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Sächsische Volkszeitung : 07.08.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-08-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192608079
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19260807
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19260807
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-08
- Tag 1926-08-07
-
Monat
1926-08
-
Jahr
1926
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 07.08.1926
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San aKend, 7. -Äugust Die Meki der Lrau Nr. l76. Seite 7 Beobachte! eure Kinder! Wir man Vrgabnni, und Intelligenz erkennt. Es ist ein großer Fehler, der so oft von den Eltern mgaiigen wird, daß sie sich erst mit der Berufswahl ihrer Kuder befassen, kurz bevor diese aus der Schule ent lasten werden. Häufig wird dann ein Beruf gewählt, der den Kinder» gar nicht besonders erreichenswerr erscheint, der aber bessere Bezahlung und müheloseres Fortkommen sichert. Sollte nicht lieber die Mu:ter ihre Kinder schon in den ersten Lebensjahren und später während der Schul zeil beobachten, um herauszubekommen, wozu die Kinder die meist.' Neigung und Fähigkeit haben'? Es ist doch immer das alte Lied: wozu der Mensch Talent hat. das versucht er i'cher einmal; selbst dann, wenn ihm aus finanziellen oder a' .' eu Bränden nicht die Möglichkeit gegeben ist, ausjchl.eßlich seinen Neigungen zu leben. Tie Mutter hat in den ersten Jahren Gelegenheit, ihre Kinder beim Spiel zu beobachten. Aber auch bei die sem Veobachren werden leicht Fehler gemaust, Sp eft ein kleiner Junge mit Eisenbahnwagen, Autos uftv., so wird oft behauptet und vermutet, daß darin eine rechu iche Neigung oder vielleicht sogar eine Begabung zur Technik ruhe. Das braucht nicht richtig zu sein. Es kommt nicht nur auf den Gegenstand an. mit dem sich das Kind bcschitftigt, sondern vor allem darauf, was dem Kstid als Spielerlebnis bleibt. Der eine Bube wird Freude daran haben, daß diese oder jene Schaltvorr'chtung bei der Eisenbahn wirklich funktioniert, der zweite wird einen Zusammenstoß mit blonderer Freude arrangieren, weil er Spannung und Sensation haben will und der dritte wird den tüchtigen, gewissenhaften Bahnhofsvorsteher spielen, :n dem sich der kleine Organisator zeigt. Technisch wird die Beschäftigung mit Eisenbahnen und Autos doch Wohl erst dann, wenn dem Kinde tatsächlich daran liegt, daß diese oder jene Signalstange auch wirklich funktioniert, daß sich diese oder jene Schranke rechtzeitig schließt und öffnet. Man wird vielleicht sagen, daß diese Beobachtungen nicht so ganz leicht sind; sicher nicht. Aber irgendwann zeigen sich die typischen Einstellungen des Kindes doch. Eines Tages wird der Junge wohl davon reden, daß er mit dem Kran gar nicht mehr zufrieden ist, weil er nicht sorgiältig arbeitet usw. Hierzu kommt noch, daß wir bei den Kindern, selbst wenn sie sich mit scheinbar entgegengesetzte» Dingen befasien, immer wieder auf dieselbe Einstellung stoßen. Aber noch mehr zeigt das Spiel der Kinder: es zeigt beim Mädchen sowohl wie beim Jungen, ob er sich gern von anderen belehren läßt und nach Anweisungen die ses oder jenes so macht oder ob er mehr Freude daran hat, selbst seiir Glück zu versuchen und seine Spielkameraden