Volltext Seite (XML)
Nummer 132 — 25. Jahrgang kmal rvöch. Bezugspreis für Juni 8.— ^ einschl Beswllgeld. Anzeigenpreise: Die Igesp. Petitzeile 8»L Stellengesuche SV Die Pelitteklamezeile. 89 Ntilli- Meter breit, 1 Zt. Osferteugebühren für Selbstabholer Lg L. bei Uedersendung durch die Post außerdem Portorrrschlag. Einzel-Nr. 1V Sonnlags-Nr. IK L. GeschLftl. Teil: I. Dtllebr^kkß in Dre-den. XokI vresäen StruvestraSi 7 Keste tzusiltSten dliecirigste Preise Donnersiag, 17. Juni 1920 Hm Halle höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung auf Lieferung sowie Erfüllung v. SnzeigenaustrSge« u. Leistung o. Schadenersatz. Für undeutl. u. d. Fern- .ns Ubermitt. Anzeigen übernehmen wir keine Der- intwoctung. Unverlangt eingesandte u. m. Rückporto dickt versehene Manuskript« werü. nicht aufbewahrt, Sprechstunde der Redaktion 2—3 Uhr nachmittag» Hauptschristleit.: Dr. Joseph Albert. Dresden, ?>lrn>iu!«>» Umarbeitung Kepsrslur ^ukbeivskrung Voniei» Oresäen 3tleklener8tr.8 Uut 48477 wclqatteftell», Druck »nd Verlag i Saioma- Buchdruckrrrt GmbH.. DreSden-N. I, Polierstraß« 17. s geriirui 21012. PolUcheckkonto Dresden 14797 l BenNonto: Baflengc » gritisilie. Dresden. Für christliche Politik und Kultur D..LLL7 KKV "'K»« rikks Kundert Llmme «oder» «nclriek. v ruverUsuken 26 Streikdammermrg London, 16. Juni 1926. Das engtlicye Wahlsystem hat den Vorzug, daß es Nachwahlen gestattet, und diese Nachwahlen haben von jeher als wichtige symptomatische Anzeichen für Aende- rungen in der Volksstimmung gegolten. Wer den Sieg des englischen Bürgertums in der Frage des General streiks hier miterlebt hat, der ist nicht wenig überrascht gewesen von dem Ergebnis der Nachwahl in dem Lon doner Bezirk North - Hammersmith. Alles andere hätte man da erwartet als das, was gekommen istein glän zender Sieg der Arbeiterpartei. Hammersmith ist ein Stadtteil, der von Kleinbürgern und Arbeitern beivohnt wird, die man in ihrer Lebenshaltung und in ihrem Auf treten nicht voneinander unterscheiden kann. Diese Ar beiter gehen am Sonntag in Bratenröcken und mit hohen chimney-pots (Angströhren sagt man in Berlin) zur Kirche, Bilder bürgerlicher respectability. Gegen den Generalstreik haben sie sich gewehrt wie die anderen und gewiß Freiwillige zur technischen Nothilfe gestellt. Bei den Wahlen von 1924 wurden in Hammersmith 12 925 konservative Stimmen abgegeben und der Arbeiterkan didat erhielt nur rund 110Ö0. Und jetzt? Der Arbei terkandidat siegte mit mehr als 13 900 Stimmen über den Konservativen, der es nicht auf 10 000 brachte, Ja, der Arbeiter hätte wohl noch mehr Stimmen bekommen, wäre nicht ein Liberaler aufgetreten, der 2000 Stimmen wegnahm, die sicher nicht dem Konservativen zugefallen wären. Die Verdutzung im Negierungslager ist groß. Man fühlt, daß die Arbeiterpartei trotz der Tor heit des Generalstreiks eine wirkliche Macht bildet, die dadurch, daß sie diese Torheit von sich ab streifte, eher gestärkt als geschwächt worden ist. Auch macht die Arbeiterpartei bei der Erbschaft, die sich aus der Zersetzung der liberalen Partei ergibt, wohl das bessere Geschäft. Lloyd George, der sich wieder der herrlichen Tage erinnert, da er, umjubelter Führer der kleinen Leute, das Wort prägte: „The lords must go!" (Fort mit den Lords) hat den Arbeiterführern das. Zeugnis gegeben, sie Hütten nichts gegen die Grundsätze der Freiheit und Ordnung getan. Spaltet die liberale Partei sich, so nimmt Lloyd George den geistig frischeren Teil mit sich und es hat wirklich keine Bedeutung, daß der Millionär