früher einer der Vorkämpfer der Magyarisie- rungspolitik. Seine berüchtigte Verordnung von 1907 sür den Schulunterricht in den Normalschulen hat dem deutschen Unter wird, und daß in der Bestimmung, die gemäß WinSlow- Gesetz den Eigentümern die seit dem 4. März 1933 auf- kommenden Dividenden und Zinsen bis zur Grenze von 10 000 Dollar pro Jahr zusprach, diese Angabe einer Höchst grenze in Fortsall kommt. Wesemliche Neuerungen finden sich in bezug auf Pa tente und Patentrechte. Während die Freigabe von Potenten bisher zwei Voraussetzungen unterlag, nämlich daß sie a) nicht verkauft oder lizensiert und b) nicht in einen Prozeß der Bereinigten Staaten verwickelt waren, sollen setzt lizensierte Patente freigegeben werden, jedoch mit der Einschränkung, daß das Patent auch nach Freigabe cm d-e erteilte Lizenz gebunden ist. Als Vorteil ist zu be zeichnen, daß die an den Treuhänder geflossenen Lizenz gebühren gleichfalls zur Auszahlung kommen sollen. Den deutschen Interessenten steht das Recht zu, als Substitut- Kläger zu Prozessen zugelassen zu werden, die zur Wah rung ihrer Lizenz- und Eigentumsrechte seitens des Treu» (Finders angestrengt wurden. , Aus dem Inhalt ist weiterhin zu erwähnen, daß daö Recht des Treuhänders auf Rückforderung irrtümlich fest gesetzter bzw. über das gesetzliche Maß hinaus bezahlter Steuern bei Freigabe auf den E gentümer übergeht, der je doch diesbezügliche Schritte innerhalb eines Jahres zu ergreifen hat. Im übrigen bleiben die bisherigen Be stimmungen des Wiuslow-Gesetzes über die Freigabe, vor nehmlich auch bei Erbschaftssätlen in Kraft. D e Amerika-Abteilung des Bundes der Ausländsdeut schen, Berlin, Luisenstratze 27/28, und der Deutsch-Ameri kanische Wirtschaftsverband, Berlin, Neue Wtlhelmstraße 12/14, stellen Interessenten den vollen Wortlaut des Gesetz entwurfs im Originaltext und in deutscher Ueüerjetzung ans Anforderung zur Verfügung. Wie aus Washington gemeldet wird, erklärte Schatz- sekreckir Mellon ::u Ausschuß des Repräsentantenhauses, daß d-c schwebende Gesctzesvorlage zur Regelung der deutsch- amerikanischen Ansprüche die Billigung des Präsidenten Cvolidgc gesunden habe und daß das Schatzamt auf ihrer schleunigen Behandlung in der gegenwärtigen Tagung dc-S Kongresses bestehen werde. rieht den Todesstoß gegeben. — Der Zusammenbruch und die Aufteilung Ungarns haben aber Graf Apponyi zu einer ande ren Aufsagung gebracht. Von dieser seiner Auffassung legte er kürzlich in dem Pr-unksaal der St. Stefansgesellschaft vor einem vornehmen Publikum in einer fast zweistündigen Rede Zeugnis ab Er sprach über die ungarische Nationalitätenpolitik in der Vergangenheit und in der Zukunft. Offen gestand er ein, daß das 08er Naticmal-itütcngesctz nie verwirklicht wurde. Beson ders scharf verurteilte er. daß man den Deutschen und Slo waken, diesen zwei verläßlichen Nationalitäten gegenüber sich engherzig und ungerecht erwiesen hat. Während den Serbe» und Rumänen nicht nur serbische und vuinänische Volksschulen, sondern auch Mittelschulen gewährt wurden, hat man die deut sche und slowakische Sprache überall aus den Schulen verdrängt. Bei den Wahlen hat man dafür gesorgt, daß die Kandidaten der Nationalitäten durchgcfvllen sind. Die Folge dieser Politik war notivendigerweise der Zusammenbruch Ungarns. — Zu der Frage: Was hat nun zu geschehen? führte Apponyi aus: Den Nationalitäten, die uns noch verblieben sind, müssen wir die weitestgehenden Rechte erteilen. Es genügt nicht nur. Gesetz» zu erbringen, sondern diese Gesetze müssen auch «ingehalten werden. Nur so haben wir jene sittliche Grundlage, auf der fußend wir die Rechte der magyarischen Minderheiten fordern können. Mer außerdem müssen mir auch berücksichtigen, daß die