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Nummer 199 — 25. Kmol rvoch. Bezugspreis für Sei'lbr. 3.00.1t c'i.scht Bestellqelo. «nzeigenpreise: Die lgesv. Pslitzeile »II4, Leellengesuche 20 .Z. Di« Petiireklamezeild -v Alilli« !N«l«r breii. 1 Offertengebühren iur SelvOck inner SO bei Ueberienbung üurch Sie Post uaßir^cin . Ilartcnulckilag. Einzel-Otr 10 Sonniags-Nr 15 H. 'geschäftlicher Teil: L Hilledrand in Dresden Frertaq. 3. ScpB Im Falle höherer K -na'- erlischt jede «lf Lieferuna '-w ' ' Io. «nzeio tt. Srisiunl r> s- » uabeull rvl üderw »' übernehmen wir kein« antwkn-.inn » e »m emgesandte u. m. Rückp nick! verteilen« M-i , irivte werS. nicht mifbewahr Sprechstunde der Redaktion L—3 Uhr nock H-ruptschriftlett.: Tr. o Irszeliung n i.it I'...e. ^ rurl ,;nd Verlag: Lciroma- Un li^-rurki" ^ r VH.. Lrcsdcn.u. l. PoUerstras'.e 17. r-H" 12. t1re"oiuo Dresden 11797 Bnuttoiito Dresdner Bank, Dresden Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen Bolk»,ettuna DreSdeii-AItsladt 1. Polierstratze l7. Fernrni AMI und INVlL ASolkenbrüche und Ueberschwemmungen — Der Postzug Valencia-Barcelona entgleist, 24 Tote — 3V Todesopfer eines Wirbetskurmes über Barcelona — Unwetter auch in Frankreich Porträts französischer Staatsmänner ii. Line gewisse Geistesverwandtschaft mitBriand be sitz Loucheur. Ist Briand der Mann, der alles ver steht, der alle Dinge in Ordnung bringt, der geniale Jong leur, so ist Loucheur der ewige Optimist. Gern ver gleicht man ihn mit einem Kaleidoskop. Denn dies ist das Symbol des Optimismus. Und Loucheur ist Optimist. Dies ist seine Tugend, seine Stärke und sein Verdienst. Wenn er nicht immer die Wahrheit sagt, dann lügt er we nigstens nicht, denn er meint das, was er sagt, in dem Augenblick, wo er es sagt. Schwierigkeiten gibt es für ihn keine. Er macht mit allem sein Geschäft. Er ver stand es ebenso Briand zu bezaubern wie den Tiger Cle- menceau. Er beweist alles, Zahlen in den Händen. Er ist sicher, überzeugend, bestärkend. Er läszt keinen Zwei fel aufkommen, denn er reißt mit sich fort. Er erleuchtet weniger als daß er blendet. Man wird blind, man folgt ihm mit geschlossenen Augen, man kauft die Katze iu der Tesche. Im Augenblick hat Loucheur immer recht. Den noch sind seine Beweisführungen auf Zahlen gestützt. Und Zahlen ändern sich nicht. Und doch läßt er sie heute fast das Gegenteil von dem sagen, was er aus ihnen vor sechs Aionaten bewies. Für ihn sind die Zahlen nicht kalt und tot, sondern lebendig und geschmeidig. Er weiß mit ihnen zu jonglieren, er weiß sie zu handhaben mit Finesse und Delikatesse. Aber er interessiert sich nur für Milli onen und Milliarden. Dies entspricht seiner Einbildungs kraft, die den Geschmack des Großen hat. Er ist kein Rechner, er ist ein Dichter. — Loucheur versteift sich nie mals. Andre Tardien, der am Versailler Vertrag mit gearbeitet hat. hält sich krampfhaft an den Vertrag, an sei nen Text und an seine Zahlen. Er bildet für ihn das Gesetz und die Propheten. Loucheur, der nicht weniger als Tardien mitgearbeitet hat, weiß sehr wohl, daß der Ver trag nicht vollkommen ist. Selbstverständlich muß „Deutsch land bezahlen". Aber nun beweist er mit Eleganz, daß es politisch klug ist, weniger zu fordern oder zum min desten unter einer anderen Form zu fordern. Loucheur täuscht nicht. Er läßt die Ware gelten. Ein Industrieller sagte von ihm: „Er ist kein Ingenieur, auch kein Organi sator und kein Führer, er ist ein Verkäufer." Er ist nicht so wankelmütig, wie seine Gegner behaupten. Er ist unterschiedlich. Er ändert sich nicht, aber er paßt sich an. Ein ganz eigenartiger Politiker, durchaus einmalig und ohne jede Parallele, ist Leon