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Sächsische Volkszeitung : 26.05.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-05-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192605265
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19260526
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19260526
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-05
- Tag 1926-05-26
-
Monat
1926-05
-
Jahr
1926
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 26.05.1926
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«ittwoch. den «v. wra» 102» ) Umleitung der Stratzenbatznlinie« 10, 11, 1«, 15. IS und Schkeuditz, vom Dienstag, dem 25. dss. Mts., an werden wegen vanarbeiten in -er Blücherstratze die Wagen der Linien 10, 11, 14, 16 und Schkeuditz in beiden Fahrtrichtungen von der Eutritz- icher Strotze über Roscherstrotze—Nordplatz—Pfaffcndorfer Stro tze—Tröndlingring—Astoria—Hauptbahnhof geleitet. Um eine Ueberlostung des Tröndlingriuges zu vermeiden, fahren die Wa gen der Lime 15 vom gleichen Tage an in beiden Fahrtrichtungen zwischen Altem Theater und Goetheftratze durch den Brühl. ) Schwerer Stratzcnbahnunsall. Der Polizeibericht meldet: Am 21. Mai abends gegen ^11 Uhr ist auf dem Augustusplatze an der Haltestelle vor Kaffeehaus Korso eine Frau tödlich dadurch verunglückt, dah sie bei dem Versuche, die vordere Plattform eines Aiihäiigeivagens der Linie 10, während der Straßenbahn- zug noch in Bewegung war. zu besteigen, vom Trittbrett ab- rutschte lind mit dem Kopf unter die Räder geriet. Sie konnte erst heruorgezogen werden, nachdem der Wagen gehoben worden war. Sie wurde mit einem hinzugerufenen Krankentransport wagen nach dem Krankenhaus St. Jakob gebracht. Aus dem Wege dorthin war sie aber bereits an den schweren Verletzun gen gestorben. Erst am anderen Morgen gelang es, zu ermitteln, datz es sich um die 64 Jahre alte Kanzleiratswitwe Minna Gorn, Kochstratzc 54 wohnhaft, handelt, die nach dem Theaterbesuch nach Hause fahren wollte. Aus Sachsen Die Fahrpreisermäßigung zugunsten -er Jugendpflege Dresden, den 25. Mai. Don amtlicher Sette wird uns geschrieben: Die Deutsche Ncick-svahngesellschaft, Hauptverwaltung, hat für das Gebiet der deutschen Reichsbahnen die Fahrpreisermäßigung zu- glnfften der Jugendpflege von 50 v. H. vom 1. Mai ab in Kraft gesetzt und die Reichsbahndirektionen entsprechend ver- , siändigt. Hinsichtlich der Prioatbahnen mutz erst die nach der Geschäftsordnung notwendige Zustimmung dieser Bahnen ad- genmrtet werden. Da das Verfahren, wie es in der neuen Fassung des Erlasses vom 21. Ianrwr 1922 vorgesehen ist, von der Reichsbahn erst nach formeller Veröffentlichung der neuen tarifarischcn Bestimmungen durchgesührt werden kann, gelten zunächst die bisherigen Vorschriften weiter. Ebenso bleiben vorläufig die für das Kalenderjahr 1925 ausgestellten Bescheinigungen in Kraft, die jetzt zur Erlangung der Fahr- Preisermäßigung von 60 v. H. gelten. Weitere Mitteilungen sowwohl über die Entscheidung der Privatbahnen wie über den Termin, zu dem von der Neichsbahndirektion das neue Ver fahren in Kraft gesetzt werden kann, behält sich der Reichs minister des Innern vor. Nochmals -le Sport- und Spielplätze Dresden, 25. Mai. In einer Verordnung des sächsischen Ministeriums des Innern wird folgendes bestimmt: Die wiederholt vorgelegten Anträge der Gemeinden, die Anlegung von Spiel- und Sportplätzen aus Mitteln der