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Sächsische Volkszeitung : 07.08.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-08-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192608079
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19260807
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19260807
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-08
- Tag 1926-08-07
-
Monat
1926-08
-
Jahr
1926
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 07.08.1926
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«vonnaveno, den 7. Augu>t 1926 Nr. 176,- Seite 3 Radfahrer und Gürkner Das ist zunächst keine neu entdeckte Fabel von Lessing, ,onoern realste Wirklichkeit. Radfahrer und Gärtner geben sich in diesen Tagen in Sachsens Hauptstadt ein Stelldich ein. Abgesehen davon, daß mancher Gärtner auch Radfahrer ist, und daß umgekehrt wieder mancher Radfahrer die Rosen und die Gurken nicht entbehren möchte, haben die bei den Feste ja wenig miteinander zu tun. Auf der einen Seite eine ehrwürdige auf das Reich ausgedehnte große Zunft, auf der anderen der Sportklub. Fahnen und Gir landen wehen beiden ihren Willkomm entgegen. Radfahrer in Dresden. Wie sich das Blatt schnell wenden kann! Für gewöhnlich wird doch so der Radfahrer als notwendiges Uebel empfunden. Will man zum Beispiel zufällig einmal — streng nach der neuen Verkehrsordnung — scharf rechtwinklig die Straße überqueren, daun kommen sicher Radfahrer, recht viel und recht hübsch artig einer nach dem andern. Dann reißt gewöhnlich die Geduld, die augenblicklich sowieso restlos von der Verkehrspolizei be schlagnahmt ist. Aber das ist Alltag. Diesen Sonntag sind die neuen Verkehrszeichen mit bunten Fahnen verhäng! und eine Niesenkavalkade von Radlern wird unter dem Bei fall der Dresdner durch die verbotene Prager Straße fahren. Und kein Schutzmann kann das ändern! Osfen- lar wollen die deutschen Radler unterer Zradt durch diese überwältigende Kundgebung nur den Dank dafür abstatten, daß diese beim Erlaß der neuen Verkehrsordnung um Leben und Gesundheit gerade der Radfahrer in so rührseliger Weise besorg! gewesen ist. Und zu gleicher Zeit kommen die deutschen Gärt ner, die Meister der Blumenkunst und des Obst- und Gemüsebaues, die cs io vortrefflich verstehen, alles Gute und Schöne als ihre Erfolge darzustellen, alles Mißlungene aber dem Herrgott, oder wenigstens seinem Wettcrmächer Petrus, in die Schuhe zu schieben. Auch ihnen ist Dresden ein getreuer Weggenosse. Mahnt doch die ganze Stadt in ihrer sommerlichen Pracht überall mit ihrer blumenreichen Sprache: „Ehret die Gärtner, sie flechten und weben, himmlische Blumen ins irdische Leben!" Und wenn dann am Sonntag Tausende von blnmen- zcschmückten Rädern durch diese Stadt fahren werden, daun wird man es schon glauben. Dresden, die Nadler und die Gärtner, sie haben etwas ganz Wesentliches gemein: Die Liebe zu den Blumen! Daher Willkommen! Juckenack. Dresden Dr. Beutlers Beisetzung Dresden, den 6. August. Eine überaus große Zahl von Traucrgästen hatte sich geirern in der Halle des Johannisfriedhofes zusammenge funden, um den früheren Dresdner Oberbürgermeister Dr. Beutler die letzte Ehre zu erweisen. Obertonsistorialrat Dr. Költzsch hielt die Trauerrede, in der er nochmals has ereignisreiche Leben des Verstorbenen veranschaulichte. Stadtrat