Blum, Sozialisten führer, ehemals dramatischer Kritiker und Essayist. Man hat von ihm geschrieben, er sei verweichlicht, und das ist nicht wahr. Wohl aber besitzt er frauenhafte Zartheit und Weichheit. Von der Frau hat er die physische Schwäche, und wie für die Frau ist diese Schwäche seine Stärke. Er bedient sich ihrer, ohne daß er es will. Von der Frau hat er weiter den Zauber und den Geschmack des Zau bers. Die sozialistischen Kongresse sind im allgemeinen keine Vorbilder des Anstandes und der Höflichkeit. Aber wenn Leon Blum erscheint, ist alles wie umgewandelt, und wenn er redet, hört alles lautlos zu, denn man weiß, er hat eine sehr schwache Stimme. Und Leon Blum redet wie ein Prophet des Alten Testaments Die wildesten Gegner werden unte r dem Eindruck seiner Rede weich und lenksam, und er versteht sie unvermutet auf den Punkt sestzulegen, wo er sie haben will. Leon Blum ist kein Mann der Schroffheiten. Immer bleibt er höflich und sucht zu überzeugen. Er tut niemanden etwas zu Leide und will alle Menschen glücklich sehen. Wenn Sozialis mus Brüderlichkeit bedeutet, ist Leon Blum ein wahrer Sozialist. — Leon Blum ist Jude, und dies ist nicht ledig lich eine Tatsache. Er gehört zu jenen jüdischen Intellek tuellen, die ihre Freude finden im Kommentieren der Texte, in ihrer Auslegung und in der Dialektik, und die sich darin auszeichnen. Man findet bei ihm dieselbe pein liche Sorge, seine Handlungen in Einklang zu bringen mit dem Gesetz, Entscheidungen durch einen geheiligten Text zu rechtfertigen und mit diesem ängstlich zu versöh nen. Leon Blum ist kaum eiu wahrer Revolutionär. Es lebt in ihm etwas vom Hauch des Propheten Jeremias. Eine ewige Unruhe hält ihn in Spannung. Er mahnt und klagt, er kündet und weint. Persönliche Unglücksfälle be rühren ihn wenig, erlittenes Unrecht vergißt er. Aber er beweint die Zwistigkeiten in der Partei und die politischen Kompromisse, die die Reinheit der Lehren verfälschen, er ist untröstlich über die menschliche Dummheit und die Ge fahren der Zukunft. Er besteigt mutig hohe Berge, aber rr setzt sie nicht in Bewegung. Er zeigt den Menschen die Wegrichtung, aber er reißt sie nicht mit sich fort. Er zeigt chnen die Abgründe, aber er beherrscht nicht ihren Weg. Seine Rolle in der Partei ist weniger die eines Führers als die einer Cassandra. Es lebt in ihm etwas wie eine heitere Verzweiflung, eine traurige Resignation, niemals das erreichte Ideal zu schauen. Eine mehr komische Figur macht der frühere franzö- silche Unterrichtsminister Francois Albert, derselbe Paris, 2. September. Furchtbare Unwetter werden ans Spanien gemeldet. In Katalonien I,abcn die wölken brucharti» gen Ncgengü,,c der letzten Ta»« alle Gewässer mäch tig anichwellen lassen, weite Strecken sind überschwemmt. Mensche» nnd Bieh wnrdcn von den Flute» fortgerissen. Die Eisenbahndämmc sind an vielen Stellen nntcrspiilt. Ter Po stz u g Bolen eia — Barcelona ist gestern nachmittag in der Nähe von Tortosa entgleist. In folge eines Erdrutsches, der durch die Uuterspülung des Dammes hcrvorgernfrn war, hatten sich die Gleise plötz lich gesenkt. 17 Personen fanden de» Tod, 30 sind zum Teil erheblich verletzt worden. Nähere Einzelheiten fehle» noch. Nach den neuesten Telegrammen hat die Zugskata- strovhe bei Tortoia sogar noch größeren Umfang, als man. zuerst überjehcn konnte. Es sind bisher 24 Töte nnd 38 Verwundete festgcstellt worden. In der Umgebung von Barcelona hat ein Wirbel- sturm, der gestern abend dort niederging, furchtbare Ber- wiistungcn angerichtet. Zahlreiche Häuser wurden znm Ein sturz gebracht oder abgcd-ikt. Dem Orkan find, soweit Vislscr festgestellt werde» konnte, 3« Menschen zum Opfer