produktiven Erwerbslosen für- sorge zu fördern, gibt Veranlassung, darauf hinzuweiscn, dass nach den Bestimmungen über öffentliche Notstands- arbeiteu aus Mitteln der produktiven Erwerbslosensürsorge Arbeiten zu fördern sind, die für die Volkswirtschaft einen unmittelbaren, jäheren und möglichst rasch eintretenden Nutzen haben. Wenn man diese Voraussetzungen in den Vordergrund stellt, so erscheint die Anlegung von Spiel- und Spvriplätzen zur Förderung nichtae eignet. Bei der gegenwärtig „och anhaltenden großen Arbeitslosigkeit wird aber das Arbeits- und Wohlfahrtsministerium im Einver ständnis mit dem Reichsarbeitsministerium in einzelnen Fälle». Ausnahme von diesem Grundsätze bewilligen, wenn andere geeignete Arbeiten nicht vorhanden sind. Stadien und Anlagen mit kostspieligen Bauten bleiben hiervon ausgeschlossen. Das Reichsarbeitsministerium hat bei Gelegenheit feiner Zustimmung zu der Ausnahme betont, es könne sich des Ein druckes nicht erwehren, datz solche Notstandsarbeiten doch noch mehr als bisher vermieden werden könnten, wenn di« Gemeinden rechtzeitig, das heißt vor Einsetzen einer Arbeitömarkttrise, Pläne für Notstandsarbeiten von größerem wirtschaftlichen Wert ansarbeitetcn und die nötigen Vor bereitungen dazu träfen. Eine derartige Vorsorge würde es den Gemeinden zum Beispiel möglich machen, in größerem Umfange als bisher Meliorations- oder Kultivie rung s ar b e t te n in unmittelbarer Nähe der Städte — etwa auf Flächen, die der Gemeinde bereits gehören oder die sie zu diesem Zwecke erwirbt oder durch Beteiligung der Gemeinde an Meliorationsgenossenschaften — als Notstands- arbenen vorzunehmen. Auch die Herrichtung von Gelände für d:e Anlage von Kleingärten würde für Notstandsarbeiten >ehr geeignet sein. De-eutuilg -ee Derufsderalung Das Verständnis und Vertrauen für «Ine sachgemäße Berufs beratung nimmt immer mehr zu. So Hot kürzlich der Arbeits ausschuß für Berufsausbildung beim Reichsverbande der deut schen Industrie die Entschkietzung gefaßt, ein« tatkräftige Unter stützung der Berufsberatungsstellen an den Schulen zu bewerk stelligen. Neuerdings hat die Hauptgemelnschast des deutschen Einzelhandels die Würdigung der Berufsberatung bei den öffent lichen Arbeitsnachweisen dadurch zum Ausdruck gebracht, datz sie in einem Rundschreiben ihre Mitglieder aus die Nützlichkeit der Inanspruchnahme von Berufsberatungsstellen bei der Aus wahl der Lehrlinge hinweist. „Es ist eine alte Erfahrung", heißt es in dem Rundschreiben, „daß auch das beste Schulzeugnis für die Eignung eines Jugendlichen für einen bestimmten Beruf nur sehr mangelhaft garantieren kann. In den größeren Beruss- beratungsstellen werde daher die Eignung mit allen vorhandenen Mitteln der Wissenschaft und Technik festzustellen versucht, um die Schulentlassenen einem ihrer Begabung entsprechenden Berufe zuzuführen und den Lehrherren geeignete Jugendliche zu über weisen. Eine Verpflichtung der Lehrherren, die ihm von der Berussberatungsstelle zugeiviekenen Jugendlichen einzustellen, bestehe jedoch nicht." 0 Frcital, 25. Mai. (Verschwunden.) Vermißt wird seit dem 20. Mai die 16jährige Tochter des im Stadtteil Burgk wohnenden Schmelzers Max Schlick. Marianne Schlick bar mehrfach die Schule versäumt und sich aus Furcht vor Bestrafung am 20. Mai, abends 6 Uhr, aus der elterlichen Wohnung entfernt. Alle Nachforschungen waren bisher vergeblich. Das Kind ist 1,50 groß, dunkelblond, trägt Dirndelkleid mit schwarzem Mieder. 