Volltext Seite (XML)
Freitag, den ö. August 1920 Sebnitz. Schon wieder ist in der Papierfabrik ein Arbei- irr gräßlich verletzt worden. Beim Reinigen des Wickelstuhls geriet ec mit der Hand in die Messer Der Arm wurde ihm iiirmllch von den Fingern bis zum Ellbogen in zwei Teile geschlitzt Sebnitz. Die Unfälle, wobei Kinder in die zurzeit Hoch wasser führenden Bäche und Gewässer fallen, mehren sich von Tag zu Tag. Es kann den Kleinen nicht ost genug betont werde». Satz sie ohne Aufsicht nichts am Wasser zu suchen haben. Am Montag wurde abermals ein fünfjähriger Knabe aus dem Sebnitzbach gezogen. Er ivor am Wehr hängen geblieben und wurde gerettet, muhte aber ins Krankenhaus gebracht werden. Nordböhme». In Haida. Lobenda» und Warnsdorf wur de» an auseinandersolgenden Tagen Einbrüche in die katholi schen Kirchen verübt. In Warnsdorf ist mit einem Eisen das Tabernakel erbrochen worden. Da die Monstranz airderswo untcrgebracht war, raubten sie die goldene Lunula mit der gro- hcn Hostie. Marienbad. Di>e Liegenschaften des Stiftes Tepl im Ge- richtsbezlrke Weseritz wurde» in übersallartiger Weise, die wohl einzig in der Welt dasteht, enteignet und dem Staatseigentum übergeben. Gleichzeitig wurde dem Stifte Tepl verboten, sein im Walde liegendes Brenn-, Klotz- und Langholz wcgzusuhrcn uns den Wald zu betreten. Riesengebirge. Die Tschechen wotlsn in nächster Zelt eine Reihe von Bauplänen verwirklichen. Auf dem Koppenplan, aus der Geiergucke, im herrlichen blauen Grund und an der Emma- guelle wollen die Tschechen groszartige Hotels errichten. Be kanntlich haben die Tschechen schon früher einige deutsche Bau ten in ihren Besitz gebracht, so dafz beareislicherwelse durch diese Bauvorhaben die Bevölkerung beunruhigt wird, lieber die Zweckbestimmung eines militärischen Baues bei der Geierguckc wird strengstens geschwiegen. Gemeinde- uns Dereinswesen ß Die Exerzitien für Psarrhanshälterinnen werden im Io- iephiuenstift zu Dresden. Grosze Plauensche Strasze 16, ge halten. Sie beginnen am Montag, den st. August, abends 7 Uhr und endigen Freitag srüh. Ter Preis für die Verpflegung ist ein üuherst niedriger. Anmeldungen wolle man sofort an die Oberin des Joseph.nenstists abgehen lassen. Die Exerzitien für Psarrhan-bänerinnc» finden diesmal ans alle Fälle statt und werden nicht wieder verschoben Der liier veröffentlielile ArAnäio86 2ukunfl8roman «les ^eni-llen erijrliscften Priester - Oieluel3 ködert Len80n Oer Herr cler Veit erschien in kucliform im unterreiclnieten Verlage. 6. und V./rufla^e. I5.-25.I-lU8encl. iM ciem üilrlni's cles Autors und einer LinIeitunA. krosckiert /Vl. Z 25 Halbleinwanäbsnä -V 5.— össtellen 8ie bei Ilirer LucliltancllunZ. Verlax Lösel k ?ustet L.k. Waekea ». z./r.» Sie WmeWWl iltk MWWlkle Die Ausführungen Sliflsvikars Tr. Landmesser auf -er Aachener Akadenrlkerlagung Die K u l t u rk r isi s der Gegenwart hat Ihren tiefsten Grund darin, das; die einzelnen Kulturgebiete: Geisteswissen schaft, Literatur, Kunst, Bildung. Wirtschaft, Politik usw. sich eine falsche Eigen gesetzlichkeit gegenüber der Reli gion erobert haben: Sie beanspruchen heute nicht nur relative, sondern absolute Geltung. Das bringt letzthin jene Spal tung zwischen Religion und Leben, die das Verhängnis unserer Zeit sind. 1. Das Wese» der Eigengesetzlichkeit der Kultursachgebiete. Nach Erörterung der Begriffe Kultur, Zivilisation und Kul- tursachgebietc (Wirtschaft und Staats kennzeichnete Landmesser die wahre und falsche Eigengesetzlichkeit der Kultursach gebiete. Es gibt eine Eigengesetzlichkeit oder Eigenständigkeit im Sinne der selbständigen, gottgewollten Wirksamkeit der „Causae Sekundae" „zweiten Ursache" oder ..Mittelursache", wie