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Nummer — 25. Jahrgang timal wöch. Bezugspreis fttr Zlpril 3 M. einschl. Besteitqeld. Anzeigenpreise: Die Igesp. Peliizeile S9L, Stellengesuche Lg Tie Petttreklamezeile, 89 Milli. Meter breit. I Össertengebüliren für Selbstabholer Lll L. bei Ueberi'enovng durch die Post auhervem Porknzu'chlaa Ein'»! «r 19 Sonnlaas Nr 15 Geschüstl. Teil: I. Hiklebrand in Dresden. Dienstag. 20. April N-26 Im Falle höherer G.wal: erlischt >e?e Berpspcks-i auf Lieferung sowie Erfüllung v Anzeigenaulira.ien u Leistung o. Schaaeneriah Für un?eu:l u ru. ruf übermitt Anzeigen übernehmen w'r b ' n, Vcr. antwortung Unverlangt «ingesanole u n, .< i >!:> rio nicht versehene Manuskripte wer?, nich' a>!i >'ubn Hauptschriftleit.: Tr. Joseph Albert Tree-'-n. rlFSprsnIigiis rrvki v rebclen Nl LVSStl'M 7 keste (Zuslitäten dfteäliqsle Preise — I»KIr«53lSN lümgrbeltonq UevurLtusLN ^utdewaNrunx kiVlnklLr l<ürscknermstr. »resüvn-^. 5Veber^asse 2 lSrichniiestcllc, rer»» und 'Veile.»: Lnrvnni- Anchdruckcrei GmbH.. TreSden-A. I, Polierslruie 17. sternrui Lli.IL. PMcheiksonw Dresden I17N7 Pnnisonlo: vnsscnne S: »,7»ichc. Dresden. Für christliche Politik und Kultur Hierorts»» der Dresden-AUbadt I. Sächsische« VoltSzettun» Polierslrcifte 17 »ernrin 20711 und LlülL. - k. rc«aoe » co. Iienlen. V5slssnksu»LlrsNs 10, klilsgl-IlieM, ?egeiMs Xslkss!Wg - Bon A. dam 2 t s g e c w a l d, Ai. d. R. Aus Sem Kongress her christlichen Gewerkschaften in Dortmund Hot uni «onniag der ReichstogsabgeorS- ncte Siegerwald eine grohangolegte Re-e gehalten, die wir im folgenden wiedergebcn. Unser größtes Unglück in der Gegenwart ist nickst, wie meist angenommen wird, das; wir den größten aller Kriege in der Geschichte verloren hoben; weit bedeut samer ist die Tatsache, daß. als wir nach dem Zusammen bruch in der Welt vereinsamt di-standen, die Deutschen unter sich einen unfertigen Staat und die Welt ein innerlich Zerrissenes Pt a l k rorgefunden haben. Der deutschen Arbeiterschaft ist beim Zusammenbruch das deutsche Schicksal in die Hänge gespielt worden, und sie war nicht reis, um es zu gestalten. Sie war eben nicht darauf vorbereitet. Schuld an der Unreife der Arbeiter schaft war einmal der Sozialismus, der sie im Gegensatz zu Staat und Boik erzog. Schuld sind aber auch die herr schenden Schichten des alten Staates, die die Gesamtheit der Arbeiterschaft neben dem Staat ließen. Die Gelegen heit von 1818 ist verpaßt und mm gibt es keine andere Möglichkeit, als die Ueberbleibsel von dem, was der deut schen Arbeiterschaft in den letzten Jahren zugefallen ist. zu halten und von dieser Plattform aus in zäher Arbeit aufwärts zu steigen. Wo stehen wir heute als deutsches Volk und als deutsche Arbeiterschaft in der Welt und wie sieht es in Deutschland aus? Die deutsche Volks- und Weltwirtschaft befindet sich in einer ähnlichen Lage wie die englische. Auch wir haben nicht ausreichend Rohstoffe im Lande, um unsere mekr als 60 Millionen Menschen auf deutschem Boden ernäh ren zu können. Wir stehen heute nicht nur weltpolitisch, sondern auch weltwirtschaftlich und wirtschaftsvolitisch vor folgender Situation: Entweder es kommt ein wah rer Völkerbund zustande, der auf der ganzen Linie die militärische Abrüstung herbeiführt und andere Grund lagen für das Zusammenwirken der Völker und Staa ten und den gegenseitigen Güteraustausch schafft. Oder aber der deutsche Staat und die deutsche Wirtschaft stehen in kurzer Zeit vor einem Entweder—Oder; entweder Deutschland muß in absehbarer Zeit sich wieder stärkere reale Machtmittel zulegen, oder es muß sich in stärkerem Maße auf wirtschaftliche Autarkie cinrichten, es muß einen viel größeren Bruchteil seiner Bevölkerung auf heimatlichem Boden und unabhängig von der