0 Gelsing. 25. Mai. (Gefährliche Spitzbuben.) Größere Einbrüche wurden in letzter Zeit mehrfach in Geffrng-Mtenderg und dessen Umgebung, und vermutlich von Dieben aus der be nachbarten Tschccho-SIowakei verübt. So wurden vor wenigen Tagen in zwei auseinander folgenden Nächten in Altenberg die dort befindliche Verkaufsstelle des Konsumvereins Vorwärts erbrochen und daraus alle möglichen Sachen, zumeist Leder- und Textilwaren, ferner Windjacken, Purschenjoppen und andere Dinge entwendet, in Kipsdorf ein Friseuvladen mittels Sperrzeugs geöffnet und regelrecht ausgeplündert und dort weg- geschleppt, was nur irgendwie verwertbar erschien. Vieles deu tet darauf hin, daß es sich um die gleichen Spitzbuben handelt, die in der Nacht zum 9. Mai in Friedebach zwei Einbrüche in eine Bäckerei und in ein KolonialWarengeschäft, am 29. April in ein Bauerngehöft in Fürstenau, Mitte März uich Ende Februar zweimal Einbrüche in Landhäuser in Gei sing und in das dortige Bahnhosshotel verübten, wo verschiedentlich um fangreiche Beute gemacht worden ivar. Südweflfachfer» Elsterberg. In Tremnitz wurde der Gutsbesitzer Steudel so heftig durch das Scheuen seiner Pferde an das Spritzen haus geschleudert, daß er sofort verstarb. Planen. „Der fröhliche Weinberg" brachte bei seiner ersten Aufführung im hiesigen Theater Widerspruch, Lärm usw. von seiten des Publikums mit, der aber wieder von Beifall abgelöst wurde. Eine außerordentliche Sitzung der Stadtverordneten beschloß, dem Theateransschuß die An gelegenheit zu übergeben. — Einem Monteur in der Vomag wurden bei Vorführung einer Rotationsmaschine an beiden Händen alle Finger bis auf den Daumen abgequetscht. Der Monteur, der Ostern erst seine Frau durch den Tod verlor, ist als äußerst zuverlässiger Arbeiter bekannt. — Seine Frau und sich selbst zu erschießen versuchte am Frei tag nachmittag ein 26jährigcr Melker. Die Frau wurde an Hüfte und Schulter verletzt, sich selbst schoß der Mann eine Kugel in den Mund. Durch Operation konnten bei beiden die Kugeln entscrnt werden. Lebensgefahr scheint nicht zu bestehen. — Das Schützenfest wird vom 23. bis 30. Mai abgehalten. Der Auszug der Schützen fand heute vormittag r/zl lUhr zstatt. — D.e Stadtverordneten beschlossen in der letzten Sitzung, die gestrichene Aufwandsentschädigung wieder ein- zuschen. — Das Wetter des 1. Feiertags war gar nicht pfingstlich. Anhaltender Regen machte die geplanten Aus flüge zunichte. Treuen. Ein töjähriger Tischlerlehrling hat sich im Staatssorstrevier erhängt. Der Grund zur Tat ist un bekannt. Werdau. Die Stadtverordneten beschlossen die Er richtung zweier Liegehallen im Staatswald«. Der Haus- haUplan 1926/27 wurde beraten. Er zeigt einen Gesamt bedarf von 5 079 638 Mark und hat einen Fehlbetrag von 1 208 946 Mark; von diesem sind 353 693 Mark un° gedeckr. Gegen die Linke wurde der Plan angenommen. Kr. 1H: Sel«»G Wildenfel«. Graf zu Solms > Wildenfel» hat den! Mulde-Pleihen-Vau der Deutschen Turnerschaft ein Ja^env heim gestiftet. Zwickau. Das Gelände der Ingenieurschule muß er» weitert werden. Z,nn Bau gibt es 10 000 Mark Staats-« gelber und städtischen Beitrag. Ziegeleien liefern di« Steines umsonst. — Die Gewerbeschule zählt 2419 Schüler, davoq sind 775 von auswärts. — Di« Stadt besitzt gegenwärtig 16 Güter. — Der in der Mulde gefunden« Tot« ist eiy Schuhmachergeselle, der schon einige Selbstmordversuches unternommen hat. Er hat