Dr. Köppen würdigte die Verdienste des Verstorbenen um die Stadt Dresden. Er wies darauf hin, daß sich die großen Hoffnungen, die mau bei seiner Amts übernahme auf ihn gesetzt hatte, glänzend erfüll! hätten. In jcdein Zweige der städtischen Verwaltung sei seine vorwärtsftthrende Hand zu spüren gewesen. Allenthalben in unserer Stadt sehe man Werke, deren Entstehung Otto Deutler angeregt oder durchgcführt hat. Redner ging daun des Näheren auf einzelne Werke ein und rühmte die unermüdliche Schaffenslust und die Zielstrebigkeit des Ver storbenen. Otto Beutler sei es gewesen, der Dresden in das Gewand einer neuzeitlichen Großstadt kleidete. Die Stadl habe ihm durch Ernennung zum Ehrenbürger die höchste Ehrung erwiesen. Dann dankte Prorektor Pros. Dr. H e i d u s ch k n dem Loten für die Förderung, die er der Technischen Hochschule hat zuteil werden lassen. Stadtverordneter Scholz II sprach für den Allgemeinen Hausbesitzerverein, Landtagsabgeord- uelcr Obermeister Kuntzsch für den JnnungsauSschuß, für den Sächsischen Gcmeindcbeamtcnvcrband dessen Vorsitzen der Weiß, sowie endlich Sanitätsrat Dr. Schmidt, der Präsi dent des Sächsischen Automobilklubs. Die Schubertsche Motette „Heilig, heilig" umrahmte die Redner. Dann trug man die irdische Hülle des Ver storbenen hinaus und bettete sie neben seiner im Vorjahre verstorbenen Frau in die kühle Erde. Sämtliche städtischen Gebäude hatten Halbmast geflaggt und erinnerten >o die Bürgerschaft an das einstige Oberhaupt der Siadt. sowie slle üi-ten von llautunreinixkeitva, tt3utauLLcl,Iüxen, wie Mütciieil, MilesZer, finnen. kickein. kuiilelri „°w. versciiwin- den durck tiioiictien Oebrriuck der eckten Neckiuws'LrÄ von «L , ir ri«z«»!»«»IIL :: :: OkerrdI rn kaben. Gesellschaftsordnung Wellordnung Weitere Vorträge von -er Aachener Akademiker-Tagung Prof. Schwer-Bonn über „Die geistesgcschichtlichcn Grundlagen der modernen Gesellschaftsordnung." 1. Geistige Kräfte, triebhaft im Dunkel des Unter- oewußtseins wirkend oder über seine Schwelle in die Helle des Erkennens und Wollens emporgehoben, erbauen die ,'eweilige Gesellschaftsordnung auf dein Grunde der allge meinen Kultur- und Wirtschaftslage. In Staat und Ge- «ellschast, Recht und Wirtschaft verdichten und v-wsest'gen sich unsichtbare Gedanken über Natur und Welt, Menschenwescn und Menschenlos, Individuum und Ge meinschaft, Bindung und Freiheit zu sichtbaren Gebilden, die das Dasein von Generationen überdauern. Daher stürzen auch sie wieder zusammen und müs- ,en neuen Gestaltungen weichen, wenn ein Wandel der Ideen ihnen den Boden entzieht, der sie hervorbrochte und trug. 2. Die moderne Gesellschaftsordnung ist über den Trümmern des Mittelalters emporgewachsen. In ,einer Eiuheitskultnr hatten die nordischen Völker Europas das christlich-antike Erbe ausgenommen und waren jugendlich- unbefangen mit ihrem ganzen Eigenbesitz in diese neue Welt hineiugewachsen, bis sür sie selbst die Zeit der Selbsteut- faltuug und Reifung kam, die nicht nur die Menschen, son dern auch die Völker erleben. Dieser Prozeß der Selbst besinnung und Sclbstdurchsetzung, der Erweckung und Steige rung des Ichbewußtseins bis zum vollendeten Individualis mus, des Zerfalls der seelischen Einheit und der einseit'gen Nationalisierung aller Lebensgebiete, des Zweifels und der Kritik, des wachsenden Kraftbewußr'eins