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Nummer 44 — 25. Jahrgang «mal -vöch. Bezugspreis: fUr Februar 3.— ck «inschl. Bestellgeld. Anzeigenpreise: D>e Igesp. Petitzeile 8Ü^. Stellengesuche 20 «Z. Die Petitceklamezeile, 89 Milli meter breit, 1 Offertengebühren für Selbstabholer Lg -5, bei Übersendung durch die Post außerdem Portozuschlag. Einzel-Nr. 10 L, Sonntags-Nr. 15 L. » Geschäftlicher Teil: Iales Fohmann. Dresden. SäckMde Dlenslag, 23. Februar 1926 6m Alle höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung auf Lieferung sowie Erfüllung v. Anzeigenausträgen u. Leistung v. Schadenersatz. Für undeutl. u. d. Fern« ruf Ubermitt. Anzeigen übernehmen wir deine Ver> antwortung. Unverlangt eingesandte u. m. Rückporto nicht versehene Manuskripte werd. nicht aufbewahrt. Sprechstunde d. Redaktion k bis 6 Uhr nachmittags. Hauptschriftlelt.: Dr. Joseph Albert. Dresden. rigsmiidsi» Kok! 1) resclen 7 Ueite (^ualilStea büeörigrte l'reire Saxonia- Für christliche Politik und Kultur Redakttou der ESchstsS,«» VoltSzeUiiag DreSde».Nilh. lk, Ho'be>»limtzo genirn« »S7S> »nd WM. Die Moskauer Propaganda Trotzki reorganisierk -ie -ritte Jnkernattonale Der Skaatsskreich -es Senats Brian ds innenpolitisches Manöver. Pari». 21. Februar. Der geheime Zwiespalt, der schon seit Anfang der jetzigen Legislaturperiode ständig zwischen den beiden Kammern einherschleicht, scheint nun seinen Höhepunkt zu erreichen. Schon gelegentlich der Frage der Gesandtschaft im Vatikan, schon zur Zeit des Sturzes Herriot drohte er auszubrechen und seither hat sich die Lage in diesem Sinne nur verschlimmert. Denn der Senat, der unter dein National-Block linksgerichtet, ausgesprochen demokratisch - republikanisch sich gebärdete, faßt es heute als seine Pflicht auf, dem «lehr oder minder demagogischen Treiben der Kammer sich entgegenzusetzen. Dazu kommt, daß er nicht direkt aus der Wahlurne heroorgeht, sondern aus einer zwei stufigen Wahl, nämlich erst von Wahlmännern, ernannt wird. So ist er der Hort des bürgerlichen Republikaner- tums, aber auch des sozialen Konservatismus. Die Kammer hingegen steht immer mehr unter dein Einflüsse der Sozialisten, die sich nie in die Regierung wagen. So vergrößert sich der Zwiespalt der beiden Kammern besonders heute in den Finanzfragen, wo mehr soziale und wirtschaftliche Anschauungen bei der Steuerverteilung ausschlaggebend sind als rein poli tische. Gerade auf dieser Unstimmigkeit zwischen Kammer und Senat hat Briand seinen Feldzugsplan auf gebaut. — Eine eigentliche Mehrheit in der Kammer hat er nicht, besonders nicht in F i n a n z f r a g e n. Dort herrschte ja die größte Verwirrung: Es gab mindestens drei verschiedene Finanzpläne, die in den Kammerdis kussionen nebeneinander herliefen. Zuerst das Projekt der Regierung Doumers, das etwas über 8^ Milliarden neue Steuern forderte. Zweitens der Plan der Finanzkommission, der etwa der Ausdruck) der Fi nanzgedanken der Linksparteien war, die Pläne der Ne gierung schon energisch beschnitt, aber ihr dennoch 8)4 Milliarden beließen. Und schließlich der Finanzplan der Kammer, systematische Opposition, die zu allem nein sagt, die neuen Steuern auf 1)4 Milliarden herunter redet, aber nichts an die leergelassene Stelle setzt, sondern Wahlpolitik treibt anstatt Politik, die das Weiterleben einer