sich an einem Baum ani Mulde« «fer aufgehangen und dann in die Mulde fallen lassend Wie verhalte ich mich bei der Annahme von Einschreibea briefen über Kündigungen. Mahnungen usw. Es steht jedenf Empfänger eines Einschreibebriefes frei, den Brief anzunehmenj ober zu verweigern, jedoch hat der Empfänger die Folgen >ev Annahmeverweigerung zu tragen: er setzt sich durch die An^ nahmeverweigerung ins Unrecht. Der Inhalt wirkt rechtlich als zugegaugen. Zu jeder Zeit kann der Absender Nachweisen, was der Brief enthielt, wann er abgesandt worden ist, und daß demi Empfänger durch die Annahme keine Kosten entstanden wären. Die Kündigung, die im Einschreibebrief stand, ist also rechts« wirksam, tckenso di« Mahnung oder die Erklärung der Zah-> lungsbereitschaft. Um sich vor unangenehmen Weiterungen und Kosten zu schützen, liegt es daher durchaus im Interesse de« Empfängers, einen ihm vorgelegten Einschreibebrief, in dem ey eine wichtige Mitteilung vermutet, anzunehmen. Dresdner Lichtspiele U.-T. „Madame Sans Gene" Aus seiner Reise durch die Weltliteratur ist der Film auch bei Sardous witzigem Drama aus der Napoleonzeit „Madame Sans Gene" angelangt. Da die historische Anekdote hierbei diel Hauptrolle spielt, ist der Stoff an sich sil«»gerecht, und der Re« gisseur hat sich ziemlich genau an das hinreichend bekannt«! Bühnenstück gehalten. Gloria Swanson in der Titelroll« gibt die Wäscherin von ehemals, die zur Herzogin geworden isL bei Hof aber Anstoß durch ihre Keckheiten erregt und erst Nai poleon selber beweisen muß, daß sie eine Frau von Herz unüj Verstand ist. Leider unterstreicht Gloria Swanson in ihren«« Spiel das Mädchen aus dem Volke zu sehr, so «daß die Szeneuj bei Hofe des öfteren einen Stich ins Burleske bekommen. Ganz vortrefflich dagegen sind die Szenen geraten aus der Zeit, dH Madame Sans Gene noch ihre Wäscherei betrieb und dem d«H maligen Leutnant Napoleon seine Rechnung stundet, da sie mir ihrem Sergeanten Leföbre aus den Ball geht und dem verwun deten Grafen Neipperg das Leben rettete. Die übrigen Rollen! weisen ebenfalls mit einigen Ausnahmen gute Besetzung aus^ Der stlmtechnische Ausbau bietet neben den echten MifieiffchÄ^ derungen auch eine gutgetrmgene Schau historischer Uniformer«! und Trachten. — Das Beiprogramm bringt außer der Ufas Wochenschau ein groteskes Lustspiel „Falscher Alarm", das mitz Recht als eine „konfuse" Angelegenheit bezeichnet werden Kauris Prinzeß-Theater. „Prinzessin Trulala" fit ein entzückendes Lustspiel mit Lilian Harvest un» Hans Iunkermann in den Hauptrollen. Den begeisterten Beifall, den dieser Film findet, ist «in deutlicher Hinweis dar auf, was das Publikum will: eine nette Untcrl>altung. einet einfallsreiche Regie -und Darsteller, die nicht in der Sämblons erstarren. Die Handlung ist besonders amüsant durch dia dauernden Verwechslungen der Hauptpersonen. Die Hersteller! des Filmes iverden auch über die Premiere des Filmes hinauck mit dem Erfolg ihrer Arbeit zufrieden sein. Vorher läuft eins sehr interessanter Film über den Rudersport und die Deufige Woche. Gemeinde- und Veretnswesen 8 Drcsden-N. Das übliche Sommer fest des Volks-« Vereins s. d. k. D. Dresden-Neustadt findet dieses Jahr am! Donnerstag, den 1. Juli statt, und zwar in sämtlicher^ Räumen der Waldschlötzchenterrasse, Schillerstraße. Diesen Tags wolle man sich hierfür freihalten! 