Philosophie und Theologie sie nennen. D. h.: Es lebt ein Organis mus im Weltgeschehen, in dem jedes Ding, jedes Wesen, jeder Lebenskreis seinen eigenen, ihm zustehenden, aber doch zum Ganzen hiugeordneten Platz hat. Diese Mittelursachen, freie und unfreie, wirken in der Welt zusammen »ach in sic hineinge- legten Gesetzen abhängig von der ersten Ursache, Gott. Aber die Eigengesetzlichkeit wird in der modernen Kultur- ersassung verengert, dadurch, das; die I ch h e r r l i ch k e i t des Menschen die Eigentäilgkeit der profanen Kulturgebiete üb er st'an nt, sodas; 1 und 2. Ursache auseinandersallen, die Kultur sich von übernattirlichem Einflus; trennt und so der Ziviespalt zwischen Religion und Kultur eintritt. . Auch diese falsche Eigengesetzlichkeit ist von der allgemeinen Wirk-Ursächlichkeit Gottes getragen, wie ja auch das Böse in der Welt von Gott zugelassen ist. aber Gottes Gnadenordnung kann sie nicht bejahen, solange sie nicht nach seinem göttlichen Willen sich läutern lässt. Gottes Verhältnis zu den geschossenen Dingen ist also nicht so einfach, das; alles blosz so sein, alle bloße Existenz an und für sich schon „gut", geheiligt, christlich, ja katholisch wäre. Tann würde man ja init allen gegebenen Tatsachen, z. B. in Wirtschaft und Politik mit der ganzen mechanischen Welt sich abfinden und allen Strömnngen und Richtungen sich anpassen müssen, in durchaus falschem Kulturoptimismus, der uns so verhängnisvoll geworden ist. Aus den rechten Weg weist die biblische Lehre von Erlösung, Tod und Auferstehung in ihrer Bedeutung sür die geschöpsliche Welt. Landmesser er läuterte die Grundgedanke» paulinischcr Theologie in der Stelle des 1. Cor. Ist, 2» sf. Dort heisst es am Schluß, „wenn ihm (Chri stus) aber einmal alles unlerworscn ist. dann wird sich auch der Sohn selbst dem nnterorünen. der ihm alles untergeordnet hat. d a- mit GottaIles in allem se i." Nur das richtig verstan dene „Gott alles in allem" und „Alles ist durch ihn und zu ihm geschaffen" ist der rechte Weg zur Ueberwindung der falschen Weltverncinuug. aber auch eine Sicherheit gegen falsche Wellbe jahung. Dabei bleibt die ivahre Eigenständigkeit der Kreatur vollkommen gewahrt. 2. Die Spaltung zwischen Religion und Kultur infolge der salsche,, Eigengesetzlichkeit im Wirtschaft!-- und Staatsleben. Der Umsturz der Werte in der moderne» subjekli- vistischen Moral hat die Kullurgebiete in der Rangorönung der Werte an eine Stelle gerückt, die ihnen nicht znkommt. Die hö heren (geistigen, sittlichen, religiösen) Werte sind de» materiellen Nutzwerten restlos untergeordnet worden. 1. In der Wirt s chast herrscht nicht Bedarssdek - kung, sondern Bedarssweckung und rastloses, un gehemmtes Wirtschaften als Selbstzweck. Ter „industrielle Mensch" wird das Mas; aller Tinge nnd der Götzen diener der ökonomischen Werte. Die Quellen dieses Irrtums liegen besonders der Renaissance und der Reforma tion. Letztere machte den Menschen zum „passiven Gottesmen schen" und gleichzeitig zum „aktiven Arbcitsmcnschen", dessen Handel und Wandel nicht mehr religiös gebunden ist. 2. Auch die Eigengesetzlichkeit des Staates wurde vcrsälschl: Die Dynastien und politischen Macht haber trieben durch ihre ausschlaggebende Rolle im Staate die Eigengesetzlichkeit zum Egoismus. Aus der Hybris des Herr- scherlums wurde die der Staaten im Sinne Hegclscher Staatsauf fassung. die den Staat zum „präsenten Gott" und zum „öffentlichen Gewissen" macht. 