Weltwirtschaft, also in der Landwirtschaft zu ernähren suchen. Auch im Innern ist es momentan mit der deut schen Wirtschaft nicht gut bestellt. Krieg und Inflation haben starke Kapitalverwüstungen mit sich gebracht und die ehemaligen Kreditquellen des Landes verschüttet. Trotz unseres Elends sind in dem gegenseitigen Zusam menleben und Zusammenstehen des deutschen Volkes aus den Vorgängen des letzten Jahrzehnts noch nicht die not wendigen Folierungen gezogen worden. Wir haben, trotzdem wir von unseren ehemaligen Feinden reichlich schikaniert wurden, anstatt die Schuldfrage nach außen geschlossen abzulehnen, in starkem Maße die Kräfte ver braucht für den Kampf um die Schuldfrage im Innern. Daneben haben wir uns auseinandergesetzt um Republik oder Monarchie, um Schwarz-weiß-rot oder Schwarz-rot- gold, um vaterländische Verbände oder Reichsbanner. Der Streit um die Staatsform war im Hinblick auf Deutschlands Geschichte in den letzten Jahren in starkem Maße eine konfessionelle Frage. In Preußen gibt es starke Strömungen für die evangelischen Hohenzollern, in Bayern für die katholischen Wittelsbacher; in Preußen gibt es wenig katholische Hohenzollern-Monarchisten, in Bayern wenig evangelische Wittelsbacher-Monarchisten. In den letzten Jahren bin ich persönlich stark in den politischen Streit hineingezogen worden. Meine politische und gewerkschaftliche Einstellung in den letzten Jahren läßt sich in drei Sätzen zusammenfassen. Ich wollte: 1. Von Deutschland unter allen Umständen das Chaos, den Bürgerkrieg, ferngehalten wissen. Die größten Gefahren für den Bürgerkrieg bestanden in den letzten Jahren nicht von links, sondern von rechts, und diese mußten gebannt werden. 2. Früher hat man die Sozialdemokratie gegen den Staat aufwachsen lassen. Sollte jetzt, nachdem die Kräfte von rechts so stark wa ren, man in den gleichen Fehler gegen rechts verfallen? Dolkspolitisch denken heißt, alle vositiv wollenden Kräfte an den Staat binden. 3. Wollte ich über die politisch un ruhigste aller Zeiten die christliche Gewerkschaftsbewe gung geschlossen herübergerettet wissen. In per Vor- - Die 11. Tagung -er christlichen Gewerkschaslsn — NsLen vvn Slegerum!-, Imbusch und OLle Dortmund, 19. April. Der 11. Kongreß des Gesamtverbandes der Christlichen Gewerkschaften Deutschlands trat am Sonnabend unter über aus großer Beteiligung in Dortmund zusammen. Sämtliche Gruppen des seit der Vorkriegszeit ganz außerordentlich stark angomachsencn und vor allen Dingen auch innerlich gekräsliglen Verbandes waren vertreten. Auch die internationalen Schwester- uerbänüe hatten Vertreter entsandt, so Oesterreich, Tscheche slowakei. Holland und andere, die auch in der Begrüßung nach der Eröffnung des Kongresses durch den ersten Vorsitzenden Ministerpräsident a. D. und Reichstagsabgeordneten Steger- wald das Wort ergriffen. Als Vertreter des Internationalen Arbeitsamtes in Genf sprach der Referent für Christliche Ge werkschaften im Internationalen Arbeitsamt Hensoler-Genf. Unter den zahlreichen Begrüßungsansprachen fanden beson dere Beachtung die bedeutsamen Ausführungen des früheren Fühlers des Katholischen Volksvereins Dr. Pieper, des ältesten Bannerträgers der christlichen Arbeitervereins- und Ge werkschaftsbewegung, der mit Recht seiner Freude über den Erfolg des Schaffens der Christlichen Gewerkschaften Ausdruck gab. Für den Gesamtverband der Angestellten sprach der Neichs- tagsabgeordnete Thiel, sür den Gesamtverband der Veamten- Gewerkschasten der Landtagsabgeordnste Hubert Gast. Für die Gesellschaft für Sozialrcform überbrachte Exzellenz von Nosti tz den Gruß an den Kongreß. Neichstagsabgeordncter Mumm sprach sür den Kirchüchsozialen Bund, Mons. Walte rbach- München sür den Kartcllvcrband der katholischen Arbeiter vereine