8 Leipzig. Propfteigemeinde. Am Sonntag, den 13. IunH vormittags nach dem feierlichen Pontifikalamt wird die heilig« Firmung gespendet. Porbereitungsprodigten sind am 30. Mak/j vormittags 0 Uhr, 3. Juni, abends Uhr und 6. Juni, abends« um 6 Uhr. Für Schulkinder iverden besondere Vorbereitungss predigten gehalten am 3., 7. und 10. Juni, abends 6 Uhr. Fir- mungslrsten zum Einträgen für Erwachsene liegen vom 23. Mat ob in der Sakristei und auf dem Pfarramt aus. Für Schulkinder werden besondere Listen geführt. Briefdummheiien Plauderei von E. Schneider. „Schreibe, wie du sprichst!" ist ein alter, mit Recht oft anempfohlener Grundsatz. Von diesem weichen leider immer noch viele Menschen ab; leider muß man sagen, obwohl sie dazu gar keine Veranlassung haben. Es gibt Leute, die sich im täglichen Leben kurz und klar aus zudrücken wissen und in dem Augenblick, in dem sie die Feder in die Hand nehmen und einen Brief schreiben wollen, die Dummheit begehen, unnatürlich und gespreizt zu werden. Sie verstecken den Ausdruck ihrer Persön lichkeit hinter konventionellen Redensarten, flechten in ihre Briefe schöngeistige Phrasen und schiefe Bilder hin ein, kurz, sie bewegen sich in der Bahn des Geschraubten und ihrem Wesen völlig Fremden. Freilich — Briefe schreiben ist eine Kunst, die man eben können muß. Und zu diesem Können gehört auch ein gewisses Talent. Denn es gibt umgekehrt Leute, die im Leben verschlossen, ja hölzern sind, und die ihre Ge danken und Gefühle nicht im geringsten zum Ausdruck zu bringen wissen, es sei denn, datz sie die Feder in die Hand nehmen und einen Brief schreiben. Da geht ihnen dann das Herz über, und ihre Briefe sind das reine Entzücken für den. an dessen Adresse sie gerichtet sind. Es gab einmal eine Zeit, in der die Kunst des Brief schreibens modern war, geübt wurde, und die klassischen Briefe aus jener Geistesepoche sind auch noch heute für jeden, der sich in dieser Kunst belernen will, eine wahre Fundgrube, um aus ihr zu schöpfen. Denn lernen soll ein jeder an solchen klassischen Musterbriefen, wer einen wirklich guten Brief schreiben will, einen Brief, bei dem sich Form und Inhalt decken, ohne jene Briesdummheiten, jene bewußten und unbe wußten, die gleich Falltüren für den oberflächlichen und gedankenlosen Vriesichreiber lauernd am Wege liegen, und die sich bei einigermaßen Ueberlegung und klarem Nachdenken aanz gut vermeiden lassen. Eine bekannte Driefdummheit ist die. daß man am Ende des Briefes dessen Anfang oder auch dessen Mitte wiederholt, daß man zweimal, ja dreimal dasselbe sagt, daß man überhaupt vieles, was sich mit drei Zeilen ab tun läßt, mit dreißig Zeilen zu erledigen vermeint. Das ist der Erbfehler meist derer, die danach trachten, ihre Briefe möglichst lang zu schreiben; lange Briefe haben heutzutage bei den jetzigen Posttarifen den Nachteil, daß sie unter Umständen recht teuer werden, und die jetzige Menschheit hat im allgemeinen zu wenig Zeit, um sich solche seitenlange Briefe zu schreiben, wie sie sich heute vielleicht noch Backfische in der Pensionszeit zu schreiben pflegen. Gerade diese Gattung von Briefen weist noch eine andere kennzeichnende Briefdummheit auf, die darin besteht, daß gewisse Adjectiva in erschreckender Anzahl wiederkehren. Die Worte „süß, nett und furchtbar" in solchen Briefen zu zählen und darüber eine Statistik aufzuzählen, wäre unter Umständen eine gar nicht so undankbare Aufgabe. Manche und besonders weibliche Briefschreiber suchen in ihren Briefen eine gewisse über