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Sächsische Volkszeitung : 23.07.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-07-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192607230
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19260723
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19260723
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-07
- Tag 1926-07-23
-
Monat
1926-07
-
Jahr
1926
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Freitag, oen 2». Zull 1926 vcr. rv3; Seite 3 Slerkenpssrde Um em Pserd ist es immer eine herrliche Lache. Nicht nur, das) es durch die edle Form und die harmonische Entwicklung seines Körpers (Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel) un seren Schönheitssinn befriedigt, es ist mindestens ein ebenso gro ßes Bergungen, ei» gutes Pferd zu reiten oder von ihm gefah ren zu werden. Zwar ist der Gebrauch der Pserde als Zug- und Verkehrsnuttel immer mehr zurückgcgangen. Autos, Fahr- und Moiorräder, Motor-Ackergräle usw, drängen die Pserdearbeit zurück. Ja, es gibt schon Leute, die das Aus sterben der Pferde prophezeien. Eine Sorte Pserde aber stirbt nie aus, und das sind die Steckenpferde. Kleine Kinder haben sie als Spielzeug. Die Steckenpferde der Erivachsenen beiderlei Geschlechts sind da von allerdings himmelweit verschieden. Man bezeichnet nämlich als Steckenpferde besondere Liebhabereien, Ansichten, Meinun gen, Tätigkeiten usw. So ist die Heiratsidce das Steckenpferd vieler alter Fungsern. Ter Gelehrte reitet seine Bücher, wie der Naturforscher seine Sammlungen. Die Mädchen haben den Bubikopf zum Steckenpferde, wie die Jungen den Fußball. Es gibt auch politische Steckenpferde, wie Bolschewis mus. Radikalismus, Nationalismus und ivie sie alle heißen. Manche werten geritten bis zur erschlaffenden Bewußtlosigkeit. Ganze Völker haben ihre Steckengäule. So reitet Frankreich die Teulschcnheße und Italien den Großmachtsdünkel, England den Geldsack und Amerika die Ozeanhcrrschaft, Spanien di» Grandezza, die manchmal Do» Quixotes Rosinante verzweifelt ähnlich sieht und Deutschland die Einigkeit Germanicns, „wenn es stets zu Schutz und Trutze brüderlich zusammenhüit." Aber auch mit diesem Gaule ist's sehr oft fauler Zauber: denn in Te»!schland kann inan die Einigkeit suchen, ivie einst Diogenes die Menschen mit der Laterne. Bei uns ist leider jeder nur mit sich selbst einig, und das nicht mal immer. Tie tollsteSteckenpsord- reiierei ist auf politischein Gebiete, und die Namcn dieser Stek- tienpserde gehen in die Hunderte, Ueberall, wohin man säiaut, traben die Stcckenpferdrciter. „lieber Stock und über Steine, Pferdchen brich dir nicht die Beine!" Manches hat sie aber schon gebrochen, manches sogar mehrere Male, 1918 ritt fast alles auf der Sozialdemokratie »der dem Kommunismus, schnell sattelten viele »in und probier en andere Steckenpscrdc und hupperten damit los. Wann wer den sie wieder die Beine ihrer Ueberzcugung brechen? Das Rück grat ist bei solchen Reitern nicht in Gefahr: denn sie haben — Heins. Die Steckenpferd-Reiterei aber ist nichts Neues, sie ist so alt ivie die Welt. Adam hatte sein Steckenpferd i» der Benen nung der Tiere und Pflanzen, wobei er von Eva auf botanische Abwege geleitet wurde zum Nachteile der ganzen Menschheit. Noa ritt den Weinbau, auch bisweilen mit unangenehmen Erfolgen. Zur Zeit des Turmbaues von Babel ritt die Menschheit