zu befehligen. Bereits in den ersten Lebensjahren macht es sich bemerkbar, ob das Kind das Zeug in sich fühlt, zu führen oder ob es gelenkt sein will. Merkwürdig ist da bei, daß die Spielgenossen durchaus Verständnis dafür haben. Das eine Kind führt und — alle anderen finden es selbstverständlich, weil sie empfinden: Häuschen und Lieschen verstehen es besser als wir. Auch für die Intelligenz der Kinder gibt es oft kleine Merkmale. Nehmen wir an, ein kleines Mädchen hat viele, viele bunte Perlen, die sie aufziehen will. Wenn sie intellektuell gerichtet ist, wird es ihr nicht darauf ankommen, viel auf die Schnur zu bekommen, son dern entweder alle gleich aussehendcu Perlen zu finden oder nur ganz verschiedene zu nehmen usw. Das Praktisch ver anlagte Mädchen, wird dagegen nur bestrebt sein alle Per len zu erhaschen, um die Kette vielleicht doppelt oder drei fach zu machen. Wollen wir unsere Kinder auf ihre künstlerischen Fähigkeiten richtig prüfen, so finden wir auch hierfür manche Anhaltspunkte. Ein Kind, das zeich nerischen Blick und Begabung hat, wird sicher das erste beste Stück Papier nehmen und so bald es eine» Bleistift halten kann anfangs ungelenke Striche darauf fcslhalten. Ilnd aus diesen Strichen werden eines Tages Bilder seiner Spielsachen werden. Aber auch in der Anordnung seines Spielzeuges, in der Einrichtung einer Puppenstube oder in der Wahl eines Hauses, das nach dem Steinbaukasteu er richtet wird, zeigt sich der Geischmack. Und wie steht es mit der Musik? Ein musikalisch begabtes Kind wird doch hier oder dort jede Möglichkeit auszunutzen suchen, um auf einer fremden Geige, auf dem Klavier bei der Taute usw. zu klimpern. Und wenn es größer wird, wer den wir aus seinem Singen, seinem Nachsingen von mal gehörten Melodien deutlich heraushören, ob eine musi kalische Begabung vorhanden ist. Es gilt also nicht nur, mit den Kindern in den kehlen Schuljahren darüber zu spreche», was üe gerne werden möchten und was sich mit den wir'ftchaftlichen Verhältnissen wohl vereinbaren ließ. Es ist Aufgabe der Mutter, das Kstid vorher zu beobachten, um ihm dazu zil verhelfen, Talente auszubauen, Neigungen zu unter streichen und ihm häßliche Angewohnheiten, die für später entscheidend werden könnten, abzugewöhneu. Vielen Men schen wäre geholfen, wenn man ihnen schon in frühester Jugend gezeigt hätte, wo ihre Begabung liegt. T. Weth. Sommerlutt Da saßen sie wieder, die Wirtskinder, das Helle, krause Vronele und der Vinzenz, der schon harte, feste Bubenfäuste hatte, mit seinen süns Fahren. „Geht nur, geht", sagte jeden Morgen die übermüdete, blasse Frau, auf der die ganze Wirtsci>astslast des großen bäuerlich?" Gaschoses ruhte, jedes Mäulchen geschwind küssend. „Ach. es ist schwer mit den Kindern", seufzte sie dann unter "er Hausftire stehen" und ihnen jedesmal nachschauend, bis das Häuslein :m Sonnenstaub der Landstraße verschwunden war. Aber nun ivar d e Zenz da, und sie faßte die zwei anders am Wichel als die alle Magd, die sie sonst betreute. Ich freute mich immer, wenn ich sic sah. Ganz jung war sie und wen» die drei beim Spielen die Kopse zusammenstechten. da konnte man sie fast verwechseln, so ein gleicher Schein lag dann über ihnen. Aber bei der Zenz konnte das auf einmal verrinnen und etwas Festes und Sicheres wuchs