gefallen. lieber die Verheerungen des Unwetters in breiten Ge bieten des Landes werden noch folgende Einzelheiten be kannt: Ein Industrieller aus Barcelona, der eine Autofahrt mit seiner Familie unternahm, wurde vom Unwetter über- rajcht. Das Automobil geriet ins Gleiten und überschlug sich. Alle Insassen des Autos wurden getötet. In der Ort schaft Santa Alobio verursachte das Eindringen der Wasscrmengen in eine Fabrik eine schwer« Erplosiön, wo bei drei Arbeiter getötet und 10 schwer verletzt wurden. In der Provinz Al'meria wurden 8 Personen getötet, 5 schwer verletzt. In Malaga zählt man ö Tote und 18 Verwundete, die teils durch Blitzschlag getroffen wurden. Mr. Francois Albert, der bei der Völkerbundstogung in Genf im Herbst 1024 die kraftvollen Worte in die Welt hinausposaunte: „Ich bin der Minister des öffentlichen Unterrichts nnd dies will heißen: der Minister der Ju gend. der Minister der Zukunft!" Francois Albert ist ein merkwürdiger Kauz. Er ist ganz klein, entschieden schlecht gekleidet und ein dichter blonder Schnurrbart be deckt seine Oberlippe. Er ist ein regelrechter Bauer und durchaus nicht wählerisch in seinen Ausdrücken. Indessen entbehrt er nicht der Schlauheit. Er ist sogar pfiffig. In den blauen Augen seines geneigten Kopfes liegt mehr Bosheit als Zynismus. Seiner Derbheit befleißigt er sich ebenso wie er seine Uneleganz sorgsam behütet. Es gibt heute in Frankreich nicht e>nen Schneider mehr, der ihm seine Anzüge anders machen, dürfte, als auf seine aus drücklichste und genaueste Instruktion. Er gleicht in sei nem hohen Hute ein wenig Lloyd George: nur besitzt er weniger Ungeniertheit. So rustikal ist nun ein Lloyd Gev'ge doch nicht. Francois Albert ist ein Bauer, aber ein Zivilisierter. Er hat Bildung. Er ist ans der ecole normale gewesen. Man findet bei ihm dieselbe merk würdige Mischung von Ernst und Lausbnberei, wie man sie bei diesen Schülern während ihres Schnlaufenthaltes oft antrislt: eine köstliche Anwlgamiierung von Schalkheit nnd ernstem Wissen. Vom Bauer hat er eine von dessen größten Eigenschaften: die Hartnäckigkeit. Er ist ein ganz zäher Dickkapf. Als Mitarbeiter von Elemenceau ver krachte er sich bald mit diesem. Denn dieser Francois Albert ist Keine Lakaienseele. Solche braucht aber Cle- msnceau. Francois Albert hat eine sehr hohe Stimme, die aber mehr komisch als sarkastisch klingt. Die Hälfte seiner Worte verschluckt er nicht minder als die Hälfte sei ner Gedanken. Aber er läßt sich nickt eiiUchüchtern: er hat Energie, so klein er auch ist. Alle frannzösischen Staatsmänner sind nickt sonderlich groß, aber so etwas wie Francois Albert sieht man nun doch nicht so bald. Er ist maßlos klein. Aber er hat nachqedacht über die Philo sophie der Politik. Er weiß z. B. von seinem alten Schutzherrn Elemenceau, daß Unpopularität die Rückkehr zur Popularität nicht hindert, ja diese sogar oft vorberei tet. Er ist seiner Sache immer sicher. Er bat sogar Ueber- zeugungen. Und schließlich: er hat etwas, was sicherlich nicht alle haben, die ihn schon verspottet oder ihm je eine Katzenmusik gegeben haben: er hat Rasse. Ganz einzig steht in dieser Galerie französischer Poli tiker Andre Maginot da. Der Verfasser des zu Eingang dieser Artikelreihe erwähnten Buches weiß von ihm buchstäblich nur drei Worte zu berichten, nämlich: „Sergent. Den metres." (Sergent und zwei Meter groß) — Womit Maginot in den Augen des Franzosen treulich charakterisier in In der Ortschaft Mora zählt man 7 Tote und 60 Verwun dete. In Cordoba war das Gewitter so heftig, daß sich Frauen und Kinder in die Kirche flüchteten. 