strömende Zärtlichkeit zum Ausdruck zu bringen und glauben damit ihre eigene Persönlichkeit in den Inhalt des Briefes hineinzulegen. Wichtig bleibt es natürlich, darauf zu achten, daß ein Brief nicht unter jener Erscheinung leidet, die noch vor zehn Jahren viele Briefe aus gebildeten Kreisen auf wiesen, nämlich ein Gewimmel von leicht zu vermeiden den Fremdwörtern, von Gallizismen, von Anglismen, überhaupt von einem mit gewissen, an das sogenannte Amts-, Kaufmanns- und Zeitungsdeutsch erinnernden Phrasen, die auf die Dauer für einen denkenden Leser eine Zumutung bildeten. Es ist damit besser geworden. Man hat in der Tat gelernt, zunächst kürzere Briefe zu schreiben als früher, sich überhaupt im Umfang des Briefes einzuschränken, und zu diesem Umstand hat für das männliche Geschlecht wesentlich der Feldpostbrief und die Feldpostkarte beigetragen. Aber auch im Inhalt ist gegen früher vieles besser leworden. Der Gehalt der Briefe hat gewonnen, der lusdruck der Briefschreiber ist einfacher und chmuck loser und gerade dadurch reicher und m Eindruck verinnerlichernder geworden Auch dazu hat der Krieg beigetragen. Das Miterlebenj der Schicksale anderer, eigenes Leid, Enttäuschungen^ Krankheit und Kummer haben viele Menschen, die in der Vorkriegszeit in oberflächlicher Weise ihre Briefe als eine lästige Gewohnheit schrieben und damit ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung Genüge getan zu haben glaubten, dahin gebracht, beim Schreiben von Briefen in ihrem Innern so eine Art Generalinventur zu halten, zurückzuschauen auf vergangene Dinge, ihr eigenes, frü her gern in den Vordergrund gestelltes und liebevolk beleuchtetes Ich — auch eine Briefoummheit — Hintes den Dingen verschwinden zu lassen und doch bei deren Schilderung im Briefe die Persönlich^ keit zu bleiben, die der Briefschreiber bleiben muh. wenn er in Form und Inhalt sich deckende, ausdrucks.4 volle Briefe an seine Mitmenschen schreiben will. Kumor Zweideutig. Ein Rechlsprakttkant erhielt die lange ersehnte Anstellung in einem entfernten Städtchen, und man wollte misten, ge'ingo Befähigung habe bislang seiner Beförderung hemmend im Wegs gestanden. In der Freude seines Herzens trank er sich noch mn Abend ein Räuschchen an, siel auf dem Nachhausewege und zog sich eine Wunde am Kopf zu, die ihn z:oang. ei» Pflaster enszv- legcn. Tags daraus «kommt ein biederes Bäuerlein zu dem neuen Staatsdiener, um ein Anliegen vorzubringen, findet aber wegen angeblicher Porkehrungen zur eiligen Abreise desselben kein Ge hör. „Herr Aktuar!" sagte da das Bäuerlein, „Reffen Sie sobald noch nicht ab!" — „Warum?" — „Nun", erw'dertc der Pauer, sich vorsorglicher Weise in die Nähe der Tür begebcnds „Wenn Sie so mit den, Pflaster an der Stirn nach X-Stadt kom- men, so sehen aste Menschen, daß Sie aus den Kopf gefallen sind!.* Friedrich der Große und Pölluih. Baron Pöllnitz erhielt einst von Friedrich dem Großen Auftrag zur Bestellung einiger indischer Hühner. Er ent< ledigte sich seiireS Auftrages durch Zusendung derselben all den König mit den Worten: „Voila les Dindons, Sire!" („Hier sind di« Truthühner, Majestät!") Der König, übe» dieses lakonische Begleitschreiben ärgerlich, ließ einen Ochsen kaufen, ihm di« Hörner vergolden, ihn in das Hans de« Barons bringen und in dem Begleitbrief schreiben: „Voll« le boeus Boellnitz!" („Hier ist der Ochse Boellnitzl")
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