Deutschlands; ferner Fräulein Katharina Müller- Berlin als Vertreterin sür die Arbeitsgemeinschaft deutscher Frouenberufsnerüünöe. Bei der Bildung des Büros wurden als Vorsitzende gewühlt: Ministerpräsident a. D. und Reichstagsabgeordneter Stege rwald, Neichstagsabgeordneter Behrens, Reichs tagsabgeordneter Wieder und der Führer des Lcdcrarbeiler- verbanöes Kurtschei d. Ten Bericht des Ausschusses des Gesamtverbandes der Christlichen Gewerkschaften erstattete der Generalsekretär Otte, Berlin. Er konnte die erfreuliche Feststellung machen, daß trotz aller Schwierigkeiten die Christlichen Gewerkschaften heute mehr als den doppcftcn Bestand von 1918 erreicht haben. Weiter führte Otte aus: Tie Frage der beruflichen und sachlichen Schulung ist sür die Gewerkschaftsbewegung außerordentlich wichtig, müssen wir »ns doch Sen Weltmarkt zu einem guten Teil durch Qualitätsarbeit wieder zurücherobern. Auf dem Gebiete der beruflichen und sachlichen Schulung leisten eine Reihe unserer Verbände sehr gute Arbeit. 'Aach Beendigung der Inflations zeit haben sowohl der Gesamtverbanü als auch die dem Gs- samtverband ougcschlossencn Verbände ihre Organisations- und Lerbanüseinrichtunge» innerlich mehr ausgebaut. Verhindert werden muß. daß politische oder vaterländische Organisationen auf das gewerkschaftliche Gebiet überzugreifen suchen, lieber das Verhälinis des Zeniralocrbandcs der Landarbeiter zu den übrigen Verbänden und zum Gesamwerband ebenfalls einige Bewerbungen: Es ist in den letzten Jahren nicht überall in ent sprechendem Maße berücksichtigt worden, daß ein Landarbeiter verband unter anderen Voraussetzungen arbeiten muß, als die meisten übrigen Verbände. Ten'konfessionellen Standes- und Iugendvereinen wollen wir treue Weggenossen in der Zukunst sein wie in vergangenen Jahren: diese Bundesgenossenschast soll sich praktisch in gemeinsamer Arbeit miteinander und für einander äußern. — Auf eine Einrichtung der christlichen Arbei terschaft. die ebenfalls in die Zeit nach dem Essener Kongreß fällt, möchte ich noch Hinweisen, nämlich auf den Zentralwohl- fahrlsausschnß der christlichen Arbeiterschaft. Ihm gehören an: der Gesamtverband der Christlichen Gewerkschaften, die evan gelischen und katholischen Arbeitervereine, die katholischen Ge- sellenvereine und der evangelische Ar'beiterinnenverein. Der Zeiftralwohlsahrtsausschuß ist vor allen Dingen auch geboren aus dem Gedanken, daß die Arbeiterschaft selbst Liebesdienst tun soll und muß an ihren eigenen Siandesangchörigen. Nachdem der Arbciterstaud als glcic! berechtigter Stand eingereiht ist in Staat und Gesellschaft, kann und will er die Betreuung seiner Standcsangehörigen nicht allein anderen überlassen. (Fortsetzung siehe Seite 2!) Kriegszeit war die ganze Atmosphäre gegen uns lind heute steht fest, an der Verhinderung des restlosen Chaos in Deutschland entfällt auf die christlichc Gewerk schaftsbewegung ein größeres Verdienst, als auf die meisten politischen Parteien. Und diese Bewegung steht nicht am Ende, sie steht vielmehr nach den neuzeit lichen Verhältnissen und im Hinblick auf die in Deutsch land herrschende Kleingeisterei am Anfänge ihrer großen historischen Mission für Christentum, Arbeiterschaft, Volk und Staat. Im Hinblick auf die Aufgaben, vor denen die deutsche Arbeiterschaft in den nächsten Jahren und Jahr zehnten steht, haben wir von folgenden Tatsachen auszu gehen: 1. Die Arbeiterschaft stellt die jüngste Schicht im Volks-, Gesellschafts- und Staatsorganismus dar. 2. Es liegt die absolute Notwendigkeit vor, daß das deutsche Volk imganzenden Weg zur nationalen Volkseinheit und zum Staat findet. Der Platz der Arbeiterschaft im Staats und Gesellschaftsorganismus ist noch umstritten. Der Weg zur nationalen Volkseinheit und zum Staate ist für