3. D i e Neugestaltung von „Religion und Kultur" in Staat und Wirtschaft geschieht durch Christus als Weg. Wahrheit und Leben Gottes unter de» Menschen, aut dag die Menschen mit ihrer Kultur sich der Unmittelbarkeit zu Gott wieder bemüht werden, um so die rechte Eigengesetzlichkeit wieder herzustellen. Dann aber heiht esTislanz halten von den Din gen, um ihrer Herr zu werden. Dista » z als Ai i t t e l der W e I t ü b e r w i nd u n g und dadurch erst Weltgestal - tung! Dabei sind abzulehnen: der Weg des falschen Eschato» logismus oder Mysticismus »ach indischen, neu buddhistischem Vorbild („Mystik der acht"). Ferner der Weg des reinen Hu manismus. des Lebensstils der „edlen Menschlichkeit", der tat sächlich mit der christlichen Liebe nur den Namen gemeinsam hat und der gefährlichste Gegner des Christentums ist. „Bleiben die Wege der Welt zugewandten Gottkultur" (Be- nediklinischer Typ) und der „Gott zugewandten Wellkultur" (eg- natianischer Typ). Beide, der religiös- m y st i s ch c wie der reli giös- a k t i v i st i s ch e Typ sind katholisch und fördern sich gegen seitig. Beide Wege kommen aber nur dann als Lösungsversuch« in Frage, wenn sie den Abstand zwischen 'Religion und Kultur wahren, der aus dem Wesen einer S pa n n u » g s e i n h e i t sich ergibt. Die Lösung der Krisis „Religion und Kultur" liegt ln einer Wiedervcrbinduug beider in polarer Spannung. Die Spaltung, die durch die falsche Eigengesetzlichkeit erzeugt wurde, muh sollen, aber die Spann u n g zwischen beiden bleibt sür Menschen dieser Erde. (Vergl. das Verhältnis von Glaub« und Vernunft.) „Katholische Kultur" ist darum eine Syuihese. di« keine reine Gleichung darstellt. Sie bedeutet keine restlose Har, »Ionisierung zwischen Religion und Kultur, sondern eine An- Näherung beider, die die Distanz beider nicht auslöst. So gibt cs auch eine katholische Wirtschaft und Politik nicht im Sinne eines heute vollendeten Tatbestandes, sondern ans Hoffnung hin. die noch erfüllt werden muh. Das ist nicht Rück, kehr zu mittelalterlichen Formen. Tie weltanschauliche Hal tung. die in unserem Erbgut wurzelt, gebiert jeweils in neuen geschichtlichen Perioden eine neue Stellungnahme zu den Kon. kreten Fragen des politischen und sozialen Lebens. Diese Stel lungnahme geht aber vom einzelnen M enschen aus. der die katholische Idee selbst verkörpern must und lo auch die Kirche wieder werbekrästig macht in ihren Gliedern, die sich einsetzen müssen in den Kämpfen des Gescllschaftslcbcns. Der staatliche Absolutismus und der Kolleklivegoismus der Llaats- lcnkcr und Staatsbürger aber, die falsche Eigengesetzlichkett, werden nur überwunden durch die Einordnung des Einzel nen in die Rechte der gottgesetzlen Autorität der Kirche. Aehn- lich gibt es auch eine k a t h o l i s ch e W i r t s ch a f t s k u l t u r, die ausgehend von dem recht verstandenen christlichen Solida- ritütsprinzip. Dieses ist etwas ganz Eigenes, und nicht „Milte" zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Die Auswirkung die ses Prinzips muh den Eigenwert der Persönlichkeit in der Wirtschaft berücksichtigen »nc> zugleich ihre Einordnung in die Gemeinschaft bezwecken. Dabei ist der Staatssozia- lism n s ln jeder Form abzulchnen. In beide» Füllen meistert und gestaltet aber der katholische Mensch die geschossenen Dinge nur dann, wenn er einen gewissen Abstand von ihnen hält, nicht aus Weltslucht, sondern im Sinne einer zarten Unberührtheit und Unbekümmert heit. die den Egoismus tötet und dem Menschen den sozialen und politischen Dingen gegenüber eine freie Stellung gibt. <1. Die Begründung der katholischen Kullurausjassung gab Landmesser aus Schrift und Tradition Der Kulturbesehl der Bibel ist im Sinne des falschen Kul turoptimismus zu deuten. Es ist Lebensweisheit des Evange- liums, das; der Mensch erst einmal alles von sich ubtun muh. um es in höherem Sinne wieder zu gewinnen. (Vergl. Luk. 14. 