dann schon aus dem kindlich bäuerlichen Gesicht heraus, und das hatte Macht über das ungebärdige Vro nele und auch über den noch ungebärdigeren Vinzenz. Wunsch Herr, wenn meine Liebe würde Ein Brunncuquell deines Lichts. Sie trüge der andern Bürde Wohl leuchtenden Angesichts. Sie würde mit segnenden Händen Zu weinenden Brüdern gehn. O könnte zu solchen Spenden Doch ineine Liebe erstehn! Joachim Samtlcben. Wie ich an die Bank kam, stand das Vronele und steckte Glockenblume» in den langen Tischspalt, eine an der andern und dazwischen immer einen wehenden Grashalm. Die ivarme unge wohnte Somnierluft bestrich ihn. die ivie eine sonst einschläfernde Glocke geworden war, die nur von den summenden Insekten noch ein wenig sang. Zenz hatte einen Strickstrumps herausge zogen und ich ein Buch. Das Vronele aber ivar über meinen Schoß hinuntergeklettert, denn es hatte einen Gang in die weite Welt zu tun. In einem. Eck dieser Welt saß der Vinzenz schon und warf aus einem Graben Steine heraus wie ein Bauer aus seinem Acker. Ader es gab ja Platz genug. Vorsichtig wich das Vronele aus. Ta husch, war eine große rote Ameise über seinen Schuh gekrochen. Wie es sich aber nach ihr bücken wollte, war sie schon wieder weg und Vronele konnte nicht begreifen, daß sich das Lüuferlein nicht wollte sangen lassen. „Vinzenz", ries es klagend den Bruder an, aber dann sah es auf einmal ein paar Margaritenstcrne in der grünen Wiese schwimmen, ließ die Ameise fahren und steuerte unverzüglich daraus zu. Und nun saß es im Gras, lieber die Spitzen weg slimnierte gerade noch sein blondes .Härlein aus. Wie cs nun aber die Aerm- lein ausstrcckte und eine Blume am Häuptlein sing und zu sich her ans Herz schloß und dann wieder eine und noch eine, selig vom Wunder der unsäglich weiten Welt, da ivar Zenz aus das Vronele zugesprungen und hatte es vom Boden aufgehoben, himmelhoch in die goldene Luft hinein . . . Aber dann kam ei» Schreck. Wie cs jetzt mit Mitteilsam keit über und über beladen sich durch das sonnenwirre Gras zu Vinzenz hinüberarbeiten wollte, da hatte der es umgestoßen. Man wußte nicht, ivar das Lust gewesen oder schon ein bißchen böse Bubenlaune. Zenz hatte ihm aber geschwind das tränen reiche Schnütchen vom Mund weggelacht uns nun winkle sie un!> wir gingen olle miteinander auf dem cotnadeiigen Wege in den Wald hinein. Vinzenz noch cm wenig hinter her. denn die Zenz hatte ihn vorhin mit einem gewaltigen Griff im Arm gehabt. „Soll ich dich jetzt so wie du bist zu deinem Italer hinunter tragen?" „Nein", hatte er gebrüllt. „Was dann?" lachte sie.' „Gar nichts laß mich los." Ta hatte sie ihn auch losgelassen und er ivar geschwind und gar nicht sanft ins Gras zu sitzen gekom men. Daran mußte er jetzt noch herum knacken wie an der prachtvollen Haselnuß, die er zwischen den Zähnen hatte. Wie dann aber das Dunkel immer geheimnisvoller wurde, je weiter es in den Wald hinein ging da hatte er die Zenz an der Hand gefaßt und der klopfte selber das Herz von dem grüngoldenem Schein aus jedem Ast und Gezweig Und nun war es ganz so daß man wie im Bilderbuch leichtlich einem weißen Reh!:Ii> hätte begegnen können oder einer braunen Wurzelmaus Sprang da nicht schon eine? Vinzenz schwang einen Zweig, daß sich kei ner fürchten brauchte und Vronele trug den Margaritenstern, den