Sir Alfred Mond zu den Konservativen abgeschwenkt ist und ihm vielleicht noch einige Gesinnungsgenossen folgen. Sogar ein Leerwerden der Streikkassen, das die Bergleute zwingen könnte, sich den Bedingungen der Grubenbesitzer und der Regierung zu fügen, würde kaum eine Schwächung der Arbeiterbewegung nach sich ziehen. Das sieht man aus dem warnenden Beispiel von Ham mersmith. Es muß damit gerechnet werden, daß die Zahl der Arbeiterstimmen bei den nächsten Wahlen wie der zunimmt, vielleicht eher zunimmt, als wenn die Bergarbeiter mit vollen Kassen einen Sieg in ihrem Streik erfechten könnten. In solchen Kämpfen bleibt eben auf die Dauer gerade der Schwächere oft Sieger, denn es kommt auf das Mitgehen der öffentlichen Mei nung an, und gerade das wäre den besiegten Bergleuten eher gesichert als den siegreichen. Daß die Streikkasse der Bergleute auch mit rus sischem (neben anderem ausländischen) Geld genährt wird, ist sicher. Wie die englische Regierung das verhin dern will, ist ihr Geheimnis. Sie hat ja eine Drohnote an die Sowjetregierung geschickt. Diese Note sollte die Ueberweisung russischer Regierungsgeldcr in die Kassen der englischen Bergleute verbieten, sonst würden die Han delsbeziehungen zu den Sowjets abgebrochen. Die Mos kauer Regierung ließ amtlich erklären, daß sie niemals Geld an die Streikenden geschickt habe, und das wird ja auch wörtlich richtig sein. Nein, so töricht sind die russischen Kommunisten gewiß nicht, amtlich so etwas zu tun. Sie werden vielleicht sogar ihren Parteigenossen verbieten, Geld an englische Parteigenossen zu schicken. Aber es gibt tausend Wege, auf denen Geld nach Eng land kommt. Das kann man am Ende so wenig kon trollieren, wie die Luft und die Gedanken. Und was den angedrohten Abbruch der Handelsbeziehungen be trifft, so hat England mit seiner ungeheuren Ärbeits- losenziffer ihn mehr zu fürchten als Rußland. Ausfuhr nach Rußland ist ja doch die große Hoffnung Englands, und diese Hoffnung ist so groß, daß sie bei vernünftiger Erwägung von Englands eigenem Interesse dazu führen wird, den Kohlen- itreik, der die Industrie lähmt und die Ausfuhr hin dert. üurck ein Komvromik xu beendigen. Paris, 16. Juni. (Drahtbericht.) Nachdem gestern nach der Demission des Finanzmini. sters Peret das Gesamtkabinett Briand am Abend zurück, getreten ist, finden heute Verhandlungen zwischen dem Präsi denten der Republik und dem Präsidenten des Senats und der Kammer zur Lösung der Krise statt. Des weiteren Verhand- lungen mit den Parteien. Briand führt die Geschäfte des Kabinettes zunächst weiter. In politischen Kreisen betrachtete man es gestern abend als sehr wahrscheinlich, das; Briand El,es der neuen Regierung werde. Er würde die Minlsterpräsidentenschast und das Außen ministerium behalten, wie cs die große Mehrheit der Parlamen tarier wünsche. Dieser Ansicht seien sogar die Radikalen, die; für Herriot als künftigen Ministerpräsidenten Vorliebe zeigten. Man schreibe Briand die Absicht zu, sich zuerst an Herriot zu wenden, dessen Mitarbeit geeignet sein dürfte, die Besorgnisse gewisser Elemente der Radikalen zu zerstreuen. Für das Finanzportefcuille nenne man Cnillaux, der jedoch nur unter gewissen Bedingungen, d. h. unter Zusicherung weitgehender Vollmachten annehmen werde. Paris, 16. Juni. (Drahtbericht.) In den Wandelgängen der Kammer und des Senats wurde gestern die Krise lebhaft bespcocl^n. Zahlreickß Senatoren waren der Ansicht, ma>° .misse der neuen Regierung die Möglichkeit geben, während einer gewissen Zeit ohne die Kontrolle