4 Personen wurden durch Blitzschlag getötet. Die angeschwollenen Flüsse führen zahlreiche Tierlcichen nnd Möbelstücke mit sich. Der Schaven wird auf viele Millionen Peseten iieschätzt. O Paris, 2. September. Aus verschiedenen Teilen F r a n k> reichs sind G e w i t t er st ü r m e von ungewöhnlicher Hef tigkeit gemeldet worden. In Cherbourg wurden tiefer gelegene Stadtteile in kurzer Zeit überschwemmt. Der Straßenbahnverkehr und die Stromversorgung find unter brochen. In Nngoulcme u>ld Perpignan find die Keller der Häuser zum großen Teil überschwemmt und sonstige Ver heerungen angerichtet worden. Neue Er-sMe au? den Azoren London, 2. September. Auf den Azoren waren gestern neue Erderschülterungen zu verzeichnen. Dabei wurden wieder zehn Personen getötet und 200 verletzt. In .Horta wurden Hun derte von Häusern vollständig zerstört. Schweres Brandunglück in Neuyvrk Nentzork, 2. September. Aufregende Szenen ereig neten sich gestern früh, als im untere» Stockwerk eines von Negern bewohnten fünfstöckigen Gebäudes Feuer ausbrach, durch das allen darüber Wohnenden die Rcttuiig unmöglich gemacht wurde. Ein tiefer Graben, der vor dem Gebäude wegen des Baues einer Untcrgrundbahustrecke ausgehoben war, hinderte die Feuerwehrleute an dieser Seite ihre Lei tern anzulegcn. Viele Neger sprangen aus den Fenstern und erlitten zum Teil schwere Verletzungen. Fünf Leichen wurden unter den Trümmern hcrborgezogcn. Eine Person wird vermißt. Dw Tagung der -eulschen FrMOrieüsn Dresden, den 2. September. Am morgigen Freitag beginnt hier in Dresden du Iahrestagung des Reichsverbandes der deutschen Indu strie. Am Freitag vormittag tagt in Dresden der Haupt- ausschnß des Reichsverbandes nnd am Nachmittag be ginnt im Vereinshause, Zinzendorfstraße. die große Mit gliederversammlung, die am Sonnabend fort gesetzt wTi , Außer den Vertretern der Industrie werden hier Reichsfinanzminister Dr. Reinhold und Reichs- anßenminister Dr. Stresemann sprechen. Auch der Reichswirtschaftsminister Dr. Curtins wird anwesend sein. Tie Ministerreden werden auch durch Rundfunk verbreitet werden. Am Freitag nachmittag vor der Mitgliederversamm lung findet im neuen Rathausc ein Empfang durch die städtischen Körperschaften statt. Am Sonnabend fin det die Tagung mit einem Dampferausflug nach der Basttzl ihren Abschluß. Den Auftakt zur Tagung bildet der heutige Besuch des Präsidiums des Verbandes und des Hauptausichusses ans der Leipziger Messe. Am Vormittag wurden die Gäste in der alten Handelsbörse durch den Vorstand des Leipziger Metzamtes Dr. Raimund Köhler offiziell be grüßt. In seiner Ansprache wies er darauf hin, daß die Herbstmesse mitten in eine schwere wirtschaftliche Depres sion falle, die natürlich nicht ohne Einfluß auf die Aus steller- und Besucherzahl der Messe sei. Leipzig sei und bleibe jedoch bei weitem doch dis größte Messe dei Welt, nicht nur nach der Ausstellerzahl, sondern beson ders auch nach der vermieteten AuSstellnngsfläche, die über 1.10 000 Quadratmeter weit hinausgehe. Er wies weiter darauf hin, daß das Meßamt eine Gründung der deutschen Industrie sei und schilderte den Auf gabenkreis des Meßamtes, das vor allem Einkäuferpropa ganda im Auslande treibe. Zahlreiche dem Reichsverband der deutschen Industrie angeschlossene Verbände hätten au) die Beteiligung ihrer Industrie an der Messe einen bestim menden Einfluß. Hauptsächlich verdanke die technisch« Messe ihre Entstehung und Ausdehnung geradezu de, Zusammenarbeit mit den Verbänden. Eine solche finde aber auch auf der Mustermesse statt. Dr. Köhler wies zum Schluß darauf hin, daß zahlreiche dem Reichsverband an» geschlossene Verbünde durch ihre zuständigen Organe sich mehr oder weniger sür den auss^lieklichen Besuch dä Leivriaer Messe ausgesprochen.hätte» »V