cs noch von der Wiese hafte, andächtig wie eine Kerze. Lau ter Märchen war jetzt alles ringsherum A. Ziegler Eine Mlich! Ser Vreiie In dem von Stefan Großmann herausgegebenen „Tage» buch" finden wir. im Anschluß an den bekannten Fall Gerlh folgende Betrachtung: „Gerlh, der zwei Frauen im „erotischen Rausche" getötet hat, gab bei der Vernehmung an daß er durch Lektüre dazu verleitet wurde. Es kann gar kein Zweifel bestehen, daß se xuelle Perversität, daß vor allem der Sadismus lehrbar ist. Sind dock) Fälle bekannt, wo in Internaten sein Korrelat, der Masochismus, durch einen saoistischen Lehrer einer großen An zahl von Schülern geradezu anerzogen wurde. Dies sind Tat sachen, die zur äußersten Vorsicht mahnen sollten. Um so mehr muß man sich wundern, daß ein großer Teil der Presse, und keineswegs bloß die sensationslüsterne, niit einer unglaublichen Skrupellosigkeit minutiös und in epischer Breite die Fälle kri minellen Sadismus behandelt. Das sind gerooezu Unter richtsbriefe im Sadismus. Gerth. der durch die Lektüre eines Buches, das in wenigen Händen ist. angesteckt worden war, verbreitete so durch das Medium der Presse den Anstek- kungsstofs an Tausende. Es gibt sür die Presse Gebiete, wo die Pflicht der Nachricht der des Verschweige ns weichen muß. Es ist nicht angängig, daß man auf der einen Seite das Abstoßende. Brutale aus den Kinos und Theatern verbann, und cs aus der anderen Seite jedem, der lesen kann, und zehn Pfen nige zahlt, bequem und gewissenlos serviert. Für die Zeitung aibt es keine „Jugendlichen unter 18 Jahren". Sie soll nicht prüde sein, nicht banausisch, keine Unsittlichkeitsichnüsslcrin. aber sie soll durch den natürlichen Takt des Lehrers davon abaebalten werden, ein Lehrbuch des Sadismus zu sein und „1000 Worte Tortur" zu vertreiben." Dem wird man nur zuslimmen können. Was nützt cs. Schmutz und Schund gesetzlich zu bekämpfen, wenn eine gewisse Presse tagtäglich mit epischer Breite die traurigsten Kapitel sitt licher Verfehlungen schildert? Es wäre unseres Erachtens eine der vornehmsten Pflichten der berufenen Verleger- und Redak- teurorganisationen, sich mit dieser Frage ernstlich zu belassen und ftir die Abstellung eines groben Unfuges zu sorgen, der der Mo ral unseres Volkes ebenso abträglich ist wie dem Ansehen der deutschen Presse selbst „Sk. Anna" in Söhre (Erholungsheim KDZ. Hildesheil», Hannover) ist von kulturfreudigen, katholischen, deutschen Hausfrauen ge schaffen. vorerst leider nur für zehn Gäste! Es ist alles so sauber und licht, froh und schlicht, daß Kummer, Krankheit und Not weichen müssen, wenn die abgehetzten, abgehärmten Frauen und Mütter sich stärken durch medizinale Bäder, durch Ruhe im schal- tigen Garten, der sonnigen Obslwiese beim .Hause in der Orftckwft oder im Walde in 15 Minuten Entfernung. Das Heim will för dern, was das Heim zum Heim macht, will ein Stücklein Heim jenen schenken und fühlen machen, die Keines ihr eigen nennen. Heiinleitung: Herz Jesu Familienpilegerinnen. Anmeldungen und Geldspenden, Hudesbeim. Frau Rechtsanwalt Bormann, Domhof. Bezirkssekretariat Zingl 8. Tagespreis 3.