von Ungarn losgetrennten Slowaken und Deutschen infolge der neuen Verhältnisse zu ihrem Selbstbewußtsein erwacht sind, das nicht mehr eingeschläfert werden kann. Falls die losge- trennten Gebiete wieder zu Ungarn zurückfallcn sollten, müßt- eine von Grund aus neue Nationalitätenpolitik gemacht werden, die den einzelnen Nationen Autononmie einräumt. Befolgen wir diese Gesichtspunkte nicht, so wird uns eine zweite Kata strophe nicht erspart bleiben! Die Rede Npponyis hat ungeheures Aufsehen erregt und ist eben zur rechten Zeit gekommen. Seit Monaten wird die deutsche Bewegung in Ungarn auf leidenschaftlichste Weise be kämpft. Das ungarische Deutschtum wird sich nun im Kampfe mit seinen Gegnern auf den Bortrag Apponyis mit besonderem Nachdruck berufen: denn wenn man jemandem keinen Vorwurf nationaler Unzuverlässigkeit machen kann, so ist -das an erste» Stelle Graf Albert Apponyi. Der To- kehrt im Kote! ein Roman von Sven Elve st ad. Cos",r'wh! 1924 by Georg Müller, Verlag München. (Nachdruck verboten.) (11. Fortsetzung.) Die beiden Freunde waren unter den letzten Gästen, bie den Saal verließen. Die niedlichen Kellnerinnen waren im Begriff, die Teetassen zur Sette zu räumen. Die Badegäste hatten sich wieder draußen verstreut. Durch die großen Fenster sah man ihre Hellen Toiletten jonnen- beleuchtet geo^m den grünen Rasen und das blaue Meer. Aus dem Spielzimmer klang gedämpftes Sprechen und das Rasseln der Spielmarken. Sonst aber war es so still in dem strotzen Hotel, daß man das Flattern der gestreiften Markisen draußen in der leichten Sommerbrise hören konnte. Es war Nachmittagsruhe, und die Luft war so durchflutet von Sonnenlicht, daß die Säle und Zimmer und Korridore des Hotels wie von Feuer erfüllt schienen. Die beiden Freunde trennten sich unten in der Halle. Der Doktor ging zum Portier. „Ich möchte einen Liegestuhl haben", sagte er. „Wo soll ich ihn anfstellen, Herr Doktor?" fragte der Portier. „Kommen Sie mit, ich will'einen Platz wählen", indem er einen leichten Bambusstuhl mit Leinwand trug. 11. Der Tag endigte mit einem farbenprächtigen Sonnen untergang, der sich über den ganzen westlichen Himmel wie ein Präriebrand breitete. Der Wind hatte sich gegen Abend ganz gelegt. Der Wald stand ti-efgrün und unbeweg lich mit vergoldeten Wipfeln. Das Licht brach sich prisma tisch in der Luft und tauchte eine wunderbare Farbenwelt ins Meer, die fernen Riffe schwammen wie Wolken auf der Wasserfläche. Die Gäste versammelten sich an den Aussichtspunkten, um das seltsame Schauspiel zu genießen, und blieben wie verzaubert stehen, bis dt« letzten Flammen der untergehenden Sonne am weiten Horizont verschwunden waren. Wenn sie sich dann wieder dem Lande zuwanbten und langsam nach Hause schleuderten, war «S, als ob der dunkle Sommerabend si« still und verzagt machte. Di« Berggipfel und Bäume Hoven sich wt« schwarze Palisaden von dem blauen Schild des Himmel- ab. es war dunkel und doch nicht dunkel, unergründlich still und wehmütig. Der große Hotelkomplex lag, von den Bäumen des Gartens umgeben, wie ein Grabhügel mitten in der Ebene, im Park blitzten die Fontänen wie Silberstrahlen. Sogar das erste gelbe Licht, das in den Hotelfenstern ansleuchtete, konnte diese unvergängliche Stimmung ewiger Sommernächte nichr brechen, die' Türen standen offen zu Balkons und Veranden, Töne von Musik und munterer Juaendfreude drangen in der hellhörigen, milden Nacht weit über die Landschaft. Im Laufe der Nacht kam e.in Wind aus Süden auf, der Wald begann monoton zu rauschen, und mit diesem Sausen schien die Jahreszeit ihr friedliches und liebliches Lied zu singen. Mit Einbruch der Dunkelheit kam der Ingenieur von einem Spaziergang über Land nach Hause. Bei einer Pforre in