33; 14, 27—27: Matth. 16. 24—25: Luk. 22. 25 sf.) Darum wird ein innerer Abstand von den Dingen vom Menschen gefordert, der die gottgewollte Begegnung mit den Ku!l»rgebiet--n - ' "ckt. (Vergl. Franziskus und Gegenwar:., Die Stellung Christi zur „Sozialen Frage > ,. . » leben. Sozialismus und salsche, gut gemeinte, apologetische Me thode unsererseits haben Jesus zu einem Sozialresormer zu ma chen versucht. Jesus wahrt allem Irdischen gegenüber eine überzeitliche Haltung. Das gilt auch sür die Beurteilung der Sklavenfrage und sür Jesu Stellung zum heidnischen Staat. Mit dieser Zurückhaltung hat er der sittlichen und religiösen Bewertung aller Kultur Bahn gebrochen, und auch dem prak tischen Kulturschafsen mehr genützt, als durch Antrieb zu wirtschaftlichem Fortschritt, was Jesus ganz seruliegt. Die Auffassung Christi und des Urchristentums jindcl ihre Bestätigung in der Lehre der Väter, in der Beuediktinerrcgel und in der Scholastik. Erneuerung der Zeit aus diesen, Geist verlangt die Einheitsfront der Katholiken. H. Rr. Der Herr -er Wett Roman von Robert Hngh Be »so». Autorisierte Uebersetzung aus dem Englischen von H. M. von Lama. (22. Fortsetzung.) Und so ging sie wieder yinab, das Herz, das sich nicht vcruhigen wollte, ein wenig schiver. Was es doch Eigentümliches nnd Schönes um den Tod ist, sagte sie zu sich selbst, — dieses Ausklingen einer Saite, die dreisstg, fünfzig oder siebzig Jahre angespannr war, — diese Rückkehr zu der Stille des gewaltigen, sich selbst genügenden Instruments. Jene selben Noten wür den wieder zum Tönen gebracht werden, wurden auch in die sem Moment über die ganze, weite Welt hin wieder an geschlagen, wenn auch mit einem unendlich zarten Unter schied im Anschlag; aber jene besondere Nuance war ver schwunden: töricht war es, zu glauben, sie könne in einem Jenseits ewig fortklingen, denn cs gab ja kein Jenseits. Auch sie selbst würde eines Tages aufhöreu, zu sein; möge sie nur sorgen, daß der Schlußakkord rein und schön sei. Mr. Phillips erschien am nächsten Morgen wie ge wöhnlich, gerade als Mabel das Gemach ihrer Schwieger mutter verlassen hatte und erkundigte sich »ach deren Be finden. „Ich glaube, es geht ihr etwas besser," sagte Mabel. „Sie wird den ganzen Tag der grössten Ruhe bedürfen." Der Sekretär verbeugte sich und wandte sich nach Oli- oerS Zimmer, wo er zahlreiche Briefe vorfand, die der Beantwortung warteten. Als nach Verlauf von einigen Stunden Mabel noch mals hlnanfging, begegnete sie Mr. Phillips, der soeben her- abkam. Ein leichtes Erröten machte sich in seinem sonst so sohlen Gesicht bemerkbar. „Mrs. Brand hat mich rufen lassen," sagte er. „Sie wollte wissen, ob Mr. Oliver noch heut abends zurück- kehrt." „Er hatte die Absicht, nicht wahr? Haben Sie es nicht Gebär, ?" „Mr. Brand sagte, er würde, wenn auch spät, so doch zum Dmer hier sein. Um neunzehn Uhr must «r m London ankommcn." .Hoirst oibt es nichts Neues?" Er presste seine Lippe» zusammen. „Man hört verschiedene Gerüchte." sagte er. „Mr. Brand telegraphierte mir vor einer Stunde." Er ichien etwas erregt zu sein, und Mabel sah ihn er staunt an. „Es sind doch nicht Nachrichten ans dem Osten?" Seine Stirn verdüsterte sich ein wenig. „Verzeihen Cie, Mrs. Brand, aber' ich kann und dar; nicht darüber reden." Sie fühlte sich nicht beleidigt, denn das Vertrauen, welches sie in ihren Gatte» setzte, war unbegrenzt; aber mir klopfendem Herzen schritt sie dem Krankenzimmer zu. Auch die Greisin schien aufgeregt. Mit geröteten Wan gen lag sie dorr in ihrem Bett und lächelte kaum, als Mabel fte begrünte. „Also, du hast mit Mr. Phillips gesprochen?" sagte Mabel. Die alte Mrs. Brand warf ihr einen scharfen Blick zu, ohne jedoch