und Betätigungs dranges. des erwachenden Freiheitsinns und der Auflehnung gegen Autorität und Tradition, der Auflösung der Natnr- geineinschaften, der Hinwendung zur Wirklichkeit und des HinaiisdräugenS in Natur und Welt zersprengte den Ring, der die mittelalterliche Ordnung zusammenhieli. Der Bruch stücke aber bedienten sich die entbundenen Kräfte, um nicht nur eigenes Zerstörungswerk, sondern auch eine Neuord nung der Gesellschaft zu rechtfertigen und unterbauen. I. Gedanken und Farmen vergangener Welten — christliche und heidnische, römische und germanische — leben wieder auf und suchen unruhig nach neuen Verbindungen im modernen S t a a ts g e d a n k e n und seinen Wandlungen: Absolutismus und Demokratie, GotteSgnadentum und Men schenrechte, Legitimität und Revolution, Obrigkeitsstaat und Volksstaat, der Staat als Narurschvpsuug und als Vertrags wert, Macht- und Kullurstaat, Rechts- und Wohlfahrtsstaat, Staat und Völkerbund, Nationalismus und Pazifismus. Sie wirken fort im Kampf um den Rechts begriff und die Rechtsordnung: Naturrecht und Nechispvsitivismns, universalistisch-christliches und individualistisch-profanes Naturrecht, römisches Recht und Landesrecht. Und schließ lich in dem Ringen um eine neue W i r t s ch a f t s o r d- n u n g: Auflehnung der menschlichen Persönlichkeit gegen die Unterjochung unter die Sachenwett, gerinanisch-christSicher ruug nschflsideeu gegen die fortschreitende Judividualisie- und Entpersönlichung der Wirtschaft, des menschlich- christlichen Erlösungs- und Ewigkeitsverlangens gegen den drohenden Untergang im Diesseitigen und Vergänglichen. 4. Der Widerstreit dieser einander entgegen wirkenden Ideen läßt die moderne Gesellschaftsordnung nicht zur Ruhe und Gesundung kommen. Ihre Versöhnung in einem Christentum von katholischer Tiefe und Weltoffenheit, das von den zur Lebensreise aufgesticgenen Völkern aus innerer Ueberzeugvng aufs neue ergriffen wird, ist die Hoffnuna und Aufgabe der Zukunft. Prof. Brauer- Karlsruhe über „Tue «virrzaiaftsordnung^, Die Ordnung der Wirtschaft hängt ab a) von Art und Matz der ökonomischen Entwicklung, b) von der Gestaltung der Wirtschaftsgcsinnung. Triebkräfte der ersteren sind zunehmende Dichtigkeit von Bevölkerung und Siedlung; iw Zusammenhang damit steht der Fortschritt der Arbeitstei lung. Deren Ausbau leitet unter den eigenartigen physi kalischen und geistigen Bedingungen Mitteleuropas eine all mähliche Mechanisierung der Produktion ein. D e Auf lösung der christlichen Einheitskultur des Mittelalters i-n, der Renaissance beschleunigt die Mechanisierung und treibt sie von der Produktion weiter zur Mechanisierung dev Lebensform schlechthin. Hier ist die Durchüruchsslelle für die kapitalistische Wirtschaftsgesinnung, d. h. Gesinnung unbegrenzter Hingabe an Sachwerte mit zwansläusiger Unterordnung des wirtschaftenden Menschen. Solche Ge sinnung schafft die kapitalistische Wirtschafts-Verfassung, in der das Kapital das Uebergewicht in der Organisation un- Führung der Wirtschaften hat . . . Für eine Neugestaltung, richtiger sür die Herbeiführune einer wahrhaften Wirtschaftsordnung unter den heutigen Verhnltnisst'n ist anszugehen: l. von unserer Verpflichtung zur Erstrebung einer christlichen Eiuheitskultnr, die dis Wirtschaftsordnung als einen Sonderbereich umsthließt, 2. von der damit