halbwegs geordneten Finanzwirtschaft gestattet. Dagegen hat man dort dann allerhand Maßnahmen beschlossen: Veröffentlichung der Steuerlisten aller Bür ger und Anschlag am Gemeindehause; Beschlüsse, von denen man im voraus wußte, daß ihnen der Senat seine Zustimmung verweigern würde. Dabei hat Briand die Zerrissenheit der Kammer eifrig ausgenützt, hat es säst nie zu einer Abstimmung kommen lassen, die ihn offenbar in Minderheit versetzt haben würde, ist lange der Stellung der Vertrauensfrage ausgewichen und hat dabei eine ganz unheimliche Geduld bewiesen. Und nun, nachdem die Kammer seine Vorschläge so verstümmelt verabschiedet, legt er seine alten Vor schläge dem Senat vor. Doch hat der Senat verfassungs- gemtttz das Recht. Steuern zu billigen, welche die Kam mer nicht votiert? — Darüber geht der Kampf hin und her, alle Juristen schreiben in den Zeitungen Artikel zur Auslegung des § 8 der französischen Verfassung von 1875, und in den ausgesprochenen Linkszeitungen, die nun im mer mehr in die Opposition hineinkommen, spricht man von einem Staatsstreich des Senats. Doch dieser hat zu mindesten das Recht, die Kammerbeschlüsse abzuändern. Kann er aber auf Vorschlag der Regierung neue Steuern schaffen, oder darf er nur die von der Kammer bewillig ten einschränken? Auf jeden Fall hat man iin Senat das Gefühl, daß heute die Kammer die Meinung des Landes nicht inehr darstellt. Briand sagte das auch offen im Palais Bourbon von der Rednertribüne herab. So kann der Senat, da er das Land hinter sich weiß, von seinem Rechte einen Gebrauch machen, der vielleicht dein Buch staben der Verfassung kaum entspricht, ohne daß die Kam mer den offenen Kampf wagt. Denn das ist Briands Ziel: Daß er sich ans den Senat stütze, mit seinen alten, nunmehr vom Senat bestätigten Vorschlägen erneut der Kammer zur Abstim mung vorkege. Wird sie es da offen wagen, dem Senat zu trotzen, der eine sehr rasche Verabschiedung des Fi nanzgesetzes wünscht? Dem Senat muß die Kammer setzten Endes weichen, da er zur Gewährleistung der parlamentarischen und bürgerlichen Politik jeden Augen blick die Kammer aufzulösen vermag. Denn Demokra- ite und Parlamentarismus sind vielleicht doch nur Mit tel zum Zweck einer geordneten und kontrollierten, aber starken Regierung, und wenn sie diese ganz unmöglich zu machen scheinen, dann ist vielleicht ein Staatsstreich Iwtig zur Erhaltung der Freiheit. Friedrich Veith. Moskau. 82. Februar. Auf einer Konferenz der erweiterten Exekutive -er Kom munistischen Internationale wurde eine Reorganisation der In ternationale beschlossen. Es wurde eine SPez ia l k o m m i s - ston unter Führung Trotzkis gebildet, -ie den «nisprechenden Entwurf ausarbeiten soll. Wie von zuständiger Stelle mit- geteilt wird, ist insbesondere eine Erweiterung der Kolonial abteilung und der Abteilung für den fernen Osten geplant. Ferner wird die Propaganda in den Kolonien, die bisher von den englischen und französischen Kommunisten betrieben worden war, von den Komintern (den Zentralsowjet) selbst geleitet werden. Auch hierfür soll eine besondere Kommission gebildet werden, an deren Spitze der japanische Kommunist Katayame stehen wird. - » Moskau, 22. Februar. Nach Meldungen aus Paris siud nunmehr die Vorbereitungen zur Ausnahme der Verhandlungen zwischen Rußland und Belgien in vollem Gange. Zwi