des Parlaments zu arbeiten. In der Kam mer stand Poincare im Mittelpunkt der Vermutungen über die Zusammensetzung des neuen Kabinetts. Das „Echo de Paris" teilt mit, daß schon in den letzten Tagen Freunds Briands bei Poincare Fühler ausgrstreckt hätten. Obwohl Poincare einige Vorbehalte machte, habe er doch keine grundsätzlichen Einwendungen gegen seinen etwaigen Eintritt in ein Kabinett gemacht, das die Ausgabe habe, das Land vor einer neuen Fi- nanzkatastrophe zu bewahren. Doumergue nimmt heute abend an einem Diner in der italienischen Botschaft teil, zu dem auch Poincare geladen ist. Es wird vermutet, daß die erste Besprechung des Präsidenten bei dieser Gelegenheit mit Poincare stattfindet. Für den Fall, daß Briands Versuche schei tern sollten, ein Kabinett zu bilden, rechnet man damit, daß Herriot beauftragt wird. Bei Ausgang des gestrigen Pariser Kabinettsrates, in dessen Verlauf der Gesamtrücktritt der Negierung beschlossen wurde, ist folgendes Kommunique veröffentlicht worden: „Der Kabinettsrat ist nach eingehender Prüfung der durch den Rücktritt des F i na n z m i n i st e r s geschaffenen Lage einmütig zu der Ansicht gelangt, daß nicht nur zu einer Ncuernennung des Finanzministcrs geschritten werden kann, sondern daß eine Gesamtdemission am Platze ist und es dem Staatschcf Vorbehalten werden muß. Schritte zur Klärung der Situation zu tun." Um 7 Uhr begaben sich dann die Minister in das Elysee, um dem Staatschef ihre Demission zu überreichen. Man behauptet, daß Briand zu seinem Entschluß, zurück- zutrelcn, durch die Haltung gewisser Kabinettsmitgliedcr be stimmt wurde, die den Augenblick zu der Bildung eines nationa- jcn Ministeriums im Gegensatz zu dem Ministerpräsidenten für gekommen hielten. In politischen Kreisen wurden als Minister- Präsidentschaftskandidaten gestern abend Caillaux und Herriot genannt. In beiden Fällen würde cs sich um ein großes Konzentralionskabinett handeln, das sich von der Linken bis zur Rechten erstrecken würde. Andererseits würde erneut ein Kabinett Hcrriot-Poincare besprochen. In der Kammersitzung erklärt« G r zugreici) in Be. antwortung von Anfragen der Sozialisten und Kommunisten, daß er im gegenwärtigen Moment eine Diskussion über di« Finanzinterpellationen für unangebracht halte und daher die Vertagung beantragen müsse. Die Aussprache soll demgemäß am Donnerstag fortgesetzt werden, da dis dahin der neue Finanzminister im Amte sei und selbst den Zeitpunkt vorschlagen werde, zu dem er auf die vorliegenden Interpellationen ant worten wolle. Die Kammer stimmte nach längerer Debatte der Vertagung der Interpellationsdebatte auf Donnerstag mit 30S gegen 195 Stimmen zu. Briand über den Franken Paris, 16. Juni. In den Wandelgängen der Kammer gab Driand ein« Erklärung ab, in der er u. a. folgendes ausführte: Die Lage ist schwierig. Wir können keine Wunder wirken. Die einen verlangen ein nationales Ministerium, di» anderen rufen nach einem entschlossenen Alaun. Wa« ein nationales Ministerium anbelangt, so ist es sehr zu wünschen, doch ist das Beispiel Belgien nicht gerade ermutigend. Alan hat dort ein Kabinett gebildet, in dem sämtliche Parteien vertreten sind Obwohl der Finanzminisier ein hervorragender Sach verständiger ist, die Stützungsaktion zugunsten des belgischen Franken fehlgeschlagen. Auch Italien, das einen entschlossenen Mann hat, ist es nicht gelungen, den Lire höher zu bringen als den Franken. Die gegenwärtige Situation wird durch vielfache Gründe bestimmt. In England werden Franken verkauft, ohne daß nian cs