gegebenen Verpflichtung zur Wirklich keitsarbeit als Arbeit an der Vollendung der Schöpfung, 3. von der Uebcrzeugnng, daß die „Gesetzlichkeit" der Wirt schaft keine naturgesetzliche ist, sondern daß der Mensch die Ordnung der Wirtschaft nach Vernunft und freiein Wil len gestalten kann, 4. von der Möglichkeit, die Mechanisie rung in das Gebiet der Produktion und des Verkehrs zurückzuweisen, st. von der Notwendigkeit eine am Kapitals interesse hängende Wirtschaft abzuweisen zugunsten einer aus geordneten Bedarf abgestimmtcn Wirtschaft. Die Erreichung des Ziels setzt zunächst eine geistige Wandlung im Sinne einer Einstellung der menschlichen Gesamthaltung auf die rechte Nangvrdnung der Werte vor aus, mit dem Ringen um diese geistige Wandlung mutz jedoch das Bemühen um die Neuordnung der Einrichtungen Hand in Hand gehen. Praktisch ist dazu der geeignete Weg: die Einführung und Durchbildung einer berufsständischev Ordnung des Gesellschaft«- und Wirtschaftslebens. Auf geistigem sowohl wie auf praktischem Gebiete sind Ansatzkcime zu einein neuen Werden vorhanden. Es gilt, sie sorgfältig aufznsuchen und liebevoll zu pflegen, und der erkennbaren Entwicklung die rechten Bahnen zu weisen Rr Anleitung von Skratzenbehn- «nd Krafk- omnibuslmien Ans Anlaß des heute stattfinüenüen Sportfestes und Fackel zug e s des Deutschen Nadfahrerbundcs werde» in der Zeit von 8—10.30 Uhr abends die Angustus- und Larolabrncke für den Straßenbahnvcrltehr polizeilich gesperrt. Es werden daher in dieser Zeit die Linien 7 und 1ö durch die Oftra-Allee über die Marienbrücke, die Linie 12 durch die Grunaer, Johann-, Wilsdruffer Straße, Oftra-Allee ebenfalls über die Marienbrücke und die Linie 17 vom Albertplatz wie die Linie 2t! bis zum Stübelplatz, dann durch die Canaletto- straße geleitet. Die Linie 18 verkehrt in beiden Richtungen über Amalicnstraße. Die Linie 9. 11 und 13 werden unterbrach.'» und fahren aus Altstädter Seite nur bis zum Neuinarltt. ans Neustädter Seite die Linien 9 und 13 bis zum Neustüdler Markt und die Linie 11 bis zum Neustndter Bahnhof. Die Krastoinnibnslinien Nenstädter Bahnhof—Obergorbitz- Blnmenthoistraße und Weißer Adler—Hanotbahnhof werden über die Marienbrücke und durch die Oftra-Allee. Annen- und Ammonstraße geleitet. : Vertreterversattinilung des Ortsverliandcs. Ter Ortsverbcmd der katholischen Vereine Dresdens hält unmittelbar nach den Ferien am Dienstag, 17. August. 8 Uhr abends, im grünen Zimmer des Katholischen Ge sellenhauses eine V e r t r e t e r v e r s a m m l u n g ab. Es soll der endgültige Beschluß über die Ausgestaltung der gemeinsamen Franziskusfeier am 6. Oktober herbei geführt werden. Alle katholischen Vereine Dresdens werden dringend ersucht, ihren Vertreter zu dieser wich tigen Versammlung zu entsenden. : Vom Dresdner Planetarium. Ter Besuch des Dres dener Planetariums mehrt sich erfreulicherweise von Tag zu Tag. Mehrere Vorführungen des augenblicklich ständigen Programms „Der Himmel der Heimat" waren bereits aus verkauft. Eine große 'Anzahl von Vereinen haben eigene Vorführungen bestellt. Die öffentlichen Borträge finden nach wie vor täglich um 4, 6 und 8 Uhr statt. Die Vor-» führungen müssen aus technischen Gründen jeweils pünkt lich anfangen. : Versassungsseier in den Schulen. Da der 11. 