das Stek- kenpserd des Größcnwahnsinns, das sich stark vermehrte und so gar in einem Abkömmling vom großen Alexander geritten wurde. Die Griechen ritten die Kunst und den Sport und die Römer die Weltherrschaft usw. Es gibt heutzutage auch Menschen, die den Pegasus reiten, obwohl der ziemlich lendenlahm geworden ist. Aber man darf nicht schlecht vom Steckenpferd denken. Ihm verdanken wir eigentlich alle Kultur und alle» Fortschritt, Was hat uns die Reiterei des Flugproblems eingebracht! Dampf maschinen und Elektrizität zeugen in ihren Erfolgen von Stek- kenpferdrciterei und gar erst die Wissenschaften! Also wollen wir vom Steckenpferd auch Gutes reden, und wenn die Reiterei Nutzen bringt, dann Hopp, hopp, hopp! Pferdchen lauf Galopp! Cuculus. Dresden Landtag und Kleinpflasterlieferungen Dresden, 22. Juli. Der parlamentarische Untersuchungs ausschuß zur Nachprüfung der von der sächsischen Negierung im Jahre 1925 erteilten Aufträge von K l e i n p s la st e r hielt eine Sitzung ab. Abg. Grellmann (Dnat.) griff als Berichter statter die Regierung wegen der Art der Vergebung ihrer Auf träge scharf an. Obcrregierungsbaurat Kluge erläuterte die Gründe, die die Negierung zu ihren Maßnahmen veranlaßt habe. In der langen, sehr lebhaften Aussprache betonte Abg, Dr. Hart wig sD. Vp.s, daß den für die Vergebung verantwortlichen Be amten unbedingt das Recht zugestanden werden müsse, in erster Linie die Güte der zu liefernden Steine zu berücksichtigen und bei der Preisbildung nach diesem Gesichtspunkte zu verfahren. Ter Ausschuß beschloß, noch iveitere Unterlagen herbeizuziehen und d'» nächste Sitzung noch innerhalb der Landtapssericn abzu halten : Aus der Stadtverwaltung. Der Rat schlägt den Stadt verordneten folgende Bewilligungen vor: a) 693 689 Alark für einen umfassenden Erweiterungsbau der 42. Volksschule im Stadtteil Uebigau aus der Anleihe: b) 3500 Mark für eine Fern thermometeranlage im Erweiterungsbau des Güntz-Bades aus Ersparnissen, die bei bereits bewilligten Mitteln für Elektro ll n lagen erzielt worden sind. — Auf Ersuchen der Stadtverovd- Auf Anregung des sächsischen Justizministeriums haben sich die Allgemeine Deutsche Kredit anstalt zu Leipzig und die Sächsische Bank zu Dresden zur freiwilligen Aufwertung gewisser Miindeleinlagen bereit erklärt. Nach der getroffenen Vereinbarung findet eine freiwillige Aufwertung dann statt, wenn die Einlagen auf den Namen und für Rech nung entweder a) von Personen bewirkt sind, für di« bei einem sächsischen Vormundschastsgericht zur Zeit der Einzahlung eine Vor mundschaft oder Pflegschaft bestand, oder b) von Minderjährigen erfolgt sind, soweit sie zur Zeit der Einzahlung unter elterlicher Geivalt standen und ein sächsisches Bormundschaftsgericht milgewirkt hat oder ein sächsisches Ge richt zuständig gewesen sein würde, wenn eine vormundschasts- gerichtliche Maßnahme erforderlich geivesen wäre. — Die Staats angehörigkeit der Minderjährige» ist ohne Bedeutung. c> Den erwähnten physischen Personen sind ferner solche rechtsfähige oder n i ch t r c ch t s f ä h! g e Stiftungen gleichgestellt, die in Sachsen ihren Sitz haben lind von denen Einlagen auf Grund satzungsmäßigcr Bestimmung zur mündel sicheren Anlage gemacht worden sind, sofern die Stiftung aus schließlich gomeinnützigen oder mildtätige» Zwecken dient. Zu derartigen Stiftungen werden möglicherweise nach den Umstän den des einzelnen