ein Wor, zu sagen. „Rege dich nicht auf, Mutter. Oliver kommt sicher heute abends zurück." Die Greift» nlmetc tief auf. „Aengstige dich meinetwegen nicht, liebes Kind. Es wird mir jetzt schon wieder besser gehen. Zum Diner wird er zurück sein, nicht wehr?" „Wenn das Flugschiff nicht Verspätung hat. Nun, Müller, wünschest du jetzt dein Frühstück einzuuehmcn?" Den ganzen Nachmittag verbrachte Mabel in ziem lich unruhiger Stimmung, Etwas mußte vorgefalleu sein, das war sicher. Der Sekretär, der mit ihr im Sprechzimmer, das nach dem Garten hinausgiug, gefrtthstückt hatte, schien in son derbarer Weise erregt zu >eiu. Er würde, so hatte er ihr gesagt, für den Rest des Tages abwesend sein, er habe von Mr. Oliver genaue Instruktionen erhalten. In der Unterhaltung hatte er die Angelegenheit im Osten sorg fältig vermieden und ihr auch über de» Pariser Kon greß keinerlei Mitteilungen gemacht. Er wicdcrbvltc nur, daß Mr. Oliver an diesem Abend zurück sein würde. Eine halbe Stunde darauf hatte er sich i» Eile verabschiedet. Als Mabel nachher hinausgiug, schien die alte Dame eingeschlafen zu sein, und so zog Mabel es vor, sie nicht zu stören. Auch hatte sie nicht Lust anszilgehen und so streifte sie denn allein durch den Garten, allein mit all ihrem Denken, Hoffen und Fürchten, bis die Abendschatten den Pfad bedcckren nnd der graugrüne, nächtliche Schleier von Müber das Dächermeer zu ziehen begann. 'Rach de in sie ins Hans znrückgekehrt war, nahm sie das Abendblatt zur Haird, aber es eitthieit keine weiteren Neuigkeiten, als nur die Mitteilung, das; der Schluß des Kongresses für diesen Nachmittag erwartet werde. Die Uhr zeigte bereits die zwanzigste Slnnde, dvch Oliver war noch nicht zurnckgekekrt. Scho» vor einer Stunde hätte das Pariser Fing ich ist eintrcffen sollen, doch ilin'onst spähte Mabel hinaus in die immer mehr sich herab- senlcndc Nacht und nach dem klaren Sternenhimmel. Ke.n gejlngcltcr Fisch zog durch die Lust. Möglicherweise konnte sie das Flugschiff verfehlt haben, die genaue Richtung ließ sich ja nicht immer einhalten; aber sic haue es dc»ch wohl schon hundertmal vorher verfolgt und konnte nicht begreifen, weshalb c-S ihr gerade diesmal entgangen sein sollte. Sic konnte ftch jedoch nicht einschsteßen. allein zu spei sen, sondern schritt langsam aus und ab, immer nnd immer wieder aus dem Fenster blickend, dem leisen Vorbeieilen der Züge lauscheno, den gedämpften Signalen, die von der Strecke her ertönten, und den vielstimmige» Alkvrden. die von dem eine Meile entfernt gelegenen Krenzungspunkt herüberzilterten. Allenthalben brannten s.tzvn die Lich ter, nnd wie im Zauberland lagen all die Städte da zwischen der lichtentflammten Erde und dem dunklen Firma ment. Warum kam dock Oliver nicht, warum hatte ec ihr nicht wenigstens den Grund seiner Verspätung mitge teilt? Noch einmal ging sic hinauf, um trotz ihrer eigenen: Unruhe die Mutter zu trösten, nnd fand sie wiederum sehr matt. „Er ist noch nicht angekommcn," sagte sie. „Jeden falls hält ihn etwas in Paris zurück." Nur ein Kopfnicken und einige unverständliche Wvrie kamen von dem Krankenlager her, nnd Mabel ging wie der hinab. Das Diner war nun schon eine Slnnde ver spätet. Oh! hundertlci Gründe mochten ihn zurttckgehaitcn haben. Er war oft noch später hciingekehrt: vielleicht hatte er das FIngschifs, mit dem er fahren wolfte, nicht mehr erreicht; vielleicht hatte der Kongreß sich in die Längs gezogen; vielleicht war er zu ermüdet, hielt es geratener, in Paris zu übernachten, und hatte vergessen zu telegrai Phieren. Oder vielleicht hatte er gar an Mr. Phillips telegraphiert, der es übersehen halte, die Nachricht zn übermitteln, /Fortsetzung folgt.)