der Nähe des Hotels stieß er mit dem Natur-, forscher Arran zusammen, und es machte sich ganz von selbst, daß sie einige Worte miteinander wechselten. Arran trug einen graugrünen Sportsanzug mit Kniehosen, über die Schulter hatte er sich einen Staubmantel aus flor- leichtem, fast durchsichtigem Stoff geworfen, und an einem breiten Lederriemen trug er eine billige Botanisiertrom mel, so wie Schüler sie zu tragen pflegen. „Haben Sie eine gute Ernte gehabt?" fragte der In genieur ihn und klopfte mit den Knöcheln gegen die Bota nisiertrommel. Sie gab einen unerwarteten, klirrenden Laut von sich, als ob Flaschen darin seien. Ingenieur Hal ler lächelte, und der Naturforscher schob vorsichtig die Botansiertrommel auf die andere Schulter, indem er dem Ingenieur einen ärgerlichen Blick sandte. „Ich sammele zu meinem Vergnügen", sagte er. „Auch des Nachts, wenn es dunkel ist?" fragte der Ingenieur. „Ja, denn nachts entfaltet sich das Tierleben im Walde", sagte der Naturforscher. „Welche Tiere meinen Sie? Hier darf ja kein Wild geschossen werden." „Ich denke hauptsächlich an die Insekten und die zahl losen kleinen Wesen auf dem Boden des Waldes. Ich inter essiere mich am meisten für die allerkleinsten Lebewesen, die großen, die Menschen eingeschlossen, können mir gestohlen werden." Arran s Prach auf eine seltsame, zweideutige Art, wäh rend seine Augen wachsam und gereizt hin und her wun derten. Es war, als ob er andeuten wollte, daß jeine all täglichen Worte» einen doppelten Sinn hatten. So plau dernd, näherten sie sich dem Hotel. Der Ingenieur ver suchte durch eine gewisse herrliche Natürlichkeit den an dern zu entwaffnen. Plötzlich sagte der Ingenieur etwas, Was den anderen aufhorchen ließ. „Sie sollten nach Anbruch der Dunkelheit nicht mehr in den Wald gehen", sagte er, „besonders mit solchem Kasten über der "Schulter, den man leicht sür einen Gewehr hal ten kann. Es gibt Wilderer in diesem Walde und mehrere tüchtige Forstbeamte, die alle bewaffnet sind." Arran blieb stehen. „Ich bin einigen von ihnen begegnet", sagte er eifrig, „sie betrachteten mich sehr skeptisch, und ich möchte wetten, daß der eine mir mehrere Stunden folgte, obgleich ich ihn nicht zu Gesicht bekommen habe." „Das ist sehr wahrscheinlich", antwortete der Ingenieur. „Voriges Jahr wurde ein Forstbeamter tief drinnen im Walde erschossen. Der Mörder wurde nie gefunden, aber man meint, daß es sich um einen Racheakt handelte." „Einen Racheakt", wiederholte Arran heftig und mit blitzenden Augen, „blieb er lange im Walde liegen?" „Wer?" „Der Getötete. Lag er lange im Walde bevor man ihn fand?" „Höchstwahrscheinlich." Das Gesicht des Naturforschers verzog sich zu einem Lächeln und er sagte fast triumphierend: „Er lag im Walde und verweste, nicht wahr?" Der Ingenieur betrachtete Arran eine Weile schwei gend. Sein Lächeln wirkte wie eine Grimasse. Merk würdige Zähne hat der Mann, dachte er bei sich. Sie leuch ten wie eine Klaviertastatur durch den dunklen Bart. Laut sagte er: „Darum sind die Forstbeamtcn wachsam, wie Si« sich denken können. Si« möchten ihren ermordeten Kame raden rächen." „Sehe ich denn wie ein Wilddieb ans?" fragte Arran. „Das Aussehen tut nichts zur Sache", antwortete dev Ingenieur. „Die Herren Wilderer Pflegen sehr gerissen zu sein und schrecken auch vor einer Verkleidung nicht zurück. Es gibt auch feine Leute darunter, Männer, die diesen Sport des Sportes wegen betreiben. Diese Sorte ist viel leicht am gefährlichsten." Arran stand und sah den Ingenieur «ine Weil« fast spöttisch an. „Dieser Sport könnte mir gefallen", sagte er. ,Hch möchte eine Nacht Wilddieb im Wald« sein und verfolgt werden." (Fortsetzung folgt.)
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