Falles auch kirchliche Stiftungen mit karitativen Zwecke» zu zählen sein. Jedoch ist die Aufwertung der vorbezeichneten Ein lagen auf solche Gelder beschränkt, die als langfri stige Sparguthaben anzusehen, d. h. für mindestens einen Monat festgelegt gewesen sind. Unter diese Auf wertung fallen auch Einlagen, die außerhalb Sachsens in den Niederlassungen der Allgemeinen Deutschen Kre dit-Anstalt gemacht worden sind. Die Berücksichtigung der Gläubiger erfolgt in Anlehnung an die Aufwertung der Sparguthaben bei öffentlichen Sparkassen im Ver hältnis des G o l d m a r k b e t r a g e s der Forderung. Der Goldmarkbetrag muß mindestens 8 Mark betragen. Bei erloschenen Konten müssen die Rechte ausdrücklich Vorbehalten sein. »etcn ist ferner beschlossen worden, die Gebühren beim Woh- n u n gs sch ie dsam t Lei einer Iahresfriedensmiete bis zu 590 Mark nur nach Höhe einer Vierteljahrsmiete zu berechnen und die Beteiligten bei Inanspruchnahme des Beschwerderechtes auf die Gcbührenpflicht Hinzumeisen. — Die Stadt hatte, um dem Mangel an Bauarbeitern abzuhelfen, auf städtischem Ge lände am Weißeritzufer eine Wohnbaracke für auswärtige Bau- facharbcitcr errichtet. Da die Baracke bisher nicht in Anspruch genommen worden ist, sollen 35 kleine Wohnungen ausgcbaut und diese für dringlich unlerzubringende Wohnungsuchende (ins- bcsondere Näumungsschuldner) benutzt, aber der ursprüngliche Verwendungszweck gegebenenfalls Vorbehalten werden, — Eine n e u c S t ra ß e n b a h n wa r t e ha l l e ist in den gärtneri schen Anlagen zwischen der Kielmannsegg- und der Tharandter Straße in Vorstadt Plauen errichtet morden. : Vorführungen im Planetarium. Wie uns das städtische Verkehrsamt mitteilt, finden im Anschluß an die Eröffnung des Planetariums am Sonnabend, den 24, Juli, bereits nachmittags um 6 Uhr und um 8 Uhr öffentliche Vorführungen statt, und zwar wird der Himmel der Heimat gezeigt. Es wird darauf aufmerksam gemacht, daß die Vorführungen aus techni schen Gründen pünktlich anfangcn müssen. Ab Sonntag, den 25, Juli, finden bis auf weiteres täglich drei öffentliche Vor führungen statt, und zwar um 4 Uhr, 6 Uhr und um 8 Uhr. Der Eintrittspreis beträgt 1 Mark. : Deutscher Esperantobund. Ziveigoerein Dresden. Spa nische Esperanto-Preise nach Deutschland, An läßlich der Internationalen Blumen-Festspiele, die alljährlich in Katalunien stattsinden — in diesem Jahr in Santa Coloma de Farnes — gewann Tco Jung, der Chefredakteur der nur in Esperanto redigierten Wochenzeitung „Herolds de Esperanto" in Herrem-Köln den ersten Preis über das Thema: „Das hohe Lied der Liebe" mit dem Recht der Wahl der Blumenkönigin, Weitere Preise erhielten Herr Tomczak-Berlin und zwei Dresdner Esperantisten: Frl, A. Kühn über die „Unmoralitüt der Frauen kleidung" und Herr Wehlitz für sein Werk „Die innere Idee des Esperanto". : Neue Sonntagskarte. Der Verkehrsausschuß des Dresd ner Verkehrsvereins teilt mit. daß jetzt in Dresden auch Sonn- tagslwrten nach Roßwein über Meißen ausgegeben werden. Sie können auch von denen noch mit Vorteil benutzt werden, die nur nach Gleisberg-Marbach fahren. Für Nossen hingegen liegen besondere Sonntagskarten auf. : Ausgesundene Kindesleiche. In der Umgegend von Al tona ist vor einigen Wochen die Leiche eines etwa 5 Jahre alten Knaben aufgefunden worden, deren Herkunft bisher nicht zu ermitteln war. Das Kind hatte verkrüppelte Füße und ivar in Eine