'August bei der Mehrheit der Schuten in die Sommerserien stillt, ist sür die Abhaltung der Verfassungssciern in den Schulen, die durch die Sommerserien au der Abhaltung der Feier am 11. August behin dert sind, allgemein der Montag der ersten vollen Schulwoche nach den Sammerferien festgesetzt worden. In Berufsschule» sind nur die Schüler heranzuziehcn. die zur Zeit der Feier Unterricht haben. : Weitere Erhöhung des Milchpreises. Der Verein der »ach Dresden und seine» Vororten liefernden Milchproduzcnten teilt mit. daß mit Wirkung von Sonntag, den 8. August der Milch preis nach Vereinbarung mit Handel und Milchproduzentenver- ein um 1 Pfennig erhöht wird. Der Einliefcrnngsprcis srei Dresden betrage demnach 22 Pfennig pro Liter 'Vollmilch. Maria Orska Gastspiel im Staatliche» Schauspielhaus. Das Stück heißt: „Meine Consine aus War schau". Louis Verneuil ist sein Verfasser. Diese Fran zosen schrieben schon vor dem Kriege paprizierte Schwänke. Aber was sie heute an pornographischen Ergüssen sich leisten, das ist schwer noch zu ertragen. Die Voraussetzung ist, daß der Ehebruch etwas ganz Selbstverständliches ist. Nicht ein mal mit Geschmack geht es in diesem Parfümiect-eroiischeu Konversationsstück zu. Der Mann ist der Trottel. Davon lebt ja der französische Schwank. Aber hier betrügt nicht nur die Ehefrau den Mann, sondern auch deren Geliebter die untreue Frau. Einen Sinn kann man schon gar nicht finden, denn der Hahnrei ist doch nichts Neues und An ziehendes mehr für die Lenke, die solche Kost lieben. Und daß das Ganze als „Lustspiel" erscheint, ist schon ganz un möglich. Wie muß es in Paris niissehen, wenn man etwa die Produktion seiner Bonlevardköche als symptomatisch gelten lassen will! Eine Dekadenz gab es schon vor 49 Jahren. Sie schritt vorwärts. Aber sie arbeitete mit dem Hirn. Hier dagegen ist aufgelegter Blödsinn und absolute Hem mungslosigkeit die Triebfeder eines Spiels von der „Frei heit" Die Darsteller, die dieses Sudelstück unter der Direktion von Hans Kuhnert spielen, sehen es freilich mit ganz anderen Augen an. Wenn es richtig ist, daß die wahre Kunst jedes Thema adelt, dann trifft der Satz ans die Berliner Gäste zu. Sie geben eine Parodie des sittenlosen Lebens der neuen Gesellschaft, und die Wirkung, die sie damit erzielen, stimmt beinahe nachdenklich. Vor allem Maria Orska. Wir kennen diese berühmte Schau spielerin in Dresden nur vom Film. Wir wußten nicht, daß sie eine Charakterdarstellern! von so hohem Rang ist. Cie gibt die Cousine aus Warschau, eine Frau, die bloß ans wildester Sucht, sich auszulebcn, besteht. Die Orska ist ver mutlich Polin. Das Temperament steckt also drin. Aber lie aestaltet ein» Nantberkake. «ine ganz und gar auf das Triebhafte eingestellte Asiatin von so erschrecklicher Wild heit, daß einem bange werden kann. Daneben findet sie noch Gelegenheit genug, ihren parodistischen .Humor aus- zutvben. Die Mittet, über die sie verfügt, sind so reich, ja die Nolle liegt ihrer schlanken, glntäugigen Persönlichkeit so gut, daß man. auch ohne davon zu wissen, auf den Ge danken kommen würde, der „Dichter" habe dabei nur an eine denken können: eben an die Orska. (Tatsächlich bat sie ihn zu dieser Gestalt angeregt.) Neben ihr besteht als Parodist Hans Olden besonders gut. Sein trottelhafter Gatte hat nichts Schwankhaftes, Typisches, er zeigt die Züge des modernen Psychopathen. Auch Hilde