viele, insbesondere auch für die sozialistische Ar beiterschaft noch umnebelt, und zwar einmal durch die internationale Klassenideologie, in deren Vorstel lungswelt sie ausgewachsen ist, dann durch die materia listisch-mechanistische Auffassung, die davon ansgeht, daß der Fortschritt der Menschheit lediglich von materiellen Triebkräften bestimmt werde. Schließlich ist der Weg zu Volk und Staat den sozialistischen Massen auch dadurch umnebelt, daß sie Staat und Wirtschaft in erster Linie als Verteilungsorganisation ansehen, an die die Arbei terschaft nur Forderungen zu stellen habe, ohne sich aus reichend Kopfzerbrechen darüber zu machen, wie auch Staat und Wirtschaft zu größtmöglicher Leistungs fähigkeit gebracht werden können. Mit dieser Einstel lung wird der Arbeiterschaft, der jüngsten Gesellschafts schicht niemals die Führung in Staat und Volk Aufallen. Auf der anderen Seite ist das deutsche Bürgertum im ganzen, von Ausnahmen abgesehen, ebenso materia listisch und einzelegoistisch eingssftellt wie die Sozial demokratie. Hier ist der Platz der ch ichen Arbeiter schaft. Sie steht zwischen de- vom kapitalistischen Geist einerseits und den von der sozialistischen Idee an dererseits beherrschten Volksgruppen. Die christliche Ar beiterschaft hat sich gegenühixr den soziaUstischen 2kbei- terinassen den Glauben an das geistige Prinzip an eine geistgeleitete und geistbeherrschende Weltordnung be wahrt. Sie ist gegenüber dem besitzenden Bürgertum durch ihre Besitzlosigkeit vor einer Materialisierung be wahrt geblieben. Gerade in ihrer Gläubigkeit, in ihrem positiven Christentum, das am stärksten gemeinschafts- bindend wirkt, liegen die Kräfte zur weiteren volkspoli tischen Denkweise. Nus dieser Einstellung heraus stehen wir vor zwei- großen Aufgaben allgemeiner Art. Wir müssen 1. zu einer universellenDenk weise emporwachsen, an Stelle der engen Betrachtung der Dinge, in der das deutsche Volk in allen seinen Schichten ausgewachsen ist. Wir müssen 2. zu einer positiven Einstellung zu allen gesunden Lebensäußerungen kommen, die das Volk vorwärts und aufwärts zu brin gen geeignet sind. Es kann keine Meinungsverschiedenheit darüber geben, daß an der Rentabilität der Wirtschaft Arbeit geber und Arbeitnehmer gleichmäßig interessiert sind. Lediglich über die zur Rentabilität führen Mittel und Wege, können Meinungsverschiedenheiten hervortreten. Und da habe ich an die Adresse des Unterneh mertums folgendes zu sagen: Mit den einfachsten Mitteln, mit denen heute noch viele Unternehmer glau- den, die Dinge meistern zu können, nämlich mit möglichst langer Arbeitszeit, mit möglichst niedrigen Löhnen, unst mit dem Geist, mit dem das alte Regime gearbeitet hat, wonach der eine willkürlich zu befehlen und der ander blind zu gehorchen hat, ist die deutsche Wirtschaft nicht wieder aufzubauen und rentabel zu gestalten. Was für den deutschen Wiederaufbau vor allem notwendig ist, ist m. E. dreierlei: 1. Deutschland braucht eine leistungs- fähige Landwirtschaft, um. neben ihrer volks» politischen Bedeutung, die 3 Milliarden Mark an Lebens» Mitteln, die wir gegenwärtig jährlich vom Ausland ein führen. wesentlich zu verringern und um die deutschen Industriegüter in starkem Maße abnehmen zu können. 2. Deutschland braucht zum Konsum der Agrarerzeugnisse zur weiteren Belebung des Innenmarktes und zur Her» stellung von Qualitätswaren eine gutbezahlte Ar beiterschaft. Eine Oualitätsindustrie kann für den Weltmarkt gar nicht herausgearbeitet und entwickelt werden ohne starken Mutterbodcn und Absatz im In land. 3. Deutschland braucht im Vergleich zu früher ein von Grund auf anderes Verhältnis zwischen Ar beitgebern und Arbeitnehmer. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen gemeinschaftlich bestrebt und. i