Einschränkung besteht noch insofern, als eine Aufwertung in den Fällen nicht in Betracht konimt, wenn die Person, der das Guthaben zusteht, bis z u in 3 0. Juni 1 020 (Stichtag für den Altbesitz der Reichs« anleihen) volljährig geworden ist. Die aufzuwertenden Guthaben müssen unbedingt bis zum 30. September I92K einschließlich bei dem bestell ten Treuhänder (Oberlandesgerichtsrat Dr. jur, Zieger, Kötzschenbroda) zur Aufwertung angemeldet werden.' Die Einlagebücher sind den Anmeldungen n i ch t beizu fügen. Man hat ausdrücklich zur Anmeldung nicht die Banken selbst, sondern eine unabhängige Stelle, den Treuhänder, gewählt. Es empfiehlt sich jedoch, die An meldungen nicht unmittelbar an den Treuhänder einzu- sende», sondern durch die Vermittlung der örtlichen Ge schäftsstelle der Bank. Die Höhe der Aufwertung ist vorläufig na turgemäß noch u n b e st i m m t. Sie wird abhängig sein von dem Umfang der erfolgten Anmeldungen, nach deren Beendigung sie erst errechnet werden kann. Jedenfalls wird man aber die Aufwertungssätze der Sparkassen zum Maßstnb nehmen. Die aufgewerteten Betrüge werden bei den Banken zur sofortigen Abhebung bereit stehen. Den Anmeldungen ist eine Bescheinigung des Vormund- schastsgerichts beizulegen, daß die oben erwähnten Vor aussetzungen für die freiivillige Aufwertung erfüllt sind. Es ist sehr erfreulich, daß hier wenigstens von einer Seite der Weg einer freiwilligen Aufwertung beschritten wird. Gerade bei Mündelgeldern erscheint dieses Verfahren als eine moralische Verpflichtung, der hoffentlich auch noch andere Institute in ähnlicher Weise Folge leisten werden. Die Sächsische Staatsbank zu vecweckiein init der „Sächsischen Bank") teilt mit, daß sie bereits vor Jahresfrist von sich aus eine freiwillige Aufwertung der bei ihr ausdvücklich als Mündelgelder angelegten Guthaben in dem höchst möglichen Umfange vorgenommen hat. eine graue, braungestreifte, „H, F." gezeichnete Wolldecke ein gewickelt. Wer irgendwelche Angaben zur Sache machen kamx iviid nach der Kriminalpolizei gebeten, : Fm Befinde» des verunglückten Fliegers Wüststofs ist noch unmer keine Aenderung eingetreten. Sein Zuslantz ist unverändert ernst, : Ilgen-Stisiung. Aus Anlaß des 70, Geburtstages Geheimral Ilgens hat das Ministerium des Innern am 21, Juli aus den Erträgnissen der Hermann-Ilgen-Stiftung nach den Bestimmungen der Sitzung zehn würdigen, tüchtigen und be dürftigen scliasfenden Künstlern Geldbeträge von je 1000 Mark überreicht. Die Ueberreichung fand in Anwesenheit des Stifters statt, der seiner warmen Teilnahme an dem Geschick der notlei denden Künstlerschaft Ausdruck verlieh. Die Bedachten stattete«» ihrem hochherzigen Wohltäter ihren aufrichtigen Donk ab, : Der griechische (Berufs-) Bizekonsul P. Pipinelis ist zum Titular des Griechischen Vize-Konsulats in Dresden ernannt worden. : Kautionsbetrüger sestgenomme». Wieder wurde von der Kruninalpolizei einer der gewissenlosen Menschen fest- gcnommen, die ans der jetzigen Notlage auf dem Arbeits markte und der Ausbeutung Arbeitsloser ein Geschäft zu machen suche». Der Festgcnommcne ist ein OOjührigcr Handlungsgehilfe aus Breslau, der sich als Reklamechef eines Berliner Modehauses ausgab und durch Zeitungs anzeigen Kas'ierinnen und Garderobefrauen suchte, von denen er 5» Mark Kaution forderte. Die Festnahme folgte, ehe er hier größeren Schaden anrichten konnte. : Gestohlene Fahrräder. Das