— Alk., sür Mitglieder des Katholischen Frauenbundes und der Mütterveceinr 2.50 Mk. Das ganze Jahr geöffnet. Zstcleviftsus 2rekuelr«, Oas fütnencle ftlstis l« Sei k«Me r vrerclenL >k> Menschen, die sich und andern zur Gefahr werden Zur Frage des Bewahrungsgesetzes (Fortsetzung.) Frau Neuhaus hat jahrelang Material für ein Bewah- rungsgesctz gesammelt und dieses dann schon vor dem Kriege dem Allgemeinen Fürsorgeerziehuugstage unterbreitet. Der Allge meine Fürsorgeerziehungstag bezw. verschiedene seiner Mitglie der sind in Wort und Schrift ebenfalls für ein solches Gesetz eiu- getreten, ohne zunächst große Erfolge zu erzielen. Die Kriegs jahre bedeuteten hier auch eine Hemmung. Auf einer Tagung i» Frankfurt für Gefährdetenfürsorge und Sittlichkeiisgesetz- gebung im Jahre 1019 wurde der Gedanke eines Bewahrungs- gcsetzes erneut aufgegrisfen und ein erster Entwurf zu einem Bewahruugsgesetz veröffentlicht in Nr. 1 der Schriften des Deut schen Ausschusses für Gefährdetenfürsorge. Karlsruhe 1921. Er umsaßt zunächst noch einen sehr beschränkten Personenkreis. Die gleiche Beschränkung weist der erste Reichstagsentwurf aus, de» Frau Neuhaus, Trimborn, Marx und Genossen im März 1921 (Reichstagsdrucksache Nr. 1706) einbrachten. Der Gedanke an das Bewahrnngsgesetz war ader inzwi schen in die O e f f e n t l i ch k e i t gedrungen und >n weiten Kreise» behandelt worden. Viele interessierten sich für die in den ersten Entwürfen enthaltenen Forderungen. Einige der aus schlaggebendsten Persönlichkeiten gingen dabei aber von einem andere» Standpunkt aus als Frau Neuhaus. Ihnen lag daran, durch das Beivahrungsgesctz nicht nur Menschen zu ersoffen, die vor sich selbst geschützt werden sollten; sie wollten vor allen Din gen die Gesellschaft vor gemeinschädlichen und gemeingefährlichen Elementen schützen und forderten eine Bewahrung für gemein gefährliche Geisteskranke und Gewohnheitsverbrecher. Der Not wendigkeit der Bewahrung dieser letztgenannten Elemente kan» sich natürlich kein Vernünftiger verschließen. Eine andere Frage aber ist es, ob man die Bewahrung dieser gemeinschädlichen und gemeingefährlichen Elemente durch dasselbe Gesetz regelt wie die Veivabrung dieser harmloseren minderwertigen Vertanen, die in I erster Linie vor sich selber geschlitzt werden müssen. In ftirsor- , gerische» Kreise» ivar inan gegen die Regelung der Bewah rung sür diese verschiedenen Kategorien von Bewahrungsbedürf- tlgen durch ein einheitliches Gesetz. Man war dagegen, I > weil die gleich-eilige Erfassung der gemciiigesührlichen Geistes- I kranken und Gewohnheitsverbrecher die Anwendung dieses Ge setzes von vornherein diskreditiere» muß. Die Schützlinge der Fürsorge und ihre Angehörigen würden sich naturgemäß gegen eine Bewah' ll»g. die in gleicher Weise für Verbrecher angewandt wird, mit Händen und Füßen mehren. Zur Klärung dieser Frage und all der Probleme, die mit dem Bewahrungsgesetz verknüpft waren, hat der Deucsche Verein für össentliche und Prämie Fürsorge im Jahre 1922 eine beson dere Kommission gebildet. Nach langen und gründlichen Bera tungen einigte man sich i» dieser Kommission dahin, daß man sich bei den, Beivahrungsgesctz zunächst auf die Personen beschränken iv o I l e. die ans f ii r s o rg e r i s ch e n Gründen vor sich s e l b st g e s ch ii tz t werden sollen, daß man aber die Bewahrung gcineingesährlicher und gemein schädlicher Personen der Strafgesetzgebung und evtl, einein Reichsirrengesetz überlassen wolle. Der