schen Nakowski und Van der velde sollen inoffizielle Vereinbarungen getroffen worden sein, die den Beginn der offi ziellen Anerkenmingsverhanülungcii ermöglichen. Die erste Zu sammenkunft der beiderseitigen Delegierten wird am 28. Fe bruar am Quai d'Orsay stattfinden. Der Belgier Letellier wird in den nächsten Tagen mit Nakowski in Paris Zusammentreffen. Auf russischen Wunsch wenden sich Delegierte der belgischen Han delskammern nach Moskau begeben, um mit der Sowjetregie rung unmittelbare Fühlung zu nehmen. Auch eine Reise Rakowskis nach Brüssel ist geplant. Defrekungsfeier -er AniverM! Bonn Eine Denkmalsrede des Außenministers. Bonn. 22. Februar. Die Feier der Befreiung Bonns durch die Studentenschaft wurde am Sonnabend durch einen B e g r ü ß u n g sa be » d für die bereits eiiigetrosfeuen Gäste eingeleitet. Am Sonntagmorgen versammelten sich der Lehrkörper der Universität, Rektoren von 24 Hochschulen und zahlreiche Ehren gäste sowie die Vertreter der geistlichen und weltlichen Behörden mit der Studentenschaft zu einem Festakt. Der Rektor der Universität dankte in seiner Festrede den Studenten und Do zenten, die treu und besonnen in der Zeit der Not au-sgcl-alten hätten, sowie der Staats- und der Reichsregierung, sie »ach Kräften geholfen hätte». Kultusminister Dr. Becker über brachte die Glückwünsche der prenßiscl)en Staatsregierunq so wie gleichzeitig der Reick-sregievuug. Nach dem Festakt wurde in der Universität das Denkmal für die im Weltkriege gefal lenen 820 Angehörigen der Universität enthüllt. Darauf fand noch vor dem Ernst-Moritz-Arndt-Denkmal eine Gedächtnisfeier der Studentenschaft statt, bei der nach dem Rektor der Universität Reichsministor dos Aeußern Dr. Stresemann das Wort ergriss, der der schweren Zeit der Besetzung gedachte und die Hoffnung auf eine baldige völlige Befreiung des Nheinlandes anssprach. Stresemann feierte Arndt als Vorbild deutschen Freiheitssinnes. Die Bedeutung solcher Männer bestehe darin, die Perspektiven zu sehen, nach denen ein Volk leben müsse. Er erinnerte weiter an das Werk non Locarno. Di« Franzosen hätten hier endgültig auf ihre jahrhundertealten Traditionen wrzichtet. Das Weck von Locarno werde erst mit der völligen Räumung des Rheinlanüos beendet sein. Das sei ein Ereignis von weltpolitischer Bedeu tung auf Jahrhunderte hinaus. Seine Rede klang aus in einer Ermahnung zur Einigkeit und Einheit. * Frankfurt, 22. Februar. Reichsaußenmiiiister Dr. Siresc- mann ist von Bonn kommend. Sonnabendabend in Frankfurt eingeirofsen. Er ist Gast des Rcichstagsabgeordnetcn Tr. Kalle. Der öslerrelchM-ttrMeMchs Zwischenfall be'gelezl Rom, 22. Februar. Die „Agenzia Stefan," meldet: Die vam 5. österreichischen Bundeskanzler Dr. Namek dem italienischen Gesandten in Wien abgegebenen Erklärungen sind vom Regie rungschef als befriedigend erachtet worden. Der Zwischenfall ist damit erledigt. Bor neuen Kämpfen in China London, 22. Februar. Wie der „Daily Expreß" aus Pe king berichtet, nimmt die Stimmung gegen Fengyusiang zu. Es wächst die Neigung zur Wiederherstellung der Monarchie unter dem 2l>jährigen adgesetzten Kaiser Hsuan Tung. Man sieht darin die einzige Möglichkeit, aus dem Chaos l>erauszu.ksmme». General Fengyusiang hat seine Anhänger angewiesen, mit de» Parteigängern des verstorbenen Sunyatsen zusa»nme»ge<nbe>- ten. Es