PolizeiprüNdium ver wahrt ein Herrenrad, Marke „Arcona" Nr. l 003 951, auf- gefuuden am 24, Juni nachts auf der Kanoneustraße, unv ein Herrenrad Nr, 144 202 für Invaliden, da linke Pedals verkürzt. Neide Räder dürften von Diebstählen herrühreu? Sie sind Schießgaise 7, Zimmer 7la, werktags 8—2 Uhr zu besichtigen, : Ausschreibung. Es sollen vergeben werden: 1. Ma lerarbeiten im Krankenhaus Friedrichstadt. „Neues Haus", 2. Schlosserar Leiten für den Neubau der Pflcgersiedlung Pennrichcr Straße, 3. Linoleumbelag für das Beamten- wohuhaus Obdachlosenheim, Löbtauer Straße, 4. Platten- l ege ra rbe i ten für Erweiterungsbau Volksbod „Lämm chen", Annenstraße. Preislisten im Hochbauamt, Nenes Rat- l)aus, Ringstraße 19, 3., Zimmer 351, kostenlos. Schlußtermin der Einreichung Mittwoch, den 28. Juli 1926, vormittags 11 Uhr ebenda. -il- ' Dresden - Friedrichstadl Auf kulturhistorischen Pfaden In Dresden. Kaum eine zweite Stadt ist so reich an Naturschönheiten und kulturhistorischen Sehenswürdigkeiten, wie unser Elb- florenz. Dresden ist uraltes Siedlungsgebiet der Germanen, was nicht nur di« zahlreichen Funde aus der jüngeren Steinzeit beweisen. Wer aufmerksam durch unsere selten schön« Stadt wandert, wird in manchem ihrer stillen Winkel zu einem Er lebnis kommen. Jenseits der Eisenbahn, welche die Altstadt mit der Neu stadt verbindet, liegt der vom Dresdner Einwohner nicht beson ders geschätzte Stadtteil F r i e d r i ch stad t. der aber einmal zn dem vornehmsten Viertel der alten sächsischen Residenz ge zählt haben muß. denn nicht Geringere, wie Goethe. Ludwig Richter, Richard Wagner, haben daselbst ihre Wohn- und Wir kungsstätte gehabt. Auch das Marcolinische Palais, das jetzige alte Stadtkrankenhaus, in ivelchem Napoleon während seiner Dresdner Aufenthalte «in Asyl fand, gibt davon Kunde. Zur Zeit der Völkerwanderungen, nach dem Abzüge der Germanen, besiedelten slawische Stämme das Elbtal. Die ersten Sorbenniederlassungen waren auf dem Boden der heutigen Friedrichstadt, deren deutlichstes Merkzeichen aus aller Zeit, das Ostravorwerk bedeutet, welches an die hier gelegene Sorbenniederlassung Ostra erinnert. Allein schon die heutig« Friedrich st ratze dieser Vor stadt bietet dem forschenden Wanderer, der gern hinter die Dinge sieht, di« sich seinen Augen bieten, reichlich Gelegenheit, kultur historische Stätten aufzusluchen, wo er sich an längst vergangene stlär^zende Zeiten, an bedeutende Menschen, erhabene Werke gro ßer Vergangenheit und an reizvolle Naturschönheiten verlieren kann, ßür einige Stunden -ie uns nmhraulend«. chaotische Zeit «vaeslend. " Jin Grundstück Fr i ed ri ch st ra tz e Nr. 5, einem heute ärmlich anmutenden kleinen Hause, hat Wolfgang von Goethe, von Leipzig kommend, als junger Stichent, bei einem Schuster, wie ihn Goethe nannte, gewohnt, von dem er selbst sagte: „Sein Eigentum ivar ein tüchtiger Menschenverstand, der ans einem heiteren Gemüt ruhte und ich mutz ihn vor vielen anderen in die Klasse derjenigen rechnen, welche praktische Philosophen, be- wutztlose Weltweise genannt wurden". Wer Goethe als Fried richstädter näher kennen lernen will, kann im achten Buch sei ner „Wahrheit und Dichtung" Nachlesen. Im .Hause des Goetheschen Quartiers ist noch sehenswert der unverändert erhaltene, van weit zurückliegender Vergangen heit zeugende Hof, wie auch noch andere alte Höfe und Treppen häuser in de» Grundstücken dieser Stratzenseite