dabei auf die Herbeiführung einer Franken baisse absieht. Man macht das nur zur Stützung des Sterling- Kurses gegenüber dem Dollar. Auch in Belgien und Italien werden sranzösische Franken abgestoßen: doch nur in der Absicht, die eigene nationale Währung zu schützen. Schließlich verkaufen auch in Frankreich zahlreiche Franzosen aus Mangel an Ver trauen Franken. Die Wolken am Horizont ballen sich über uns zusammen: wir sind vom Sturm gepeitscht und müssen bis zum Ende aushaltcn und dem Siege enigegengehen. Doumergues Reise verschoben Paris, 16. Juni. (Drahtbcricht.) „Echo de Paris" meldet, daß angesichts der Ministerkrists dke geplante Reise des Präsidenten der Republik, der sich am 22. d. M. in Begleitung des Ministerpräsidenten nach London be geben wollte, aufgeschoben werde. Denn das neu« Kabi nett werde nicht vor Sonnabendfrüh gebildet wer»--— können. England ist gleichgültig Der Rücktritt Briands hat in England keine sonder liche Ueberraschung hervorgerufen, denn jedes sranzösische Kabinett, so sagt man, steht und fällt mit seinem Finanz minister. Das erneute Fallen des französischen Franken hat die City kaum betroffen, da Frankgeschäfte in London kaum noch gemacht werden. Paris, 16. Iunl. (Drahtbericht TU.) Heute früh hat der Präsident der Regierung Doumergue die Besprechungen über die Kabinettsbildung begonnen. Er empfing de Selo es und Herriot. Dis Anlwort -er Sowjelregierung Berlin, 16. Juni (Drahtbericht). Wie aus Moskau gemeldet wird, weist die Sowjet- regierung iu der am Dienstag dem britischen Geschäfts träger in Moskau überreichten Antwort auf das britische Memorandum darauf hin, daß in Rußland kein allgemeines Balutausfuhrverbot bestehe, sondern lediglich eine Aus fuhrregelung, durch die in jedem einzelnen Falle Bewilli gungen zur Ausfuhr von Valuten erteilt werden. Die Sowietregierung, welche den Willen der Arbeiter und Bauern der Sowjetunion anSdrücke, könnte den Gewerk schaften, in denen Millionen von Arbeitern der Sowjet union organisiert sind, nicht verbieten, Gel» ins Ausland zur Gewährung von Itiitcrstüiiiinge» von Gewerkschaften eines anderen Landes zu überweisen. Gleichzeitig lenkt die Sowjctregierung die Aufmerksamkeit der britischen Negie rung auf die den Tatsachen widcrsvrcchendr» und den normalen Beziehungen zwischen Negierungen nicht ent sprechenden Erklärungen einiger ihrer Mitglieder, als ob die dem Generalrat der Gewcrkschasten überwiesenen Sum» mru von der Sowjetrrgiening stammen, während sie in Wirklichkeit durch den Zentralrat der Gewerkschaften der Sowjetunion ans Grund einer Vereinbarung mit dem Zen tralkomitee der Sowietacwerksckakieil aesandt wurde». Duell zwischen Skrzynski und Szeplyrki Warschau. 16. Juni. Zwischen dem früheren polnischen Außenminister Grafen Skrzynski und General Szep- tycki fand gestern ein Zweikampf statt. Nach den vom Ehrengericht festgelcgten Bedingungen sollte einmaliger Kugel wechsel stattfinden. Zunächst gab Szeptycki einen Schuß ab. der fehl ging. Hieraus lehnte cs Skrzynski ab. selbst einen Schuß abzugeben. Das Duell fand damit seinen Abschluß. 2um 2ll. ^uni Ij« unZ wzno IVso gsrcUloUl mit kUrstvnvsrmögsnk Volksvereinsverlsg dl.-Olnäbklek kl. — 20 ? votti»«ni»«usiu r Katkolisck-pollllscker llunädriek Verlag cier Lckolle, kerlin ... dl. —40 lleiäe schrillen posikrei gegen llinsenäung v. dl. —.35 i» lllieiinarken oäer klinrsklung suk posisckeclclconlo ÜW ölißälkiijk Iliosüen 9775 iXnik. Verssncibuckdsncllung Oresäew loset /Uoier, Xaikoliscbe VersunäducdkLncllunr Oresäen-^. l. Löppelmannsirsüs 7