wird damit gerechnet, daß schon in kürzester Zeit neue Kämpfe beginnen werden. Der Umschwung in Rumänien Vor dem Rücktrittder Negierung B r a !, a n n. Bukarest, 22. Februar. Wie in politischen Kreisen ver> lautet, steht iusolge der schweren Wahlniederlage der Regierungsparteien der Rücktritt der Regierung Broüanu un- mitielbar bevor. Die Regierung will hierdurch eine sichere Nie derlage bei den bevorstehenden Parlamsnlsivahlen vermeiden. Die Regierungsparteien haben in den Städten kaum "n Prozent der Stimmen enilmlten, in Vessarabicn säst keine. Die poli tischen Parteien hielten gestern lange Sitzungen ab. um zu der neugeschaffenen Lage Stellung zu nehmen. Die Oppositions parteien haben beschlossen, durch schärfste Obstruktion die Ver handlungen im Parlament unmöglich zu machen. Für die näch ste» Tage erivartet man stürmische Auseinandersetzungen in der Kammer, du die Opposition sofort den Rücktritt der Regierung verlange» wird. Aor-iirvl un- -er Vv!kerbm-ö Wien, 22. Februar. Wie die Morgcibläiter melden, bat sich der Landeshauptmann von Tirol, Dr. Stumps, nach Wien begeben, um der Bundesregierung von der großen Erregung der Tiroler Bevölkerung Mitteilung zu machen und um von der Negierung Schritte zu verlangen, die zur Beruhigung der Bevölkerung beitragen können. Wie in politischen Kreisen ver lautet, wird -er Tiroler Landtag in dieser Woche zusammen- treten und beschließ«!:. sich direkt an den Völkerbund zu wen den, da die Bundesregierung der Ansicht ist. daß die Voraus setzungen für eine,, solchen Schritt der Südiiroler Frage nicht gegeben sind. 6!oy- George über Südkirol London, 22. Februar. In den „Sunday News" schreibt Lloyd George über die Südiiroler Frage, es sei immer schwierig, den wirkliche» Charakter solcher gemischtsprachlichen Zonen sesl- zustellen. Naturgemäß hätten die Urheber des Friedens-Ver trages in Zweifelsfällen zugunsten ihrer Kriegsgesührten ent- schieden. Das lpröe zu Fehlern geführt, die jetzt osfen zutage läge». Er — Lloyd George — sei niemals zufrieden mit der Tiroler Grenze gewesen. Tirol den Geburtsort seines volks- lümlichsteu Heide» Andreas Hoser zu entreißen und ihn für immer einem anderen Lande zu übergeben, habe zu endloser Entrüstung und Erbitterung sichren müssen. Wenn Italien diese Wunde zu heilen wünsche, müsse es sein Bestes tun. die Empfind lichkeiten der Einwohner des annektierten Gebietes nicht zu ver letzen. 80 Millionen Deutsche könnten, nicht für immer durch irgend welche noch so beifällig ausgenommene Rede so einge schüchtert werde», daß sie die Beleidigung ihrer Rasse hinnehmen Es sei erfreulich, daß die Krisis vorübergegangen sei. Hauptfach, lich infolge der würdigen Ruhe Dr. Strescmanns. Zu der Frage der Vermehrung der Mitglieder des Vol ke r b u »d s r a t c s sagt Llovd George: Wenn Italien sich Frankreich und Polen anschließt bei dem Versuch. Deutschland» Einfluß im Rate zu neutralisieren, dann wird der Vertrag von Locarno erledigt sein. Dies würde auch den Tod des Dawes. planes beschleunigen, der sonst in einem bis zwei Jahren fällig werde. Aber es sei nicht anzunehme», daß Mussolini, der der Geschicklichkeit nicht ermangele, sein Land in ständige Feind schaft mit Deutschland bringen und sich zur Unterstützung der französischen Hegemonie in Europa verpflichten werde. Rhein un- Brenner