die Gegenwart vergessen machen. Dem Stratzenzuge weiter folgend gelangt man zum Marcolinische» Palais, welches seit Novem ber 1849 als städtisches Krankenhaus dient. Trotz mancher Um bauten ist das ursprüngliche Palais noch gut erhalten. Auch der ziemlich- umfangreiche, parkähnliche Garten ist, abgesehen von einigen Einbauten, so ziemlich vorhanden. Versteckt in diesem Parke erhebt sich bei einer Mauer, der wohl zu einer Welt berühmtheit zählende wundervolle Monumentalbau, der Rep til nbr>un ne». Ein ganz hervorragendes Werk der Bild hauerkunst, an welcher Menschen nicht achtlos vorübergehen soll ten, zumal die Besichtigung im Sommerhalbjohre dreimal wöchentlich, Sonntags, Donnerstags und Sonnabends, gestat tet ist. Auch Richard Wagner hat einmal längere Zeit Gast freundschaft in dem Palais genossen and l>at hier musiziert und komponiert: leider ist davon nichts mehr zu sehen, als die längst in eine Apotheke umgewandelten vier Wände des Zimmers und der -dazu gehörige Balkon. Dafür find aber die noch gut im damaligen Zustande erhaltenen Räume zu besichtigen, welche Na- poleon bewohnt -hat. Eins der Zimmer zeigt noch di« alte eigenartige, kunstvolle Tapete an den Wänden, die reichverzierte, dekorative Decke, die Tapetentür, den Kamin and das Parkett, welche» eine SehensiErdiakeit für sich ist. Auch der Schreib tisch. an dem der grotze Corse seine Arbeiten zu erledigen pflegt^ ist noch vorhanden. Das Palais verlassend, setzen wir unsere Wanderung fort, besichtigen die alte evangelische Kirche und dieser gegenüber da» Ostravorwerk Von hier aus wieder stadtivärts wandernd, lohnt ein Be such dem, wie in einer Weltabgeschiedenheit gelegenen innerem alten katholischen Friedhof. Nicht nur seltene alte' Grabkunst findet hier der Suchende, sondern auch die Grabstät ten vieler vergangener Menschen, die in ihrem Erdenaasein eine bedeutende Rolle gespielt haben. Hier sei im besonderen aus die Grabstätte des Freischütz-Komponisten Karl Maria von Weber Hingeiviesen, die an der rückseitigen Friedhofsmauer zu stillem Gedenken auffordert. An dieser Gruft hat Richard Wagner gestanden, als der im Jahre 1814 aus England über- geführte Tote, dem seine undankbaren Zeitgenossen das Leben in Deutschland recht erschwert i-atten. hier zur letzten Ruhe ge bettet wurde und hat in seltsam gehobener weltentrückter Stim mung dem Freunde die Grabrede gehalten. Weiter der Stadt zu, fast neben der Stätte des Todes, fin den wir die Geburtsstätte Ludwig Richters, im Garten poesieumwoben gelegen, wo der Meister am 28. September 1803 das Licht dieser Welt erblickte, die er in seinen Kunstwerken malerisch verherrlichte. Eine idyllische Gartenlaube, ein alter, nun schon von der Zeit zernagter Pavillon, sprechen eindringlich von biederer und behaglici^r Stimmung einer friedlichen ge mütsreichen Vergangenheit. Nur zu deutlich lässt sich erkennen, datz diese lauschigen Plätzchen im Kinder- und Iugendgarten des Meisters tiefen Eindruck auf ihn gemacht l>aben müssen, den» in fast allen seinen Bildern finden wir solche Motive wieder. In gehobener Stimmung wird jeder Wanderer, welcher die Friedrichstadt besuchte, den scheinbar nüchternen stillen Dresd ner Winkel verlassen, reicher an einem Erlebnis, ivelches nicht verwehen, sondern fest verwurzeln wird im Gedächtnis zur blei benden wertvollen Erinneruna. Alexander Köhler
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