Hildebrandt als unbedeutende Frau ist zu nennen. Dagegen spielte H. von Meyrinck einen kvnvcnlivneklen Liebhaber fran zösischer Schule, lieber allem stand aber die grandiose Lei stung der Orska. Franz Zickler. Somali im Dresdner Zoo Seit Donnerstag ist auf dem Schaustellungsplatz im Dres dener Zoo neues Leben eingekehrt. Ein Svmaiidors ist über Nacht entstanden, und mit Spannung und Staunen sehen jeden Nachmittag große und kleine Bürger Dresdens sich die seltsamen Kriegstänze und Kunststücke an. die ihnen die ticsbranncn Söhne des fernen Abessiniens oorsiihren. lieber 100 Kilometer von der Küste des Roten Meeres entfernt haben diese Leute gewohnt. Bis der geschickte Direktor Möller der Firma H. Ruhe und I. Hagenbeck ihre Brauchbar keit für «ine WandersckMi entdeckte und sie — nicht ohne einige Schwierigkeiten — bewegte, nach Europa zu kommen. Hier reifen sie nun schon mehr als vier Atonale umher und reprä sentieren Afrika. Gott sei Dank, sic zeigen keine Zirkuskünske. Nur das natürliche Leben und Treiben, wie cs sich in de» Dörfern dieser kriegerischen Stämme abspielt, wird vorgcführt. Rings um den Platz ziehen die Krieger zu Fuß und zu Pferde und stimmen ihren Kriegsgesang an. der sich allmählich zu fanatischer Begei sterung steigert. Dann werden Kampfspiele vorgeführt, die ein gutes itlbbild des wirklichen Krieges bieten, der sich bei jenen Völkerschaften noch in einein beneidenswert priinittven Zns'.and befindet. Ter Speer bildet die Hauptwaffe; und zwar ist es ein kurzes, leichtes Wnrfgcrät, ähnlich der germaiiitthen Hanvt- waffe, der „Framea". Die Somalis entwickeln mil diesem In strument eine scharfe Ziclkunst, die sic gar wirksam vorzu» führen wissen. Mit einem Siegestanz wird dann der Uebcrgang in das friedliche Leben vollzogen. Ein Tanz der Franc» und ein Lie- beslanz schlichen sich an. Und damit man sieht, daß auch in Abessinien das Untcrhaltungsspiel in Blüte steht, tritt ein Gauk ler aus, der ans Glasscherben tanzt. Petroleum trinkt und Feuer schluckt, um dann Flammen zu speien und andere lieblich zu sehende Kunststücke ansiiihrt. — Zum Schluß kann man das Dorf der Somali besichtigen, in dem Wanenschmiede, Silbcr- schmiede. Lederarbeiter und — der Schullehrer gar eifrig an der Arbeit sind. Die eindrucksvollen Gestalten der Somali in ihren langen, weißen Umschlagelnchcrn und dem losen, 'leichtgelockten, lan gen Haar, die mit bunten Tuckern geschmückten Frauen, das Bieh: Pferde. Kamele und Schafe — alles das bietet ein bun tes Bild, dessen Anziehungskraft besonders für die jüngeren Zuschauer unerschöpflich ist. Duk Freilichtbühne Großsedlitz. Am Sonniag, den 8. August, findet zuin nnwidcrruslich letzten Male das Lustspiel „Komtesse Gucker," statt. Am 1i>. August gelangt die Banernkomödre „Das Beschwerdebuch" von Karl Enanzer zur Erstausführung Ein deutsches Opernensemble in Schweden. Wie man mel det. wird der Direktor der Opernscbnle Dresden am 6. und 7. November im Großen Theater zu Malmö ein Gastspiel geben. Dies ist das erste Mal, daß ein deutsches Opcrn-Eniemble >v Schweden austritt. Neue Verpflichtung des Malers Adolf Mahnne. Der Maler Adolf Mnhnüe ist auf weitere drei Fahre als künstlerischer Beirat und Leiter des Dekorationswesens für das Staatliche S. cha uf p i e l ha u s verpflichtet worden.
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