Entwurf zum neuen Strafgesetzbuch sicht in den 8Ü zz ff. bereits Bewohrungsmöglich- kciten sür geineinschädliche und gemeingefährliche Personen vor. Die Kommission hat dann den Entwurf zu einem Bewahruugs gesetz ausgearbeitet, der von Frau Neuhaus und Genossen als Initiativantrag dem Reichstag überreicht ist. Der 8 1 dieses Entwurfes bezeichnet den Kreis der Personen, die durch die Bewahrung erfaßt werden sollen, folgendermaßen: Eine Person über 18 Jahre, welche verwahrlost oder zu verwahrlosen droht, kann durch Beschluß des Vormund- sck)aftsgerichtes der Bewahrung überwiesen iverden, wenn a) dieser Zustand ans einer krankhaften oder außergewöhn lichen Willens- oder V e r st a n d c s s ch w ä ch c oder einer krankhasten oder außergewöhnlichen Stumpfheit des s'tt- lichen Empfindens beruht und b) keine andere Möglichkeit besteht, diesen Zustand der Gefährdung oder Verwahrlosung zu beheben. Der Entwurf des Deutschen Verbandes zur Förderung der Sittlichkeit will im Gegensatz zu diesem Entwurf alle erfassen, deren Bewahrung wünschenswert und notwendig ist. Der 8 i siebt »ai- daß in Bewahrung „ebracht werden kann' ' 1. wer geisteskrank ist: 2. wer geistesschwach ist, ivenn cs zur Verhütung seiner sittlichen oder körperlichen Verwahr losung oder im Interesse der öffenilichen Sicherheit erscuwer- lich ist: 3. wer infolge geistiger, körperlicher oder »wraiischer Mängel außerstande ist, sür sich und seine Angelegenheiten zu sorgen und der Verwahrlosung anheimsüllt, oder die S» cherheit anderer gefährdet. Dieser Entwurf sieht ferner in einem Abschnitt Ii folgend» Bestimmungen vor: Dem Neichsstrasgesetzbuch wird ein 8 51a ein- gefügt, der folgende Fassung erhält: Wird jemand sreigcsprochen oder außer Verfolgung gesetzt, weil die Begehung der Tat dir Voraussetzungen des 8 51 gegeben waren, so ordnet das Gericht seine Bewahrung an. Die Ausführung und Aushebung der Be- ivahrung bestimmt sich nach dein Reichsbewahrungsgesetz.*) Hier sind in der Tat die Gemeinschädlichen und Geineingefälirlichc» miterfaßt. Der größte Teil der sürsorgerisch am Bewahrungs gesetz Interessierten weist ans den oben bereits angesührleii Gründen ein derartig weit ausgedehntes Bewahrnngsgesetz ab. Er möchte die Beinahrung dieser Elemente durch andere Gesetze geregelt sehen. Bei diesem Entwurf ist aber auch die Fassung der Ziffer 3 recht ungünstig. Als Voraussetzung für die Bewahrung wird hier gefordert, daß der zu Beivahrende infolge der Mängel nicht nur der Verwahrlosung anheimfällt, sondern daß er auch imstande ist, für sich und seine Angelegenheiten zu sorgen. Wer die heu tige Entmündigungspraxis aus Grund von Geistesschwäche kennt, weiß, daß gerade diese Voraussetzung außerordentlich viel Schwierigkeiten macht. Ob jemand noch imstande ist, für sich und seine Angelegenheiten zu sorgen, hängt nach der heutigen Aus legung auch von de» Verhältnissen ab, in denen er lebt, nicht nur von seinem eigenen Zustande. (Schluß folgt.) *) 8 51 Str. G. B. sieht Straffreiheit sür geistig Unzurech nungsfähige vor. Das ist durckwus berechtigt. Es ist aber ebenso notwendig, die Menschheit vor solchen gefährlichen Elementen zu schützen. „Die Welt der Frau" erscheint unter Mtwirkuna des l Satkolischen Deutschen Frauenbundes
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